STEP, Triple P oder KESS?

Erziehungskurse: So finden Sie den richtigen

KESS, STEP, Triple P usw. - das Angebot an Kursen für Eltern wächst. Dieser Artikel stellt seriöse Kurs-Konzepte vor, informiert über Inhalte, Kosten und Ziele und beschreibt, für wen die Kurse genau geeignet sind.

Autor: Dr. Andrea Schmelz

Angebot an Elternkursen wächst

Vater Kinder gluecklich iStock ArtisticCaptures
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Kinder zu erziehen verlangt Eltern eine Menge ab. Kein Wunder, dass Elternkurse wie Pilze aus der Erde schießen. Was Ihnen in den einzelnen Kursen geboten wird, ist allerdings sehr unterschiedlich. In manchen bekommen Sie sofort umsetzbare Anleitungen, andere wiederum setzen auf Selbsterkenntnis oder Gesprächstechnik. Wir verraten Ihnen, welcher Kurs zu Ihnen passt.

Ein guter Elternkurs liefert nicht nur das nötige Erziehungswissen, sondern hilft Ihnen, Ihre eigene Einstellung kritisch zu hinterfragen und alltägliche Konflikte in der Familie gewaltfrei zu lösen. Werden Kinder auf diese Weise ernst genommen, verbessert sich auch ihr Verhalten zum Positiven. Für die meisten der Erziehungskurse, die in der Übersichtstabelle auf der nächsten Seite zusammengestellt sind, ist dies sogar durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen, so z. B. für das Gordon Familientraining, Triple P, STEP und Starke Eltern- starke Kinder. Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Erziehungskurs bei Problemfällen nicht ausreichend weiterhilft. Dann sollten Sie sich nicht scheuen, eine individuelle Erziehungsberatung (kostenlos!) in Anspruch zu nehmen. Unter www.bke-elternberatung.de steht Ihnen sowohl eine Online-Beratung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. zur Verfügung als auch eine Suchmöglichkeit, mit der Sie eine Erziehungsberatungsstelle in Ihrer Nähe finden können.

Starke Eltern – starke Kinder 20 bis 30 Kursstunden, verteilt auf 10 bis 12 Gruppentreffen (evtl. auch Wochenende), Kosten je nach Anbieter zwischen 20 und 80 EUR Kursleiter vom Kinderschutzbund ausgebildet ab Säuglingsalter bis 18 Jahre

Wie finden Sie einen guten Elternkurs?

Bei den in der Übersichtstabelle unten aufgeführten Kursen können Sie sicher sein, dass das Konzept ausgereift ist und der Kursleiter eine fundierte Ausbildung besitzt. Doch das Angebot ist groß und nicht alle Kurse halten, was sie versprechen. Folgende Fragen helfen Ihnen, die Spreu vom Weizen zu trennen:

  • Welche Ausbildung hat der Kursleiter? Verfügt er über pädagogisches Wissen? Hat er persönliche Erfahrung durch eigene Kinder?
  • Welches Familienbild wird im Kurs vermittelt? Wird eher Wert auf verbindliche Spielregeln gelegt oder steht die Diskussion mit dem Kind im Vordergrund?
  • Wird die Persönlichkeit Ihres Kindes bei der Erziehung ausreichend berücksichtigt?
  • Werden individuelle Lösungen erarbeitet oder gibt es nur fertige Patentrezepte?
  • Gibt es genügend Zeit für den Erfahrungsaustausch und zur Besprechung persönlicher Fragen und Probleme?
  • Bekommen Sie ausreichend Information darüber, was Sie von Ihrem Kind – abhängig von seinem Alter – erwarten können?
  • Gibt es kursbegleitende Materialien (Arbeitsheft, Video)?

