Was darf mein Kind noch essen?

Ernährung bei Neurodermitis

Die Ernährung spielt bei Neurodermitis eine wichtige Rolle, auch wenn nicht jedes Kind an einer Nahrungsmittelallergie leidet. Verallgemeinerbare Regeln, die der Haut Erleichterung bringen, gibt es jedoch nicht. Das sollten Eltern über gesundes Essen bei Neurodermitis-Kindern wissen.

Autor: Monika Maruschka

'Die' Neurodermitis-Diät gibt es nicht

Kleines Maedchen Eis Essend

Vegan, Gluten-frei, bloß keine Kuhmilch: Wer das Internet nach Ernährungstipps für Neurodermitiker durchforstet, wird schnell fündig. Wer allerdings auf der Suche nach der einzig wahren Ernährungsstrategie ist, die endlich die ersehnte Linderung für Juckreiz und angegriffene Haut ist, der muss enttäuscht werden.

„Es gibt keine allgemeingültigen Ernährungsempfehlungen oder gar die Neurodermitis-Diät“. fasst der Deutsche Allergie und Asthmabund (DAAB) den derzeitigen Stand der Forschung zusammen.

Ernährung bei Neurodermitis

Trotzdem ist es wichtig, nach der Diagnose Neurodermitis auch die eigene Ernährung auf den Prüfstand zu stellen. Denn Zusammenhänge zwischen bestimmten Nahrungsmitteln und einzelnen Inhaltsstoffen gibt es bei vielen Betroffenen. „Der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Verzehr von bestimmten Lebensmitteln ist zwar gesichert, muss allerdings differenziert betrachtet werden“, erklärt Sonja Lämmel, Ernährungswissenschaftlerin beim DAAB. „Nur eine individuelle ausgewogene Ernährung, die auf die Unverträglichkeiten des Einzelnen abgestimmt ist, kann den Verlauf bei einigen Betroffenen positiv beeinflussen.“ Es wäre also falsch, alle Hoffnung auf das Wegslassen eines Nahrungsmittels zu setzen. So konnte zum Beispiel laut DAAB zwischen dem Verzehr des oft verteufelten Zuckers und einer Verschlimmerung der Neurodermitis bisher in keiner Studie ein Zusammenhang hergestellt werden.

Auch Kinderärzte raten von allgemeinen Ernährungsvorschriften ab, denn gerade bei Kindern kann es dann zu Mangelerscheinungen kommen. Wichtig für eine gesunde Haut UND eine gesundmachende Ernährung ist deshalb die individuelle Abklärung von Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Nahrungsmittelallergien und Pseudo-Allergien bei Neurodermitis

Etwa 30 Prozent der Kinder, die an Neurodermitis leiden, haben auch eine Nahrungsmittelallergie. Meist reagieren sie nur auf ein oder zwei Nahrungsmittel. Am häufigsten sind das Hühnerei, Kuhmilch, Weizen und Soja. Allergie heißt, dass die betroffenen Kinder mit einer übermäßigen Abwehr des Immunsystems gegen eigentlich ungefährliche Stoffe wie eben ein Nahrungsmittel reagieren.

Ähnliche Reaktionen wie diese „echten“ Allergien können auch die so genannten Pseudo-Allergien auslösen. Auch hier kann es zu Hautreaktionen kommen, die im Zusammenhang mit Nahrungsmitteln auftreten. Aber bei Pseudo-Allergien findet keine wirkliche Immunabwehr statt, sondern der Körper schüttet als Reaktion auf bestimmte Stoffe willkürlich Histamin aus. Daher kann eine Pseudo-Allergie nicht mit Allergietests nachgewiesen werden. Typische Stoffe, die eine solche Reaktion auslösen können, sind Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker wie Glutamat oder Säure in Zitrusfrüchten.

Schritt für Schritt zur richtigen Diagnose

Wie stelle ich fest, ob mein Kind auf Nahrungsmittel reagiert?

