Zahnspange gegen Kindes Willen

Hallo,

der Titel ist sehr dramatisch gewählt, bringt es aber auf den Punkt.

Würdet ihr eurem Kind eine Zahnspange "aufzwingen" ?

Ich bin nun selbst Mutter und hatte das Thema erst vor kurzem mit meinem Partner.

Ich bin Ende 20 und habe schiefe Zähne. Es ist nicht dramatisch für mich, meine Zähne sind gepflegt. Eine Zahntechnikerin meinte sogar mal, dass ihr meine Zähne sehr gefallen. Heutzutage haben viele ein sehr gerades Gebiss und alles muss perfekt sein; sie fand meinen Makel sehr authentisch.

Als Kind und als junge Frau habe ich mich nicht getraut zu lächeln und Zähne zu zeigen. Oft habe ich als junge Frau überlegt mir eine Spange machen zu lassen, hab mich dann aber irgendwann damit abgefunden und jetzt mag ich meine Zähne.

Als Kind ( ich muss so 8/9 gewesen sein) war meine Mama mit mir beim Kieferorthopäden. Dieser hat gesagt eine Spange wäre nötig. Vorher müssten aber pro Seite 2 Zähne gezogen werden, oben und unten. Damit Platz ist für alle Zähne. Auf der einen Seite wurde mir dann ein Zahn oben gezogen. Es gab eine örtliche Betäubung. Ich kann mich nicht mehr erinnern ob das meine ersten Zähne oder zweiten Zähne waren.
Aufjedenfall war die Erfahrung für mich absolut traumatisch. Ich wollte danach partout nicht noch die anderen Zähne gezogen bekommen. Meine Mama hat alles versucht; ich mich dagegen gestellt. Als Tennie habe ich mich oft gefragt, ob meine Mama hätte dagegen halten sollen. Gerade als ich dann oft Probleme mit meinem selbstbewusstsein wegen der Zähne hatte.
Auf der Seite, wo mir im Kindesalter der Zahn gezogen wurde, sind meine Zähne tatsächlich heute etwas gerader, da sie mehr Platz hatten sich gerade zustellen.

Mein Mann und ich hatten also letztens das Thema wie wir das jemals bei unserem Kind Handhaben würden.
Ich hab gesagt, dass ich mein Kind schon die Spange machen lassen würde, auch bei Protest. Auch wenn ich meine Zähne jetzt mag und es Teil meiner Identität ist, würde ich mich natürlich auch nicht über gerade Zähne beklagen und denke schon, dass sich meine Mama hätte eventuell durchsetzen müssen. Auch wenn ich es sehr liebevoll und mitfühlend finde, dass sie da komplett nach meinen Bedürfnissen gegangen ist und meine Gefühle dazu sehr ernst genommen hat.

Was sind eure Gedanken dazu?

10

Hallo!

Ich antworte Dir mal aus Sicht eines Kieferorthopäden:

1. Kieferorthopädie ist kein "Must have" sondern ein "Nice to have" - an schiefen Zähnen ist noch niemand verstorben ;-)
2. Für eine kieferorthopädische Behandlung ist es nie zu spät - wenn das Kind mit 12 vielleicht noch nicht will, ist es vielleicht mit 16 einsichtig. Hier ist es aber wichtig, dass ein Kieferorthopäde eine ordentliche Aufklärung zusammen mit dem Kind durchführt. Bei manchen Fehlstellungen führt ein späterer Behandlungsbeginn zu einer aufwändigeren Behandlung. Das sollte das Kind wissen.
3. Eine Behandlung gegen den Willen des Kindes kann für alle Beteiligten sehr nervenaufreibend sein, weil ein Patient, der zu einer Behandlung gezwungen wird, gerne mal die Mitarbeit verweigert. Dann werden lose Zahnspangen nicht getragen, bei der festen Zahnspange die Zähne nicht geputzt, Gummis nicht eingehängt, Termine ständig versäumt... Man sollte sich gut überlegen, ob man die nötigen Nerven hat. Ich als Kieferorthopäde bin da schmerzfrei: Wenn die Mitarbeit nicht stimmt, gibt es eine Ansage an den Patienten, eine 2. in Anwesenheit der Eltern + Mitteilung an die Krankenkasse, wenn es dann nicht funktioniert, wird die Behandlung abgebrochen.
4. Ich selbst zwinge als Kieferorthopäden kein Kind zu einer Behanldung. Wenn das Kind absolut keine Behandlung will, rede ich, kläre auf, versuche das Kind zu überzeugen. Gelingt mir das nicht in adäquater Zeit, schick ich die Familie lieber noch einmal für ein Jahr weg.