Erziehungskurse, Kosten, Zielgruppe

Erziehungskurs Durchführung und Kosten Ausbildung der Kursleiter geeignet für Eltern von Kindern von...bis
Triple P (Positive Parenting Programm) 4 Gruppentreffen (je 2 Stunden) plus 4 anschließende telefonische Beratungen, Kosten je nach Anbieter zwischen 0 und 300 EUR spezielle Ausbildung für Triple P 2 bis 12 Jahre, Extrakurse für Pubertät
STEP (Systematic Training for Effective Parenting) 10 Gruppentreffen (je 2 Stunden), Kosten 190 EUR pro Person bzw. 300 EUR pro Elternpaar (günstiger über Kindergärten oder Schulen) spezielle Ausbildung für STEP ab Säuglingsalter bis 18 Jahre in 3 unterschiedlichen Kursen
Starke Eltern – starke Kinder 20 bis 30 Kursstunden, verteilt auf 10 bis 12 Gruppentreffen (evtl. auch Wochenende), Kosten je nach Anbieter zwischen 20 und 80 EUR Kursleiter vom Kinderschutzbund ausgebildet ab Säuglingsalter bis 18 Jahre
Gordon Familientraining mindestens 30 Stunden, verteilt auf mehrere Abende oder auch Wochenenden; Kosten je nach Umfang 100 bis 400 EUR spezielle Ausbildung an der Akademie für personenzentrierte Psychologie 2 bis 18 Jahre
KESS (kooperativ, ermutigend, sozial, situationsorientiert) 5 Gruppentreffen (je 2 Stunden), Kosten je nach Anbieter zwischen 25 und 100 EUR; Fortsetzungskurse möglich Kursleiter von der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung e.V., Bonn ausgebildet ab 2 Jahren
Erziehungsführerschein 10 Gruppentreffen (je 2 Stunden), Kosten je nach Anbieter zwischen 40 und 90 EUR Kursleiter an der Diakonischen Akademie Deutschland, Berlin ausgebildet 1 bis 10 Jahre

