Mit Lachen geht alles besser

Humor: Was Kinder zum Lachen bringt

Lachen und die Lust am Quatschmachen sind Kindern in die Wiege gelegt. Doch wie entwickeln Kinder Humor? Wie hilft er Kindern – und Erwachsenen – durchs Leben? Und weshalb ist er gerade in der Erziehung so wichtig?

Autor: Sabine Ostmann

Kinder haben einen anderen Humor

Humor Kinder
Foto: © mauritius images/ fancy

„Was ist rot und hat Streifen? Eine Tomate mit Hosenträgern.“ Ist dieser Witz für Sie wirklich lustig? Oder eher albern? Dann erzählen Sie ihn doch mal Grundschulkindern. Die kichern sich wahrscheinlich kringelig.

Können Sie auch bei der 84. Wiederholung des Lieblings-Häschenwitzes Ihrer 7-Jährigen noch schmunzeln? Ist es Ihnen eher peinlich, wenn Ihr halbwüchsiger Sohn lautstark Schwulenwitze zum Besten gibt? Sie sehen: Der Humor von Eltern und Kindern ist nicht immer kompatibel.

„Kinder haben jede Menge Zeit, wenig Verantwortung und Spaß am Spielen. Werte und Moral sind ihnen herzlich egal – oder sie setzen sich, wenn sie älter sind, bewusst darüber hinweg, um ihre Eltern zu provozieren. Jüngere Kinder denken nicht darüber nach, ob ihr Humor funktioniert und wie er auf andere wirkt“, erklärt Eva Ullman, Leiterin des Deutschen Humorinstituts in Leipzig. „Der Spaß am Quatschmachen ist uns jedenfalls angeboren. Aber was sie lustig finden, hängt sehr davon ab, in welcher Phase der (Humor-)Entwicklung sie gerade stecken.“ Diese zu kennen, hilft Ihnen als Eltern, den Humor Ihrer Kinder zu verstehen – und mit humorvoller Erziehung den Alltag zu entspannen.

Kleinkinder: Socke wie Handschuh

Schon Säuglinge glucksen, wenn sie sich wohl fühlen. Babys mit vier Monaten lachen, wenn man sie kitzelt. Ab acht Monaten bringen dann auch „Kuckuck“- oder Versteckspiele die Kleinen zuverlässig zum Glucksen und Quietschen. Dieses Lachen hat allerdings noch nichts mit Humor zu tun, so der amerikanische Forscher Paul E. McGhee. Einen Sinn für Humor entwickeln Kinder nämlich erst mit etwa eineinhalb Jahren. Etwa ab diesem Alter können sie eine absichtsvoll witzige Handlung von einem Fehler unterscheiden und merken, wenn etwas nicht zusammenpasst. Dann finden sie es total lustig, eine Socke als Handschuh anzuziehen, mit einer Banane zu telefonieren oder so zu tun, als sei ihr Ball ein Apfel.

Kindergartenkinder: Lustig ist, wenn die Katze bellt

Mit zwei bis drei Jahren beginnen Kinder, mit ulkigen Lauten zu experimentieren, schneiden Grimassen und setzen ihren ganzen Körper ein. Sie ahmen humorvolle Handlungen Erwachsener nach. Ganz hoch im Kurs stehen Sprachwitze. Kinder lieben es, Dinge umzubenennen: Die Katze bellt, ein Fisch ist ein Vogel und die Mama ist heute der Opa. Und weil sie in dieser Phase lernen, aufs Klo zu gehen, entwickeln sie auch ein erstes Gespür für Tabus. Deshalb lieben sie am allermeisten Pipi-Kaka-Witze.

Nie mehr lacht ein Mensch so viel wie mit drei Jahren. In diesem Alter lernen Kinder Wirklichkeit und Fantasie zu unterscheiden. Deshalb begeistern sie sich für Geschichten mit einem unerwarteten Ende à la Rotkäppchen frisst den Wolf. Sie lieben es, mit anderen Kindern herumzualbern und entdecken, dass es viel lustiger sein kann, nicht zu gehorchen.

Ältere Kinder: Klassenclowns und Humor-Tutoren

Warum nimmt ein Junge ein Lineal mit ins Bett? Damit er messen kann, wie lange er schläft. Solche Witze setzen voraus, dass Kinder Mehrdeutigkeiten erkennen und verstehen. Das ist etwa ab sieben Jahren der Fall. Ab diesem Alter beginnen sie auch Ironie und Sarkasmus zu verstehen. Scherzfragen und Rätselwitze sind ungemein beliebt. Humorforscher McGhee erklärt dies damit, dass Kinder in der Schule lernen, wie wichtig es ist, auf Lehrerfragen die richtige Antwort zu wissen. Für die Kinder bedeutet das Stress – die Witze dienen also dazu, Anspannung abzubauen.

Während Humor bei Kindergarten- und Vorschulkindern noch ganz spontan aufkommt, setzen Schulkinder ihn, ähnlich wie Erwachsene, bereits durchaus bewusst ein: Sie lernen Witze auswendig, um andere zu unterhalten und so ihre Stellung im Freundeskreis zu stärken. Im späten Grundschulalter bilden sich auch Humortypen aus: Manche Kinder werden zu Klassenclowns, manche lachen eher über die Witze anderer. Einige Kinder werden zu Humor-Tutoren, die andere mitreißen, indem sie ihnen Humor vorleben.

Der Humor älterer Kinder, ab zehn bis elf Jahren, nähert sich dem von Erwachsenen an. Die Kinder setzen zunehmend auf Ironie und Satire. Ihre Witze werden origineller und subtiler. Bei Jugendlichen spielt Humor dann auch als Abgrenzung von den Eltern eine wichtige Rolle.

