Von Ultraschall bis Tripeltest

Diagnostik vor der Geburt

Die vorgeburtliche Diagnostik gehört inzwischen zu jeder Schwangerschaft dazu. Dennoch besteht Aufklärungsbedarf. Wozu dient der Tripeltest und was ist eigentlich eine Chorionzottenbiopsie?

Autor: Andrea Knipp-Selke

Zwischen Hilfe und Hilflosigkeit

Schwangere mit Ultraschallbild iStock HannesEichinger
Foto: © iStockphoto.com / HannesEichinger

Vorgeburtliche Diagnostik stellt viele Eltern vor ein ethisches Dilemma. Zwar lassen sich mit Hilfe der modernen Medizin viele Behinderungen heute bereits pränatal feststellen. Die Untersuchungsergebnisse geben aber nur selten hinreichend Auskunft über das Ausmaß einer Behinderung, z.B. bei einem Down-Syndrom. Oft wird von Ärzten bei der pränatalen Diagnostik stillschweigend vorausgesetzt, dass sich die Frauen gegebenenfalls für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. Manchmal werden sogar ausdrückliche Empfehlungen ausgesprochen. Das ist jedoch nicht Aufgabe der Ärzte. Ihre Aufgabe ist lediglich die umfassende Information. Welche Konsequenzen das Paar aus dieser Beratung zieht, bleibt ihm selbst überlassen. Das allerdings kann sehr schwierig sein.

Paare, die sich bewußt für ein behindertes Kind entscheiden, sehen sich immer häufiger Vorwürfen ausgesetzt und geraten unter Rechtfertigungsdruck.

Dabei wird vor allem eines klar: das eigentliche Problem ist nicht die medizinische Behandlung von Behinderung, sondern der gesellschaftliche Umgang damit. Es gibt zahlreiche Behinderungen, die sich pränatal nicht feststellen lassen. Und werdende Eltern müssen sich darüber im Klaren sein, dass ihnen auch die beste vorgeburtliche Diagnostik kein gesundes Baby garantieren kann.

Humangenetische Beratung

An eine humangenetische Beratungsstelle können sich Paare wenden, die noch vor einer Schwangerschaft befürchten, dass ihr Kind behindert oder krank geboren werden könnte. Aus der Familiengeschichte läßt sich u.U. die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten bestimmter Erkrankungen beim Kind errechnen. Derartige Beratungen dienen ausschließlich der Information des Paares, welche Konsequenzen es daraus ziehen möchte oder nicht, bleibt ihm selbst überlassen. Es ist nicht Aufgabe des Arztes, diese Entscheidung zu treffen.

Tripel–Diagnostik

Dabei handelt es sich um eine Blutuntersuchung. Etwa in der 15. Woche werden drei Hormonwerte aus dem Blut der Schwangeren bestimmt. Aus den Ergebnissen wird ein Wahrscheinlichkeitswert für das Vorliegen z.B. eines Down-Syndroms errechnet. Ist der Wert erhöht, wird der Schwangeren eine Fruchtwasseruntersuchung empfohlen. Das Problem: um überhaupt einen nur annähernd korrekten Wert errechnen zu können, ist die Kenntnis des genauen Schwangerschaftsalters erforderlich. Das ist nur höchst selten der Fall. Werden diese Angaben willkürlich korrigiert – sei es vom Arzt oder der Schwangeren – ist in jedem Fall mit einem falschen Ergebnis zu rechnen.

Darüber hinaus vermag der Test keine Diagnose zu liefern und hat damit nur eine geringe Aussagekraft. Er ist sehr umstritten, weil er häufig fälschlich auffällige Ergebnisse liefert und damit die Schwangeren erheblich verunsichert.

Er hat – wenn überhaupt – nur dann Sinn, wenn die Schwangere bei einem auffälligen Ergebnis zu einer Fruchtwasseruntersuchung und den damit verbundenen Risiken und ggf. auch zu einem Schwangerschaftsabbruch bereit wäre. Darüber muss der Arzt die Schwangere vor Abnahme des Tripel-Testes aufklären.

Ultraschall

Im Rahmen der normalen Schwangerschaftsvorsorge sind drei Ultraschalluntersuchungen vorgesehen:

1. Frühscreening in der 9. - 12. Schwangerschaftswoche als "Schwangerschaftstest":

  • Darstellung des Embryos
  • Sitzt er in der Gebärmutter?
  • Sind Herzaktionen vorhanden?
  • Sind es evtl. Mehrlinge?

