Gefahr für den Familien-Frieden

Achtung, heimwerkender Mann!

Wenn Männer zu Heimwerkern werden, dann kommt es auf Kampfgeist, Taktik und stählernen Mut an. Frauen gehen ihnen besser in weiser Voraussicht aus dem Weg, wie urbia-Autorin Gabriele Möller hier augenzwinkernd zu berichten weiß.

Autor: Gabriele Möller

Selbst ist der Mann oder: schlau ist die Frau

Mann Handwerken auf Leiter iStock Spiderstock
Foto: © iStockphoto.com/ Spiderstock

Langsam sägt dieser neue Spiegel an meinen Nerven: Seit vier Wochen führt er ein staubiges Schattendasein in der hinteren Küchenecke. Eigentlich wollte mein Herzallerliebster ihn ja längst aufgehängt haben, aber er hat ja so selten Zeit. Im Gegensatz zu einer (nebenbei noch berufstätigen) Mutter, die ja bekanntlich den ganzen Tag fernsehend und Cocktails schlürfend auf dem Sofa sitzt, hat mann nämlich wirklich wichtige Dinge zu tun. Und daher keine Energie übrig für Alltagskram.

Ich seufze. Es muss also wohl mal wieder der alte Trick bemüht werden. "Morgen werde ich mal endlich den Spiegel aufhängen", lasse ich also beim gemeinsamen abendlichen Fernsehen beiläufig fallen. "Wie...Spiegel aufhängen! Das KANNST Du doch gar nicht", schallt es ebenso entsetzt wie vorhersehbar zurück. Denn obwohl ich jahrelang in eigenen Wohnungen nicht nur Lampen montiert, Regale angedübelt und Klospülungen selbst repariert habe: Irgendein seltsames archaisches Gen verbietet es wohl dem Hirn vieler Männer wahrzunehmen, dass frau handwerklich ebensoviel draufhaben könnte, wie sie selbst.

Ich überlasse das Heimwerken also um des lieben Friedens willen meist meinem Göttergatten (die Feministinnen unter Euch mögen mir verzeihen). Schließlich gibt das seinem männlichen Behüterinstinkt die Befriedigung, seinem hilflosen Weibchen wieder mal zu beweisen, dass er ihr eine Behausung bauen und instand halten kann. Wahrscheinlich auch so ein Relikt aus Urzeiten.

Das Männchen tappt in die Falle

Doch zurück zur frisch ausgelegten Heimwerker-Falle: Am nächsten Tag kommt mein Gatte eine geschlagene Stunde früher von der Arbeit – normalerweise ein Ding der Unmöglichkeit. Das Auto quietscht vor der Haustür, er springt heraus, die Augen wirken gehetzt. "Du hast doch den Spiegel noch nicht aufgehängt?" ruft er mir mit fiebrigem Blick schon zehn Meter vor der Haustür zu. "Nee, will gerade damit anfangen", rufe ich fröhlich zurück und schwenke die Bohrmaschine. Der Mann wird aschfahl. Er hechtet in Sechsmetersprüngen heran, wirft die Aktentasche in die Ecke, reißt mir den Schlagbohrer aus der Hand (den ich natürlich nur aus taktischen Gründen griffbereit hatte) und wirft sich mit einem einzigen Satz energisch gegen die Wand. Fünf Minuten später hängt der Spiegel. Na also. Geht doch.

So unkompliziert gestaltet sich das heimische Handwerksleben aber nicht immer. Normalerweise pflege ich mich samt Kind in ruhigere Gefilde in Sicherheit zu bringen, wenn mein Liebster beschließt, es müsse nun geheimwerkert werden. Er ist ansonsten ein lammfrommer Mensch, den kaum etwas aus der Ruhe bringen kann. Doch Sägen, Dübeln, Kacheln – das ist Krieg! Hier kommt es auf Kampfgeist, Taktik, ausgeklügelte Pläne und stählernen Mut an. Denn das tückische Werkzeug hat nur eines im Sinn: Einen tapferen Mann um den Verstand und seine gesunden Gliedmaßen zu bringen. Gut, dass unsere Tochter noch nicht viel spricht und keine Schimpfwörter kennt. Denn das beeindruckende Repertoire der Flüche ihres Vaters würde sie ganz bestimmt in hellste Begeisterung versetzen. Kein Handschlag, keine Sekunde des Werkelns vergeht ohne seine lautstarken Androhungen schrecklicher Folgen für bockige Schrauben, splitternde Leisten, nicht passende Dübel und chronisch zu kurze Verlängerungskabel.

"Weib, alles paletti!"

Auch die Flucht in den Garten hilft nur wenig: Längst hat der Schimpfpegel, der vom Haus her das friedliche Stilleben von Beeten und Rabatten überzieht, jegliches Vogelgezwitscher verstummen lassen. Verstörte Meisen fallen aus den Ästen, Eichhörnchen kriegen spontan Haarausfall und Blumen verdorren – na ja, zumindest wäre all dies kein Wunder.

Plötzlich tritt Stille ein. Ich warte noch ein Sicherheits-Viertelstündchen, dann nähere ich mich samt Tochter misstrauisch dem Haus. Nichts. Wir schleichen hinein. Mein Mann sitzt gemütlich auf dem Sofa, blättert in seinem Lieblings-Bildband und fragt nebenbei und ohne aufzuschauen "Na, haste im Bad die neue Duschtür gesehen? War ganz leicht anzubringen, üüüberhaupt kein Problem."