'Schwanger in Italien', 1. Teil

Mutterpass? Fehlanzeige! Mein Baby-Abenteuer in Turin

Italien ist nicht Papua Neuguinea und Kinder werden dort schließlich auch geboren. Doch bei der Schwangerschafts-Begleitung liegen zwischen Deutschland und Bella Italia Welten, so unsere Autorin, die ihre dritte Schwangerschaft in Turin erlebt. Lesen Sie hier ihren Erfahrungsbericht.

Autor: Julia Rubin

Schwanger in Italien - und nun?

Julia Rubin Landkarte Teil1
Julia Rubin: Schwanger in Italien
Foto: © Julia Rubin

Julia Rubin (35) lebt zur Zeit in Italien. Ihre ersten beiden Söhne kamen in Deutschland zur Welt, ihr drittes Kind wurde im März 2010 in Turin geboren. Dies klingt zunächst nicht spektakulär, denn schließlich ist Italien nicht Papua Neuguinea. Aber Mamma Mia, andere Länder, andere Sitten! Was das für die Begleitung durch die Schwangerschaft und die Geburt bedeutete, berichtete Julia Rubin für urbia im Rahmen ihrer Serie "Schwanger in Italien".

Schwangerschaftstest-Kauderwelsch

„Drehen Sie den Teststab so, dass die Aufschrift (...) nach unten zeigt. Die saugfähige Extremität des Stockes unter den Urinfluß in Auftrag in Position bringen mindestens 6 zweiten und die Aufmerksamkeit sein, zum der saugfähigen Auflage nur zu baden.“ Meine Schwangerschaft in Italien beginnt mit der rosafarbenen Anleitung eines Schwangerschaftstests in meinen Händen und einem großen Fragezeichen in meinen Augen. Was, bitte schön, will mir diese Übersetzung sagen? Und so geht es weiter: „Wenn es bevorzugt wird, ist es möglich, den Test durchzuführen, der den Urin in einem Behälter sammelt und an zweiter Stelle das saugfähige padto du im Auftrag an least6 eine eintaucht.“?

Ich glaube, es sollte ein Zeichen sein, es will mir sagen: Schwanger sein in Italien wird nicht einfach werden. Zumindest nicht für jemanden, der so verwöhnt ist wie ich, was schwanger sein angeht. In Deutschland habe ich bei meinen ersten beiden Söhnen eine traumhafte Schwangerschaftsbegleitung erlebt: intensive Kontrollen beim Frauenarzt, eine Hebamme, die sich schon in Woche 26 intensiv um mich gekümmert hat und schließlich ein Krankenhaus mit einer wunderschönen Entbindungsstation. Was also kommt auf mich und auf Sohn Nummer drei zu hier in Turin? Erstmal ein komisches Gefühl und Unsicherheit. Und das, obwohl ich ja schon hinreichend Erfahrung habe in Sachen Kinder auf die Welt pressen. Aber eben nach deutscher Anleitung. Auf der Landkarte liegt Italien nicht weit entfernt von Deutschland, aber in Sachen Schwangerschaftsbetreuung liegen zwischen diesen beiden Ländern Welten. Und das mit dem Schwangerschaftstest war da ja noch harmlos... meine leise Vorahnung sollte sich bestätigen. Aber von vorn:

Natürlich habe ich den Test hinbekommen - trotz der amüsanten Übersetzung und ich muss sagen: Das war der dritte, wahrscheinlich letzte, aber sicherlich lustigste Schwangerschaftstest meines Lebens. Wenigstens das Ergebnis sah aus wie in Deutschland. Zwei Streifen, heißt auch auf italienisch: positiv. Schwanger! Baby Nummer drei. Wow. Und jetzt? Wie finde ich in Turin einen guten Frauenarzt? Wie läuft die Schwangerschafts-Betreuung hier ab? Welches Krankenhaus? Wo gibt es Hebammen? Und dann natürlich noch das Sprachproblem. Aber „piano, piano“, alles langsam und eins nach dem anderen: Zuerst die Suche nach dem Frauenarzt. Nach einigen Recherchen im Internet und auf den Seiten des Turiner Telefonbuches vertraue ich schließlich doch der Empfehlung einer deutschen Frau aus meinem Ort. Dottore Mossetti heißt ihr Frauenarzt, spricht angeblich auch ein bisschen deutsch und arbeitet sowohl in einer Praxis im Zentrum Turins, als auch als Belegarzt in einem Krankenhaus in unserem Nachbarort. Einen Doktor habe ich jetzt, nun brauche ich nur noch einen Termin. Meine Bekannte gibt mir Dottores Praxisnummer und seine Handynummer. Aber wozu brauche ich bitte schön die Handynummer eines Frauenarztes? (Die Antwort darauf sollte ich ein paar Tage später bekommen.) Ich brauche doch nur die Sprechstundenhilfe am Telefon und schnell einen Termin. Will die beiden blauen Streifen des Tests endlich auch in Form eines Ultraschallbildes bestätigt haben.

