"Das schmeckt mir nicht!"

7 Tipps für schlechte Esser

Kinder, die meist lustlos im Essen picken oder nur von weißem Toast mit Nutella leben möchten, lösen oft Ratlosigkeit oder Stress am Familientisch aus. Sieben einfache Schritte entspannen die Lage!

Autor: Gabriele Möller

Es muss doch was essen: Eltern in der Aktivitätsfalle

Schlechter_Esser: Kind will nicht essen
Foto: © iStock, MarkoNOVKOV

Kleine Kinder wollen beim Essen vor allem Eines: dass es schmeckt! Eltern dagegen haben eine längere Wunschliste: Mahlzeiten sollten lecker sein, aber auch gesund. Ihr Kind sollte regelmäßig essen und auch nicht zu wenig, damit es gut gedeiht. Da ist es ganz schön frustrierend, wenn der Nachwuchs im liebevoll zubereiteten Essen nur herumstochert oder gar mäkelt: "Bah! Das mag ich nicht!" Seufzend fragt man sich: Dafür all die Mühe? Das Kind ist außerdem doch eh schon so schlank, wovon soll es denn wachsen und zunehmen, wenn es fast nichts isst? Und überhaupt: Ist da nicht auch ein Vitaminmangel vorprogrammiert? 

Schnell geraten die besorgten Eltern jetzt in die Aktivitätsfalle: Sie geben zu jeder Mahlzeit den Alleinunterhalter und lenken das Kind mit einer kleinen Show ab, während sie ihm Löffel für Löffel in den Mund zwängen. Manche versuchen es mit Erpressung oder erlauben aus Verzweiflung  das Essen beim Fernsehen oder beim Spielen auf dem Boden. Oft lassen sie auch zu, dass sich die Mahlzeiten ins Endlose dehnen, weil dem Youngster genau beim Abräumen einfällt, dass er doch noch Hunger hat. Was den K(r)ampf ums Essen beendet:

 

1. Keine Extrawürste für das Kind

Die Essensfalle: Eltern verhalten sich oft so, als ob Tochter oder Sohn spätestens ab der zweiten verweigerten Mahlzeit dem Hungertod nahe kämen. Sie tun fast alles, um wenigstens irgendetwas in ihren Sprössling hineinzubekommen und bereiten ihm regelmäßig die sprichwörtliche Extra-Wurst zu, also ein eigenes Essen nur fürs Kind. Gern immer dasselbe, und im schlimmsten Fall auch recht Einseitiges wie Nudeln mit Ketchup oder Weißbrot mit Nutella.

Der Weg zum Erfolg: Eltern dürfen dem Kind sagen: "Heute gibt es dies, und nichts anderes. Du musst es aber nicht essen." Ideal ist es, wenn es zu dem Gericht mindestens eine Beilage gibt, die das Kind kennt und bekanntermaßen mag. Vor allem mild-süße Gemüsesorten, wie Pastinake, Süßkartoffel, Buttermöhrchen oder Hokkaido-Kürbis kommen oft auch bei schwierigen Essern gut an. Aber auch, wenn das Kind nichts isst, beruhigen Ernährungswissenschaftler: Es schadet einem gesunden Kind nicht, eine oder zwei Mahlzeiten auszulassen. Es holt sich die versäumten Kalorien bei späterer Gelegenheit. Auch der Vitaminbedarf muss nicht täglich komplett gedeckt werden, sondern es reicht, wenn die nötigen Vitamine im Laufe einer Woche aufgenommen werden

2. Keine Schonkost, gerne Gewürze

Die Essensfalle: Viele Eltern glauben, kleine Kinder bräuchten eine Art Schonkost. Doch Kinderärzte sagen: Ab einem Jahr darf ein Kind alles essen, was es mag. Wenn es beim Essen also wenig Enthusiasmus zeigt, findet es vielleicht einfach seine labbrige, salzarme oder immer noch pürierte Kost zu langweilig.

Der Weg zum Erfolg: Schon kleine Kinder mögen oft Kräftiges oder scheinbar Ungeeignetes wie Sauerkraut, herben Schimmelkäse, Räucherlachs auf Brot, gekochte Miesmuscheln, Oliven (halbiert), in der Pfanne karamellisierte Zucchinistücke, geräucherte Makrele, Herings-Stipp, Fleischspieße oder eine Tomaten-Mozzarella-Platte. Auch kräftige Gewürze wie Knoblauch (ein bisschen davon dürfen sogar Breikinder unter einem Jahr schon bekommen), Kräuter der Provence, italienische oder asiatische Gewürzmischungen finden oft schon bei den Kleinsten Anklang. Eltern können experimentieren und ausprobieren, was gut ankommt. 

