Serie: "Schwanger in Italien", 3. Teil

Routinekontrolle Turiner Art

Ein in sein 3D-Ultraschallgerät geradezu verliebter Dottore, jedoch zur Urinkontrolle eine kleine Odyssee aus sieben Stationen - auch bei ihrer Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchung in der 18. Woche erlebt Julia Rubin einiges, was sie staunen macht. Hier ist der dritte Teil der Serie "Schwanger in Italien".

Autor: Julia Rubin

Sieben Ultraschall-Bilder des Kopfumfangs

Julia Rubin Arztbesuch Teil3
Juila Rubin
Foto: © Julia Rubin

Julia Rubin lebt zur Zeit in Italien. Ihre ersten beiden Söhne kamen in Deutschland zur Welt, ihr drittes Kind wurde im März 2010 in Turin geboren. Dies klingt zunächst nicht spektakulär, denn schließlich ist Italien nicht Papua Neuguinea. Aber Mamma Mia, andere Länder, andere Sitten! Was das für die Begleitung durch die Schwangerschaft und die Geburt bedeutete, berichtete Julia Rubin für urbia im Rahmen ihrer Serie "Schwanger in Italien".

„Studiomedicodottoremossettiatorino buongiorno“ - da ist sie wieder, die Stimme der Schnellsprech-Sprechstundenhilfe meines Frauenarztes und – unglaublich! - ich habe sie direkt bei meinem ersten Versuch am Telefon, und ich habe sie direkt verstanden! Und dieses Mal kommt auch kein unverständliches "Was wollen Sie denn schon beim Frauenarzt?", sondern ein freundliches "Wann hätten Sie denn Zeit?" Denn mittlerweile bin ich in Woche 18 angekommen, darf damit also schon zum zweiten Mal ganz offiziell zur italienischen Ultraschall-Kontrolle. Fühlt sich gut an. Und ich fühle mich gleich noch ein bisschen schwangerer.

Ganz verliebt in das neue Ultraschallgerät

Nach dem Vortrag zur Ernährung vom vergangenen Mal geht es heute endlich um die tatsächliche Untersuchung, verbunden mit meiner Hoffnung auf ein erstes 3D-Bild meines Babys. Die Praxis des deutsch sprechenden Frauenarztes in Turin ist sehr elegant eingerichtet, wesentlich freundlicher und einladender als die kühle Praxis, die ich aus Deutschland kenne. Dottore empfängt mich lächelnd hinter einem großen braunen Tisch, eine edle grüne Lampe spendet sanftes Licht. Alles sehr antik und edel. Hinter einem Schrank aus dem schätzungsweise vorletzten Jahrhundert kommt dann das ultramoderne, nagelneue Untersuchungsgerät zum Vorschein. Ein kurzes Vorgespräch, dann bittet mich der Arzt zur Kontrolle. Erstmal nur Ultraschall von außen: „Bitte erste Male nur Jeans Ose auseziehe, und dann bitte lege Sie sische aufe Liege“. Ok. Ohne Jeans, dafür ordentlich neugierig, mache ich es mir auf der Liege bequem – und wie gut, dass die Liege auch wirklich bequem ist, denn es sollte eine lange Untersuchung werden. Dottore scheint richtig verliebt zu sein in sein neues Gerät, so verliebt, dass seine Hände fast schon zärtlich die vielen Knöpfe drücken, Geräusche hervorlocken und er immer wieder verzückt hochschaut, wenn er neue Bilder von meinem dritten Kind auf den Bildschirm zaubert.

