mein kleiner Engel

Liebe Fenja,
Schon über 5 Wochen sind vergangen seit deiner Geburt. Wahnsinn, wie sich das mit der Zeit verhält...

Ich weiß noch ganz genau wie langsam die Zeit verstrichen ist, als du noch in meinem Bauch warst. Wenn man wartet vergeht die Zeit nicht. Und wir haben viel gewartet. Wir haben auf den nächsten Arzttermin gewartet und dann wieder auf den nächsten. Wir haben auf die Fruchtwasseruntersuchung gewartet, die wir mehrfach verschoben haben. Das Risiko war zu groß. Erst als es nichtmehr anders ging, haben wir uns für den Eingriff entschieden. Wir warteten auf das Ergebnis und dann noch auf das Langzeitergebnis. Es kam mir vor, wie ein endloses Warten.... Aber ich hatte dadurch viel Zeit mit dir ich genoss jede Bewegung und liebte es, wenn du auf meine Streicheleinheiten reagierst. Ich sang dir Lieder vor, erklärte dir was ich mache und hab mit dir viel erlebt. Jeden Abend haben wir dir ein Märchen vorgelesen und deine Spieluhr spielte auch immer vor dem Schlafengehen.

Jetzt rasen die Tage an mir vorbei. Ich weiß noch, als wäre es gestern, wie es ist, dich in meinem Arm zu halten. Wie klein du warst und trotzdem alles was ich liebe... Dein Papa war so großartig, wie er dich gestreichelt hat und wie er dir versprochen hat, an deinem Geburtstag immer für dich ein Stück Torte zu essen Du bist seine Prinzessin. Ich hatte kein Problem damit ,dich in seine Arme zu geben, du warst bei ihm sicher. Ich weiß noch genau wie es war, als meine liebe Ärztin dich sah. Sie nannte dich "Süße" und "kleine Maus", sie sprach mit dir dann sagte sie etwas ganz grausames, es wäre Zeit sich zu verabschieden. Oh wie sehr dieser Augenblick schmerzte... Wir haben uns von dir verabschiedet, dir ein letztes Mal dein Lied vorgesungen... Dann haben wir dich gehen lassen.

In mir wurde es Leer. Ich lebte und irgendwie lebte ich nicht. Als würde ich mir dabei zusehn... Es war einfach alles so schrecklich Leer in mir. Die Gefühle kamen nur selten hervor. Es wurde still in mir. Nach außen schien ich alles "gut verkraften" ich fühlte mich nicht so.

Dann kam der Schmerz. Es tat so schrecklich weh! Ich konnte nicht mal mehr einkaufen gehen ohne dass es zur Qual wurde. Es tat weh, dich zu vermissen, es tat weh daran zu denken dass du jetzt schon auf der Welt wärst, es tat so weh dass ich dir nichtmehr helfen kann. Ich weiß, es gab keinen anderen Weg. Ich weiß, dass du alles gegeben hast. Mein kleines tapferes Mädchen. Du bist großartig. Ich bin dir unendlich Dankbar, dass du so lange durchgehalten hast und mir soviel Liebe geschenkt hast. Ich werde nie vergessen dass du nicht wolltest, dass ich wegen dir verzweifle. In schwachen Momenten hast du mir kräftig Eins verpasst damit ich aufhöre damit. Ich denke, das würdest du jetzt wieder tun. Wir haben alles gegeben. Wir sind so weit gekommen, keiner hat das für möglich gehalten. Nun sind wir getrennt worden aber in meinem Herz wirst du auf Ewig wohnen.

Ich hab dir so viel zu verdanken.

Ich habe dank dir, eine Liebe kennengelernt, die einfach unbeschreiblich ist.

Eine Liebe, wie sie wohl nur wenige kennen.

Eine Liebe, fern ab von irgendwelchen Diagnosen oder Prognosen.

Bedingungslos.

Eine Liebe, die einfach so viel Kraft gab, dass ich das schlimmste durchstehen konnte.

Eine Liebe, die mich durch die Trauer trägt.

Nach den Tagen in denen die Trauer so weh tat, nach dem Schmerz, kommt nun die Sehnsucht.
Ich vermisse dich.
Ich werde dich immer vermissen.
Solange ich atme, werd ich immer an dich denken. Daran, wie es nun wäre mit dir als lebende Tochter. Wie könnte ein Leben mit dir nicht großartig werden. Deine kleinen Problemchen hätten wir schon in den Griff bekommen. Meine kleine tapfere Kämpferin, ich hätte keinen Tag bereut dich zu bekommen so wie ich keinen Moment bereue, dass ich die Natur hab entscheiden lassen. Wir haben alles gegeben, der Rest lag nicht in unserer Macht.
Du weißt, wir haben ja schon oft darüber gesprochen, wir wünschen uns Geschwister für dich. Wir haben uns ein Grundstück gekauft. Darauf wird ein Haus gebaut. Mit drei Kinderzimmern. In diesem Haus wird es auch einen Platz geben, an dem wir immer an dich denken, an unsere Tochter bei den Sternen aber dieses Haus soll nicht frei von Kinderlachen bleiben. Ich wollte schon immer mit dem Kinderwagen durch das Dorf fahren, die Krabbelgruppe besuchen und nach zwei Nächten ohne Schlaf deinem Papa das baby in den Arm geben um mich nur mal kurz auszuruhen. Mama werden war schon immer mein Lebensziel. Wir haben darüber geredet und ich bin mir sicher dass du nicht böse bist, wenn ein Geschwisterkind zu uns kommt. Ich weiß, dass du darauf aufpassen wirst. Mit dir als Schutzengel wird es klappen.
Natürlich bin ich immer noch traurig dass du nicht lebst. Ich werde aber auch nie damit aufhören. Ein lieber Mensch sagte mir, es kommt nicht auf die Dauer an, sondern auf die Qualität der Trauer. Ich hab bewusst und intensiv um dich getrauert und bin nun bereit nach vorne zu schauen. Ich finde selber dass es schnell geht, aber ich habe nicht das gefühl etwas zu verdrängen. Ich habe keine Schuldgefühle wenn ich an dich denke, und es tut nichtmehr weh. Ich sehne mich nach dir, aber es tut nicht weh. Heute war wunderschönes Wetter und ich hab den Tag in vollen Zügen genossen. Meine Angst vor der Arbeit weicht ein wenig, auch wenn es noch weh tut Kinder zu sehen wird es besser. Ich denke, ich werde bald bereit sein, wieder in den Kindergarten zu gehen. Und ich bin bereit, für ein Folgewunder.
Wenn es soweit ist, kannst du darauf aufpassen? Ich bin mir sicher du wirst dein Bestes geben. Das wird genug sein.

Mein liebes, tapferes Töchterchen, ich werde immer an dich denken. Nie werde ich verleugnen, dass es dich gibt. Fenja, meine Erstgeborene, meine Tochter. Ich bin unendlich Stolz deine Mutter zu sein. Du bist das Beste was mir passieren konnte, du hast mich verändert.

Ich möchte nicht immer traurig sein, wenn ich an dich denke. Wenn ich deine Bilder sehe, empfinde ich Liebe und Stolz. Ich will dass das immer so ist. Natürlich werde ich auch noch traurig, es wurde uns so viel genommen. Das ist gemein. Aber ich werde die Liebe zu dir nie vergessen. Sie ist stärker als der Schmerz. Sie ist heilsam

Ich liebe dich
Deine Mama