Mein Mann und ich sind Erstakademiker bzw. -akademikerin und haben einen deutlichen Bildungsaufstieg hinter uns. Mittlerweile gehen wir auf die 40 zu und haben einiges bewältigt. Wir sind erfolgreich im Beruf, haben ein tolles Kind und viele sehr nette, kluge und spannende Freunde. Es könnte also alles wunderbar sein. Allerdings beschäftigt mich zunehmend das Verhältnis zu meinen Eltern und Geschwistern, meinem Mann geht es ähnlich: Wir haben einfach keinen Draht mehr zueinander. Selbst bei Themen, bei denen Bildungsunterschiede vermeintlich keine Rolle spielen, können wir nicht mehr miteinander sprechen. Die Interessen und Perspektiven gehen einfach zu weit auseinander. Kennt das jemand von euch? Wie geht ihr damit um? Habt ihr regelmäßig Kontakt zu euren Familien? Was unternehmt ihr gemeinsam und über welche Themen unterhaltet ihr euch?
Bildungsaufstieg - Wie hat sich euer Verhältnis zu euren Eltern verändert?
Ja, die Konstellation ist mir nicht fremd.
Aaaaaber - Ihr seid doch die gleichen Menschen. Und Eure Eltern auch. Und der Rest der Familie ebenso. Deshalb verstehe ich die Frage nicht so ganz. Ich werdet Euch doch auch früher mit Euren Eltern nicht über die neuesten Literaturtheorien unterhalten haben - also, warum kann man heute nicht auch ganz simpel über die Nachbarn, den Kegelclub, das Schützenfest oder was auch immer reden?
Und ja, ich habe regelmäßig Kontakt mit meinen Eltern. Und mein Sohn auch. Weil ich sie lieb habe. Und das wird sich nie ändern.
Liebe Grüße.
Selbstverständlich geht es nicht um Literaturtheorien, sondern um den Austausch zu trivialen Themen, das wäre mir am Liebsten. Unsere Eltern haben aber keine Hobbys und sitzen fast den ganzen Tag vor dem Fernseher. Klar, über den Nachbar wird schon mal gesprochen - aber leider nur im Sinne von übelster Lästerei. Sie interessieren sich einfach für nichts, außer für Lästergeschichten und dafür was bekannte Boulevardblätter schreiben. Vor 20 Jahren war ich das noch gewohnt und kam irgendwie damit klar, aber es fällt mir tatsächlich immer schwerer, in solche Gespräche einzusteigen.
Einfach mal entspannen und nicht alles auf die Goldwaage legen. Man kann mit Familienmitgliedern auch eine gute Zeit verbringen, wenn man ansonsten keine so großen Schnittpunkte mehr hat. Man hockt ja nicht Tag und Nacht beieinander und verbringt ja auch auch noch Zeit mit Freunden, mit denen man dann mehr gemeinsam hat und über intellektuell forderndere Dinge sprechen kann.
Ihre Eltern müssen sich nicht ändern, weil Sie sich geändert haben. Was spricht dagegen, sie einfach so zu nehmen, wie sie sind und das einfach auch mal gar nicht zu bewerten?
In unserem Umfeld ist zwischen keinem Schulabschluss und Datenschutzbeauftragten für die Regierung alles dabei.
Wir sind da so in der Mitte mit unserem Abi, aber kein Studium. Jeder kommt mit jedem zurecht. Sogar mein Cousin (Bankdirektor), mit dem Onkel meines Mannes, der noch nie in seinem Leben gearbeitet hat😅
Warum? Hmm wir reden alle nicht viel über berufliches und haben nicht ständig so unentspannte Themen.
Wir machen zusammen Quatsch, spielen Spiele und genießen einfach unser Leben mit den Leuten, die wir mögen. Egal, was für einen Anschluss sie haben.
Wäre bei dir die Rede von 1-2 Leuten, okay, kann passieren. Aber dass ihr beide mit mehreren Leuten Probleme habt 🤔 vielleicht liegt es nicht an den anderen.
Es ist egal, wie gebildet man ist, oder wie viel Geld man hat, wenn man nicht mehr über belangloses quatschen und lachen kann.
Ja, bin 100% bei Dir.
Hallo!
Auch in meiner Herkunftsfamilie gibt es außer mir keine Akademiker. Mein Verhältnis zu meinen Eltern ist toll, sie interessieren sich für meinen Beruf und meine Arbeit, waren immer interessiert an meinem Studium. Ich interessiere mich im Gegenzug für das, was bei ihnen läuft. Ich verstehe nicht, wieso der formale Bildungsunterschied das so erschweren muss. Es gehört doch auch zur erweiterten beruflichen Expertise, dass man sein Zeug so erklären kann, dass auch Nicht-Experten ein ungefähres Verständnis davon bekommen können. Wenn sich jemand einfach nicht für andere interessiert, hat das aber vermutlich weniger etwas mit jemandes Ausbildung, als mit der Persönlichkeit zu tun.
