Suizid - Warnsignale oder eigene Erfahrungen

Guten Morgen,

heute anonym, weil das Thema doch sehr sensibel ist.

Es geht um meine Schwester.
Meine mutter und ich machen uns sehr große Sorgen um sie.
Sie hat eine schwere Depression, ist bei einer Therapeutin, die ihr lebensmüde Gedanken bestätigt hat.
Ihre Situation ist im Moment schwierig.
Sie hat zwei kleine Kinder und ihre Ehe ist gerade zerbrochen.
Noch dazu hat sie ihre Arbeit verloren durch stellenabbau.
Sie steht im Moment vor dem Nichts. Findet keine bezahlbare Wohnung. In einer Woche wird sie, bis sich etwas gefunden hat, bei uns mit den Kindern einziehen.
Wir unterstützen sie wo wir können.
Antidepressiva lehnt sie kategorisch ab.
Aber immer wieder kommen so beiläufig Kommentare, wie es wäre einfacher, wenn alles vorbei wäre. Sie sieht keinen Sinn in diesem Leben, hat versagt usw.

Meine Mutter und ich haben wirklich Sorge, dass sie sich etwas antun könnte. Auf direkte Nachfrage sagt sie natürlich, dass sie das nicht machen würde. Aber sie ist im Moment einfach nicht sie selbst.

Vielleicht hat jemand von euch Erfahrung mit diesem Thema. Oder war selbst schon einmal in diesem gedankenkarussell .

Danke für eure Hilfe!

Bearbeitet von VerzSchwe
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Einer Freundin von mir ging es vor einiger Zeit sehr, sehr schlecht nach einer Trennung. Auch hier stand eine Suizidgefahr im Raum. Ich habe sie unterstützt und sie letztendlich in eine psychiatrische Klinik gebracht, weil ich Angst um sie hatte und mir nicht mehr zu helfen wusste. Dort war sie 8 oder 9 Wochen lang und inzwischen geht es ihr wieder gut oder zumindest deutlich besser. Sie ist jetzt in eine eigene Wohnung gezogen und sieht wieder Sinn in ihrem Leben. Eventuell können die Kinder bei euch bleiben und sie lässt sich in einer Klinik helfen? Ansonsten vielleicht einen Antrag auf Mutter-Kind-Kur stellen? Das kann auch sehr gut tun. Sie muss erstmal wieder auf die Füße kommen, bevor sie die anderen Themen wie Wohnung und Arbeit angreifen kann.

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Sie will in keine Klinik, haben wir ihr alles schon vorgeschlagen. Natürlich könnten die Kinder auch bei uns bleiben aber auch der Vater würde sich natürlich kümmern.
Auch der macht sich, trotz Trennung, große Sorgen.
Den Vorschlag mutter-kind-kur mache ich ihr auf alle Fälle, danke!

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Vielleicht fällt es ihr leichter wegzufahren, wenn die Kinder bei ihr sein können. Ich war auch schon auf Mutter-Kind-Kur und das hat so gut getan, ich denke heute noch gerne daran zurück. Sich für einen Zeitraum sich nur um sich selbst kümmern zu müssen kann wahre Wunder bewirken.

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https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/angehoerige.html

Hier findest du einen guten Leitfaden. Solche Äußerungen würde ich jedenfalls ernst nehmen.
Alles Gute 🍀

