Ich muss euch heute mal um Rat fragen, weil ich gerade nicht weiß, was richtig ist.
Mein Kind ist 4 Jahre alt und schon immer sehr sensibel und schüchtern.
Mit " Fremden" ( Nachbarn, Schwager/ Schwägerin, Krabbelgruppe, Spielgruppe...) hat es noch nie Kontakt aufgenommen auch kaum Blickkontakt, mit völlig Fremden erstarrt es regelrecht und versteckt sich. Mit vertrauten Personen ( Schwägerin mit häufigerem Kontakt, Erzieher, Freunde) ist es seeehr schüchtern, kommuniziert aber, wenn angesprochen zumindest mit Gesten.
Der Kindergarten vermutet Hochsensibilität, da unser Kind in kleinen Kindergruppen "auftaut", mitmacht und spricht. In der normalen Gruppe nicht.
Der Kinderarzt sagte lapidar: "mutistische Probleme- kommen sie alle 6 Wochen, dass es sich daran gewöhnt, wir warten ab".
Jetzt bin ich völlig verunsichert. Ich möchte meinem Kind ( das auch manchmal traurig ist, dass es sich nicht traut) helfen. Aber wie?
Sollte ich eine zweite ärztliche Meinung einholen? Einfach abwarten? Versuchen kein "Thema daraus zu machen? Mich irgendwo anders hinwenden?
Mein Kind ist ein Einzelkind, ich will jetzt auch nicht als die übereiftige Helikoptermutter auftreten, die sich aus allem ein "Problem" konstruiert. Aber ich will meinem Kind natürlich einen guten Start ermöglichen?
Was meint ihr? Verwächst sich das oder sollte ich dran bleiben?
Selektiver Mutismus? Zweitmeinung oder abwarten?
Wie spricht das Kind denn mit dir und dem Papa? Spricht es da viel, in ganzen Sätzen oder versucht es auch da sprachliche Äußerungen zu vermeiden?
Was will denn der Kinderarzt mit den Kontrollterminen alle 6 Wochen bezwecken? Das erschließt sich mir nicht. Sinnvoll wäre eine logopädische Abklärung. Ruf mal in umliegenden Praxen an und frag, ob die ein paar Termine für eine Einschätzung frei haben. Vielleicht haben die Praxen auch eine Homepage, wo du sehen kannst, ob einer der Therapeuten eine Fortbildung zum Thema Mutismus hat.
Viel Glück und bleib dran! Dein Kind leidet unter der Situation. Sucht euch Hilfe!
Liebe Grüße
Orchifee
Der Arzt möchte eine Gewöhnung erreichen, dass das Kind dann auch mit ihm kooperiert.
Aber mit einem Abstand von 6 Wochen? Wie lange soll das dann insgesamt dauern? Um dann festzustellen, dass man sich vielleicht doch lieber an einen Fachmann/Fachfrau wenden sollte?
Sucht euch einen Logopäden mit Erfahrung im Bereich Mutismus. Dann werdet ihr beraten und es wird entschieden, ob eine logopädische Therapie im Falle eures Kindes sinnvoll ist oder nicht.
Gibt es ein SPZ (Sozialpädiatrisches Zentrum) bei euch in der NÄhe? Die könnten bei der genauen Diagnosestellung auch helfen. Der Kinderarzt müsste das eigentlich wissen.
Ich bin selbst von Mutismus betroffen.
Hallo,
ich war auch so ein mega-schüchternes Kind.
Mein Opa erzählte noch während meines Studiums, wie ich als Kindergartenkind auf einer Schaukel saß, auf der Schaukel daneben saß ein gleichaltriges Mädchen und fragte wie ich heiße. Ich habe stur zum Horizont geschaut, geschaukelt und kein Wort gesagt. So etwas kam bei "Fremden", egal ob Kind oder Erwachsener, wohl öfter vor.
Mittlerweile halte ich mich für durchaus kontaktfreudig und selbstbewusst, habe einen Beruf mit sehr viel "Kundenkontakt" und setze generell ganz gut meine Interessen durch. Ich komme schnell mit fremden Menschen ins Gespräch und würde sagen, ja, das hat sich komplett gelegt
Die Idee des Arztes finde ich im übrigen sehr seriös und eine gute Idee: denn wirklich beurteilen kann er die Situation erst, wenn das Kind mit ihm spricht. Wie es spricht, ob überhaupt etc, da kann die Mutter ja viel erzählen und als Arzt geht er davon aus, dass du bei deinem eigenen Kind nicht völlig objektiv bist. Sei es, dass du Fähigkeiten "erkennst", die kaum vorhanden sind, sei es, dass du dir viel zu viele Sorgen machst.