Pädagogische Basis und Lernziele der Kurse

Erziehungskurs Pädagogische Basis Lernziele des Kurses
Triple P Triple P wurde in Australien als Programm für verhaltensauffällige Kinder entwickelt. Zugrunde liegt die Überlegung, dass ein Kind sein Verhalten ändert, wenn seine Eltern Erziehungsprinzipien konsequent anwenden. Basis ist die liebevolle Eltern-Kind-Beziehung, aber die Eltern sind deutlich dominant und geben dem Kind klare Verhaltensanweisungen. Auf Ungehorsam wird mit relativ starren Methoden wie Auszeit oder Stillem Stuhl reagiert. Eltern sollen mehr Sicherheit in der Erziehung bekommen. Sie lernen, ihr Kind durch klare Sprache und konkrete Anweisungen zu erwünschtem Verhalten anzuleiten. Auf unangemessenes Verhalten muss sofort konsequent reagiert werden – notfalls mit relativ starr vorgegebenen Strafen. Gleichzeitig müssen Eltern dem Kind immer vorgeben, wie es sich stattdessen verhalten soll. Immer möglichst ruhig bleiben, nicht schimpfen, schreien, schlagen. Eltern sollen ausreichend positive Zeit mit ihrem Kind verbringen.
STEP Demokratisches Erziehungskonzept, das ein stressfreies und kooperatives Zusammenleben in der Familie fördert. Kinder sollen sich geliebt und respektiert fühlen und auf demokratische Weise in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Sie müssen aber lernen, die Konsequenzen ihres Handelns zu tragen. Der persönliche Erziehungsstil der Eltern wird respektiert. Eltern sollen lernen, ihr Kind zu respektieren, aber ebenso ihre eigenen Bedürfnisse. Sie sollen die Achtung und den Respekt, den sie ihrem Kind gegenüber haben, auch für sich selbst einfordern. Wichtig: Eltern dürfen Fehler machen und müssen nicht perfekt sein. Sie sollen lernen, ihr Kind all das selbst machen zu lassen, was es selbst kann. Bei Fehlverhalten wird strikt zwischen dem falschen Verhalten (dieses darf kritisiert werden) und dem Kind als Person (Kind ist in Ordnung) unterschieden. Eltern lernen, wann und wie Grenzen sie setzen können.
Starke Eltern - starke Kinder Demokratisches, partnerschaftliches Erziehungskonzept, das auf Konsequenz beruht und ohne Gewalt und Strafen auskommt. Bedürfnisse des Kindes werden deutlich gemacht. Es soll mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten bekommen. Die Kommunikationsfähigkeit in der Familie soll gestärkt werden. Eltern sollen auf die Fähigkeiten ihres Kindes vertrauen und es anleiten, selbst Lösungen für seine Probleme zu finden. Eltern sollen lernen, ihre eigenen Gefühle im Umgang mit dem Kind wahrzunehmen. Dadurch verändern sie ihr Verhalten dem Kind gegenüber. Die Bedürfnisse aller Familienmitglieder sollen im Alltag berücksichtigt werden. Wichtig ist der wohlwollende Blick aufs Kind (auch die Stärken sehen!) und häufiges Feedback auf das Verhalten des Kindes. Vorher absprechen, wie die möglichen Konsequenzen auf Fehlverhalten aussehen.
Gordon Familientraining Grundlage des Trainings ist eine Verbesserung der Kommunikation zwischen Eltern und Kind. Die Anliegen des Kindes und der Eltern sind grundsätzlich gleichberechtigt. Konflikte werden gemeinsam ausgehandelt, sodass es keine „Verlierer“ gibt. Bei Problemen werden dem Kind keine fertigen Lösungen präsentiert, sondern es wird durch aktives Zuhören in die Lage versetzt, selbst zu einer Lösung zu kommen. Eltern lernen grundlegende Kommunikationstechniken wie Sprechen in Ich-Botschaften oder Wiederholung der Aussage des Kindes mit eigenen Worten (aktives Zuhören). Eltern sollen ihr Kind als Experten in eigener Sache wahrnehmen. Ein offener, ehrlicher und gleichberechtigter Umgang zwischen Eltern und Kind steht im Vordergrund. Logische Konsequenzen werden nicht vermittelt.
KESS Kooperativer, demokratischer Erziehungsstil, der auch Elemente des „Gordon Familientrainings“ integriert. Besonders beachtet werden die kindlichen Stärken. Bei Fehlverhalten wird immer hinterfragt, warum sich das Kind gerade in dieser Situation so verhält und was es damit erreichen möchte. Eltern sollen lernen, Konfliktsituationen in der Familie zu entschärfen und Probleme gemeinsam zu lösen. Der Umgang mit Fehlverhalten und die Beachtung der kindlichen Grundbedürfnisse werden gezielt eingeübt. Eltern lernen, wie sie bei drohender Eskalation innerlich auf Distanz gehen können. Eine besondere Rolle spielen die so genannten „Edelsteinmomente“, wenn Eltern die ganze Aufmerksamkeit auf ihr Kind richten und ihm aktiv zuhören.
Erziehungsführerschein Grundkurs in Erziehungsfragen mit Vermittlung demokratischer Grundwerte und Toleranz. Vorbeugendes Training.Eltern glauben an ihr Kind und sein Können. Schlüssel zur Verbesserung der Kindererziehung liegt in der Selbstreflexion der Eltern. Eltern haben Vorbildfunktion. Gewaltfreie demokratische Erziehung durch Einsetzen logischer Konsequenzen. Eltern sollen sich ihrer Vorbildfunktion bewusst werden. Sie sollen lernen, ihr Kind zu lieben und wertzuschätzen. Sie lernen als Grundlage dafür, eine Verbindung zwischen ihren eigenen Kindheitserfahrungen und ihrem derzeitigen Erziehungsstil herzustellen.

Für welchen Elterntyp geeignet?