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Ich bin nicht vom Fach. Ich verstehe total das du und deine Mama euch Sorgen macht! Was ich in der Therapie gelernt habe und auch so mitbekommen habe (meine Schwester und meine Mama sind Psychotherapeuten) das es Unterschiede gibt: einmal die Gedanken die man hat, die sich darauf beziehen das man nicht mehr leben möchte, die Vorstellung „was wäre wenn ich nicht mehr da bin“ und dann einmal die aktive Planung des eigenen Suizides. Ich denke in ihrer Therapie wird da auch unterschieden und deine Schwester wird da im „Blick behalten“ denn ihre lebensmüden Gedanken und ihre aktuelle Gemütslage müssen nicht heißen das sie sich (aktuell) wirklich was antun würde. Dafür gibt es aber natürlich keine Garantie, man kann einfach nicht in die Köpfe in anderer Menschen reingucken.
Was ich aus Erfahrung sagen kann: als es mir vor Jahren psychisch sehr schlecht ging, da hatte ich auch diese Gedanken. Es ist für manche (vllt. auch für deine Schwester) eine Art „Fluchtgedanke“ aus der unerträglichen Situation in der man steckt, weil der Leidensdruck so groß ist. Bei mir hat sich das durch die Therapie und ohne Medikamente sehr gebessert, ich hatte nie wieder „lebensmüde Gedanken“ aber: ich hatte auch keine Depression.

Das Wichtigste ist: deine Schwester hat therapeutische Hilfe. Sie kriegt Unterstützung von euch! Das ist sehr schön und sehr wichtig. Medikamentös eingestellt wird man nicht immer und auch nicht sofort, da spielen viele Faktoren mit rein.
Ich denke es ist wichtig das deiner Schwester zugehört wird wenn sie reden möchte, auch wenn manche Gedankengänge von ihr aktuell schwer verdaulich für euch sind.
Ich wünsche euch alles Gute ❤️🙏🏼 und ganz viel Kraft!

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Nachtrag: habt ihr denn mitbekommen das sie durch ihre schwere Depression medikamentös eingestellt werden sollte seitens der Therapeuten/Ärzte o.ä.?

Du hattest nur geschrieben sie lehnt es kategorisch ab.

Dazu muss ich sagen, dass eine Empfehlung von Medikamenten wirklich ernsthaft in Betracht gezogen werden sollte. Vielleicht kannst du versuchen mit ihr darüber zu sprechen um zu erfahren was ihre Bedenken diesbezüglich sind.

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Danke für deine Antwort.
Ja, sie hätte das Rezept für Medikamente. Aber sie will sie nicht nehmen. Sie hat große Angst vor der Wirkung, dass sie dann nicht mehr sie selbst ist, ihren Worten nach. Dass sie aktuell aufgrund ihrer Erkrankung auch nicht sie selbst ist, lässt sie nicht an sich ran.

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Ihr solltet ihre Worte sehr ernst nehmen.
Ich hatte damals nach der Geburt unseres zweiten Kindes eine Wochenbettdepression mit Suizidgedanken. Bevor ich diese geäußert habe, und das auch nur gegenüber meinem Mann und sonst niemanden, habe ich sie intensiv selbst durchdacht.
Ich habe also erstmal die Probleme mit mir ausgemacht, bevor ich mich gegenüber meinem Mann geöffnet habe. Alle anderen wissen bis heute nichts davon und sehen wahrscheinlich nur die schlechte Mutter, die ich in der Zeit war.

Ich weiß nicht, wie real ihre Suizidgedanken sind. Je nachdem, wäre eine Einweisung dringend anzuraten. Ein Therapeut reicht in dieser kritischen Situation nicht mehr aus. Redet mit ihr und versucht sie dazu zu bewegen, sich die Tage in einer Klinik vorzustellen und aufnehmen zu lassen.
Wie real meine Suizidgedanken damals waren, lässt sich schwer sagen. Die Vernunft und Liebe zu meinen Kindern hat mich davon abgehalten. Von anderen habe ich leider wenig Hilfe bekommen. Mein Mann hat sehr viel gemacht, war aber mit der Gesamsituation ebenfalls überfordert und hat die Dringlichkeit meiner Äußerung vermutlich nicht erkannt. Heute bin ich froh, dass ich den letzten Schritt nicht gegangen bin.

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Vielen Dank für das teilen deiner Erfahrung!
Und ja, zum glück bist du diesen letzten Schritt nicht gegangen!
Wir versuchen sie seit einer Woche zu überzeugen, dass sie in eine Klinik gehen sollte, absolut vergeblich.
Wir sind mit unserem Latein wirklich am Ende.
Die Kinder scheinen ihr schon auch Kraft zu geben, aber durch die Depression fehlt ihr auch einfach die Kraft, sich alleine zu kümmern. Wir und auch der Vater der Kinder helfen ihr wo wir können.

