Warum haben heute so viele Allergien und Unverträglichkeiten?

Ich kann mich noch an meine Kindheit errinern, die in den 90ern war. Damals hatte niemand Intoleranzen wie Laktose, Glukose, Fructose oder Gluten. Im Kindergarten und zuhause mussten wir essen was auf dem Tisch kam. Heute sind sogar auf den Speisekarten Unverträglichkeiten gekennzeichnet.
Woran liegt das? Sind die Leute empfindlich? In meiner Verwandschaft hat niemand solche interolerazen, aber in Kindergarten und Schule und auch bei der Arbeit kenne ich viele die welche haben.

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Früher hat man einfach gesagt "Der verträgt kein Brot (Nüsse, Milch, Obst...beliebig austauschbar)". Auch heute wenn du Omas fragst ob sie allergien haben, hat niemand etwas, wenn du aber fragst ob sie etwas nicht vertragen dann kommt immer was. Es hatte einfach einen anderen Namen, das ist alles.

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Allergien gab es mit Sicherheit schon immer - nur wurden diese eben nicht erkannt. Oder - bei Lebensmitteln - als "mäkeliger Esser" abgetan.
Ebenso ADHS. Früher war so ein Kind eben ein ungezogener Zappelphillip.
Mein Mann (Jahrgang 1962) hat eine Laktoseintoleranz. Zumindest vermuten wir das. Getestet wurde es nie
Aber er bekommt nach dem Genuss von Milchprodukten Bauchkrämpfe und Durchfall. Das war schon als Kind so - hat da aber niemanden interessiert. Er hat dann eben keinen Kaba mehr getrunken und auch keinen Joghurt gegessen - macht er bis heute nicht.
Und er musste auch essen was auf den Tisch kommt. Es gab aber Gerichte in seiner Kindheit, die konnte er einfach nicht essen. Saß dann teilweise den ganzen Tag vor der erkalteten Speise und hat es über Stunden runtergewürgt.

Ich habe übrigens erst im Alter von Ü40 starken Heuschnupfen bekommen. Als Kind/Jugendliche hat mir Pollenflug überhaupt nichts ausgemacht.

Übertriebener Hygienewahn fördern Allergien mit Sicherheit auch.
Mütter, die jede Türklinke, jeden Einkaufswagen erst mal mit Sagrotan bearbeiten sind mir suspekt.

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Genau, bin der selben Meinung und meine Mutter beispielsweise hat auch eine Intoleranz gegenüber Lebensmitteln, die Weizen enthalten. Auch das war schon in der Kindheit so. Beim Arzt war mit ihr allerdings keiner und großartig thematisiert wurde es auch nicht. "Das Kind verträgt nicht so gut essen" 🙈 . Sie ist Jahrgang 1962.

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"Saß dann teilweise den ganzen Tag vor der erkalteten Speise und hat es über Stunden runtergewürgt."

Gott, bei mir 1:1 gleich! Ich sass stundenlang vor dem kalten Essen, Abwasch war schon erledigt, Vater wieder zurück bei der Arbeit, Geschwister draussen am spielen und ich starrte immer noch den ekligen kalten Fisch auf dem Teller an und schob ihn hin und her und er wurde immer matschiger und unappetitlicher. Vermutlich damit sie ihr Gesicht nicht verliert, gab meine Mutter dann nach 2h "nach" mit "Also eine Gabel von der Kartoffel dann darfst du gehen".. Ich war weder mäkelig noch vertrage ich es nicht, ich hasse einfach Fisch. Noch heute, mit 40 Jahre später 😅

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Ich vermute, es ist eine Mischung. Vieles war einfach noch nicht bekannt, vielleicht auch die Umwelt? Das weiß ich nicht.

Meine Mutter hat eine Lactoseintoleranz. Schon als kleines Mädchen. Sie ist Jahrgang 1933. Da war das gänzlich unbekannt und angeblich Anstellerei. Sie musste die Milch trinken. Gerade zu Kriegszeiten. Dass es eher kontraproduktiv war, da sie Durchfall bekam, darauf kam keiner.

Sie hat erst mit Ü60 noch eine Haselnussallergie entwickelt. Mal abwarten, ob ich noch was bekomme. Bisher ist nichts. Mein Bruder hat die Allergien und Intoleranzen abbekommen.

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Ich habe eine Histaminintoleranz. Die hatte ich mit Sicherheit schon als Kind in den 1990ern. Meine Mutter sagt, ich hatte schon als Baby Verdauungsprobleme und oft Bauchschmerzen. Aber damals war ich dann eben ein Kind mit einem empfindlichen Darm.

