Was passiert, wenn uns etwas passiert?

Vormundschaft beim Tod der Eltern

Paare mit minderjährigen Kindern können in einem Elterntestament festlegen, wer im Falle ihres Todes Vormund der Kinder werden soll. Oder Personen von der Sorge ausschließen. Was erwartet mich als Vormund? Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen? Gibt es staatliche Unterstützung?

Autor: Julia Heilmann

Was ist ein Vormund?

Vormundschaft
Foto: © colourbox

Keiner macht sich gern Gedanken über den eigenen Tod, am wenigsten daran denken tun wahrscheinlich junge Paare mit kleinen Kindern. Im prall gefüllten Alltag einer Familie scheint die Möglichkeit fern, einmal keine Verantwortung mehr für die Kinder übernehmen zu können, sie allein zu lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Elternteile auf einmal oder kurz hintereinander sterben, ist gering. Manchmal passiert es aber doch. Durch einen Verkehrsunfall etwa, oder eine plötzliche Erkrankung. Gerade wenn die Kinder noch minderjährig sind, ist es ratsam, dass sich beide Elternteile einmal zusammensetzen und überlegen, wer denn in einem solchen Fall für die Kinder sorgen könnte. Es ist nämlich nicht so, dass automatisch die Paten einspringen, wie viele denken. Bei der Patenschaft handelt es sich, wenn überhaupt, um eine rein moralische Verpflichtung, nicht um eine gesetzliche. Rechtlich gesehen haben die Paten keine Funktion. Sie können die Kinder weder als Erziehungsberechtigte vertreten, noch diese einfach zu sich nehmen.

Im Zweifel bestimmt Gericht mit dem Jugendamt den Vormund 

Ein Vormund ist der gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen, wenn ein elterliches Sorgerecht nicht besteht, z. B. weil die Eltern nicht mehr leben. Die Vormundschaft umfasst den gesamten Verantwortungsbereich, den auch die elterliche Sorge umfasst. Der Vormund bestimmt das Aufenthaltsrecht des Kindes, kann also entscheiden, das Mündel, also den minderjährigen Vollwaisen, bei sich zu Hause zu betreuen oder etwa in eine Wohngruppe zu geben. Besteht keine letztwillige Verfügung der Eltern, wird das Gericht in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt entscheiden, wer die Sorge für den oder die Mündel übernimmt. Das Kindeswohl steht dabei immer im Mittelpunkt. Man wird versuchen, Geschwisterkinder möglichst nicht zu trennen. Gerade wenn ein großer Altersunterschied besteht, ist es aber schwer, eine geeignete Familie zu finden, die gleich für mehrere Kinder die Sorge übernehmen kann. Im Regelfall wird zunächst im Verwandtenkreis eine geeignete Person gesucht. Dabei sind persönliche Eignung, die Bindung zum Kind und die finanzielle Ausstattung ausschlaggebend. Findet sich dort niemand, können die Kinder zum Beispiel in einem Heim oder einer Pflegefamilie untergebracht werden. 

Den Vormund im Elterntestament festlegen

Wollen die Eltern auf dieses Procedere Einfluss nehmen, können sie in einem Elterntestament vorab festlegen, wen sie im Fall der Fälle als Vormund für ihre Kinder einsetzen möchten. Sinnvollerweise benennen sie auch gleich einen Ersatzvormund, falls der Erstgenannte seine Vormundschaft zum fraglichen Zeitpunkt nicht mehr antreten kann oder möchte. Ebenso können sie auch konkrete Personen von der Berufung als Vormund ausnehmen. Das Familiengericht darf die im Testament fixierten Wünsche nicht übergehen, hat aber, nach Anhörung des Jugendamtes, immer das letzte Wort. So kann das Gericht den Wunsch der Eltern verwehren, wenn zum Beispiel der Verdacht besteht, dass der Vormund das Kindeswohl gefährden könnte. Ab ihrem 14. Lebensjahr haben Kinder übrigens das Recht, der Bestellung des Vormundes zu widersprechen. Die Vormundschaft erlischt, wenn die Kinder das 18. Lebensjahr erreicht haben.

Wer kann Vormund sein?

