Eltern, entspannt euch!

9 Gründe, warum Kinder mehr Freiheit brauchen

Angeschnallt im Mama-Taxi von Termin zu Termin kutschieren oder zu Hause vor dem Bildschirm sitzen, so sieht der Alltag von vielen Kindern heute aus. Mit Freiheit und Abenteuern unter freien Himmel hat das nicht mehr viel zu tun. Neun Gründe, warum diese Entwicklung unseren Kindern schadet.

Autor: Nina Braun

1. Kinder kennen die Natur immer weniger

Kinder Freiheit Bewegung
Foto: © fotolia.com/highwaystarz

Natur und Tiere sind für viele Kinder keine Realität mehr, sondern immer mehr nur noch künstliche Vorgabe. Nach dem „Jugendreport Natur" 2006 denken zwar nur noch ein Prozent aller Kinder, dass Kühe lilafarben sind. Elf Prozent halten aber Enten für gelb.

2. Spielen in der Natur fördert das ökologische Bewusstsein

Der Natursoziologe Rainer Brämer stellt im „Jugendreport Natur" ein „Bambi-Syndrom" fest. Viele Menschen würden die Natur demnach nur noch als „süß" und „gefährdet" ansehen und sich daher lieber davon fernhalten. Das ist ein Fehler. Denn ökologisches Bewusstsein entspringt aus Erfahrung. Und dafür müssen Kinder die Natur in ihrer Wildheit und Unvorhersehbarkeit erleben.

3. Freies Spielen hält gesund

Verschiedene Studien zeigen: Freies Spielen im Grünen stärkt das Immunsystem, beugt Asthma, Allergien und Diabestes vor. Auch die Symptome von ADHS-kranken Kindern können gelindert werden.

4. Beim Herumstromern sind alle Kinder gleich

In den 1950er Jahren spielten Kinder in einem Umkreis von bis zu 3,6 Kilometern von zu Hause, in den 70er Jahren waren es noch 0,9 Kilometern und heute sind es nur noch 0,27 Kilometern, das belegt eine Studie der Universität Bochum. Dabei ist gerade das zweckfreie Herumstromern unter freien Himmel gut für die soziale Entwicklung und bietet allen Kindern die gleichen Möglichkeiten. Anders als etwa beim Musikunterricht oder im Sportverein, den sich nur die sozial bessergestellten Eltern leisten können und wollen.

5. Bewegung macht Kinder auch geistig beweglicher

Bewegung fördert die geistigen Fähigkeiten. Sabine Kubesch berät die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen in Bezug auf Bewegung in der Schule. Die Wissenschaftlerin konnte in eigenen Studien zeigen, dass es mit Sport und Bewegung möglich ist, Gehirnfunktionen zu trainieren, von denen der Lernerfolg abhängt. Das sind das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition – also die Impuls- und Aufmerksamkeitskontrolle – und die kognitive Flexibilität. Das Arbeitsgedächtnis ermöglicht es Schülern, kurzzeitig Informationen zu speichern und mit diesen zu arbeiten. Die „Inhibition" befähigt Schüler, spontane Impulse zu unterdrücken und ihre Aufmerksamkeit zu steuern sowie Störreize auszuschalten. Die kognitive Flexibilität versetzt Kinder in die Lage, den Fokus ihrer Aufmerksamkeit gezielt zu wechseln.

6. Die Sicherheit, die Eltern den Kindern bieten wollen, ist trügerisch

Nach einer Umfrage der Wochenzeitung „die Zeit" hat jeder Zweite ein mulmiges Gefühl dabei, sein Kind allein rauszulassen. Begründet wird das mit der Angst vor „Fremden" und den „Gefahren im Straßenverkehr". Ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Zahl der Kindesentführungen und Morden ist seit Jahrzehnten nicht gestiegen. Und meist stammen die Täter aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis. Auch im Straßenverkehr haben Kinder ein geringeres Unfallrisiko als andere Gruppen. Noch immer sterben Kinder zwar im Straßenverkehr. Laut Statistik saßen sie dabei jedoch meist selbst im Unfall-Auto.

7. Kinder sollen selbstständig und auf das Leben vorbereitet werden

Jedes Risiko zu meiden, wie es viele Eltern für ihre Kinder versuchen, ist keine gute Strategie, um sie auf das Leben vorzubereiten. Denn um eine starke Persönlichkeit zu werden, muss man Konflikte überstanden haben, Grenzen getestet und mit unvorhergesehen Ereignissen gerungen haben. Das lernen Kinder nicht besonders gut unter Aufsicht ihrer Eltern auf dafür vorgesehen Plätzen, sondern auf sich allein gestellt. Das Kindern das wichtig ist, zeigen Befragungen, in denen Kinder ihre Lieblingsplätze zeigen sollen. Das sind meist gar keine Spielplätze, sondern etwa Brachflächen oder versteckte Höfe, die von Erwachsenen nicht zum Spielen vorgesehen sind.

8. Motorisch entwickeln sich Kinder immer schlechter

Deutschlands Kinder werden immer unsportlicher. Zu viel Zeit vor dem Computer und mangelnde Bewegung haben fatale Folgen. Laut aktuellen Ergebnissen eines Langzeitprojekts zur Prävention von Haltungsschäden an der Universität des Saarlandes (Kid-Check) weisen heutzutage über 50 Prozent der Kinder und Jugendlichen Haltungsschwächen auf, über ein Drittel hat motorische Defizite. In den meisten Fällen sind die Ursachen der Fehlhaltungen klar: Die Muskulatur ist zu schwach und in der Regel auch noch schlecht gedehnt. So führen zum Beispiel eine verkürzte Brust- und schwache Bauchmuskulatur dazu, dass sich die Wirbelsäule im Brustbereich verkrümmt. Ein Drittel der Kinder schaffte es demnach nicht, mit geschlossenen Augen den Hampelmann zu springen. Arme und Beine geraten durcheinander, rechts und links werden verwechselt. Durch Training könne das jedoch verbessert werden, betonen die Wissenschaftler.

9. Die Kinder sind unzufrieden mit der mangelnden Freiheit

Nach der 2014-er-Umfrage des LBS-Kinderbarometers ist jedes fünfte Kind zwischen neun -14 Jahren unzufrieden damit, dass er in seiner Umgebung nicht so spielen kann, wie es gerne möchte. Kinder spielen am liebsten mit „Freunden" und „draußen", sagen sie laut Befragung „Kinder und Medien". Erst weit dahinter liegen die Freizeitbeschäftigungen „Fernsehen gucken" und „Computer spielen."