Hallo Ihr Lieben,
mich beschäftigt zur Zeit das Thema Loslassen.
Ich habe zwei große Söhne(14 und 16) im jugendlichen Alter sowie einen Nachzügler (Kleinkind). Bis Anfang des Jahres war meine Welt noch in Ordnung. Meine drei Kinder lebten hier und das normale "Abnabeln" der Großen fiel mir eigentlich nicht so schwer. Wir verbrachten ja trotzdem noch genügend Zeit zusammen.
Nach einer schwierigen Zeit hier (Depressionen nach dem Tod meiner Mama) entschied sich mein großer Sohn zu seinem Papa zu ziehen. Nach etlichen Tränen und einer schlimmen Phase habe ich realisiert, dass es nichts mit mir persönlich zu tun hat. Mein Sohn hat es mir auch immer wieder bestätigt und die Umgangswochenenden sind seitdem auch schön und wir haben trotzdem noch eine gute Bindung.
Trotzdem beschäftigt mich seitdem das Thema sehr. Ich habe irgendwie jetzt erst richtig realisiert, dass die gemeinsame Zeit immer weniger wird und die Kinder immer mehr ihren eigenen Weg gehen.
Ich mache mir langsam Gedanken darüber wie es mal sein wird, wenn sie ganz ausziehen. Gerade bei Jungs hört man ja öfter, dass sie sich sehr selten melden. Das macht mir schon Angst. Ich merke ja auch z.B. jetzt in den Ferien wo meine Söhne 3 Wochen am Stück beim Papa sind, dass sie sich sehr selten melden. Meistens melde ich mich. Mein mittlerer Sohn kommt immer mal zwischendurch vorbei und meldet sich regelmäßig, aber der Große meldet sich wirklich kaum. Von Freundinnen höre ich Ähnliches. Die Jungs melden sich selten und die Mädels ständig.
Ich weiß ja eigentlich, dass ich dies nicht persönlich nehmen darf, es fällt mir trotzdem schwer. Ich vermisse meinen großen Sohn echt ganz schön, möchte aber auch nicht klammern, weil ihn das wahrscheinlich erst recht von mir entfernen würde.
Wie ist es bei euch? Kommt ihr mit der Abnabelung eurer Kinder gut zurecht? Was hat euch geholfen?
Ich habe gerade alte Fotos angeschaut und werde richtig wehmütig. Mir schießen auf einmal so viele Gedanken durch den Kopf. Ich habe z.B. schlechtes Gewissen, dass meine Großen Trennungskinder sind. Ich hätte ihn gerne diese Erfahrung erspart. Ich frage mich wie es z.B. später sein wird. Werden sie Loyalitätskonflikte haben, wenn eine große Feier ansteht? Wen werden sie einladen? Leider ist das Verhältnis zu meinem Ex nicht sonderlich gut. Seine neue Freundin mischt sich ständig ein und schreckt auch nicht davor zurück uns schlecht zu reden. Ich stelle mir z.B. die Frage ob mein Sohn das irgendwann abkauft und sich immer mehr entfernt.
Ich habe einfach große Angst davor sie zu verlieren. Unsere Bindung war immer sehr sehr stark. Allein schon deswegen, weil ich ein paar Jahre alleinerziehend war. Habe daran auch nie gezweifelt. Allerdings kommen jetzt die Zweifel auf, ob die Bindung wirklich so stark ist. Wie empfinden das meine Kinder? Auf die Frage hin, wie mein Großer das empfindet, sagte er: "Mama, die Bindung könnte garnicht stärker sein." Vielleicht musste er sich deswegen jetzt so radikal lösen?
Generell stelle ich alles in Frage. Ob ich eine gute Mutter war z.B.? Habe ich zu sehr geklammert oder fühlt sich mein Sohn "emotional erpresst" weil ich so viel geweint habe nach seiner Entscheidung. Ich habe ihm immer wieder gesagt, dass dies mein Problem ist und er da nichts für kann. Trotzdem haben meine Kinder mich so "schwach" erlebt. Jedes Kind wünscht sich ja eine starke Mutter. Im Grunde war ich das auch immer. Leider kam dann die schlimme Krankheit dazwischen.
Ich könnte noch so viel schreiben, aber im Grunde geht es immer um das Thema "Loslassen" und "Abnabelung".
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Erfahrungen berichtet. Findet ihr Loslassen auch so schwierig? Wie ist der Umgang mit euren erwachsenen Kindern? Wird das "Vermissen" weniger? Empfindet ihr es auch ein bisschen als Trauerprozess?
Freue mich auf Antworten.
LG
Mutter3Kinder
Abnabelung - Loslassen. Wie empfindet ihr es?
Fühl dich mal gedrückt. Das klingt alles sehr anstrengend.
Darüber Grübeln was man als Mutter hätte besser machen können ist erstmal ein gute Zeichen, wenn du dich nicht zu sehr hineinsteigerst.