3. Rohkost als Vorspeise

Die Essensfalle: Besonders schwer ist es bekanntlich, Rohkost oder Obst in die kleinen Bäuche heikler Esser hinein zu bekommen. Meist wird dem vitamin-abstinenten Nachwuchs geduldig erklärt, wie wichtig Rohkost ist, um ihn doch noch zum Knabbern des gesunden Nahrungsmittels zu überreden - oft jedoch erfolglos.

Der Weg zum Erfolg: Während Mama oder Papa noch das eigentliche Essen zubereiten, stellen sie schon - beiläufig und ohne es groß zu erwähnen - einen Teller mit Gemüse- oder Obstschnitzen auf den Tisch. Kinder essen nicht gern auf Aufforderung Gesundes, vergreifen sich aber gern daran, wenn es unbeaufsichtigt herum steht. Gerade beim Warten aufs Essen haben sie oft einen wahren Wolfshunger und können dem bunten Angebot kaum widerstehen. Je weniger man hinsieht, desto mehr Rohkost oder Obst verschwindet oft schon in den kleinen Bäuchen. 

4. Gemeinsames Essen am Tisch

Die Essensfalle: Weil kapriziöse Esser bei den Hauptmahlzeiten manchmal fast gar nichts essen, gehen ratlose Eltern oft dazu über, eigene Essenszeiten für den Sprössling einzurichten. Gern beim Spielen auf dem Teppich, beim Hören einer Kinder-CD oder gar vor dem Fernseher. Aus Angst, das Kind könnte zu wenig essen, eilen sie sofort mit Essbarem herbei, sobald es auch nur die kleinste Bereitschaft zur Nahrungsaufnahme zeigt. Auf diese Weise muss der Nachwuchs eine Führungsrolle im Tagesablauf übernehmen, die er eigentlich gar nicht möchte. Kleine Kinder mögen Vorhersehbarkeit und Verlässlichkeit im Alltag. Sie wollen außerdem möglichst alles Wichtige mit den Großen gemeinsam machen, also auch in derselben Situation und Atmosphäre essen wie die Großen.

Der Weg zum Erfolg: Zu den Hauptmahlzeiten aber sollte ein Kind mit den Erwachsenen zusammen essen. Eltern dürfen das "spielbegleitende" Füttern oder die Extra-Mahlzeiten einfach einstellen. Ist das gemeinsame Essen beendet, wird der Tisch abgeräumt, auch wenn dem Kind genau in diesem Moment einfällt, dass es doch noch etwas essen möchte. Hungern muss das Kind jetzt nicht, aber bis zur nächsten Mahlzeit gibt es nur Obst-Schnitze. 

Bei gemeinsamen Mahlzeiten gilt aber umgekehrt auch: Das Kind darf früher vom Tisch aufstehen, wenn es satt ist. Für ein Kleinkind ist es noch schwer, länger als einige Minuten klaglos im Hochstühlchen zu sitzen, und selbst für ein vierjähriges Kind sind 15 Minuten Sitzen noch eine beachtliche Leistung.

5. Alles wird probiert

Die Essensfalle: Was ich nicht kenn', das ess' ich nicht! Dies ist ein weit verbreitetes Motto unter kleinen Kindern. Manchmal aber kommt diese Verweigerung allzu schnell und fast reflexhaft. Denn Kinder gehen oft nach dem Augenschein, lehnen Ungewohntes pauschal ab, oder würden zwar insgeheim gern probieren, benutzen die Essensverweigerung aber inzwischen als Mittel, um ihr Streben nach Selbstbestimmung (an falscher Stelle) mit den Eltern auszufechten. 

Der Weg zum Erfolg: Eine Übereinkunft zwischen Groß und Klein beinhaltet: Eine Gabel voll wird versucht, denn die schafft jeder junge Test-Esser. Um diese Regel leichter umzusetzen, können Eltern sagen: "Ich bin auch nicht sicher, ob es schmeckt. Probier' mal und sage mir, wie du es findest!" oder: "Schau, du kannst diesen Gewürzstreuer benutzen. Koste mal einen Löffel von dem Essen, und wenn es noch nicht schmeckt, gibst du ein bisschen Gewürz drauf!" Kleine Kinder lieben Pfeffermühlen, Kräuter- oder Gewürzstreuer und können deren Benutzung kaum widerstehen.

