Mein Mann will nicht, dass unsere Kinder studieren

Hallo,

mein Mann hat eine Naturwissenschaft studiert. Vor allem zum Ende seines Studiums hin hat es sich sehr gezogen. Er hat eine längere Pause gemacht und überlegt, abzubrechen, ist dann aber doch zurück an die Uni gegangen und hat sein Studium beendet.

Anschließend hat er nach einer Stelle gesucht, aber nichts passendes gefunden, und nach über einem Jahr Aushilfsjobs promoviert, obwohl er das eigentlich nie wollte.

Jetzt ist er in einer guten Position und hat ein anständiges Gehalt, aber er sagt trotzdem, dass es sich nicht gelohnt hat, weil der Weg dahin zu schwer und mit zu viel Stress, Ängsten und finanziellen Problemen verbunden war. Er sagt öfter, es hat ihn zu viel Energie gekostet und Jahre seines Lebens genommen, die er nicht genießen konnte.

Nun zum eigentlichen Problem. Er sagt sehr oft vor unseren Kindern: "Studieren lohnt sich nicht." "Wer wirklich intelligent ist, macht eine Ausbildung und verschwendet nicht sein Leben an der Uni." "Macht auf jeden Fall eine Ausbildung. Dann habt ihr früher Geld und ihr könnt euer Leben genießen."

Die Kinder haben zwar schon zuvor mitbekommen, dass er negativ über seine eigene Vergangenheit geredet hat, aber seit es um die Zukunftsplanung unseres ältesten geht, habe ich das Gefühl, dass er alles daran setz, dass unsere Kinder auf keinen Fall auf die Uni gehen, was ich sehr schade finde.

Er lässt sich da auch leider nicht bekehren und ich versuche immer, gegenzusteuern, indem ich unseren Kindern erzähle, dass ich es sehr schön an der Uni fand - allerdings arbeite ich jetzt in einem anderen Bereich als meinem Studienfach.

Wenn ich sage, dass unsere Kinder das bitte selbst entscheiden sollen, widerspricht er, sie sollen nicht den gleichen Fehler wie ihr Vater machen. Er möchte einfach, dass sie ein einfacheres Leben haben.

Was soll ich denn machen? Einfach hinnehmen und hoffen, dass sie sich nicht von ihm überzeugen lassen und trotzdem ihren Weg gehen?

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Hallo,

um so älter ich werde, desto besser verstehe ich den Satz: "Um glücklich zu werden, muss man seine Eltern enttäuschen". Erst seit einigen Jahren (bin fast 50) mache ich konsequent das, was ich möchte. Wie schön ist das!

Eltern sind unfassbar übergriffig, wenn sie statt Begleitung zu leisten, ihren Kindern Lebensentscheidungen vorschreiben. Leider merken die meisten das nicht mal, sondern glauben nach massivem Vorgehen, dass die Kinder es selbst eingesehen bzw. selbst entschieden hätten. Was für ein Selbstbetrug.

Natürlich kann man gemeinsam ausloten, welche Folgen eine solche Entscheidung hätte, z.B. welche Gehaltsaussichten es gibt. Man kann auch mitteilen, dass eine 33jährige Germanistikstudentin nicht mehr zu Hause wohnen kann.

Aber dieses kategorische "dies oder das ist Mist" statt " für mich war es nicht gut" oder "ich habe Bedenken weil..." finde ich teilweise therapiewürdig. Neulich habe ich ein Gespräch zwischen Mutter und Tochter (17) mitgehört, wo permanent solche Sätze fielen (das kannst du nicht machen, so ein Blödsinn, das ist hässlich usw.). Hier würde ich mich nicht wundern, wenn die Tochter irgendwann plötzlich den Kontakt einfriert, weil sie kaum noch atmen kann. Die Mutter wird es dann gar nicht begreifen , "weil man doch so ein gutes Verhältnis hatte". Da bleibt einem das verzweifelte Lachen im Halse stecken.

Man sollte mal darauf achten, ob man sich nicht langsam wie die eigenen Eltern verhält, die z.B. der 40jährigen Tochter sagen, dass ein Umzug in die Stadt "nichts für sie ist".

Dein Mann muss langsam lernen, mit den Kindern so umzugehen, wie er möchte, dass sie es mit ihm tun. Start für ein Training für den Umgang auf Augenhöhe, sonst kann er das in 20 Jahren immer noch nicht.

Klar haben die Kinder weniger Lebenserfahrung, aber sie kennen sich besser als er sie (ja das glauben viele zwar in Bezug auf ihre eigenen Eltern, aber für ihre eigenen Kinder gilt das natüüüüürlich gar nicht). Aber sie dürfen selbst entscheiden. Mach weiter so und unterstütze deine Kinder darin, dass sie für sich selbst Verantwortung übernehmen können.

