Das schwiegermütterliche Gebiss

Meine Schwiegermutter, 81, ist pflegebedürftig und auch krank. Sie weiß, dass sie noch ein paar Jahre leben oder innerhalb der nächsten 5 Minuten versterben kann. Möglich ist beides.

Sie braucht schon länger ein neues Gebiss und kann ohne kaum noch essen. Sie hat schon massiv abgenommen, was aber auch daran liegt, dass ihr vieles, was sie früher gerne aß, einfach nicht mehr schmeckt. Meinem Schwager, der sie pflegt, erlaubt sie aber auch nicht, ihre Mahlzeiten zu pürieren. Statt dessen behauptet sie auch dann, wenn es ihr schmeckt (was leider immer seltener vorkommt) nach zwei Bissen oft schon, sie sei satt (ob dies nur an den fehlenden Zähnen liegt, weiß natürlich keiner hundertprozentig).

Sie hat das Geld, sich ein neues Gebiss anfertigen zu lassen, daran liegt es nicht. Allerdings möchte sie dieses nicht ausgeben, weil sie sagt, dass es sich vielleicht nicht lohnt. Sie möchte nicht heute mehrere tausend Euro ausgeben, wenn sie vielleicht in drei Monaten stirbt, dies hat sie selbst gesagt. Auch ist leider ein (Zahn)arztbesuch für sie immer mit sehr hohen körperlichen Anstrengungen verbunden, da hat sie natürlich auch nicht wirklich Lust drauf.

Ihr Wunsch ist es, dass nach ihrem Tod all ihr Hab und Gut (reich ist sie allerdings nicht) an den Sohn fällt, der sie pflegt, was natürlich vollkommen verständlich ist ist. Aber auch dieser Sohn würde lieber darauf verzichten, das durch das Nichtanfertigen des Gebisses eingesparte Geld zu einem natürlich noch nicht bekannten Zeitpunkt zu erhalten, und würde sich eher wünschen, dass sie ein Gebiss bekommt und dann für den Rest ihres Lebens, egal wie lange dieser noch andauert, mit Genuss essen kann. Das hat er ihr in meiner Gegenwart auch selbst gesagt, also muss sie nicht befürchten, dass der Sohn insgeheim genauso denkt wie sie und meint, bevor sie das Geld ausgibt und nachher nicht mehr viel davon hat, erbt er es lieber irgendwann.

Von uns (drei Kinder und ich als Schwiegertochter) hat keiner die Mittel, das Gebiss soeben mal für sie zu bezahlen, und selbst wenn wir es hätten, bin ich mir sicher, dass sie das Angebot auch dann ablehnen würde (weil es für sie auch dann Verschwendung wäre, wenn sie drei Monate später stirbt, sollte jemand anders das Gebiss zahlen).

Bei meiner mittlerweile verstorbenen Oma hatten wir das Problem auch mal, allerdings ging es da um ein neues Hörgerät, das sie nicht anschaffen wollte, weil sie ja nicht wusste, ob sie vielleicht am nächsten Tag schon stirbt (sie war allerdings nicht krank) und auch aus Prinzip, weil es Menschen in Deutschland gibt, die da gar nichts zuzahlen müssten (solche die mittellos sind und von staatlicher Unterstützung leben, aber meine Oma war in Bezug auf diese Bevölkerungsgruppe halt immer ein bisschen strange). Allerdings konnte sie von der Familie überredet werden, hat das Hörgerät angeschafft und hatte dadurch in ihrer letzten Zeit auch mehr Lebensqualität (die wir ihr natürlich alle von Herzen gönnten).

Würdet ihr euch raushalten oder habt ihr ein paar Tipps, wie man sie überreden kann, sich die Zähne doch noch machen zu lassen?

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Hi, diese Essensverweigerubg ist normal und Teil des Sterbeprozesses. Kenne ich leider aus eigener Erfahrung. Sie geben sich auf. Daran würde auch ein neues Gebiss nichts ändern.
Unser Drängen hat auch teilweise dazu geführt, dass durch den Stress noch weniger gegessen wurde.
Man kann im übrigen auch wunderbar Steak auf den Felgen kauen, wenn man will. Aber sie will nicht.

Ihr könntet es mit Trinknahrung versuchen, da gibt es auch Puddings, mit extra viel Kalorien.

Bei uns wurde die Schwiegermutti auch immer wählerrischer und der Menüplan auch einfach mal umgestellt, weil man keine Lust hatte. Bei Hitze wurde es noch mehr, aber da lässt auch bei mir der Appetit nach, das ist nicht ungewöhnlich.
Akzeptiert es, streitet euch nicht mit ihr. Es ist ihr Leben und ihre Entscheidung.
Es lohnt sich nicht, die letzten Monate, mit Drängen und Bitten zu verbringen. Es kann manchmal dann schneller gehen als man denkt.

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Bei meiner Uroma waren es die Hausschuhe... Jeder sagte ihr, kauf dir neue. Sie wollte nicht. Als sie tot war, fand Oma ein nigelnagelneues Paar Hausschuhe im Schrank 😳🤦🤷

Die selbe Uroma trug ihr Hörgerät nie, weil "mich dann jeder anschreit"... Nein, jeder schrie sie aus Gewohnheit an, da sie einfach so dermaßen schlecht hörte 🫠

Nun ja. Mehr als gut zureden kann man wohl kaum 😕

Eventuell könnt ihr das Essen "unauffällig" ziemlich weichkochen oder feinstückig servieren? Gezielt Essen machen, das sich löffeln lässt? Eintöpfe zum Beispiel? Suppen, Gulasch mit ganz klein gemachtem Fleisch? Nudeln "versehentlich" zu weich kochen oder direkt kleine Nudelarten wählen etc. Reis würde sich ja auch anbieten.