Wenn man immer alles selbst beurteilen könnte, bräuchte man weder einen Arzt, noch Rat im forum
Also ist die Idee, in einem ersten Schritt Vertrauen zum Arzt aufzubauen, ziemlich pfiffig. Denn mit jedem anderen Fachmann wird das Kind ja vermutlich auch nicht sprechen. Und schwupp, hast du eine Mutismus-Diagnose, obwohl das Kind nur ein bisschen schüchtern ist.
LG!
"Die Idee des Arztes finde ich im übrigen sehr seriös und eine gute Idee: denn wirklich beurteilen kann er die Situation erst, wenn das Kind mit ihm spricht. Wie es spricht, ob überhaupt etc, da kann die Mutter ja viel erzählen und als Arzt geht er davon aus, dass du bei deinem eigenen Kind nicht völlig objektiv bist. Sei es, dass du Fähigkeiten "erkennst", die kaum vorhanden sind, sei es, dass du dir viel zu viele Sorgen machst. "
Das ist ein schlimmer Satz, finde ich. Der Arzt ist überhaupt nicht seriös. einen Termine alle sechs Wochen ohne jeden therapeutischen HIntergrund....wofür soll der gut sein?
Als Mutter eines ehemals total mutistischen Kinder kann ich dir versichern, dass das, was Mütter sehen und bemerken meist richtig ist. Man muss nur richtig hinhören als Behandelnder. Cool finad ich jedes Mal, wenn jemand meine Sorgen ernst nahm. Das tut jener Arzt überhaupt nicht.
"Mutistische Probleme"....was ist denn das für eine lapudare Aussage?
"enn mit jedem anderen Fachmann wird das Kind ja vermutlich auch nicht sprechen. Und schwupp, hast du eine Mutismus-Diagnose, obwohl das Kind nur ein bisschen schüchtern ist."
Jemand, der sich mit Mutismus auskennt, wird nicht schwupp eine Diagnose stellen, sondern sich das Kinder genau ansehen. Wenn das Kind allerdings nicht spricht, dann nennt man das Mutismus. Was ist denn, wenn sie drei Jahre lang alle sechs Wochen zum Arzt rennt, das Kind immer noch nicht spricht? Dann hat sie drei Jahre vergeudet.
Ich habe zum Mutimsus viele Hobbydiagnosen erlebt, weil das nun mal keine Lappalie ist, weil sie damit eben nicht jeder auskennt. Kein Arzt ist allwissend, die haben alle auch nur ihren Tunnelblick auf die Welt. Das ist nicht grundsätzlich schlimm, das Fatale ist, dass viele Ärzte für allwissend halten und dass viele Ärzte davon selbst überzeugt sind. Blindes Vertrauen habe ich zu keinem -es gibt unter Ärzten genauso viele Idioten wie in anderen Bevölkerungsgruppen- , was nicht bedeutet, dass ich alles besser weiß. Das eigene Denken sollte man trotzdem nie abschalten.
LG
Hey!
Ich würde mich an deiner Stelle an einen Kinderpsychologen wenden, der sich mit Hochsensibilität auskennt.
Dieses Verhalten, das du beschreibst, kenne ich von mir auch- vielleicht nicht ganz so stark, aber ich habe mich die halbe Kindheit hinter meiner Mama versteckt, wurde mit 6 auf Antrag nicht eingeschult und habe erstmal nur geschwiegen, wenn ich irgendwo neu war.
Diese Woche erhielt ich die Diagnose "hochsensibel". Was ich davon halten soll, weiß ich nicht- in das Thema habe ich mich nicht reingearbeitet..
Aber ich kenne ein paar Schüler mit selektivem Mutismus- die tauen nicht auf. Die haben in der Klasse vielleicht einen Mitschüler, mit dem sie reden, vielleicht noch mit viel Engelsgeduld die Klassenlehrerin. Aber das wars. Ich beiße mir da die Zähne aus und Kleingruppen helfen auch nicht.
Daher: Ich würde erstmal Kontakt zu einer Kinderpsychologin aufbauen und da schauen. Eine Frau für dein Mädchen. Ihr habt noch Zeit. Wenn das nicht hilft, könnt ihr immer noch schauen, ob ihr über Mutismus weiterkommt. Aber ich würde erstmal versuchen, das Mutismuslabel nicht aus der Schublade zu holen, bevor die Therapie in die falsche Richtung geht.
