Weniger riskant

Ultraschall statt Fruchtwasseruntersuchung

Gynäkologen haben darauf hinwiesen, dass heute nicht mehr unbedingt eine Fruchtwasseruntersuchung nötig ist, um zum Beispiel das Down-Syndrom zuverlässig zu erkennen.

Neue Methode kann Amniozentese ersetzen

Arzt erklaert Ultraschall

Fast jede fünfte Mutter in Deutschland ist über 35 Jahre alt. Und mit dem Alter der Mutter steigt das Risiko für Chromosomenstörungen des Kindes. Eine von 50 Frauen ist betroffen. Darum unterziehen sich viele Schwangere in diesem Alter einer Fruchtwasseruntersuchung. Aber auch eine von 500 jüngeren Müttern muss mit einer solchen Störung rechnen.

In den letzten Jahren haben Mediziner eine Methode entwickelt, die älteren Müttern eine Fruchtwasseruntersuchung ersparen kann. "Diese empfehlen wir nur noch bei verdächtigem Ultraschallbefund", erklärt Professor Ulrich Gembruch vom Universitätsklinikum Bonn. Dank einer Kombination aus vier verschiedenen Ultraschall- und Blutmessungen können Ärzte beispielsweise eine Trisomie 21 mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit ausschließen. Das bestätigen britische Großstudien, die Frauenärzte und -ärztinnen auf dem 55. Gynäkologenkongress in Hamburg diskutierten.

Der Risikofaktor 'Alter' zählt nicht mehr alleine

In London wurde ein Computerprogramm entwickelt, welches das durch das Alter der Mutter bedingte Fehlbildungsrisiko des Kindes mit der Messung der sogenannten Nackentransparenz kombiniert. Bei diesem Untersuchungsverfahren messen die Ärzte per Ultraschall die Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Ungeborenen. Musste eine 38-jährige Mutter nach der ursprünglichen Risikoberechnung nur auf der Grundlage ihres Alters mit einem Fehlbildungsrisiko von 1: 104 rechnen, verringert sich dieses bei einer "idealen" Nackentransparenz von 1,8 Millimeter auf 1:607.

Ultraschall und Blutwerte

. Schon im ersten Schwangerschaftsdrittel, zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche, können Frauenärzte im Ultraschall die Nackentransparenz des Ungeborenen prüfen. Überschreitet die Flüssigkeitsansammlung einen kritischen Wert, können sie das Down-Syndrom mit etwa 75-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorhersagen. Die Messung liefert darüber hinaus auch Hinweise auf andere Veränderungen, beispielsweise Herzfehler. Die zur Zeit genaueste Risikoermittlung ist die Beurteilung von Nackentransparenz, Nasenknochen und biochemischer Marker aus dem Blut der Mutter, sagt Gembruch.

In einer Studie errechneten britische Forscher per Computerprogramm die Wahrscheinlichkeit, mit der sie eine Trisomie 21 entdecken könnten, wenn sie die Nackentransparenz messen, die Ausprägung des Nasenknochens beurteilen und bestimmte Blutwerte der Mutter ermitteln. Zu diesen Blutwerten gehört ein Schwangerschaftshormon sowie ein nur in der Schwangerschaft vorhandenes Eiweiß. Die Forscher errechneten eine Zuverlässigkeit von 91 Prozent. Eine Fruchtwasseruntersuchung würde sich in diesen Fällen anschließen, um den Verdacht zu bestätigen oder zu widerlegen.

Keine Kassenleistung

Bislang müssen werdende Mütter allerdings sowohl die Untersuchung der Nackentransparenz wie auch die des Nasenknochens selbst bezahlen. Die Untersuchung der Nackentransparenz sowie die Hormonbestimmung im Blut kostet, je nach Praxis, etwa 100 bis 200 Euro. Bei Frauen über 35 Jahren oder mit entsprechender familiärer Vorgeschichte übernimmt die Kasse die Kosten ausschließlich für eine Fruchtwasseruntersuchung - obwohl diese um ein Vielfaches höher sind als die Ultraschall - und Blutuntersuchungen. Das könnte sich in Zukunft ändern, glaubt Gembruch. "Diese invasive Methode empfehlen wir erst, wenn der Ultraschallbefund verdächtig ist", betont er. Denn harmlos ist der Stich in die Fruchtblase nicht. Bei einer von 100 Untersuchungen treten Komplikationen wie Entzünduungen, Verletzungen des Kindes oder Fehlgeburten auf. (idw)

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