Jungshumor und Mädchenhumor

Im Schulalter bilden sich – wahrscheinlich erziehungsbedingt – auch Unterschiede im Humor von Jungen und Mädchen heraus. Wobei beide Geschlechter Humor gleich gut verstehen und gleich hoch schätzen. Humorforscher Paul E. McGhee hat beobachtet, dass der Humor von Jungs auffälliger ist: Sie lachen mehr und machen auch mehr Witze als Mädchen. Außerdem können sie oft besser erklären, warum ein Witz lustig ist. Ihr Humor ist tendenziell aggressiver, mit mehr Schadenfreude. Mädchen hingegen lächeln mehr, bei ihnen ist auch das nach Anerkennung suchende soziale Lachen ausgeprägter. Zugleich ist ihr Humor subtiler, sie lachen auch eher über sich selbst.

Wie Humor die Entwicklung fördert

Alle Kinder haben Humor. Er ist für sie sogar (über-)lebenswichtig. Er hilft Kindern, mit ihrem Alltag, in der Schule und in der Familie klar zu kommen und Freunde zu finden. Gemeinsamer Humor verbindet – das gilt für das Familienblödeln wie für die Witze unter Freunden. So lernen Kinder, wie man miteinander lebt. Außerdem entwickeln sie beim Quatschmachen und Herumblödeln ihre emotionalen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten, so die Psychologin Dr. Marion Bönsch-Kauke. Die braucht man nämlich, um einen guten Witz erzählen zu können: Man muss ein Thema finden, den Witz an der Sache herausfiltern, die Dramaturgie bis zur Pointe aufbauen. Das erfordert einigen Gehirnschmalz, Sprachkompetenz und eine gute Kombinationsgabe – und vor allem Einfühlungsvermögen in andere Menschen, um deren Geschmack zu treffen. Humor hilft sogar beim Lernen: So hat eine Studie aus den USA gezeigt, dass sich Schüler Dinge besser merken können, wenn sie sie mit etwas Lustigem verbinden.

Sag's mit einem Lachen – Humor in der Erziehung

„Kinder lachen viel öfter als Erwachsene“, sagt Eva Ullmann. „Unser Humor kommt neben der Verantwortung im Job und für die Familie etwas zu kurz. Denn Humor braucht Lust am Spielen, Gelassenheit und eine sichere Umgebung.“ Deshalb sollten wir als Erwachsene nicht nur unsere Kinder darin unterstützen, diese Leichtigkeit zu bewahren und ihnen einen Schutzraum dafür bieten, sondern wir sollten auch für uns selbst ein Stück davon zurückholen. Die Humorexpertin empfiehlt, Humor als Fähigkeit zu betrachten – ebenso wie andere Eigenschaften, auf die Sie bei der Erziehung Ihrer Kinder Wert legen.

Bestärken wir also unsere Kinder in ihrem Humor. Lassen wir uns von ihrem Lachen anstecken und das Leben nicht immer nur von der ernsten Seite sehen. Auch Lebenslust und die Bereitschaft, das Positive zu sehen, sind Eigenschaften, die wir unseren Kindern vorleben sollten. Denn Humor hilft uns, mit Niederlagen fertig zu werden und Missgeschicke liebevoll umzudeuten. Wenn Ihr Kind zum Beispiel eine Arbeit verhauen hat, schlägt Eva Ullmann vor: „Heute bist du die Heldin der schlechten Noten. Das muss gefeiert werden. Aber nur heute Miss-Super-Schlecht.“ Wenn Ihr Kind darüber lacht, ist es schon auf dem Weg, die Situation zu entdramatisieren und lernt, mit negativen Gefühlen produktiv umzugehen. Das ersetzt natürlich nicht ein Gespräch über die Ursachen der schlechten Noten.

Mit einem Löffelchen voll Zucker ...

Mit Humor lassen sich auch klassische „Eltern-Kind-Gefechte“ wie Quengelanfälle an der Supermarktkasse, Zu-Bett-gehen oder das morgendliche Anziehen entspannter angehen. Zum Beispiel, indem Sie in die Rolle des Bahnschaffners schlüpfen und Ihre Kinder per Trillerpfeife in den Schlafwagen bitten. Schauspielerin und Autorin Sabine Bohlmann bringt ihre Kinder dazu, morgens den Turbogang einzulegen, indem sie schon mal die Rakete startklar macht, während die Kids Raumanzüge und Mondstiefel anlegen. So geht Erziehung „mit einem Löffelchen voll Zucker“ nach dem Mary-Poppins-Prinzip – mit Humor und Fantasie als Stresskiller für Eltern und Kinder. 

Service

  • www.humorinstitut.de: Das Humorinstitut befasst sich mit Fragen von Kommunikation und Humor. Zum Thema Kinderhumor bietet es Informationen und neue wissenschaftlichen Studien.
  • www.kinderhumor.de: Schöne Beispiele zum Thema Kinder-Humor – zusammengetragen im Rahmen eines Projekts des Humorinstituts.
  • Sabine Bohlmann: Ein Löffelchen voll Zucker, und was bitter ist, wird süß – das Mary-Poppins-Prinzip. vgs Verlag, 14,90 Euro
  • Marion Bönsch-Kauke: Psychologie des Kinderhumors: Schulkinder unter sich. Leske + Budrich, 44,95 Euro
  • Charmaine Liebertz: Schatzbuch des Lachens: Grundlagen, Methoden und Spiele für eine Erziehung mit Herz und Humor. Don Bosco Verlag, 19,95 Euro