Erziehungskurs Für welchen Elterntyp geeignet?
Triple P

Adresse: Triple P Deutschland, PAG Institut für Psychologie AG, Nordstraße 2248149, Münster, Tel. 0251/51 89 41, Internet: www.triplep.de
Gut geeignet bei akutem Problemverhalten des Kindes und als Notbremse für Eltern, die rasch eine erzieherische Lösung brauchen. Dabei hilft das relativ starre Konzept, das „kochrezeptartig“ konkrete Handlungsanweisungen gibt. Weniger geeignet für Eltern, die ihre eigenen Erziehungsgrundsätze reflektieren und/oder einen stärker demokratisch geprägten Erziehungsstil bevorzugen, bei dem das Kind stärker in die Konfliktlösung einbezogen wird - daher rührt auch die oft vorgetragene Triple P Kritik.
STEP

Adresse: STEP-Elterntraining, Franz-Vahsenweg 10, 40489 Düsseldorf, Tel. 0211/40 89 888, Internet www.instep-online.de
Gut geeignet für Eltern, die motiviert sind, sich intensiv mit dem Thema Erziehung auseinanderzusetzen. Der Selbsterfahrungsanteil setzt voraus, dass Eltern eine große Bereitschaft mitbringen, sich selbst kritisch zu hinterfragen. Es wird erwartet, dass die Eltern wöchentlich das entsprechende Kapitel im Handbuch durcharbeiten.
Starke Eltern - starke Kinder

Adresse: Starke Eltern – Starke Kinder, Deutscher Kinderschutzbund e.V., Hinüberstr. 8, 30175 Hannover, Tel. 0511/30 48 50, Internet: www.starkeeltern-starkekinder.de
Geeignet sowohl bei Problemen im Umgang mit dem Kind als auch rein vorbeugend. Von den Eltern wird ein hohes Maß an Selbsterkenntnis erwartet und die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten. Es werden keine Anleitungen und schnellen Lösungen gegeben.
Gordon Familientraining

Adresse: Gordon Training Deutschland Österreich Schweiz, Bonner Talweg 149, 53129 Bonn, Tel. 0049/(0)228/22 58 67, Internet: www.gordontraining.org
Gut geeignet für demokratische Eltern, die ihrem Kind viel Mitspracherecht einräumen wollen. Dafür müssen auch alltägliche Fragen gemeinsam ausgehandelt werden. Für schnelle Lösungen bei akuten Problemen wenig geeignet, aber sehr hilfreich, um Konflikten in der Familie vorzubeugen bzw. bei Konflikten partnerschaftliche Lösungen zu finden.
KESS

Anbieter unter www.kess-erziehen.de, meist über kirchliche Familienbildungsstätten und Bildungswerke, Kindertagesstätten und Erziehungsberatungsstellen.
Sowohl bei Konflikten in der Familie geeignet als auch rein vorbeugend. Es wird ein hohes Maß an Selbstreflexion erwartet. Es werden keine Anleitungen und fertigen Patentlösungen gegeben.
Erziehungsführerschein

Anbieter unter www.erziehungsfuehrerschein.de, häufig über kirchliche Familienbildungsstätten und Bildungswerke sowie Kindertagesstätten.
Wenig geeignet, wenn Erziehungsprobleme schnell gelöst werden müssen. Die aus dem eigenen Selbsterfahrungsprozess gewonnenen Einsichten können in der Regel erst nach und nach in der Erziehung umgesetzt werden.Verlangt sehr hohe Motivation und Bereitschaft der Eltern, sich mit den eigenen Kindheitserlebnissen auseinanderzusetzen, und fordert die Eltern auf, ihre Einstellungen zur Kindererziehung zu hinterfragen und selbstständig zu verändern. Kurs sollte daher nach Möglichkeit von beiden Eltern besucht werden.
Quelle: Tabelle basierend auf den Untersuchungen von Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler, Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften der Fachhochschule Köln ("Elternkurse auf dem Prüfstand" von S. Tschöpe-Scheffler, Verlag für Sozialwissenschaften 2003, 278 Seiten, 16,90 EUR).

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