2. Screening in der 19. - 22. Schwangerschaftswoche:

Darstellung des Kindes und seiner Organe, Beurteilung der Wirbelsäule, des Schädels, des Bauchraumes, der Arme und Beine, der Magen- und Harnblase, Wachstumskontrolle, Beurteilung der Plazenta und der Fruchtwassermenge.

Was passiert beim zweiten Ultraschall?

3. Sreening in der 29. – 32. Schwangerschaftswoche:

Wachstumskontrolle im Vergleich zu den Voruntersuchungen, Feststellung der Kindslage und des endgültigen Plazentasitzes

Als "Routine" nicht notwendig

Ultraschalluntersuchungen werden heute von fast allen niedergelassenen Frauenärzten durchgeführt. Häufig wird sogar bei jeder Vorsorgeuntersuchung routinemäßig ein kurzer "Blick" auf das Baby geworfen. Eine solche "Routinemaßnahme", die jeder medizinischen Notwendigkeit entbehrt, wird jedoch sowohl von der Weltgesundheitsorganisation als auch den Gesundheitsbehörden einiger Länder abgelehnt. Zwar gibt es bislang keinen Hinweis darauf, dass Ultraschalluntersuchungen dem Kind irgendwie schaden könnten, aber es fehlen bisher auch Langzeitstudien, die die Unschädlichkeit des Ultraschalls sicher beweisen.

 

Blutflussmessungen (Doppler-Untersuchung)

In der Geburtshilfe wird die Dopplersonographie zur Kontrolle der Blutversorgung von Mutter und Kind eingesetzt. Voraussetzung ist ein begründeter Verdacht z.B. auf eine kindliche Wachstumsverzögerung, einen Herzfehler, eine Fehlbildung oder eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung der Mutter. Für risikolose Schwangerschaften ist diese Untersuchung als Routinemaßnahme nicht empfohlen.

Sie ist benannt nach dem österreichischen Physiker Christian Doppler, der 1842 die physikalischen Grundlagen für die Ultraschalldiagnostik beschrieb.

Fruchtwasserpunktion (Amniozentese)

Mit der Amniozentese lassen sich Chromosomenstörungen und Missbildungen des zentralen Nervensystems feststellen. Bei der Untersuchung wird unter Ultraschallkontrolle eine Hohlnadel durch die Bauchdecke in die Gebärmutter eingeführt und Fruchtwasser aus der Fruchtblase entnommen. In der Regel wird eine Amniozentese zwischen der 14. und 17. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Das Fehlgeburtsrisiko beträgt zu diesem Zeitpunkt etwa 0,5 Prozent. Meistens dauert es etwa zwei bis drei Wochen, bis das endgültige Ergebnis vorliegt. Ein pränataler Schnelltest kann bereits nach 24 Stunden erste Ergebnisse liefern, z.B. darüber, ob ein Down-Syndrom vorliegt oder nicht.

Der Eingriff ist nicht sinnvoll, wenn eine Unterbrechung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht in Frage kommt.

Entnahme von Plazentazellen (Chorionzottenbiopsie)

Zahlreiche Behinderungen, die mit einer Veränderung des Erbgutes einhergehen, lassen sich bereits in der 9. - 12. Schwangerschaftswoche mit einer sog. Chorionzottenbiopsie feststellen. Die Chorionzotten sind Bestandteile der mütterlichen Plazenta und haben das gleiche Chromosomenmuster wie das Kind. Bei der Untersuchung wird ein Pastikschlauch durch die Scheide in die Gebärmutter eingeführt, mit dem dann die Chorionzotten abgesaugt werden können.

Der Vorteil gegenüber der Amniozentese ist der frühe Zeitpunkt der Untersuchung, der Nachteil das deutlich erhöhte Fehlgeburtsrisiko von 2 bis 5 Prozent. Darüber hinaus sind die Ergebnisse weniger zuverlässig als bei einer Fruchtwasseruntersuchung. Die wichtigsten Ergebnisse liegen nach ein bis zwei Tagen vor. Der Eingriff ist nicht sinnvoll, wenn eine Unterbrechung der Schwangerschaft grundsätzlich nicht in Frage kommt.

© by Andrea Knipp-Selke