Außerdem hab ich eine Haustaubmilben-Allergie. Mein Onkel erzählt heute noch, dass er mich nachts immer durch die Wand niesen hören konnte. Ich hatte oft Atemnot. War halt so.

Heute würde man da vernünftige Diagnostik betreiben und was dagegen machen.

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Weil die Welt immer unnatürlicher wird. Der Weizen von heute hat fast nichts mit dem Weizen von vor 100 Jahren gemeinsam, heute ist er viel glutenhaltiger und dadurch für viele Menschen schwerer verdaulich. Nur so als Beispiel. Zu viel Hygiene gepaart mit zu viel Chemie in der Umwelt, dazu zu wenig Naturaufenthalte tragen auch dazu bei. Die gestiegene Akzeptanz und "awareness" wurden schon genannt. Der Klimawandel trägt auch zu mehr Heuschnupfenfälle bei, weil es einfach immer wärmer wird etc.

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Letzteres glaube ich eher weniger. Ich halte mich oft in warmen Ländern auf, und da sind die Allergien und Unverträglichkeiten seltener als hier.

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Die Blütezeit für die Heuschnupfenauslösenden Bäumen und Sträuchern ist in Europa länger geworden, das meinte ich.

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Ich bin Jahrgang 1970. 1972 wurde bei mir Zöliakie diagnostiziert. Mag sein, dass man früher weniger sensibilisiert war, weniger "darüber gesprochen wurde", aber es gab das alles "immer schon". Jedenfalls gab es in meiner Kindheit durchaus glutenfreies Brot, lactosefreie Ernährung (warum konsumieren überhaupt Erwachsene die MUTTERmilch anderer Säugetiere?, das kann nicht bei allen funktionieren, auch wenn ich Milchprodukte liebe, ist mir durchaus bewusst, dass es eigentlich etwas völlig Unnatürliches ist).
Früher war in allen Lebensbereichen die Diagnostik weniger ausgereift, die Menschen weniger sensibilisiert, was nicht bedeutet, dass es die Erkrankungen, Intoleranzen usw. nicht gab. Weiss man doch auch über AD(H)S, Autismus, uvm.
Ach ja, und was habe ich in der Grundschule die Kinder (und deren Eltern gehasst), welche immer auf dem Schulweg gekotzt haben, nachdem die warme Milch zum Frühstück in sie reingezwungen wurde, diese Kotzerei ekelte mich massivst. Heute ist mir klar, dass die Kinder schlicht und einfach laktoseintolerant waren (die Kotzerei würde mich weiterhin ekeln)....
Was beispielsweise die Häufigkeit von Zöliakie anbelangt gibt es gute Studien, welche den Zusammenhang mit Altersempfehlung für glutenhaltige Beikost sehr schön aufzeigen, die Jahrgänge/Kulturen (zb. Italien) mit Altersempfehlung ab 6 Wochen sind am stärksten betroffen, danach die mit drei Monaten, gefolgt von denen mit vier Monaten (aktuelle Empfehlung, oder?), Tiefstand lag bei den Jahrgängen mit der Empfehlung sechs Monate. Interessant auch, dass beispielsweise die grössten italienischen Hersteller von glutenfreien Produkten auch die Hauptanbieter von Babynahrung (mit Gluten) waren/sind. Und die extreme Marktdominanz von Weizen gegenüber anderen Getreiden war auch nicht immer so dramatisch wie heute. Liebe Grüsse an dieser Stelle an Monsanto und Konsorten. Asien kannte kaum Weizen, (Funfact: Frühlingsrollen waren aus Reispapier), das Hauptnahrungsmittel Nordafrikas- Couscous- war aus Hirse.....
Nein, "die Leute" sind nicht empfindlich (natürlich gibt es einige, die ohne bestehende Intoleranz auf irgendeinen Modetrend aufspringen), sondern die Nahrungsmittelindustrie führt uns alle immer weiter weg von natürlicher, gesunder Ernährung, siehe auch Zucker, Salz, Konservierungsstoffe usw, natürlich führt das zu einer Zunahme an Folgeerkrankungen

Bearbeitet von nanoukaladar
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Weil immer mehr Sachen in immer mehr Produkten drin sind. Ich habe Unverträglichkeit auf Natriumbisulfat, auf Proteine gewisser Schalentiere, auf Senf und Sellerie. Dem Sellerie kann ich leicht ausweichen, dem Senf einigermassen leicht, bei den anderen kann es sein, dass ich ein Produkt von einem Hersteller vertrage, von einem anderen nicht. Ich habe wochenlang in Nicaragua Zeug gegessen, das direkt am Strassenrand zubereitet wird. Nie ein Problem gehabt, die haben keine Zusatzstoffe.