Und was Dein Beispiel angeht: Auch ein Kind hat ein Recht auf eine körperliche Selbstbestimmung. Gesunde Zähne gegen den Willen des Patienten zu ziehen, ist in meinen Augen auch bei einem Kind Körperverletzung.

LG

56

"1. Kieferorthopädie ist kein "Must have" sondern ein "Nice to have" "

Dem kann ich nicht so ganz zustimmen. Klar sind das die Extremfalle, aber hätte man bei mir KieferORTHO im Kindesalter angefangen, wäre mir KieferCHIRURGIE im Erwachsenenalter erspart geblieben. Und ja, da war die dann dringend nötig, gesundheitlich. Also nix nice to have.

Da muss man schon seeehr genau abwägen.

Wo ich zustimme, ist das Ziehen gesunder Zähne. Das kenne ich so gar nicht mehr. Da würde ich auch zur Not 5 Meinungen einholen, denn soweit ich weiß, ist das wirklich gar keine gängige Praxis (mehr). Gesunde Zähne werden eigtl immer erhalten.

70

"aber hätte man bei mir KieferORTHO im Kindesalter angefangen, wäre mir KieferCHIRURGIE im Erwachsenenalter erspart geblieben."

Bist Du sicher?
Bei so extremen Fällen ist meine Erfahrung, dass man im Kindesalter therapieren kann, soviel man will. Oftmals kommt es nach Abschluss der Behandlung zum Wachstumsende hin leider zu einem Rezidiv, sodass dann trotz langjähriger und aufwändiger KFO-Behandlung später Chirurgie erforderlich ist. Ich hab selber als Kind 8 Jahre lang Zahnspangen getragen. Mit 16 sah bei mir alles gut aus. Mit 18 hatte ich wieder einen riesigen Überbiss und musste noch einmal behandelt werden.

Aber Du hast Recht, es gibt den ein oder anderen Patienten, wo eine Kieferfehlstellung zu gesundheitlichen Problemen führt. Von daher hätte ich konkreter sein müssen. In den allermeisten Fällen ist Kieferorthopädie trotzdem kein Must have.
Und ganz davon abgesehen: Früher hat man in sehr ländlichen Gegenden den Menschen vor der Hochzeit alle Zähne gezogen - die Menschen sind auch ohne Zähne teils sehr alt geworden.

Aber davon ganz ab: Ich habe jetzt fast 3 Wochen miterleben dürfen, was auf Intensivstationen so geleistet wird. Seit dem denke ich oft, ich hab den unwichtigsten Beruf, den man sich vorstellen kann. Ist halt alles relativ!

LG

weitere Kommentare laden
1

Naja, oftmals geht es nicht nur um Schönheit sondern auch um Gesundheit. Da stellt sich für mich die Frage dann nicht.
Aber auch so: ich liebe meine Mama sehr, aber die Zahnspangengeschichte ist die einzige, wo ich ihr heut noch „böse“ bin, dass sie mich nicht zum Kieferorthopäden geschleppt hat. Ich wäre super froh um gerade Zähne, auch wenn es bei mir wirklich nicht schlimm ist.
Mittlerweile trägt einfach jeder Spange und für meine Kinder stellt sich die Frage nicht - sie wollten sie selbst, da ja später alle mit schönen geraden Zähnen rumlaufen. Ich schätze mal, dass wird bei Euren mal nicht anders sein.

2

Ja, ich würde meinem Kind eine Zahnstange mehr oder weniger aufzwingen.
Denn ich selber hätte damals dringend eine feste Zahnstange gebraucht. Gut es war jetzt keine wegen Fehlstellung des Kiefers, sondern wegen zwei sehr großer Zahnlücken. Ich habe eine lose Zahnspange vom Zahnarzt (nicht Kieferchirurg) bekommen, die trotz täglichem tragen so gut wie nichts gebracht hat.
Ich habe mich immer geschämt mit diesen Lücken und lache auf kaum einem Foto in meiner Jugend. Mit 24 habe ich mich für eine feste Spange entschieden, die man natürlich selber zahlen muss.
Meine Eltern hätten damals (Ende der Achtziger) mit mir auch mal zum Kieferchirurgen fahren sollen, aber früher war das noch nicht so wie heute.
Meine Tochter hatte ähnliche Lücken wie ich, etwas weniger, trotzdem sind wir mit ihr mit 13 direkt zum Kieferchirurgen, wir mussten die Spange auch selber zahlen, aber das war mir egal. Ich wollte nicht, dass sie sich evtl so fühlt wie ich damals.
Allerdings hatte sie nie was gegen eine Spange, sie fand es irgendwie cool 😂 war eine der ersten in der Klasse damit.
Zähne sind so wichtig und es macht beim Aussehen einen großen Unterschied. Und gerade heute, wo viele sehr gerade, seeehr weiße Zähne haben.