Liebe Grüße
Schoko
Mit dem Arzt sprechen fänd ich auch super- aber ob alle 6 Wochen das Eis brechen?
Hör dich mal im Freundeskreis um oder frag google, ob ihr auch eine ruhige, positive, warme Kinderärztin habt, die dein Kind noch nicht durch Spritzen und Blutabnehmen kennt.
Vielleicht tut ihr das gut? Ihr könnt ja immer noch zu dem anderen Arzt gehen und eure Tochter behandeln lassen. Aber vielleicht sorgen negative Erlebnisse beim Arzt und die Tatsache, dass er ein Mann ist, dafür, dass das Kind blockiert. Ein Versuch ists wert.
So ist das bei mir noch heute- ich meide Menschen, mit denen ich schlechte Erlebnisse hatte. Die kreisen mir im Kopf, ich kann nicht abschalten, diese Gedanken abstellen. Ich bin dann immer schnell weg 🤣
Ich würde an deiner Stelle mal einen Termin beim Kinderpsychotherapeuten ausmachen.
Ich erkenne mich selbst bei diesem selektiven Mutismus wieder. Als Kind war ich auch extrem "schüchtern". Bis in die Jugend habe ich fremden Erwachsenen nur knapp geantwortet, meist nur mit Schulterzucken und ähnlichem, egal ob Lehrer, Nachbarn, Eltern von Freunden oder auch den Onkel den man nur 2 Mal im Jahr sieht.
Als ich 14 war stand ein Referat vor der Klasse an. Vor dem Hintergrund natürlich das schlimmste, was mir passieren konnte.
Ich suchte mir selbst Psychotherapeuten heraus und habe auch eine Therapie begonnen, wo wir dieses Thema "Prüfungsangst" und Angst vor Sprechen vor Publikum angegangen sind. Das ging von mir aus. Ob die Therapeutin sich vielleicht dachte, dass noch sowas wie Mutismus dahinter stecken könnte weiß ich natürlich nicht.
Das Referat war dann übrigens ein voller Erfolg, habe eine 1,5 bekommen.
Und ich weiß auch nicht, ob meine "Schüchternheit" zu dem Zeitpunkt schon "verwachsen" war, aber die Therapie hat auf jeden Fall nochmal deutlich geholfen und mein Selbstbewusstsein gestärkt.
In meiner späten Jugend habe ich von ganz vielen Seiten den Spruch gehört "Du kannst ka doch sprechen!"
In der Schule war meine mündliche Note als ich jünger war zwar immer vergleichsweise schlecht, aber große Probleme hat das auch nicht bereitet.
Also es würde auf keinen Fall schaden in der Richtung etwas tiefer zu forschen und vielleicht noch eine Art Therapie zur Stärkung des Selbstbewusstseins auszuprobieren.
Aber, was ich viel wichtiger finde:
Schüchtern sein und nicht bei jedem wie ein Wasserfall plappern wollen oder können ist total in Ordnung. Jeder Mensch ist anders und manche tauen halt langsamer auf. Solange es deinem Kind keine schlimmen Nachteile bringt, sei einfach für es da und verteidige es, wenn notwendig. Und zeig ihm natürlich auch bzw. mache Vorschläge, was es selbst sagen könnte.
Wen interessiert es ob sich das rauswächst? Dein Kind ist JETZT traurig und extrem angespannt, wie lange soll denn dieser Zustand des ständigen Unwohlfühlens gehen? Selbst wenn es sich rauswächst hat sie jetzt viele Momente in denen sie sich überfordert fühlt und auch das hinterlässt Spuren in der Seele eines Kindes. Ihr geht vieles verloren was andere Kinder haben.
Ich würde erst mal überhaupt eine Meinung von jemandem einholen der dazu ausgebildet ist, also vom Kinderpsychologen, SPZ, KJP, gegebenenfalls eine zweite Fachmeinung und dann dementsprechend eben therapeutisch arbeiten.
Unser Kind ist ein Extremfrühchen und hatte auch solche Aufälligkeiten, wir haben dann ein Jahr tiergestützte Therapie gemacht und haben sehr gute Erfolge erzielt.
Meine Tochter (3j) hat auch die Diagnose selektiven Mutismus. Ihre Symptome sind 1:1 wie die deiner Tochter. Sie redet nach über einem halben Jahr Kindergarten dort immer noch kein Wort, nicht mal ja oder nein, weder mit den Kindern, noch mit den Erziehern.