6. Kleine Tricks sind erlaubt

Die Essensfalle: Manchmal fällt uns Eltern immer nur dieselbe Leier ein, wenn wir möchten, dass das Kind mehr (oder mehr Gesundes) zu sich nimmt. Besonders oft versuchen wir es mit hilfloser Erpressung ("Bevor du nicht gegessen hast, können wir nicht zum Spielplatz gehen!"). Schnell mündet das Essen, das eigentlich etwas Entspanntes und Genussvolles ist, in einen Machtkampf, der allen Beteiligten ein schlechtes Bauchgefühl macht.

Der Weg zum Erfolg: Anstatt es unter Druck zu setzen, dürfen Mütter und Väter ihr Kind auch mal überlisten - trickreich und mit Fantasie. Muss man sich zum Beispiel sowieso ständig mit der Geschwister-Konkurrenz unter den Sprösslingen herumschlagen - warum nicht auch mal deren Vorteile nutzen? "Oh, du magst das Hühnchen wohl nicht. Dann ist es sicher okay, wenn ich es deinem kleinen Bruder gebe…?" (Die Eifersucht sorgt in 90 Prozent der Fälle dafür, dass es doch lieber selbst gegessen wird.

Auch neue Namen fürs Essen können wählerische Kids verführen: Broccoli wird oft ratzeputz verschlungen, wenn man ihn als "kleine, essbare Bäume" bezeichnet. Eine Spinat-Tarte mit Ei wird zur  "Elfenspeise" oder wahlweise zum "Power-Kuchen" für die Muckis mutiger Kämpfer. Eine "Frikadelle" wird viel lieber verzehrt als ein "Bratling", auch wenn Beides Grünkern und kein Fleisch enthält, und "Ketchup" klingt in Kinderohren viel besser als "Tomatensoße", auch wenn es sich um letztere handelt.

Bei der Wortwahl sind auch positive Formulierungen wichtig: Selbst wenn die kleine Jana erst ein Mal einen winzigen Bissen Blumenkohl mit Butter und Semmelbröseln probiert hat - die Eltern dürfen in ihrer Gegenwart schamlos sagen: "Jana mag Blumenkohl am liebsten mit Semmelbrösel-Butter!" Ein No Go sind dagegen pauschal-negative Formulierungen, wie: "Jana mag kein Gemüse!" oder "Jana ist eine total mäkelige Esserin!", denn diese programmieren das Kind, das seinen Eltern glaubt, was sie sagen.

7. La Dolce Vita - Nachtisch geht immer!

Die Essensfalle: Einem Nachtisch können auch die Kleinsten nicht widerstehen, am Rand eines Eis- oder Puddingschälchens strandet auch die hartnäckigste Essensverweigerung. Er ist deshalb sehr verlockend, der Satz: "Wenn du nicht aufisst, gibt es hinterher keinen Nachtisch!" Doch es ist schädlich, ein Kind zum Aufessen zu zwingen, obwohl es keinen Hunger mehr hat oder ein Gericht nicht mag. Es verliert das natürliche Gefühl für seinen Appetit. Umgekehrt wäre es auch unfair, ihm die Leckerei vorzuenthalten, weil der Teller nicht ganz leer ist.

Der Weg zum Erfolg: Zwar sollte ein Kind nicht um des Desserts willen aufessen müssen. Den Nachtisch als Anreiz zu nutzen, damit es das "Davor" zumindest probiert, ist aber legitim. Zum Beispiel kann man verkünden: "Wer Nachtisch möchte, isst zuerst von allen Bestandteilen der Mahlzeit zwei Gabeln voll." Dieser Kompromiss-Klassiker ist auch moralisch vertretbar, denn bekanntlich drohen von überwiegender Pudding- oder Eis-Ernährung irgendwann tatsächlich Mangelerscheinungen.

Haben Eltern dennoch ein schlechtes Gefühl, weil das Kind mehr Nachtisch als Gesundes isst, dürfen sie natürlich auch über das Dessert Vitamine ins Kind schummeln: Pürierte Erdbeeren, mit Agavensirup gesüßt und einem Sprühsahne-Topping gekrönt, schmecken wunderbar  und sind in einer Minute fertig. Köstlich sind auch längs durchgeschnittene Bananen, die in etwas Öl weich gebraten werden und ganz ohne Zucker auskommen. Ebenfalls unwiderstehlich sind geschälte, in Butter gebratene Apfelschnitze mit etwas Agavensirup oder Zucker, eventuell veredelt mit Vanille-Eis oder -Soße.