Das ist zwar kein Gebiss, aber vielleicht würde sie dann eher essen...

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Ich würde bei der Krankenkasse zwecks Kostenübernahme nachfragen.

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Den Eigentanteil würde sie aber trotzdem zahlen müssen, und das genau ist ihr Problem.

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Meine Oma hatte am Ende ihres Lebens auch nur noch oben den Zahnersatz. Ich war noch 2 mal mit ihr beim Zahnarzt, was allerdings wahnsinnig anstrengend für sie war. Sie wollte dann keine weiteren Anpassungen mehr, weil sie die Strapazen kaum noch geschafft hat. Sie hat allerdings im Altersheim gelebt und das Personal hat darauf geachtet, dass sie eben einfach genug weiche Lebensmittel zur Verfügung hat. Sie war vermutlich nicht die einzige dort, der es so ging. Das Geld war bei ihr auch nicht das Problem.

Ich würde wohl anstelle des Sohnes auch versuchen, weiche Nahrungsmittel anzubieten (Kartoffeln z.B. gingen bei meiner Oma auch als sie gar keinen Zahnersatz hatte), Obstmus, Brot ohne Kruste...

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Nun ja. Gegen ihren Willen kannst du nichts machen.

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Wenn sie nicht will, dann lasst sie doch.
Es ist ja nicht so, dass sie es nicht versteht, sie möchte nur das Geld nicht ausgeben, aber mit ins Grab kann sie es auch nicht nehmen.

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Ich kann mir vorstellen, dass es schon sehr unangenehm ist, ein Gebiss herstellen zu lassen. Man muss ja einen Abdruck machen. Dann weiß man auch nicht, wie lange das Gebiss gut passen wird, weil sich der Körper ja auch stark verändert. Es macht vielleicht Druckstellen. Ich kann verstehen, dass man sich das in dem Alter nicht mehr antun will.

Vielleicht könnt ihr Trinknahrung für sie verschreiben lassen. Die gibt es ja in vielen verschiedenen Geschmacksrichtungen. Vielleicht findet sich da etwas, was sie mag.
Und das allerwichtigste ist sowieso Trinken.

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Um Gottes Willen, warum wird ihr Essen nicht püriert???
Der Sohn lässt sie lieber verhungern als das zu machen?
Das Gebiss ist völlig egal, die alte Frau braucht dringend Nahrung, die sie ohne Kauen schlucken kann, meine Güte.
Im Grunde ist das unterlassene Hilfeleistung, ev. Körperverletzung.
Wenn sie weiter abnimmt und letztlich daran stirbt, gibt es mit Sicherheit polizeiliche und ärztliche Nachforschungen.
Dann ist der Sohn dran und auch die, die es wussten und nichts getan haben, also ihr als Angehörige.
Wie grausam kann man sein?

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Da hätte die Polizei viel zu tun, wenn sie bei allen alten Leuten, die nicht mehr essen möchten oder können, nachforschen müsste.

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Tun sie manchmal........denn Pfleger/ ANgehörige verwehren dem Patienten manchmal Essen etc./ unterlassene Hilfeleistung / um den Sterbeprozess zu beschleunigen

Bearbeitet von Inaktiv
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Ich würde mal mit ihr darüber sprechen, ob sie nicht lieber anderweitig betreut werden möchte. Das fehlende Gebiss kann keine Ausrede für eine Mangelernährung sein.
Dass der derzeit pflegende Sohn es nicht schafft, der Mutter ausreichend Nahrung zuzufügen, würde mich skeptisch aufhorchen lassen. Möchte er schneller an ihr Erbe? ..

Bearbeitet von Inaktiv
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Das ist ganz schön hart, was du dem Sohn da unterstellst.
Alte, pflegebedürftige, sterbende Menschen können das Hungergefühl verlieren. Sie verlieren den Geschmackssinn, das Essen schmeckt nicht mehr. Wer nicht mehr leben will, will auch vielleicht nicht mehr essen.

Ein regelmäßiger stationärer oder ambulanter Krankenhausaufenthalt könnte dazu dienen, über einen Zugang Flüssigkeit und Nährstoffe aufzufüllen. Ob die Mutter das wünscht, müsste über eine Patientenverfügung geklärt sein.

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Das war bei meiner Oma so. Mit der Zeit hat sie immer weniger gegessen. Wie gesagt, das Personal im Altersheim wusste davon dass sie Probleme mit den Zähnen hat und hat dementsprechend passende Essensangebote gemacht (weich, viele Suppen etc.). Sie war auch noch klar bei Verstand. Als es dann endgültig auf ihr Lebensende zuging, hat sie innerhalb weniger Tage komplett aufgehört zu essen, weder das Fachpersonal im KH noch wir als engste Angehörige konnten sie noch dazu animieren (obwohl es im KH püriertes Essen für sie gab, da sie den Zahnersatz dort gar nicht mehr trug).

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