Wir haben die Diagnose genau nach dem 3. GT erhalten also erst vor kurzem und fangen demnächst mit Logopädie an, Frühförderung fangen wir auch bald an. Hatten schon den Test, ihr EQ ist normal, das Problem liegt nur am "Angst mit fremden zu sprechen". Manchmal hilft es wenn "fremde" sie was fragen und ich dabei bin und sage sie kann auch mit antworten oder es mir ins Ohr flüstern. So hatte sie sogar am Ende bei dem Test in der Frühförderung gesprochen.
Wahrscheinlich hatte ich das auch als Kind, da ich auch bis zur 3. Klasse mit keinem gesprochen habe, hatte aber nie eine Diagnose. Später als ich Jugendliche wurde mir von einer Lehrerin gesagt dass sie denkt ich hätte Asberger. Jetzt wo meine Tochter diese Diagnose bekommen hatte, denke ich eher ich hatte auch selektiven Mutismus, die Symptome waren als Kind bei mir identisch. Ich bin heute noch nicht sehr gesprächig. Aber du brauchst dir keine Sorgen machen, klar braucht sie Hilfe, aber Menschen mit selektiven Mutismus sind nicht behindert in dem Sinne, sondern haben nur das Problem mit dem sprechen mit fremden Menschen.
Wer hat denn bei euch die Diagnose gestellt?
Die Diagnose hatte bei uns ein Arzt in der Pädaudiologie Phonatrie gestellt mit knapp 3.
Danach hatten wir die u7a und unser Kinderarzt der auch Neurologe ist hatte die Diagnose bestätigt.
Hallo!
Unser Sohn war/ ist auch so. Er kann einfach nicht mit Fremden sprechen. Als er im Alter Eures Kindes war, fing er sogar an zu weinen, wenn er angeschaut und dann noch angesprochen wurde.
Was bei uns geholfen hat, war Frühförderung und ganz viele Leute mit Verständnis. Ich habe dafür keine Diagnose, aber er ist mit Sicherheit auch hochsensibel, vieles ist ihm zu laut, er ist super empfindlich auf Gerüche, die Liste kann ich noch endlos weiter führen.
Ich habe das Glück gehabt, und tolle Leute an unserer Seite gehabt. Angefangen von einer super Frühförderin, die Ahnung von ihrem Job hatte, über die beste Kindergärtnerin der Welt der mein Kind einfach mal ein Jahr lang überall hinterher laufen durfte und generell einfach ganz viel Verständnis, das unser Sohn halt einfach so ist und auch so angenommen wurde.
Unterstützung haben wir auch vom SPZ gehabt, die einfach immer gesagt haben, er braucht noch Zeit zum entwickeln (er ist ein SGA Frühchen)....
Eingeschult wurde er ein Jahr später mit Schulbegleitung. Diese war schon nach einem halben Jahr nicht mehr nötig.
Gerne können wir Nachrichten austauschen unsere ganze Geschichte wäre wirklich zu lang und zu persönlich für hier ☺️
LG
asira
Vielen lieben Dank für euere tollen Antworten.
Ich selbst erkenne mich in dem Verhalten auch wieder. Ich war als Kind ganz ähnlich (ohne Diagnose), auch jetzt fällt mir das Sprechen mit Fremden auch oft schwer und trotzdem habe ich einen Beruf mit seeehr viel Menschenkontakt.
Vielleicht bin ich auch deshalb so unsicher, weil ich es ja auch irgendwie überwunden habe. Im Nachhinein gesehen, aber durchaus nicht unbeschadet.🤔
ZuHause spricht das Kind wie ein Wasserfall, ist kaum zu bremsen und hat schon sehr früh perfekt gesprochen (grammatisch richtig, Laute alle gebildet,...). Allerdings tut es sich auch bei uns schwer, Wünsche/ Befürfnisse zu äußern (hat noch nie nach nem Eis gequengelt oder so) und wenn es sich weh tut oder etwas falsch gemacht hat, dann fällt das Sprechen auch zu Hause schwer.
Ich denke, ihr habt Recht und ich mache nichts falsch damit, mich weitergehend beraten zu lassen.
Davon sind wir ja noch nicht in eine Diagnoseschiene gequetscht. Ich werde mal bei einer Kinderärztin nachfragen, bei Frauen geht es tatsächlich besser (und bei den meisten Kindern auch 😉). Und kucken ob wir ein SPZ oder eine fähige Logopädiepeaxis haben.
Vielen lieben Dank an alle