Von Antrag bis zur Zuzahlung

Mutter-Kind-Kuren: Auszeit vom Alltag

Welche Vorraussetzungen müssen erfüllt sein, um als Mutter eine Kur zu beantragen? Wir informieren über den rechtlichen Anspruch für eine solche Maßnahme, welche Formen der Mutter-Kind-Kur es gibt und wie du den Antrag stellst.

Autor: Monika Maruschka

Hilfe für Mütter

Frau Strecken Muettergenesungswerk
Foto: © Elly Heuss-Kanpp Stiftung, Müttergenesungswerk

„Ich habe seit meiner Schwangerschaft Übergewicht, arbeite im Schichtdienst und leide an Asthma“, erklärt Nora Baum* auf die Frage, warum sie eine Mutter-Kind-Kur beantragt hat. „Als zwei Frauen im Bekanntenkreis begeistert von ihrer Kur berichteten, war ich mir sicher, dass auch mir und meiner Tochter das sehr gut täte.“

Der Alltag der 33-jährigen Krankenschwester ist typisch für den vieler Mütter. Ihr Job und ihre Mutterrolle stellen an sie hohe Anforderungen. Zwischen Haushalt, den Diensten im Krankenhaus und der Freizeit mit ihrer Tochter bleibt keine Zeit für sie selbst. „Irgendwie hat man eben nie mal richtig frei, ist immer im Dienst,“ sagt sie. „Ich habe kurz vor dem Antrag zufällig einen Artikel über das Burn-Out-Syndrom gelesen und mich spontan in vielem wiedergefunden.“

Für Mütter, die sich ähnlich ausgepowert oder in ihrer Rolle sogar überfordert fühlen, bietet das Müttergenesungswerk (MGW) seit fast 60 Jahren die Mutter-Kind-Kur, bzw. Mütterkur an. „Unser Angebot richtet sich an die Frauen, die eine Krankengeschichte haben und diese vom Arzt attestieren lassen können,“ präzisiert die Geschäftsführerin des MGW Anne Schilling das Angebot. „Der Ansatz der Kuren ist dabei immer ganzheitlich und frauenspezifisch.“

Die Kur soll Müttern helfen, sich vom Familienalltag zu erholen und zu regenerieren. Neben einer medizinischen Behandlung soll die Auszeit auch dazu genutzt werden, krankmachende Elemente im Alltag zu Hause zu erkennen und zu verändern. Im Austausch mit anderen betroffenen Müttern fällt das oft leichter.„Man will ja auch belastbar bleiben, für die Familie, den Haushalt und die Arbeit,“ fasst Nora Baum ihre Hoffnungen an die Kur zusammen.

*Name von der Redaktion geändert

Wenn Mutter sein krank macht

Mutter werden ist schon schwer…

Schon eine Schwangerschaft kann für Frauen eine gesundheitliche Belastung darstellen und manche der Zipperlein, die man für sein Kind noch gerne ertragen hat, verschwinden leider nicht so schnell wieder. Rückenschmerzen, Schlafstörungen oder ein paar Pfunde zu viel sind nur einige der Beschwerden, die auch nach der Geburt noch Probleme bereiten können.

…Mutter sein auch manchmal sehr

Ganz so eindeutig wie in Nora Baums Fall sind die Symptome, die Mütter zeigen, aber oft nicht. Das Müttergenesungswerk spricht sogar von einem ganzen „Leitsyndrom mütterlicher Erkrankungen“, das von einem Team der Medizinischen Hochschule Hannover untersucht wurde.

Der Ausdruck Leitsyndrom zeigt schon, wie komplex die Gesundheitsstörungen von Müttern sein können. In ihrem Alltag sind sie zum einen oft durch Sorgen um die Familie belastet, erfahren für ihre Arbeit außerdem wenig Anerkennung. Eine Ausgangssituation, die schon mental schwierig sein kann. Die körperlichen Einschränkungen, die für Mütter typisch sind, reichen von Kopfschmerzen, Essstörungen, Atemwegserkrankungen über Hauterkrankungen zu Herz-Kreislauf- und Magen-Darm-Störungen.

Ein Fünftel aller Mütter, die für die Versorgung ihrer Kinder hauptverantwortlich sind, hätten aufgrund ihrer Gesundheitsstörungen und psychosozialen Belastungssituationen Anspruch auf eine Kur. Das ergab eine Untersuchung im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im Dezember 2007.

