Allergie gegen Pollen

Mein Kind hat Heuschnupfen

Immer mehr Kinder leiden unter einer Pollenallergie. Doch so ein Heuschnupfen ist zwar lästig, aber nicht gefährlich und gut in den Griff zu kriegen. Mit der richtigen Behandlung und ein paar einfachen Verhaltenstipps.

Autor: Heike Byn

Heuschnupfen, was ist das eigentlich?

Mädchen Wiese Heuschnupfen
Foto: © colourbox/ Kzenon

Ständiges Naselaufen, heftige Niesanfälle, brennende Augen und geschwollene Lider. Das ist doch keine normale Erkältung mehr – sagen sich früher oder später alle Eltern von Kindern, die im Frühjahr und Sommer unter diesen Symptomen leiden. Ein Besuch beim Kinderarzt bringt dann die Erklärung: Das Kind leidet unter einer Pollenallergie. Während Mediziner dabei auch von einer saisonalen Nasenschleimhautentzündung oder von einer allergischen Rhinitis sprechen, nennen die meisten Menschen diese Form der Allergie immer noch Heuschnupfen. Doch mit dem Heu, das kaum noch Pollen enthält, hat der Heuschnupfen nur am Rande zu tun: Viele Allergiker reagierten schon immer stark auf blühende Gräser in der Zeit der Heuernte, so hat sich der Name für die Pollenallergie schließlich verselbstständigt.

Überreaktion des Körpers

Ein Heuschnupfen ist eine Überreaktion des Körpers auf bestimmte Blüten-, Baum-, Kräuter- oder Gräserpollen. Der Organismus wittert darin vermeintliche Feinde und schaltet sein Abwehrsystem ein. Schon kleine Pollenmengen genügen, um die Bildung von Antikörpern anzukurbeln. Die wiederum setzen den Botenstoff Histamin frei, der den allergischen Schnupfen auslöst. Weil aber Pollen nun einmal je nach Blütenzeit der verschiedenen Pflanzen zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr fliegen, können die Symptome vom Frühjahr bis zum Herbst auftreten – je nachdem, auf welchen Blütenstaub jemand allergisch reagiert. 

10 Prozent der Kinder und Jugendlichen haben Heuschnupfen

Immer mehr Kinder leiden unter einer Pollenallergie. Dafür ist neben einer genetischen Vorbelastung und veränderten Lebensumständen auch der Klimawandel verantwortlich: Wärmere Temperaturen führen dazu, dass je nach Witterung die Pollenflugzeit länger dauert und früher wieder anfängt. So können im November die letzten Gräser- und Brennesselpollen fliegen und im Dezember schon wieder die ersten Haselnusspollen.

Nach einer Studie des Robert Koch Instituts sind derzeit knapp zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 0 und 17 Jahren von Heuschnupfen betroffen. Vielen von ihnen ist eine Veranlagung für Allergien schon angeboren: Kinder, bei denen beide Elternteile Allergiker sind, entwickeln mit 60-prozentiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine Allergie, ist nur ein Elternteil Allergiker, liegt das Risiko einer Erkrankung bei ungefähr 30 Prozent.

Immunsystem heute anfälliger für Fehlreaktionen

Ob die Krankheit aber wirklich ausbricht, hängt unter anderem auch von Faktoren wie Luftverschmutzung, Wohnverhältnissen oder Hygiene ab. Da unsere Haushalte immer keimfreier werden, kommen Kinder seltener mit Krankheitserregern in Kontakt. Dadurch wird das kindliche Immunsystem nicht ausreichend trainiert, bleibt somit unterbeschäftigt und ist anfälliger für Fehlreaktionen. Dagegen weiß man, dass Kinder, die auf dem Land leben, mit mehreren Geschwistern aufwachsen oder früh in eine Krippe oder Kita kommen, anscheinend von klein auf ihr Immunsystem trainieren und deshalb seltener Allergien entwickeln. Eltern können aber die Allergieanfälligkeit ihres Kindes mindern, indem sie z.B. nicht rauchen und Mütter ihr Baby so lange wie möglich stillen.