Grundsätzlich machen wir alle Fehler und sind menschlich. Wichtig ist, sich selbst und den Kindern gegenüber diese Fehler einzugestehen und offen für ein Gespräch zu sein.
Wenn deinen Kindern etwas auf dem Herzen liegt, können Sie zu dir kommen und du wirst ihnen ihre Erfahrungen dann sicher nicht abstreiten.
Mehr als ein offenes Ohr und Anerkennen Ihrer Gefühlswelt brauchen sie doch wahrscheinlich gar nicht.
Vielleicht haben sie es aber auch gar nicht als tragisch empfunden und du machst dir umsonst Sorgen :)
Versuch doch mal etwas positiv in die Zukunft zu blicken.
Ein Kleinkind hast du ja noch also wird dir so schnell nicht langweilig.
Und vielleicht gibt es ja Dinge, die du immer hinten angestellt hast weil die Kinder noch klein waren und für die du jetzt Zeit und Energie hast?
Danke für deine Antwort. 🙏
Das stimmt. Mit Kleinkind wird es nicht langweilig. Ich habe schon Interessen denen ich gerne nachgehen würde. Das wäre jetzt wahrscheinlich ohne Kleinkind einfacher. Vielleicht ist das das Problem. Normalerweise hätte ich jetzt wieder viel Zeit für mich und könnte das Ganze anders genießen, aber als arbeitende Kleinkind-Mama ist man durchgehend in Action.
Ich habe 4 Kinder - 3 Jungs, der Rest Mädels. Der Jüngste wohnt noch bei uns, führt aber schon ein recht eigenständiges Leben.
Meine Tochter meldet sich nicht öfter als die Söhne - wir haben alle untereinander ganz guten Kontakt (die 3 Ältesten sind auch Trennungskinder)
Manchmal hören wir tagelang nichts voneinander, manchmal sehen wir uns auch spontan mehrfach die Woche (das ist allerdings selten - die haben ja ihr eigenes, erwachsenes Leben).
Als sie ausgezogen sind, fand ich das erst auch schwer - aber nicht besonders lange. Meine Tochter ist dann nach ein paar Jahren für ein paar Monate übergangsweise zu uns gezogen - und das war echt hart - weil wir das nicht mehr gewohnt waren.
Während der Pandemie hat dann der Mittlere auch für ein paar Monate wieder bei uns gewohnt - auch das war einerseits schön, andererseits war ich doch froh, als er in seine eigene Wohnung gezogen ist.
Eigentlich habe ich es bei jedem Auszug ein wenig mehr genossen, dass wieder einer weniger zu versorgen war.
Mein Mann und ich genießen unsere Freizeit, unsere Urlaube ohne Kinder (aber - ach ... jetzt wollen sie alle wieder mit uns zusammen Urlaub machen)
Wichtig ist, dass du ein eigenes Leben hast, Hobbies, Freunde, Dinge, die dich erfüllen. Die Kinder kommen wohl eher zurück, wenn man nicht klammert.
Das wird schon werden und wahrscheinlich wirst du deine eigene, freie Zeit bald auch genießen.
Wünscht dir
Ulli
Danke für deine Antwort.
Das hört sich ja bei euch echt schön an. Wenn ich wüsste, dass es später so sein wird, wäre ich beruhigt. Allerdings kann es ja auch anders kommen. Ich hatte/habe immer viel Kontakt zu meiner Familie und erhoffe mir natürlich, dass meine Kinder später auch noch gerne kommen. Ich kenne aber auch viele Menschen, die aus Pflichtbewusstsein anrufen oder ihre Eltern besuchen. Das möchte ich ja auch nicht. Ich möchte schon, dass es freiwillig und gerne geschieht. Und ich weiß, dass ich dafür meine Kids loslassen muss. Damit sie eben wieder gerne kommen.
Unser Sohn ist direkt nach dem Abitur für ein Jahr nach England gegangen.
Er brauchte erst einmal etwas Praktisches nach so viel Schule. Und da wir schon immer im Fokus hatten, ihm den Weg ins Ausland zu ermöglichen, wenn er das möchte, haben wir uns über diese Weichenstellung sehr gefreut.
Interessant war, dass ich allerdings - für mich selbst völlig überraschend - die ersten Tage nach seiner Abreise als "Land unter" erlebte. 😭
Darauf war ich überhaupt nicht vorbereitet. Ich habe immer gedacht: Wenn jemand mit dem Abschied klar kommt, dann ich. Kompletter Irrtum meinerseits 🤣 🙈
Seit Januar d. J. ist er nun zum zweiten Mal beruflich im Ausland, ca 10.000 km von uns entfernt und zunächst für zwei Jahre => Verlängerung um weitere zwei Jahre ist sehr wahrscheinlich 😉
Vor seiner Abreise im Januar dachte ich: Bin super vorbereitet. Ich weiß ja jetzt, dass so eine Phase mit "Land unter" kommt. Also mutigen Schrittes hindurch 🤣
.... wieder Irrtum meinerseits: Die Phase kam VOR seiner Abreise und war heftiger als alles, was ich mir zuvor habe vorstellen können.