Während mein deutscher Frauenarzt zwar auch intensiv, aber längst nicht so lange die Entwicklung meines Babies via Ultraschall kontrolliert hat, nimmt sich Dottore hier alle Zeit der Welt. Das Wartezimmer wird voller, aber egal. Was zählt, ist, wie es meinem Baby geht und nicht die Anzahl der Patienten, die noch warten. Super! Von allen Seiten betrachtet er das Ungeborene in meinem Bauch, kontrolliert, misst, vergleicht die Daten und immer wieder brummelt er zufrieden vor sich hin (nicht ganz so schnell wie seine Schnellsprech-Sprechstundenhilfe, aber dafür umso undeutlicher), und seinem Gesichtsausdruck entnehme ich, dass er zufrieden ist mit dem, was in meinem Bauch zu wachsen begonnen hat. Besonders angetan scheint er vom Kopf meines Babies: Sieben (!) Bilder des Kopfumfangs druckt er aus, um sie nach der Kontrolle in meine weiße Papiermappe einzukleben, und am Ende endlich das langersehnte 3D-Bild! Doch die Freude ist kurz: Auf dem ersten 3D-Baby-Bild meines Lebens sieht das Kind in meinem Bauch mehr nach einem Halloween-Monster aus, als nach einem heranwachsenden Baby. (Tapfer versuche ich, mir diesen Zustand mit dem Entwicklungszeitpunkt in Woche 18 zu erklären und hoffe weiter auf ein hübsches Baby.)

Muttermundkontrolle, Abstrich - "das hat doch alles Zeit"

Ich weiß nicht, wie lange Dottore mit dem Ultraschallgerät über das kalte Gel auf meinem Bauch gefahren ist, aber ich war - wie gesagt - wirklich froh über die bequeme Liege. Zufrieden mit den Außenaufnahmen, kommt dann noch der Ultraschall von innen dran – auch alles ok. Danach noch kurz auf die Waage, danach Blutdruck messen und: „Basta! Tutto bene - Sie dürfe sich wieder aneziehe!“ Fertig, alles in Ordnung! Hm. Ich schaue ihn fragend an: Und die Kontrolle des Muttermundes? Wer tastet meinen Bauch von außen ab? Macht den Abstrich? Die Antwort lautet hier bei mir in Italien: Nessuno. Niemand. Zumindest nicht in Woche 18. Diese Kontrolle hat noch Zeit. Wird schon werden, Julia, sagt die optimistische, italienische Stimme in mir.

Urinkontrolle - eine kleine Odyssee aus sieben Stationen

Gut, das, was Dottore in Turin macht, macht er sehr genau und detailliert, und dafür bin ich ihm unendlich dankbar und er hat mein volles Vertrauen. Die vielen Untersuchungen, die ich von meinen ersten beiden Schwangerschaften aus Deutschland kenne und die hier in Italien nicht durchgeführt werden, versuche ich einfach, in guter Erinnerung zu behalten. Sohn Nummer drei wird eben auf italienische Art geboren. Basta. Va bene. Und um mich direkt weiter an die anderen Verhältnisse zu gewöhnen, verläuft auch die Kontrolle von Blut und Urin während der Schwangerschaft sehr italienisch: Das wird bei meinem Frauenarzt nämlich gar nicht untersucht. Also kein routinemäßiges Pipi-Machen und der Stich in die Armbeuge in der Arztpraxis – dafür sind extra Labore zuständig. Und das bedeutet: Einen neuen Termin ausmachen bei einer wahrscheinlich noch schneller sprechenden Schnellsprechstunde eines Labors, das ich noch nicht kenne und erstmal suchen muss. "Es gibte viele, suchen Sie eins in Ihrer Nähe", so weit der Tipp des Arztes. Aha. Aber wie gut, dass auch hier wieder die deutsche Bekannte aus meinem Ort schon Vorarbeit in ihrer italienischen Schwangerschaft geleistet und ein Labor ausfindig gemacht hat - von ihr bekomme ich die Telefonnummer und greife mutig zum Hörer.