Wichtig für Frauen, die sich nicht sicher sind, ob auch sie eine Kur beantragen können: Typisch ist auf jeden Fall das Gefühl „Ich kann nicht mehr“. Diese Erschöpfungszustände haben an sich schon einen hohen Krankheitswert, besonders wenn durch sie die Teilnahme am Alltag beeinträchtigt ist. „Wenn dadurch die Fürsorgemöglichkeiten für die Kinder eingeschränkt sind, sollte man sich an einen Arzt wenden,“ rät Anne Schilling.

Rechtliche Grundlagen für Kuren und die Kosten

Grundsätzlich können alle Frauen, die Kinder erziehen oder erzogen haben und denen die Notwendigkeit einer Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahme ärztlich attestiert wurde, eine Kur beantragen. Dabei gilt nicht der Grundsatz „ambulant vor stationär“, d.h. ein Antrag darf nicht abgelehnt werden, nur weil eine Maßnahme wie Krankengymnastik auch am Wohnort durchgeführt werden könnte. Seit Februar 2013 müssen die Krankenkassen über einen Antrag innerhalb von drei Wochen entscheiden.

Kuren für Mütter bzw. Väter in Einrichtungen des Müttergenesungswerkes gehören seit April 2007 zu den Pflichtleistungen der Gesetzlichen Krankenkassen (davor waren es lediglich „Ermessensleistungen“). Allerdings muss für die Kur, wie ja auch für viele Medikamente, eine Zuzahlung vom Patienten selbst geleistet werden. Sie beträgt zehn Euro pro Tag für Erwachsene, Kinder müssen nichts hinzubezahlen. Auch für die Fahrkosten fällt eine Zuzahlung von maximal zehn Euro an.

Privatversicherte müssen eine Zusatzversicherung zur Übernahme der Kosten für eine Kur abgeschlossen haben. Als Reha-Maßnahme sind Kuren aber beihilfefähig. Bitte klären Sie vor dem Antrag mit ihrer Kasse ab, was in Ihrem Fall übernommen wird.

Mütter brauchen Vorsorge und Rehabilitation in einem

Gerade bei jungen Müttern sind viele Krankheiten noch im Anfangsstadium. Dafür leiden sie aber - wie gesagt - oft an mehreren Symptomen, die schon früh behandelt werden sollten. Vielen Müttern fehlt im Alltag auch schlicht die Zeit, um hartnäckige Krankheiten richtig auszukurieren.

Eine Kur kann und sollte deshalb auch schon vorsorglich durchgeführt werden, um gesundheitliche Einschränkungen zu verhindern.

Geregelt wird das alles in den Paragraphen 24 und 41 des SGB V.

Wichtig ist, dass die Familienarbeit (nicht die Erwerbstätigkeit) durch die Erkrankungen eingeschränkt ist. „Wir erleben es regelmäßig, dass die Krankenkassen die Frauen an die Rentenversicherungsträger verweisen“, so Anne Schilling. „Diese bieten die Kuren für Mütter aber nicht an. Hier ist es wichtig: Frauen brauchen Information. Gehen Sie in eine Beratungsstelle."

Welche Kuren gibt es?

Welche verschiedenen Kuren werden angeboten?

  • Mutter-Kind-Kuren
    Sie sind für Mütter gedacht, die mit ihren Kindern gemeinsam auf Kur gehen. Das ist der Fall, wenn die Kinder noch zu klein sind, um längere Zeit ohne die Mutter zu sein oder wenn die Kinder selbst mitbehandelt werden sollen.
  • Mütterkuren
    Mütter größerer und unabhängiger Kinder kuren allein. Während einer Mütterkur hat die Familie Anspruch auf Haushaltshilfe, wenn ein Kind unter 12 Jahren im Haushalt lebt und keine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen kann. Dabei geht es nicht nur um den Einkauf oder Reinigungsarbeiten, sondern z. B. auch um die Beaufsichtigung von Kindern vor oder nach der Schule. Die Beratungsstellen, die unter dem Dach der Wohlfahrtsverbände (z. B. Caritas, Rotes Kreuz) organisiert sind, bieten diese Dienste oft selbst an und helfen beim Antrag der Hilfen.
  • Vater-Kind-Kuren
    Die Kuren sind für „Eltern in aktiver Erziehungsverantwortung“, so der offizielle Wortlaut. Im Klartext bedeutet das, dass allein erziehende Väter oder auch Väter, die in Teilzeit arbeiten, ebenfalls an einer Kur teilnehmen können. Allerdings sind dies nur etwa 600 Väter im Jahr. Zwei Kurkliniken bieten auch spezielle Vater-Kind-Angebote an. „Da Väter eine andere Ausgangsposition haben als Mütter, z.B. weniger mit der Wertigkeit ihrer Arbeit und finanziellen Problemen zu kämpfen haben, ist der Therapieeffekt größer, wenn sie an einer Maßnahme nur für Väter teilnehmen“, so Anne Schilling.