Das ging so weit, dass ich mich bei unseren Mahlzeiten neben ihn gesetzt habe, weil es für mich gegenüber einfach nicht auszuhalten war 🙈 Wir haben's aber alle miteinander mit viel Humor genommen 😂
=> Für mich / für uns war und ist aber sonnenklar: Unser Sohn ist beruflich an der richtigen Stelle. DIESE Gewissheit hat mir sehr geholfen.
Und deshalb empfinde ich jetzt höchstes Glück und tiefste Freude, wenn ich an ihn denke und keine Traurigkeit mehr.
Mittlerweile korrespondiere ich mit ihm sogar nur noch in Englisch, weil Englisch seine Sprache im Job ist 😄
Fazit: Loslassen kann sehr emotional turbulent sein, lohnt sich jedoch sehr. Wir erleben eine ganz andere und sogar noch intensivere Verbundenheit miteinander als zuvor 🥰
Ergänzung:
Wir haben uns in den vergangenen acht Monaten genau 1 x online per Zoom getroffen. Per WhatsApp schreiben wir uns 1 x aller 4 bis 6 Wochen.
Die Verbundenheit miteinander ist auf einer anderen Ebene angekommen. Ich weiß gar nicht, wie ich das am besten beschreiben kann?
Es gibt eine tiefe innere Verbundenheit, die kontinuierlich besteht, UNABHÄNGIG davon, wie oft oder wie selten wir im Kontakt sind.
=> Diese tiefe Verbundenheit auf einer ganz anderen Ebene habe ich mit meinen Eltern ebenfalls genauso bis in ihr hohes Alter hinein erlebt.
😊 Meine Eltern waren Menschen, die mich mit ihrer Liebe und ihrem Vertrauen sehr gut in mein eigenes Leben "entlassen" konnten. Sie sind mir bis heute darin ein großes Vorbild.
Danke für deine Geschichte. Ich hatte echt Tränen in den Augen. Du hast es sehr schön geschrieben und ich wünsche mir sehr, dass ich so eine tiefe Verbundenheit später auch spüren kann. Es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt! Danke dafür!
Hallo,
mein Sohn ist jetzt frisch 17 geworden und wir haben auch eine sehr enge Bindung. Allerdings bin ich der Meinung, dass nichts ewig hält. Das bedeutet, dass ich die bisherige Zeit genossen habe und immer noch genieße, mir aber auch gleichzeitig klar ist, dass diese enge Beziehung nur "vorübergehend" ist.
Es gehört nunmal zum Leben dazu, Abschied zu nehmen. Sei es durch Tod, Trennung, Auszug, .... Ich bin mir immer bewusst, dass es jederzeit passieren kann, dass ich mich von mir wichtigen Menschen verabschieden werden muss. Sei es von meinen alten und kranken Eltern, von meinem Mann oder eben meinem Sohn. Sei es durch natürlichen Tod, Unfall oder eben "nur" Auszug.
Versuche doch, die verbleibende Zeit zu genießen, ohne Reue auf die Vergangenheit zu blicken und offen der Zukunft entgegen zu sehen.
Nicht in der Vergangenheit zu schwelgen, nicht in die Zukunft zu projizieren, sondern immer im Jetzt leben.
Danke für deine Antwort.
Ja . Das ist wahr. Man sollte im Hier und Jetzt leben.
Mir ist es im Grunde auch bewusst, dass Abschiede zum Leben dazu gehören, aber da ich es z.b aus meiner Familie anders kenne mit dem Kontakt habe ich mir nie solche Gedanken gemacht. Erst jetzt wo ich realisiere, dass dies nicht die Regel ist mache ich mir nen Kopf.
Ich denke eindeutig zu viel stelle ich gerade fest. Vielleicht sollte ich wirklich erstmal den Moment genießen. Danke für deine Worte.
Ich liebe meine Kinder, ich würde alles menschenmögliche für sie tun, wenn es drauf ankommt, aber ich kann sie bedenkenlos ziehen lassen.
Das Kinder nicht ewig das elterliche Nest benötigen war ja von vorn herein klar. Meine Aufgabe war es den Kindern alles zu geben und zu zeigen, was sie für ein glückliches und selbstständiges Leben benötigen. Habe ich meine Aufgabe gut gemacht, dann kann ich sie auch ziehen lassen. Ich habe nämlich auch ein eigenes Leben. Und da gibt es immer mehr Dinge und Aktionen, die ich machen möchte, auf die ich der Kinder wegen verzichtet habe, aber jetzt kann ich es machen. - Mein eigenes, selbstbestimmtes Leben... Noch leben beide Kinder zu Hause und das ist gut und richtig, aber auf das " danach" freue ich mich auch schon etwas. Ich bin nämlich mehr, als mein Job und Mutter....