Grüße

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🙏🤗 Danke! Hatte schon überlegt, wie ich das formulieren soll 😄

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Vielen Dank für deine Antwort.

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Guten Morgen!
Ich weiß leider nicht, wie alt deine Kinder jetzt sind bzw. wie nah das Thema Studieren bereits bei ihnen ist.
Ich denke, dass ein Erfahrungsaustausch von beiden Seiten her gut ist und dass eure Kinder beide Seiten hören.
In Wahrheit sind sie nach dem Abitur alt genug und müssen selber entscheiden, welcher Weg der Richtige für sie ist. Daran sollte sie niemand hindern. Wenn sie studieren wollen und es ihnen dann doch nicht gefällt, steht ihnen die Option einer Ausbildung immer noch offen. Ich würde deinem Partner verständlich machen, dass eure Kinder selbst draufkommen müssen, was sie im Leben wollen, dass ihr sie auf jedem Weg unterstützen werdet und sie in einem Alter sind, in dem sie selbst Entscheidungen treffen müssen.

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Danke für deine Antwort.

Ich hatte gerade noch eine Ergänzung geschrieben, aber da warst du schneller.

Unser Großer ist auf der Realschule und macht nächstes Jahr seinen Abschluss. Er hat sehr gute Noten, für die er kaum etwas macht, und hat die Möglichkeit, aufs Gymnasium zu wechseln. Da er keinen Traumjob hat, fände ich es sinnvoll, wenn er Abitur macht und sich dann zwischen Ausbildungen und Studiengängen entscheiden kann. Mein Mann ist für den Weg: Realschulabschluss + Ausbildung

Unser Jüngerer ist auf dem Gymnasium in der sechsten Klasse. Er hat also noch mehr Zeit. Aber auch er hört natürlich, was sein Vater die ganze Zeit sagt.

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er könnte den Weg auch andersrum gehen, zuerst Ausbildung und dann BOS und Studium, wenn er möchte, oder Meistertitel, mein Sohn verdient als KFZ-Machantronikermeister in der Entwicklung mehr als seine studierten Kollegen und hatte mit 19 schon Gehalt.
Wir werden in Zunkunft mehr Leute mit praktischen Verständnis brauchen und nicht nur Studierte, die nur Theorie können

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Ich möchte noch hinzufügen: Ich finde Ausbildungen nicht schlecht oder weniger wert als ein Studium. Wenn unsere Kinder eine Ausbildung machen möchten, dürfen sie das natürlich gerne. Ich möchte halt einfach, dass sie die Wahl haben und sich nicht einschränken lassen, damit es am Ende ihre Entscheidung ist, die sie glücklich macht.

Unser Großer ist auf der Realschule und macht nächstes Jahr seinen Abschluss. Er hat sehr gute Noten, für die er kaum etwas macht, und hat die Möglichkeit, aufs Gymnasium zu wechseln. Da er keinen Traumjob hat, fände ich es sinnvoll, wenn er Abitur macht und sich dann zwischen Ausbildungen und Studiengängen entscheiden kann. Mein Mann ist für den Weg: Realschulabschluss + Ausbildung

Unser Jüngerer ist auf dem Gymnasium in der sechsten Klasse. Er hat also noch mehr Zeit. Aber auch er hört natürlich, was sein Vater die ganze Zeit sagt.

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Wenn ihm die Schule leicht fällt, würde ich dazu raten, jetzt Abi zu machen, damit er alle Möglichkeiten hat. Abi heißt ja nicht zwingend Studium. Auch falls er nach einer Ausbildung noch ein Studium dranhängen möchte, ist er froh, das Abi schon zu haben und nicht in der Abendschule nachholen zu müssen.

Ich würde versuchen, das deinem Mann klar zu machen.

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Richtig - und mach ihm mal klar, dass seine Enttäuschung nicht die Realität vieler zeigt. Es war seine Erfahrung... und naja, heutzutage werden auch gerne Studiengänge gesehen bei Bewerbung. Wo sich früher noch der kleine Bankkaufmann hoch arbeiten konnte, wird heute eine Dualer-Student oder BWLer eingestellt.

Da ich gerade duales Studium erwähne. Das wäre doch was... aber zunächst Abitur.