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Nachtrag

Darf ich fragen, welche Gedanken du hattest und was dich dazu bewogen hat, dich deinem Mann mitzuteilen?

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Bei akuter Suizidgefahr könnt ihr sie einfach einweisen lassen. Will man natürlich nicht gegen ihren Willen, klar - aber bevor Schlimmeres passiert.

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Das wissen wir, aber wie äußert sich denn akute Gefahr? Woran wird dann festgemacht, dass sie, auch gegen ihren Willen, gehen muss?
Sie selbst sagt ja, sie würde sich nichts antun.
Aber meine Mutter und ich zweifeln da sehr dran.

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Ruft in der Psychiatrie an und schildert es.
Die können am besten einschätzen, wann akute Gefahr besteht und wann noch nicht.

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Guten Abend,

Also, eine Mutter-Kind Kur ist eine Vorsorgemaßnahne.
Deine Schwester benötigt aber eine akute Unterstützung.
Wenn ich es richtig verstanden habe, ist sie therapeutisch angebunden und wird dort vermutlich auch mit diesem Thena konfrontiert.
Tatsächlich geht es nicht darum, ob sie in eine Klinik möchte oder nicht, sondern dass es vermutlich ihre Lebensversicherung ist.
Wenn ihr den Eindruck habt, dass sie sich nicht mehr ausreichend von suizidalen Gedanken distanzieren kann, bringt sie in die Klinik.
Ansprechen und Nachfragen verschlimmert übrigens nicht das Problem....
LG und euch alles Gute

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Ich habe selbst eine psychische Erkrankung, die mit Depressionen einhergeht. Mittlerweile bin ich stabil und habe ein gutes Supportsystem. Das war aber nicht immer so.

Thema Einweisung: Jemanden einweisen zu lassen ist nicht so einfach wie es klingen mag.

Wenn deine Schwester nicht dem Arzt äußert, dass sie suizidal ist und auch nicht den Anschein erweckt, dann kann er nichts machen. Ich kenne deine Schwester nicht und ich würde versuchen, mit ihr im Gespräch zu bleiben. Ich finde es tröstlich, dass sie bei euch unterkommen kann. Sie hat im Moment echt schwer an Gepäck zu tragen, da bei ihr ja wirklich alles weggebrochen ist.

Falls sie plötzlich wieder fröhlich sein sollte, würde ich sehr aufmerksam sein. Das ist leider manchmal ein Signal, dass derjenige beschlossen hat, Suizid zu begehen. Nach außen hin mag derjenige dann gut drauf sein und beschwingt durchs Leben gehen. Aber das liegt dann daran, dass derjenige eine Entscheidung getroffen hat.

Das muss natürlich nicht jedes Mal der Fall sein - aber sollte sie von heute auf morgen plötzlich gut drauf sein, würde ich da definitiv das Gespräch suchen. Das wichtigste ist, ihr zuzuhören, dass sie sich gehört fühlt. Wenn man Depressionen hat, dann sieht derjenige wie durch einen grauen Schleier. Die Welt hat ihre Farben verloren.

Vielleicht gibt es die Möglichkeit für eine ambulante Therapie in der Tagesklinik?

Ich bin Gott dankbar, dass ich heute noch am Leben bin. Und wenn ich heute eine depressive Verstimmung habe, dann weiß ich, dass das irgendwann wieder vorbei geht. Aber ich hatte auch viele Jahre eine ambulante Therapie gemacht. Manchmal geht es nicht ohne Hilfe von außen. Es ist keine Schande sich Hilfe zu holen. Wenn jemand sich ein Bein bricht, muss derjenige operiert werden. Bei Depressionen ist es auch wichtig, Hilfe zu bekommen.

Das wünsche ich deiner Schwester. Danke, dass ihr euch um sie kümmert!

Bearbeitet von Kris7