3

Hallo,

kurz und knapp, bei Zähnen wird so gut wie nicht diskutiert. Sie müssen geputzt und gepflegt werden, ohne wenn und aber.

Sind die Zähne krumm und schief oder es ist absehbar, dass sie sich verschieben werden, dann muss etwas getan werden.

Gründe gibt es ja verschiedene. An erster Stelle steht die Gesundheit. Dann geht es um das Selbstbewusstsein sowie Erhöhung der Jobchancen bei Kundenkontakt. Mag salopp klingen, aber ist auch heutzutage noch wichtig, ein vernünftiges Erscheinungsbild abzugeben.

In meinem Fall waren meine Zähne gerade, verschoben sich aber allmählich, als die Weisheitszähne kamen. Mit 9 Betäubungs-Spritzen (2 pro Zahn + eine in den Gaumen) wurden mir alle vier gezogen und es ist alles in Ordnung gekommen.

Ich persönlich würde die Zahnspange auch gegen den Willen des Kindes durchsetzen. Meiner Meinung nach kann ein Kind die Tragweite einer solchen Entscheidung nicht abwägen. Und ich kenne mehrere Erwachsene, die sagen, Mensch, hätten sich meine Eltern durchgesetzt, hätte ich jetzt schöne Zähne. Tja.

Alles Liebe

41

Ach du Schande. Also ich gehe dann lieber zum dicken Rechtsanwalt mit krummen Zähnen als zum Deppen mit geraden Zähnen. Wie erbärmlich ist das denn, die Kompetenz eines Menschen am Aussehen zu berwerten?
Mein früherer Chef war dick, trug unschöne Klamotten und im Büro Pantoffeln. Er war der beste Anwalt weit und breit. Anzug und Krawatte sagt nix aus.

45

Du, mir persönlich ist das auch egal, solange die Leute grundsätzlich gepflegt sind.

Und wahrscheinlich ist es klüger, von so einem AG die Finger zu lassen. Aber manchmal hat man nicht groß herrlich die Wahl oder möchte bei einem Unternehmen arbeiten, was überdurchschnittlich bezahlt. Ich würde mir dann definitiv in den A**** beißen, wenn ich den Job nicht kriege, weil meine Gusche aussieht, als wäre ne Granate reingeballert. Und das nur, weil ich keine Zahnspange wollte.. nee nee, dass ist für mich auch nicht richtig.

4

Ich konnte nicht alles lesen, aber wir sollten damals feste Zahnspangen bekommen, aber meine Mutter wollte das nicht, wegen der aufwändigen Pflege.

Wir hatten dann lose Zahnspangen und das hat prima funktioniert.

5

Ich frage mal aus Neugier, wie "zwingt" man denn ein Kind zu sowas? Tragen, fixieren, k.o. schlagen?
Bei mir war damals die Diskussion, ob meine Weisheitszähne gezogen werden müssen, ich müsste ca. 13 gewesen sein. Und für mich war klar: Auf keinen Fall. Ich hätte geschrien, getreten, notfalls gebissen. Ich wäre niemals ohne exzessive Gewalt mitgekommen. Ich hatte einfach nur blanke Panik und wäre rationalen Argumenten 0,0 zugänglich gewesen. Zum Glück mussten sie dann doch nicht gezogen werden. Aber was macht man da als Mutter?