Heuschnupfen diagnostizieren und behandeln

Haben Eltern den Verdacht, dass ihr Kind unter einer Pollenallergie leidet, sollten sie einen Kinderarzt aufsuchen, der die Zusatzbezeichnung „Allergologe“ auf seinem Praxisschild führt. Er wird dann zur Bestätigung einen Hauttest oder Blutuntersuchungen durchführen. Der „Prick-Test“ ermittelt, welche Pollenart den Heuschnupfen auslöst. Dabei werden die Reizstoffe der Pollen in Wasser gelöst und auf kleine Kratzer am Unterarm des Kindes aufgetragen. Jene Stellen, die nach etwa 20 Minuten gerötet oder angeschwollen sind oder jucken, entlarven die allergieauslösenden Pollen. Mit einem Bluttest lassen sich zudem entsprechende Antikörper im Blut nachweisen und als Auslöser für die Beschwerden identifizieren. Beide Tests alleine reichen aber oft nicht für eine gesicherte Diagnose. Erst im Zusammenspiel mit der Familien- und Krankengeschichte sowie den Bedingungen des Alltagslebens entsteht ein komplettes Bild.

Heuschnupfen ernst nehmen

Kinder leiden oft sehr unter einem Heuschnupfen, denn sie reagieren auf ihre Beschwerden wesentlich emotionaler als Erwachsene, sind unruhiger und unkonzentrierter. Dennoch: Alle typischen Heuschnupfensymptome wie Niesen, Naselaufen und Augenjucken sind zwar lästig, aber nicht gefährlich. Bei 20 bis 30 Prozent der Betroffenen kann sich aus dem Heuschnupfen mit der Zeit jedoch ein allergisches Asthma entwickeln – und damit ein „Etagenwechsel“ der Allergie. Um den zu verhindern, sollten Eltern den Heuschnupfen ihres Kinders also durchaus ernst nehmen und auf jeden Fall schnell und angemessen behandeln lassen. 

Heuschnupfen Ihres Kindes schnell lindern, aber wie?

Bei leichten Symptomen können Nasensprays und Augentropfen helfen, die abschwellend, antientzündlich oder antiallergisch wirken. Sie enthalten Cromoglizinsäure, Antihistaminika oder Kortison. Nasensprays mit Kortison sollten aber nur in Absprache mit dem Arzt und über einen begrenzten Zeitraum in der Pollensaison verwendet werden. Antiallergische Tabletten, so genannte Antihistaminika, werden vor allem dann eingesetzt, wenn nicht nur die Nase, sondern auch die Bindehäute der Augen jucken und gerötet sind. Welche Präparate zu verwenden sind, weiß der behandelnde Arzt am besten. Er kennt Wirksamkeit und mögliche Nebenwirkungen und kann so eine passende Therapie für die individuellen Bedürfnisse eines Kindes finden.

Eine Möglichkeit: Hyposenibilisierung

Gute Aussichten, den Heuschnupfen wieder loszuwerden bietet die Hyposensibilisierung für Kinder ab etwa acht Jahren. Bei dieser Art „Schutzimpfung“ werden die Wirkstoffe der Pollen in regelmäßigen Abständen und in stetig gesteigerter Dosis unter die Haut gespritzt. So lange, bis das Immunsystem gelernt hat, die Pollen nicht mehr als Feinde zu betrachten. Die Behandlung ist zwar mit einer Dauer von etwa drei Jahren langwierig, dafür aber bei bis zu 80 Prozent der Patienten erfolgreich. Anfänglich wird wöchentlich gespritzt, später in größeren Abständen, meist monatlich. Manche Ärzte empfehlen stattdessen für Kinder ab etwa fünf Jahren eine „orale Hyposensibilisierung“, bei der die Allergenextrakte als Tropfen oder Tabletten unter die Zunge gegeben werden.