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Für mich geht es beim studieren nicht nur um das anhäufen von Wissen. Und einen guten Job.
Ich sag mal so, wäre ich im Ort oder ob der Umgebung geblieben und hätte eine Ausbildung gemacht und wäre nicht so in die große weite Welt, dann würde eindeutig eat fehlen uns ich wäre nicht da wo ich jetzt bin. Und ich bin super glücklich

Ich muss dazu sagen, dass die Wahl des Studienfachs nicht gut war und ich jobtechnisch viele falsche Entscheidungen getroffen habe..
OK, also beruflich es mich auch nicht so der Knaller. Ich widerspreche deinem Mann dennoch.
Denn in der persönlichen Entwicklung wäre ich hängengeblieben .... von meinen Eltern eingelullt.
Ich spreche nur von mir. Das soll nicht heißen, dass Menschen mit Ausbildung immer hängenbleiben.

Ich würde meinem Kind ehrlich gesagt auch ein Handwerk ans Herz legen. Aber die Entscheidung soll es bitte selber treffen oder in dem Alter gern auch gemeinsam, wenn das Kind mit sich reden lässt. ;)

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Hallo,

ich habe nie studiert und sehe es als großen Fehler. Ich bin zwar jetzt in einer Führungsposition und habe meinen Weg gemacht, aber trotzdem.
Warum habe ich nicht studiert?

Weil mein Vater ähnlich redete, mach erstmal eine Ausbildung, dann kannst du immer noch studieren. Dann hast du aber erstmal was Handfestes, verdienst Geld.....

Ich habe dann nicht mehr studiert. Habe auch ganz was anderes gelernt, als ich studieren wollte.

Mein Vater hat übrigens nicht studiert.
Meine Schwester war da anders, sie hat nicht auf unseren Vater gehört, hat studiert, ist jetzt Ärztin. Ich bewundere ihren Weg und ärgere mich immer wieder mal.

Meiner Tochter sage ich immer, dass wir hinter ihr stehen und sie unterstützen, egal, ob Ausbildung oder Studium. Bisher möchte sie studieren. Lehramt, da könnte man ja auch gar keine Ausbildung machen

Stärke deine Kinder, sie sollen die Richtung wählen, die sie interessiert, egal, ob Ausbildung oder Studium. Eine Ausbildung kann genauso Mist sein, wie das Studium deines Mannes.
Und anstrengend ist alles, kommt auch immer drauf an, was man. draus macht.

Starke deinen Kindern den Rücken.
Es ist ihre Zukunft!

Viel Glück,
Kaffee

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Danke für deine Antwort. Ich finde vor allem die letzten beiden Absätze super. Die Einstellung meines Mannes kann ich nicht ändern, aber die Kinder stärken. Ich sehe das so wie du. Sie dürfen sehr gerne eine Ausbildung machen, wenn sie das möchten. Hauptsache sie machen das, was SIE möchten.

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Ich bin ehr auf der Seite deines Mannes, einen vernünftigen Schulabschluss machen, dann eine Ausbildung auf die man aufbauen kann. Das ist in vielen Fällen besser wie ein Studium was sich ewig zieht. Wenn jemand natürlich ein Überfliegen ist, ist auch ein Studium micht vertane Zeit. Mein Sohn wird mit 18 ausgelernt sein( wenn er die Prüfung nicht verhaut) dann wird er auf eigenen Füßen stehen. Die Tochter einer Kollegin studiert Kunst und Geisteswissenschaft, sie ist 31, wohnt zu Hause und hat noch nie eigenes Geld verdient. Selbst wenn sie irgendwann mal fertig ist, wird ihr das nicht unbedingt einen gutbezahlten Job einbringen.
Ich denke wenn es soweit ist, werden sich eure Kinder selber entscheiden, ich glaube nicht das sie sich in ihrer Zukunftsplanung dadurch beeinflussen lassen was ihr in eurer Jugend erlebt habt.

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Wieso zieht sich ein Studium ewig?

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Wenn man nicht "gut genug" ist und es einfach nicht in der Regelstudienzeit schafft, wie gesagt bei einigen lohnt es sicher aber nur zu studieren um studiert zu haben finde ich nicht zielführend.

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Dass eigene Lebenserfahrung einfliesst bei Erziehungsvorstellungen und Ratschlägen zur Bildung ist klar. Dennoch muss immer klar sein, dass letztendlich die Kinder ihren eigenen Weg gehen müssen, ihre eigenen Erfahrungen machen sollen.
Bei uns wollten alle sechs Kinder das Gymnasium besuchen, alle haben das Abitur gemacht. Wir Eltern hätten uns teilweise auch gewünscht, sie würden eine Ausbildung machen (ehrlich gesagt auch aus finanziellen Gründen).
Da unsere Kinder wussten, dass die finanziellen Mittel begrenzt sind, haben sie bei der Wahl des Studienfachs aber auch spätere berufliche Möglichkeiten mitberücksichtigt und sie haben während dem Studium zumindest teilweise gearbeitet.
Alle haben praxisbezogene Studiengänge gewählt, eine Tochter hat sich nach dem Abi für eine Ausbildung entschieden, hängt nun aber noch den Bachelor dran. Studium hat sich bei keinem übermässig gezogen, bei denen die schon abgeschlossen haben, hat bei allen der Berufseinstieg im gewählten Bereich ohne "Praktikumsfalle" direkt geklappt.
Früher Geld verdienen mit einer Ausbildung mag stimmen, ist aber kurzfristig gedacht. Mein Mann und ich haben "sehr solide Ausbildungen im Pflegebereich", jedes unserer Kinder verdient aber direkt ab Studienabschluss deutlich mehr als wir nach 30 Berufsjahren und das bei definitiv besseren Anstellungsbedingungen.