Ob ich jetzt empfindlich bin, weil ich vier Stunden Bauchkrämpfe gefolgt von Durchfall vermeiden will, keine Ahnung. Vielleicht solltest du auch einfach froh sein, nichts dergleichen zu haben. Ich rede hier wohlgemerkt nur von ärztlich diagnostizierten Intoleranzen und Allergien, nicht von Selbstdiagnosen und Dr Google.

Laktoseintoleranz hat vermutlich etwa 80% der Menschheit, Migranten von ausserhalb Europas quasi alle, völlig normal. Dass man im Kindergarten Rücksicht darauf nimmt und nicht alle Durchfall haben lässt, finde ich naheliegend.

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Meine Kindheit liegt noch etwas länger zurück, ich wuchs "im Osten" auf. Es gab nicht die ganzen Testungen, aber es gab durchaus Menschen mit Unverträglichkeiten, Heuschnupfen, Hautproblemen, Astmah usw.
Ich empfinde auch, dass es viel, viel mehr geworden ist. Gefühlt liegt es für mich an den Nahrungmitteln, die wir eben kaufen müssen. Ich will oft gar nicht wissen, was alles in dem Käse ist, der nicht mehr wie Käse schmeckt. Oder das hungrig gekaufte Mettbrötchen beim Fleischer, was mir beim Essen zwischen den Zähnen knirschte. Konplette Selbstversorgung gelingt aber auch den Wenigsten, mir zumiindest nicht und so bleibt die Ernaährung ein Weg voller Kompromisse.
Die andere Sache: Der in meinen Augen maßlose Drang nach Diagnosen jeztgerade bvei Ü40 im Trend. In Einzelfällen sicher richtig, in der Mehrheit so ein für mich gefühltes "ich kann nix für".
Ja, die Leute sind empfindlich. Sich mal selbst am Schlüpper reißen und durchziehen (sorry) machdbn no ch paar Alte, da kommt wenig nach. Hurra, hurra, die Welt geht unter!

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Ich denke, es ist vor allem so, dass man heute mehr weiß:
1. Man kann heute besser und schneller testen. Vieles wurde früher sicher gar nicht erkannt oder falsch eingeordnet. Wenn es sich nicht gerade um eine schwere Nussallergie o.ä. mit starken Symptomen handelte.
2. Man hat die Möglichkeit, Dinge zu vermeiden und Ersatzprodukte herzustellen und vor allem gut zu vermarkten. Wobei jeder Allergiker sicher froh über die Entwicklung ist.
Meine Nichte hat z.B. Zöliakie, das wird wohl vererbt. Früher hat da aber kein Hahn danach gekräht sowas zu diagnostizieren, da die Symptome nicht immer spezifisch sind. Die Familie ist froh, dass es heute ein gutes glutenfreies Angebot gibt (wobei in der Gesellschaft noch wenige Kenntnis haben).

Hinzu kommt sicher, dass einerseits eine veränderte Lebenswelt gibt, wo das Angebot wesentlich größer ist (bei uns in der DDR waren z.B. viele Früchte nicht einfach so zugänglich), es gibt mehr (unnatürliche) Zusätze und Kinder werden nicht mehr so vielen Reizen ausgesetzt, sodass der Körper empfindlicher ist (kann ich nicht wissenschaftlich belegen). Die Gentechnik und Züchtungen tragen sicher ihren Teil bei. Das geht bei Trauben ohne Kerne los und endet bei genmanipuliertem Getreide. Von Antibiotika und sonstiger Chemie im Fleisch fange ich gar nicht erst an...

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Nicht nur das, auch die Verarbeitung ist heute ne andere.
Ich backe zb mein Brot selber und beschäftige mich gerade viel mit Getreide und dessen Verarbeitung, und diese Schnellbackbrötchen und -Brote können nicht gesund sein, weil einfach Aufspaltungs- und Umwandlungsprozesse durch Gär- und Gehzeiten wegfallen.

Auch das Fleisch an sich, ohne die Zusätze, ist ein anderes als "normal" war. Da sind die Masttiere heute im Prinzip Babies, normalerweise isst man Hähne mit 6 Monaten ca, da sind sie ausgereift und haben ein ganz anderes Fleisch als die 6 Wochen Mastbroiler, Schweine schlachtete man früher mit 13 Monaten, ebenfalls gerade Eintritt Geschlechtsreife, heute mit 5-6 Monaten. Und dann hat das ne andere Enzymzusammensetzung.

Bearbeitet von IrgendwasMitADHS