  • Schritt 1: Selbstbeobachtung, Anamnese mit dem Arzt
    Das können Eltern durch Beobachtung ihrer Kinder am besten selbst feststellen. Haben sie das Gefühl, dass sich das Hautbild des Kindes nach dem Verzehr bestimmter Lebensmittel verschlechtert, kann eine Allergie oder Unverträglichkeit vorliegen. Bei sehr kleinen Kindern kann man nun schon mit der so genannten Eliminationsdiät beginnen. Hat sich die Haut z. B. nach dem Abstillen und dem Einführen von Kuhmilch-Fläschchen verschlechtert, würde man, um Hinweise auf die Allergie zu bekommen, die Milch wieder weglassen und schauen, ob sich die Haut verbessert.Bei älteren Kindern lohnt sich ein Ernährungs-Symptom-Tagebuch, in dem neben der Ernährung und dem Hautbild möglichst viele andere Faktoren wie Wetter, Infekte, Pollenflug oder Stressauslöser wie Klassenarbeiten mit berücksichtig werden. Im Gespräch mit dem Arzt werden genetische Faktoren und andere Auslöser besprochen.
  • Schritt 2: Allergietests
    „Hauttestes werden wegen der beanspruchten Haut bei Neurodermitis eher selten gemacht“, so Sonja Lämmel. Liegt durch Beobachtung ein Verdacht auf Nahrungsmittelallergien vor, die die Neurodermitis verschlechtern, kann ein Bluttest weitere Hinweise geben. Er ermittelt Antikörper gegen verschiedene Nahrungsmittel. „Die oftmals alleinig durchgeführten Haut- und Bluttestungen reichen in der Regel nicht aus“, mahnt Lämmel.
  • Schritt 3: Diagnostische Diät
    Liegen nach der Selbstbeobachtung und den Allergietests Hinweise auf Unverträglichkeiten vor, sollte nun eine sogenannte diagnostische Diät folgen. Dabei werden mit Hilfe einer allergologisch geschulten Ernährungsfachkraft Speisepläne zusammen gestellt, in denen Auslöser für Allergien fehlen (Eliminationsdiät), bei fehlenden Hinweisen durch die Tests kann eine allgemein allergenarme Diät helfen. „Vorrangiges Ziel ist jedoch eine ausgewogene Ernährung trotz Allergie“, so Lämmel.

Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen in der Regel die Beratung durch eine Ernährungsfachkraft. Der Kinderarzt muss diese lediglich formlos anweisen. Eine Ernährungsfachkraft in Ihrer Nähe finden Sie auch über den DAAB.

„Die Eltern sind dankbar für dieses Angebot“, weiß Allergieexpertin Lämmel. „Das Angebot ist alltagspraktisch und bezieht sich nicht nur auf die Ernährung sondern z. B. auch auf das Waschen.“

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Den Auslöser meiden

Für die Behandlung der Allergie steht natürlich das Meiden des Allergie auslösenden Essens an erster Stelle – immer in Absprache mit einer Ernährungsfachkraft, damit das Kind weiter ausgewogen ernährt wird. Bei akuten Reaktionen können Medikamente z.B. mit Kortison Linderung verschaffen. Präventiv gibt es die Möglichkeit von Mastzellenstabilisatoren (hemmen die Ausschüttung von Histamin aus Abwehrzellen). In speziellen Schulungen können Familien lernen die Diagnose Neurodermitis und die Allergien so in den Alltag zu integrieren, dass die Krankheit nicht als Dauerbelastung empfunden wird.

Neurodermitis Ernährung: Toleranz fördern statt Lebensmittel weglassen

Können Eltern schon vorbeugend in der Schwangerschaft und in der Stillzeit, etwa bei der Ernährung in der Stillzeit, etwas tun? Praktisch nicht. „Wichtig ist für Kinder: Nicht rauchen“, sagt Sonja Lämmel. Ansonsten gibt es keine allgemein gültigen Ratschläge mehr. „Das ist ein brandaktuelles Thema“, so die Ernährungswissenschaftlerin. „Die Devise heißt heute: Eher etwas geben als weglassen.“ Natürlich erst nach einer Frist von vier Monaten, in der auschließlich gestillt werden sollte.

Die aktuellen Präventionsempfehlungen des DAAB haben die Verbote und Tipps der letzten Jahre „komplett über den Haufen geworfen“, so Lämmel. Neu und wichtig ist dabei, dass es jetzt keine Verbote mehr gibt und das der Trend wieder dahin geht, die Toleranz gegenüber verschiedenen Stoffen und Lebensmitteln zu fördern, indem das Kind ihnen ausgesetzt wird.

Lediglich wenn ein Kind während des Stillens stark Neurodermitis bekommt, kann es nötig werden, auf ein Vollhydrolysat oder auf eine Nahrung auf Basis von kuhmilchfreien, non-allergenen Aminosäuren zurückzugreifen, also die Muttermilch durch synthetisch hergestellte Milch zu ersetzen. So wird der Einfluss der Ernährung der Mutter auf das kranke Kind verhindert.

Service

Der Deutsche Allergie und Asthma-Bund bietet ein Info-Paket zum Thema Neurodermitis und Ernährung an, das telefonisch oder per Mail bestellt werden kann:
DAAB

Hier finden Sie ein Beispiel für ein
Ernährungstagebuch