"Buongiornoparlaconlaboratorio ..." HA! Dieses Mal aber bin ich vorbereitet und überrumple die Labor-Sprechstundenhilfe mit einem gut eingeübten und mindestens genauso schnellen „Gutentagichbindeutscheundichhabedvielefragenalsoredensiebittelangsam“ - natürlich auf italienisch - und schwupps schaltet die freundliche Dame zwei Gänge runter: "B-u-o-n g-i-o-r-n-o ..." Na, bitte - geht doch! Und mit deutlichen, langsamen Worten erklärt sie mir auf Italienisch, was ich zur Gewinnung und Untersuchung meiner Urinprobe beizutragen habe:

1. In der Apotheke einen sterilen Urinbecher kaufen. 2. Am nächsten Tag in nüchternem Zustand den Morgenurin dort hineingeben. 3. Den gefüllten Urinbecher zwischen acht und neun Uhr morgens zum Labor fahren. 4. Mit Glück in einer Schlange mit fünf Leuten auf die Abgabemöglichkeit warten. Mit Pech stehen schon 15 Leute vor einem in der Schlange. 5. Nach zwei Tagen im Labor anrufen. Wenn alles ok ist, gibt es die Ergebnisse, sollte etwas auffällig sein, dauert es mit den Ergebnissen drei Tage länger. 6. Wenn die Ergebnisse schriftlich vorliegen, nochmal zum Labor fahren und sie abholen. 7. Die Ergebnisse dem Frauenarzt vorbeibringen oder hinfaxen. Vielleicht ist das ja der Grund, warum der Urin hier so selten untersucht wird! Einfach, um den Schwangeren diesen umständlichen Aufwand nicht so oft zuzumuten. Und ich fange an, mich darüber zu freuen, dass ich Urin und Blut doch nicht wie in Deutschland vor jedem Termin beim Dottore abgeben muss!

Eher zu viel Kontrolle in Deutschland?

Nach 45 Minuten Warterei werde ich endlich meinen Urinbecher im Labor los und direkt danach rufe ich bei meinem deutschen Frauenarzt an und mache dort den nächsten Kontrolltermin aus, in der Zeit meines nächsten Deutschlandbesuchs, also in vier Wochen. Dort ist das Labor Teil der Praxis, Urinbecher und Blutkontrolle gibt's inklusive, genau wie den Eintrag im Mutterpass. Ich gebe ja zu: Ich kann es einfach noch nicht abstellen, mein unsicheres Gefühl hier in Bella Italia. Auch, wenn es meine dritte Schwangerschaft ist. Ich sehne mich nach der mir vertrauten Rundum-Kontrolle in Deutschland. Ein bisschen betüttelt werden, hach, das tut schon gut. Auch, wenn diese deutsche Art der Kontrollen vielleicht sogar ein bisschen übertrieben sind. Kann es sein, dass in Deutschland eher ein wenig zu viel kontrolliert wird? Haben wir Frauen vielleicht zu wenig Vertrauen in einen guten Verlauf der Schwangerschaft? Und stattdessen viel zu viel Angst, dass etwas schief gehen könnte? Ich werde diese Gedanken nicht völlig los, versuche aber, sie zu verdrängen und freue mich einfach auf die nächsten Frauenarzt-Termine. Den in Italien und den in Deutschland.

Ganz ehrlich: Ich liebe Italien, das Land und die Leute, und fühle mich hier unendlich wohl. Aber wenn es um die Kontrolle des Babys in meinem Bauch geht, sehne ich mich nach meinem vertrauten deutschen Umfeld. Und genieße noch sehr die gewohnte deutsche Genauigkeit (vielleicht aber auch Übertriebenheit?). Und wenn es nur einmal im Laufe dieser Schwangerschaft ist. Dottore, bitte entschuldigen Sie! Ich werde meinen deutschen Frauenarzt von Ihnen grüßen. Und danach wieder zu Ihnen kommen, versprochen. Und auch darauf freue ich mich schon jetzt! Ci vediamo! Wir sehen uns!

Lesen Sie im vierten Teil: "Eine Hebamme für Zuhause? Wieso? Sie haben doch die Mama!"