Eine „Eltern-Kind-Kur“, die manchmal durch die Presse geistert, gibt es nicht.

Anne Schilling rät auch strikt davon ab, dass Männer ihre Frauen während der Kur besuchen. „Ich kann das zwar emotional verstehen, doch wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Frauen in der Kur dann nicht richtig ankommen. Es ist wichtig, alles hinter sich zu lassen.“ Die neue Gruppe, in der sich die Frau dann aufhält, ist wichtig für den Erfolg der Kur. Deshalb fangen meistens alle Frauen an einem Tag gemeinsam an. „Die Gruppendynamik ist ein sehr wichtiges therapeutisches Mittel. Zu erleben, dass es der Frau nebenan nicht anders geht, hat eine ungeheure Wirkung“.

Schritt für Schritt: Vom Antrag zur Kur

Nora Baum wandte sich für die Bewilligung ihrer Kur direkt an die Krankenkasse, die ihr die nötigen Formulare und Attestvorlagen zusandte.

Das Müttergenesungswerk nennt folgende Schritte, um eine Kur erfolgreich zu beantragen:

  • Besuch einer der 1400 Beratungsstellen
    Hier werden Sie kostenlos beraten und erhalten die notwendigen Attestformulare für einen Kurantrag. Diese können Sie auch auf der Seite des Müttergenesungswerks herunterladen.
    Anne Schilling sieht mit diesem Weg eine höhere Chance, dass der Antrag genehmigt wird. „Nicht alle Krankenkassen informieren so gut, wie wir uns das wünschen.“
  • Termin beim Hausarzt
    Von ihm lassen Sie sich Ihre Krankheit(en) schriftlich attestieren und genau beschreiben. Schildern Sie ihm möglichst genau ihre Lebensumstände und Symptome. Der Kinderarzt füllt für Ihre Kinder ebenfalls ein solches Formular aus.
  • Zurück zur Beratungsstelle
    Gemeinsam mit Ihrer Beraterin oder Ihrem Berater füllen Sie nun den Kurantrag aus und reichen ihn bei der Krankenkasse ein. Da das Attest für sich alleine nicht immer aussagekräftig ist, empfiehlt das MGW, zusätzlich die Selbstauskunftsbögen einzureichen. „Sie können hier auch direkt Ihre Wunschklinik angeben und sehen, was passiert“, rät Anne Schilling.
  • Die Krankenkasse entscheidet über Ihren Antrag
    2007 wurden laut Müttergenesungswerk 72 Prozent aller Anträge direkt bewilligt, bei Nora Baum dauerte es gerade einmal zehn Tage, bis sie die Zusage im Briefkasten hatte. Kam es zu einer Ablehnung, legten fast 70 Prozent Widerspruch ein, von ihnen wurde immerhin die Hälfte dann doch bewilligt. Seit Februar 2013 müssen die Krankenkassen innerhalb von drei Wochen über einen Antrag entscheiden, wird der medizinische Dienst eingeschaltet, sind es fünf Wochen.
  • Auswahl der Klinik
    An erster Stelle steht immer die Indikation. Die Klinik sollte also speziell auf die Erkrankung(en) der Mutter abgestimmt sein, z. B. Reizklima bei Atemwegsinfekten. Das MGW empfiehlt Müttern, mit Hilfe einer Beratungsstelle nach geeigneten Kliniken zu suchen. Wichtige Kriterien können die Kinderbetreuungsangebote, Größe der Einrichtung oder auch spezielle therapeutische Angebote (z. B. Naturheilverfahren) sein.
    Die Krankenkassen können zwar wirtschaftliche Kriterien für die Auswahl einer Klinik anführen, diese sind aber „zu wenig als Begründung“ so Anne Schilling. „Vielmehr haben Patienten ein „Wunsch- und Wahlrecht, dass gesetzlich fixiert ist. Berechtige Wünsche sollen berücksichtig werden.“
  • Kontakt und Information:
    Müttergenesungswerk