Fragen an einen Kinderarzt

Interview mit Dr. Hermann Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt sowie Sprecher des Ausschusses Prävention und Frühtherapie des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte

Was ist bei der Behandlung einer Pollenallergie wichtig?

Hermann Josef Kahl: Eltern sollten so früh wie möglich mit der Behandlung ihrer Kinder starten, damit aus einer Pollenallergie kein allergisches Asthma wird. Außerdem müssen sie sie dafür sorgen, dass das Kind vor allem Zuhause so wenig wie möglich mit den Allergenen in Kontakt kommt, die es krank machen. Mit sinnvollem Lüften und Pollenschutzgittern vor Fenstern und Türen kann man schon eine ganze Menge erreichen.

Gibt es auch homöopathische Mittel, die gut gegen Heuschnupfen wirken?

Das lässt sich nicht so einfach beantworten und schon gar nicht mit der Empfehlung konkreter Präparate. Schließlich ist das Behandlungskonzept eines homöopathisch ausgebildeten Kinderarztes oder Heilpraktikers so individuell wie das Kind, dem es helfen soll. Interessierte Eltern können durchaus auch parallel zu einer schulmedizinischen Behandlung einen in Homöopathie erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker zu Rate ziehen. Sie sollten aber wissen, dass solch eine Therapie ihre aktive Unterstützung und Mitwirkung braucht.

Welche Tipps geben Sie Eltern von allergiekranken Kindern?

In der Pollenflugzeit sollten sie sich unbedingt einen Pollenflugkalender besorgen, um darauf reagieren zu können. Morgens, wenn die meisten Pollen unterwegs sind, sollten Türen und Fenster möglichst geschlossen, damit so wenig Pollen wie möglich ins Kinderzimmer kommen. Außerdem sollten kleine Allergiker ihre Kleidung abends in einem anderen Raum ausziehen und sich vor dem Schlafengehen duschen und sich die Haare waschen.

Tipps für die Pollenflugzeit

  • Pollenflugkalender besorgen: Die gibt es beim Kinderarzt, in Apotheken oder im Internet, (siehe „Infos im Netz“). An Tagen mit sehr starkem Pollenflug Daueraufenthalte im Freien meiden und schon morgens dämpfende anti-allergisch wirkende Nasensprays, Tabletten oder Säfte geben
  • Pollenschutzgitter oder Fliegengitter kaufen: In Fenster- und Balkon-/Terrassen-Türrahmen eingespannt, halten sie rund 80 Prozent der Pollen zurück
  • Clever lüften: Nach längerer Trockenzeit den ersten Regen abwarten, weil der die Pollen erst mal aufwirbelt. Leichter Nieselregen bietet die beste Gelegenheit, um kräftig durchzulüften
  • Bei juckenden und brennenden Augen: Eine Sonnenbrille tragen, die nicht nur gegen helles Licht und Sonne schützt, sondern auch die Augen schont
  • Nach dem Aufenthalt im Freien: Kleidungsstücke und große Taschen noch vor der Türe abbürsten
  • Wäsche nicht drinnen trocknen: Sonst breiten sich die darin enthaltenen Pollen in der Wohnung aus
  • Eventuell Filter kaufen: Hat das Kind starke Beschwerden, sind Luftreinigungsgeräte mit HEPA-Filter zu empfehlen, die die Pollen aus der Luft filtern. Auch im Auto können Pollenfilter nachträglich in die Lüftungsanlage eingebaut werden
  • Urlaub nach Pollenstärke planen: In ein Land oder Gebiet reisen, wo die relevanten Pollen nicht vorkommen (z.B. Nordsee oder Mittelmeer) oder wo die Blütezeit zeitlich verschoben stattfindet, wie in Nordeuropa oder im Hochgebirge

Infos im Netz:

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