Frühester Termin in fünf Wochen

Aber meine Chancen stehen schlecht. Die Praxis scheint nur sporadisch besetzt zu sein, ich telefoniere mehr mit dem Anrufbeantworter als mit einer Sprechstundenhilfe. Und nach dem fünften Anruf fange ich an, an der Existenz einer echten Sprechstundenhilfe zu zweifeln... Dann aber, es war ein Donnerstagabend, um 19 Uhr (!) habe ich sie endlich am Apparat: Eine extrem schnell sprechende Frau, die mir noch schneller klar macht, dass der früheste freie Termin beim „Dottore“ erst wieder in fünf Wochen zu haben ist. Und außerdem bin ich mit meinem Wunsch nach einer Ultraschalluntersuchung ja eh viel zu früh, sagt sie. Ich soll mal „piano, piano“ machen, rattert die Frau weiter ins Telefon, also „langsam, langsam“ - und ich erfahre, dass man in Italien eigentlich zunächst die ersten zwölf Wochen Schwangerschaft abwartet und dann erst zur Kontrolle zum Frauenarzt geht. Und die Schnell-sprech-Frau schmeißt noch hinterher: Signora, bitte abwarten und später wieder melden. Aber bitte erst in drei Wochen. Basta, fertig, aufgelegt.

SMS-Dating mit Dottore Mossetti

Aha. Piano, piano. Aber nicht für mich. Nun also doch die Handynummer! Ist schon ein komisches Gefühl, den Frauenarzt per SMS um einem Termin zu bitten. Aber SMS schreiben ist hier in Italien genauso üblich wie Pasta als Teil einer Mahlzeit, und es ist egal, ob die SMS an die Freundin geschickt wird, an die Leiterin vom Kindergarten oder eben an den Frauenarzt. Also tippe ich meinem bis dahin unbekannten italienischen Frauenarzt an dem besagten Donnerstagabend um kurz vor acht eine SMS ins Handy mit der Bitte um einen schnellen Kontrolltermin. Die Antwort-SMS kommt zwei Minuten später: „Se vuole puo venire domani verso ore 12:00. Aspetto conferma. Buona sera.“ Ich kann also vorbeikommen, und zwar morgen Mittag um zwölf. Den Termin bitte bestätigen. Schönen Abend. Das schreibt der Arzt. So schnell kann es also gehen, mit der Handynummer. Wenn ich wieder in Deutschland bin, werde ich versuchen, die Terminvergabe via SMS bei meinem Frauenarzt einzuführen. Selten habe ich so etwas Unproblematisches erlebt.

Etwas länger und umständlicher als die Terminvergabe verlief dann allerdings der ersehnte erste Ultraschall-Termin bei Dottore Mossetti: „Isch abe eine neue Geräte füre Ultraschalle“, begrüßt er mich in gebrochenem Deutsch in seiner Praxis in der Turiner Innenstadt und strahlt über das ganze Gesicht, „funktionierte auche mit dreie De, musse abere noch ein bißel probiere“. Nach ein paar Spielereien am Bildschirm und noch mehr Spielereien auf der Tastatur - es kommt mir vor, als ob Stunden vergehen - kommt zwar kein 3D-Bild, dafür aber endlich, endlich mein erster (ganz normaler) italienischer Ultraschall zum Vorschein: Juchhuh! Fruchtblase ist da! Herz schlägt! Sieht alles aus, wie es sein soll! Für 3D ist es in Woche sieben natürlich eh noch zu früh. Aber stolz ist Dottore trotzdem. Und mit der Untersuchung der „donna tedesca“, der deutschen Frau, konnte er sein brandneues Gerät zum ersten Mal benutzen. Dafür, lieber Dottore, habe ich die längere Wartezeit auf der Untersuchungsliege gerne in Kauf genommen! Grazie mille!

Mutterpass? Gibt's hier nicht

Und es wäre nicht Italien, wenn nicht auch diese Untersuchung noch mit einer Überraschung geendet hätte: Mutterpass gibt's keinen. Dafür einen großen Umschlag aus festem, weißem Papier. Darin tackert Dottore die ausgedruckten Bilder mitsamt den Untersuchungsergebnissen fest, füllt eine gelbe Karteikarte aus, schreibt eine Quittung und entlässt mich mit all dem und nach der Barzahlung von 150 Euro ins Wochende. „Nein, Signora, eine Muterpasse aben wir ier nischt in Italia, aber bitte bringen Sie immer mit weiße Papier und Karteikarte die nächste Male. Damit wir können vergleichen Ergebnisse.“ Mutterpass, aber auch Urinkontrolle und Blutabnahme direkt beim Frauenarzt – also all das, was ich von meinen Schwangerschaften in Deutschland gewohnt bin, gibt's hier in Italien nicht. Und ich muss gestehen: Obwohl dies mein drittes Kind ist, bin ich verdammt unsicher. Ob das hier alles gut geht? Reicht diese Art der Kontrolle aus? Was kommt dann erst bei der Geburt auf mich zu? Andererseits bin ich ja nicht nicht die erste Frau, die hier in Turin ein Kind auf die Welt bringt. Die Italienierinnen schaffen das doch auch. Ich versuche, mir selbst eine Portion Mut zuzusprechen. Nur, hätte ich zu diesem Zeitpunkt geahnt, was im Laufe meiner Schwangerschaft hier noch alles auf mich zukommt, hätte ich die Portion Mut an dieser Stelle besser verdoppelt. Mindestens. Und ich würde alles darum geben, dass Kind Nummer drei schon auf der Welt wäre. Aber bis dahin dauert es noch 'ne ganze Weile. Um genau zu sein: 34 Wochen ... A dopo! Bis später!

In der zweiten Folge erwarten Sie italienische Ansichten zum Essen und Trinken in der Schwangerschaft: Ein Gläschen Wein zur Pasta? Für Schwangere kein Problem!