63

Bei mir stand eine lose Spange im Raum, alle Vorbereitungen dafür liefen schon..Dann wurde nochmal eine Röntgenaufnahme gemacht und die damalige Ärztin sah, dass alle 4 Weisheitszähne gerade stehen würden. Das würden sie aber nicht bleiben, wenn nichts gemacht werden würde, weil einfach kein Platz war. Sie schlug dann vor, 4 andere bleibende Zähne zu ziehen, in der Hoffnung, dass das ausreicht. Sie wollte jede Woche einen ziehen - der Horror für mich. Ich hab so geweint auf dem Zahnarztstuhl...Irgendwann hat sie einen Kollegen angerufen, der mir die 4 Zähne unter Vollnarkose gezogen hat. Ja, es gab eine Woche nur Suppe und Joghurt, aber es war die beste Entscheidung. Alle Weisheitszähne sind gerade gekommen und mir blieb das aufwendige Ziehen dieser (genug in der Familie etc erlebt) erspart und auch die Spange mussten wir dann nicht mehr anfertigen lassen!

Ich bin gespannt, wie es bei meinen Kids wird...Der Jüngste hat im Milchgebiss ganz gut Lücken, der Mittlere kommt wohl eher nach meinen engen Zähnen...da kommt bestimmt irgendwann ne Spange...Die Große...mal gucken, ich hoffe nicht...

6

Alles was die Gesundheit betrifft, ist hier nicht diskutabel und da entscheiden wir Eltern. Auch über den Kopf der Kinder hinweg.
Meine Kinder finden Impfungen blöd - klar, der Pieks tut weh. Wenn es nach ihnen ginge, bräuchten sie das nicht.
Brauchen sie aber, da wird nicht diskutiert und das Wissen die Kinder auch.

Bei dem Großen und der Mittleren stehen aktuell Zahnspangen im Raum. Wir müssen noch zum Kieferorthopäden und auch da habe ich zu beiden gesagt - ist es notwendig, wird das gemacht. Punkt.

Also ja, Zahnspange auch gegen Kindes Willen.

11

Da frage ich mich nach der praktischen Umsetzung. Deine Kinder scheinen ja in letzter Konsequenz doch kooperativ zu sein, das ist toll. Aber wie würdest du mit einer Weigerung umgehen? Wie würde das konkret aussehen, wenn das Kind einfach sagt, ich komm nicht mit und um sich schlägt, wenn du dich näherst?

19

Dann kann das Kind ja bei allem was nicht gefällt um sich schlagen.
Hausaufgabe, keine Lust, schreien und um sich schlagen….
Zahnarzt, Hausarzt, Schule, Ärzte im allgemeinen…

Es gibt Dinge die werden einfach nicht diskutiert, wenn sie z.B. gesundheitlich erforderlich sind. Sicher gibt es auch mal Gemecker, aber bei so existenziellen Sachen gibt es keine Diskussionen, die müssen gemacht werden. Da wissen meine Kinder aber auch, dass schreien etc nichts bringen würde, wir würden trotzdem hinfahren.

Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Kind heute noch so vehement gegen eine Spange ist. Bei meinem Sohn haben so viele Kinder eine Zahnspange, dass sie dies gar nicht mehr als schlimm empfinden. Zudem sollte man den Kindern mitteilen, was es später für Konsequenzen haben kann, wenn es sich die Zähne nicht richten lässt. Erstens gesundheitliche Folgen, aber sind wir mal ehrlich, heutzutage machen die Zähne auch optisch sehr viel aus.

weitere Kommentare laden
7

Ich sollte als Kind eine Spange bekommen, aber ich weigerte mich. Heute wünschte ich, ich hätte sie getragen. Es sieht nicht furchtbar aus, aber dennoch.

Die Zahnspangenbehandlung unserer älteren Kinder ist bereits erfolgreich abgeschlossen und sie als auch wir sind sehr zufrieden. Gewollt haben es beide nicht, aber da wurde nicht diskutiert.

Unsere 8jährige hat vor 2 Monaten angefangen. Bei ihr passen Ober- und Unterkiefer nicht aufeinander (oben ist es kleiner als unten). Sie wollte absolut keine Spange, also haben wir ihr bei Google Bilder von furchtbar schiefen Zähnen gezeigt. Das reichte als Motivationsschub.

8

Hallo,

Nein ich würde meinem Kind nicht gegen den Willen gesunde Zähne ziehen lassen. Das grenzt für mich an Körperverletzung!
In deinem Fall hätte man die Zahnspange ja auch noch mal mit 14 oder 16 machen können.
Eine Zahnspange bedeutet auch, dass das Kind mitarbeiten muss. Die Zahnspange muss zum Beispiel getragen werden und das ist nicht immer angenehm. Ich hatte lange eine Zahnspange, fest locker und noch das bescherte Ding das außen herum geht.

LG m.

57

100 Prozent Zustimmung!