In der Wahl des Vormundes sind Eltern relativ frei. Sie können Familienmitglieder, Freunde oder nichteheliche Lebenspartner als Vormund einsetzen. Man sollte sich aber darüber klar werden, ob die Wunschperson tatsächlich in der Lage ist, dieses Amt voll auszuführen. Sind Opa und Oma wirklich noch in der Lage, die Kinder bis zum 18. Lebensjahr zu erziehen? Kommt das befreundete Ehepaar mit drei Kindern, dessen erzieherische Qualitäten man so schätzt, da nicht an seine finanziellen Grenzen? Würde der kinderlose, gut verdienende Onkel sich beruflich einschränken wollen? Käme er mit drei möglicherweise traumatisierten Kindern zurecht? Hier ist es wichtig, einen guten Zeitpunkt abzupassen und mit den in Frage kommenden Personen ein Gespräch zu führen. Wenn man jemanden Geeignetes gefunden hat, sollte man alle zwei bis drei Jahre noch einmal überprüfen, ob dessen Bereitschaft noch besteht. Oder, andersherum: sich selber fragen, ob man dieser Person die Kinder immer noch voll und ganz anvertrauen würde. 

Wie setze ich ein Elterntestament auf?

Das Elterntestament muss handschriftlich verfasst, von beiden Eltern mit Vor- und Zunamen unterschrieben sein und Ort und Datum enthalten. Maschinenschriftliche Testamente darf nur der Notar erstellen. Im Internet gibt es Musterentwürfe, die man sich herunterladen kann. Das Testament kann man gegen eine geringe Gebühr beim Familiengericht oder bei einem Notar hinterlegen. Oder aber man bewahrt es zu Hause so auf, dass Dritte es im Todesfall schnell finden können, zum Beispiel oben in der Schreibtischschublade oder in einem extra dafür angelegen Ordner. Auch den Wunschvormündern kann man eine Abschrift zukommen lassen.

Welche Pflichten hat der Vormund?

Die Betroffenen wissen meist gar nicht so genau, was eine Vormundschaft konkret für sie bedeutet, ob sie die Voraussetzungen hierfür mitbringen, etwa alle rechtlichen Grundlagen kennen oder viel Geld haben müssen. Zunächst einmal müssen sie sich entscheiden, ob sie das Kind bei sich zu Hause betreuen möchten. Für viele, gerade wenn sie schon eigene Kinder haben, würde die Aufnahme weiterer Kinder in die Familie bedeuten, in eine größere Wohnung umziehen oder eine Haushaltshilfe engagieren zu müssen. Wenn das Mündel vermögend und der Vormund auch die Vermögenssorge übertragen bekommen hat, muss er das Geld verzinslich und „mündelsicher“ anlegen und vor Gericht auch Rechenschaft darüber ablegen. Das alles zu stemmen kann den ein oder anderen schon überfordern. Welche Unterstützung gibt es hier vom Staat?

Vormundschaft: Ehrenamtlich und unbezahlt

Das Thema ist komplex, und teilweise sind die Regelungen hierzu auch von Bundesland zu Bundesland verschieden, weswegen man bei den Jugendämtern keine einheitlichen Informationen zu dem Thema bekommt. Grundsätzlich gilt: Die Vormundschaft ist ehrenamtlich und unbezahlt. Es gibt allerdings die Möglichkeit, einen Aufwendungsersatz von pauschal jährlich 399 Euro erstattet zu bekommen, also 33,25 Euro pro Monat. Damit werden Kosten abgegolten, die für das Führen der Vormundschaft entstehen können (z.B. Portokosten, Fotokopierkosten, Telefon- und Faxgebühren). Reicht der Familie ihr Geld für die Lebenshaltung nicht, können Vormünder die üblichen Sozialleistungen beantragen. 

Ein Weg: Vormund als Pflegefamilie

Möchte man die Mündel aber tatsächlich bei sich zu Hause betreuen, dann gibt es die Option, die Pflegschaft zu beantragen. Pflegefamilien werden vom Staat nämlich in ganz besonderer Weise unterstützt. Sie können Pflegegeld und Kindergeld beziehen. Außerdem bekommen sie, und das ist nicht unwesentlich, eine betreuende Person zur Seite gestellt, die die Familie in Fragen der Erziehung der Pflegekinder begleitet. Das kann sehr hilfreich sein, zum Beispiel wenn die Kinder durch den Tod der leiblichen Eltern traumatisiert sind und psychologische Hilfe benötigen. Allerdings, und das sollte man eben auch wissen, wird die Eignung als Pflegefamilie durch einen Fachdienst gründlich geprüft. Hat man diesen Status einmal erreicht, so wird man auch später immer wieder Einblick in sein Familienleben geben müssen, auch Fortbildungen werden erwartet. Einerseits ist man als Pflegefamilie sehr viel mehr eingebettet als wenn man alles alleine machen muss. Aber man muss eben auch wissen, ob man bereit ist, mit dieser gewissen Transparenz zu leben. Wenn ja, dann könnte die Pflegschaft ein guter Weg sein.