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Hast du denn studiert? Verbindest du Studium mit etwas positiven? Dann denke ich ist die Diskussion eher eine positive Sachen in Richtung "Jeder Mensch ist anders." Ja, für deinen Mann war das Studium nicht gut. Ist doch vollkommen ok.

Meine Mutter ist Anwältin und sie hat ihr Leben lang immer gesagt: "Jura ist das allerschlimmste, bloß kein Jura studieren, mach was vernünftiges." Und als junger halbwegs intelligenter Mensch der Studierfähig war, konnte ich da sehr wohl differenzieren zwischen dem subjektiven Empfinden meiner Mutter und ihren pauschalisierenden Schlussfolgerungen. Bin übrigens trotzdem nicht Anwältin geworden 😉

Mein Vater hat eine Ausbildung als Maler gemacht und war da immer sehr glücklich. Trotzdem konnte ich ebenfalls zwischen seinem subjektiven Glück und meiner objektiven Eignung für eine Malerausbildung unterscheiden.

Ich würde darauf vertrauen, dass die Jungs ihren Weg gehen. Ich finde es super, dass der Papa verschiedene Wege und Möglichkeiten öffnet. Die, die er verschließt kannst du ja offen halten. Und dann gespannt sein, für welche Weg sich die Jungs entscheiden 😉

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Kann ich so absolut bestätigen. Bloß kein Jura. Sagen alle die mit mir studiert haben..ohne Ausnahme.

Auch die welche Richter oder Staatsanwälte wurden. Ein Freundin von mir war Richterin, hat gerade gekündigt und ist nun erstmal Hausfrau. Mein Mann ist Anwalt, der ist auch ziemlich unzufrieden. Ich habe mit abgeschlossen Jura Studium einen Quereinstieg gewählt und arbeite eher im Bereich soziale Arbeit. Und bin die einzige die ihren Job mag. Wenn man überlegt wie lange ich studiert habe und mit welchem Aufwand..

Da hätte ich besser gleich soziale Arbeit studiert. Hat sich nicht wirklich gelohnt der Stress, für keinen den ich kenne.

Meine Kinder dürfen alles studieren- aber kein Jura.

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Ich habe auch Jura studiert und würde davon abraten. Bei mir lief es gut und ich bin nun Richterin. Mir gefällt auch meine Arbeit. Trotzdem würde ich davon abraten, weil der Weg dahin einfach extrem hart war und leider auch von etwas Glück abhängt. Allerdings glaube ich, dass das eine Besonderheit des Jurastudiums mit seinen Examina ist. In anderen Fächern läuft das durchaus anders. Daher rate ich schon zum Studium, aber nicht Jura.

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Ich würde den Kindern einfach alle Optionen mit Vor- und Nachteilen aufzeigen. Ich denke ihnen ist bewusst, dass das die Erfahrungen deines Mannes sind und dass jeder das anders empfindet.
Solange er nur ein wenig reinredet, würde ich sein Verhalten hinnehmen. Wenn er aber wirklich aktiv gegen ein Studium arbeitet, dann geht das finde ich gar nicht und das würde bei mir tatsächlich zu einer Art Riss in der Beziehung führen.

Das Studium selbst fand ich übrigens super: Jura + Referendariat. Vom Druck und der Dauer her natürlich ein Alptraum - aber ich habe sooo viele tolle Leute kennengelernt, war im Ausland, hab viele potentielle Arbeitgeber kennengelernt und so viele verschiedene Möglichkeiten, was man später beruflich machen kann. Nebenbei hab ich immer gearbeitet. Und es ist natürlich auch nochmal ne sehr nette Zeit mit Partys 😄 Jura ist am Ende natürlich auch etwas, dass sich finanziell auch lohnt ;)

Anders rum habe ich Freunde mit Ausbildungen, die jetzt schon viel mehr "mitten im Leben" stehen und ein finanzielles Polster aufgebaut haben etc. Ich denke die sind schon früher so richtig erwachsen geworden.