4 jähriger hat zwei Gesichter

Unser Sohn ist 4 Jahre alt und die meiste Zeit total lieb. Wirklich einfach ein Bilderbuch Junge. Höflich, freundlich, lieb, hilfbereit usw.... aber wenn es Richtung abend geht mutiert er gerade zu einem kleinen Teufel. Er schlägt seine Schwester (1 jahr), sagt nur noch kacka und pipi, lacht darüber, pinkelt nur um uns zu ärgern auf den Teppich, schreit rum usw.

Wir haben schon so viel probiert.... Wir dachten zuerst, dass er einfach Aufmerksamkeit möchte. Aber das hat nichts gebracht. Er reagiert überhaupt nicht mehr wenn man ihm etwas sagt. Drohungen (Zum Beispiel Spielzeug wegnehmen) helfen nur ganz kurz und nach ein paar Minuten geht es weiter. Ihm einfach machen lassen führt dazu, dass er einfach immer weiter versucht uns noch mehr zu ärgern. (zum Beispiel Sachen verstecken, auf den Teppich pinkeln, uns weh tun)
Natürlich haben wir es auch mal mit schimpfen probiert aber auch das hilft nicht. Ich würde ja adhs vermuten aber den Rest des Tages ist er ja lieb... ich vermute ja auch, dass er müde ist aber er will ja um 17 uhr nicht ins bett.

Kennt ihr das? Ist das einfach eine nervige Phase? Wie sollte man da reagieren?

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Ja tatsächlich kenne ich das so ähnlich (zum Glück hat hier niemand auf den Teppich gemacht) auch von meinem älteren Kind. Mit 4 Jahren hatte es auch eine Phase, in der es abends regelmäßig völlig neben der Spur war und sich benommen hat wie ein Kleinkind auf dem Höhepunkt der Autonomiephase (nur leider mit mehr Kraft und mehr Wissen wie man Schaden anrichten kann).

Irgendwann haben wir akzeptiert, dass abends die Impulskontrolle, die das Kind in den letzten Jahren erworben hatte, einfach nicht mehr vorhanden war und es nicht mehr funktionieren konnte. Wir haben es abends also wieder wie ein Kleinkind umsorgt, keinerlei "funktionieren" mehr erwartet, trotz jüngerem Geschwisterkind wenn möglich jedes Kind einzeln betreut, so dass abends eine 1:1 Betreuung und intensive Versorgung möglich war. Das hat sofort geholfen und nach ca. 2 Monaten war auch keine 1:1 Betreuung mehr nötig. Also die Phase hat wieder aufgehört.

Was man zusätzlich tun könnte, ist auch schon tagsüber die Ansprüche runterzuschrauben, damit das Kind nicht so viel funktionieren muss und abends mehr Kooperationsfähigkeit übrig bleibt.

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Hört sich überdreht an. Könnt ihr nachmittags das Tempo rausnehmen? Vielleicht was getrennt mit den Kindern machen? Vielleicht mischt ihn die kleine Schwester auch zusätzlich auf. Aufmerksamkeit spielt bestimmt auch mit hinein.

Zucker reduzieren wäre auch ein Ansatz. Manche Kinder reagieren auf Zucker ziemlich heftig und drehen dann richtig durch.

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Drohungen und schimpfen sind jedenfalls nicht das richtige. Um genau zu sagen, was ihm fehlt, müsste man den gesamten Tagesablauf kennen. Ist es am WE auch so, geht er in die Kita? Meist benehmen sich Kinder daneben und haben sich nicht im Griff, wenn sie übermüdet oder/und überreizt sind.

Frische Luft und Bewegung am Nachmittag, frühes Abendessen, dann eher Ruhe schon probiert?

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Habt ihr abends versucht, das sich einer mit ihm alleine beschäftigt? Macht ihr in der Abendroutine etwas anders, seid das 2. Kind da ist? Vielleicht möchte er abends auch wieder wie ein kleines Kind behandelt werden.

Oder ist er Überreizt und weiss nicht, wie er zur Ruhe kommen soll?
Vielleicht mit ihm alleine einen Spaziergang am abend ausprobieren?

Hast du deinen Sohn mal am Tag (wo er ruhig ist) gefragt, ob er weiss, warum er sich abends nicht beruhigen kann? Ob er sich etwas bestimmtes wünscht?

Ansonsten hat eine Freundin mal was bei ihrer Tochter ausprobiert, was dort super klappt. Da war es zum Abend hin ähnlich, es gab aber kein Geschwisterchen.
Sie hat sie selber endscheiden lassen, wann sie schlafen geht. Bzw, ab einer gewissen Uhrzeit, wird sich bettfertig gemacht, aber die kleine darf in ihrem Zimmer für sich spielen. Mama und Papa schauen sich vielleicht mal ein Bild an, aber ansonsten bleibt das Kind für sich, bis es dann müde wird und Bescheid gibt. Dann wird ein Buch vorgelesen und die kleine schläft schnell ein.
Die ersten 2 Tage wurd diese neue "Regel" sehr ausgereizt, aber dann hat sich das gelegt und sie hat einen super Schlafrhythmus.

Für mich klingt es aber nicht unbedingt so, als wäre das für euren Sohn passend.

Bearbeitet von Kleinemaus2024
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Er ist den ganzen Tag sehr aktiv. Er läuft viel rum und spielt viel. Wir haben das Problem unabhängig davon ob er in der Kita ist (in der woche) oder am Wochenende. Es passiert von jetzt auf gleich als ob ein Schalter umgelegt wurde.... Wir haben dann natürlich auch schon probiert, dass ich alleine mit ihm Zeit verbringe aber das ändert nichts. Er ist nur am lachen (aber eher ein verrücktes lachen) und ich komme nicht an ihn ran. Ich glaube auch, dass er eigentlich müde ist und einfach drüber ist. Vielleicht gerade weil er sich tagsüber immer so auspowert.

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Oh okay.
Vielleicht sich tagsüber einmal zusammen hinlegen und ein Hörbuch/Spiel hören? Halt ne bewusste Ruhephase.
Dann kann er dabei vielleicht etwas Energie tanken und ist am Abend nicht so übermüdet?
Kann das evtl mit dem Essen zusammenhängen? Je nach dem was/wie spät gegessen wird, kann das ja auch nochmal aufdrehen, obwohl man vom Kopf eigentlich müde ist.

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Wie wäre es denn, wenn ihr eine Stunde früher als üblich runterfahrt? Also, nicht bettfertig machen etc., sondern eine Stunde früher schon ruhige Musik anstellt, ruhige Aktivitäten macht, kuschelt, lest, ganz ruhige Spiele spielt? Dann kommt er ja vielleicht nicht in die überdrehte Phase.

Wenn er schon trocken ist und dann einfach so auf den Teppich pinkelt, würde ich das schon als Ruf nach Aufmerksamkeit interpretieren. Vielleicht nicht nach der Aufmerksamkeit, die ihr ihm gebt - schimpfen, positive Interaktionen - sondern vielleicht als Frage "wenn ich nichts mache, kümmern sich Mama und Papa abends weniger um mich und mehr ums Baby, wenn ich pinkele, herrscht sofort Betrieb, einer kommt angelaufen, es ist etwas los!" - natürlich völlig unbewusst und nicht geplant.

Ich würde mir mal eine gut einstündige, ruhige Routine überlegen und die ein paar Tage bis Wochen austesten.

Auf der anderen Seite: Was passiert, wenn er aufdreht, pinkelt, ihr aber "beschäftigt" seid und dann irgendwann ganz ruhig/ nebenbei/ unbeteiligt sagt "oh, da ist der Teppich nass geworden, tritt da nicht rein, ich mache das kurz sauber?" Also signalisiert, dass ihr das als gar nichts Besonderes betrachtet, einfach als normale Putzaufgabe?

Das Schlagen würde ich durch räumliche Trennung so weit es geht unterbinden, also: Einer ist bei der Schwester und steht ggf. zwischen den beiden, damit sie nicht getroffen wird, sagt aber nichts weiter.
Das Schreien würde ich möglichst auch komplett ignorieren. Okay, er schreit halt abends, das muss man tolerieren. Das Pinkeln wie gesagt auch.
Und dann mal testen, auf welche Handlung oder Aufforderung er denn reagieren würde. Gemeinsam ins Zimmer gehen, Licht dimmen, Lied oder Hörspiel einschlaten, anbieten, eine Geschichte vorzulesen, zum Nachtgetränk (falls verwendet) rufen etc.?
Und diese Sache dann immer früher ankündigen, am besten vor den ersten "Unarten". "Wir lesen ja nachher noch unsere Geschichte. Soll es die gleiche sein wie gestern?" Damit wäre der Fokus schon ein bisschen auf das Einschlafritual gelenkt.

Es könnte auch sein Versuch sein, gegen die Müdigkeit zu kämpfen. Er ist eigentlich müde, möchte aber noch viel mehr erleben und macht dann diese ganzen Sachen, um nicht ins Bett zu müssen. Also, nicht, weil er nicht früh schlafen gehen möchte, sondern, weil es noch so viel zu erleben gäbe und er noch nicht ins Bett möchte. Also, er kämpft gegen sich, nicht gegen euch.

Ich würde mal darauf achten, was ihr macht, wenn er so aufdreht und was ihr direkt vorher macht und etwas länger vorher. Ob da z.B. der Fokus auf seiner Schwester liegt oder auf dem abendlichen Aufräumen etc. und er einfach das Gefühl hat, er müsse wieder auf sich aufmerksam machen. Eventuell würde ich ihn auch recht früh ins Bad auf die Toilette schicken, "damit nicht wieder eine Pfütze entsteht", ohne zu implizieren, dass die Pfütze absichtlich gemacht wird.