Auf alle anderen Themen abseits des Berufs sollte sich das innerhalb einer Familie sowieso nicht auswirken…
Ich bin sicher, dass eure Eltern auch so einiges bewältigt haben.
Finde es nicht schön, wie du über sie schreibst.
Ihr seid Familie - da geht es doch nicht um Bildungsunterschiede??!! Wenn ihr keine Gesprächsthemen habt, dann liegt das an eurem Sozialverhalten, aber nicht an eurer Bildung.
Schade.
Der letzte Satz ist sehr schön geschrieben. Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.
Das, was du beschreibst, kenne ich auch...
Da ist dieses "Unbehagen", das peinliche Schweigen. Dieses "keine gemeinsame Ebene finden"...
Ich kenne das allerdings nur von Aufgestiegenen, die nach ihrem Aufstieg einfach nur Angst haben, das könne ihnen wieder jemand wegnehmen...
Unbewusst leben sie "was besseres" als die, die sie früher waren...
Keiner dieser Menschen ist mit dieser Haltung jemals glücklich geworden. Sie gehören nie wirklich zu den "Aufgestiegenen", weil da immer diese unterschwellige Angst ist. Und sie gehören nicht mehr zu den "anderen". Weil sie ja dringend was Besseres sein müssen.
Das sind alles irrationale Ängste, die oft zu Einsamkeit führen. Ihr solltet euch dahingehend echt reflektieren...
Hoffentlich rollst du deinen Eltern den roten Teppich aus, du hast ihnen viel zu verdanken.
Ja klar! Ich danke meinen Eltern jeden Tag dafür, dass sie mir in meiner Schulzeit immer wieder gesagt haben, dass ich es eh nie zu etwas bringe. Dass ich seit meinem 14. Lebensjahr arbeiten musste, um mir grundlegende Kleidung, Hygieneartikel und Schulsachen kaufen zu können. Dass ich mein komplettes Studium inkl. Lebenshaltungskosten selbst finanziert habe. Danke, Mama! Danke, Papa! Der rote Teppich rollt schon! Ohne euch hätte ich es nie geschafft!
Oha
Deshalb habt ihr keine Ebene. Es ist nicht der "Bildungsunterschied" an sich, sondern dass deine Eltern als Eltern total versagt haben. Hätte ich solche Eltern, ja, da hätte ich auch ohne Studium wahrscheinlich keine Ebene zum Reden. Einfach, weil man sich weiter entwickelt hat und mittlerweile erkennt, wieviel schief gelaufen ist.
Nee, du brauchst deinen Eltern wahrhaftig keinen roten Teppich ausrollen.
Das ist bei meinem Mann und mir auch so und ehrlich gesagt höre ich dieses Wort zum 1. Mal.
Unsere Eltern konnten wegen dem Krieg nicht studieren und waren/sind intellligent und da haben wir das ja auch her.
Themen sind alles, was es so gibt, hauptsächlich aber Haus und Garten, Elektronik, Gesundheit, Finanzen, usw...
Eure Eltern sind doch nicht total doof, ihr habt doch ihre Gene.
Man kann ja auch gemeinsam Dinge erleben wie Urlaub oder Weihnachtsmarkt oder Brettspiele spielen. Dann hat man wieder Themen.
"Eure Eltern sind doch nicht total doof, ihr habt doch ihre Gene."
Ansonsten bin ich ja bei dir, aber das...
Ohne gemein sein zu wollen, aber mir fallen mehrere Beispiele ein, die nach deiner These nur mit einer verheimlichten Adoption erklärt werden könnten. Mit Gefällen in beide Richtungen.
Meine Schwiegermutter etwa ist eine seeehr einfache Frau. Der Schwiegervater war ein Trinker. Beide Kinder sind blitzgescheit, vielseitig interessiert und beruflich erfolgreich. Gene sind das sicherlich nicht.
Laut meinen Infos wird einerseits Intelligenz weiblich von der Mutter vererbt, andererseits in einer Normverteilung. Die übliche Glocke.
Dabei sind die grenzgenialen Hochintelligenten genauso selten, wie die mental eher kämpfenden, dazwischen die breite Masse solides Mittelmass.
Das fällt im Mittelfeld recht wenig auf, weil da Erwartung zu Lieferung passt. Aber in den Extremem dann schon. Es ist möglich, dass ein völlig Verrnebelter eine richtig helle Kerze zündet und ein genialer Professor ein eher einfaches Gemüt in die Welt setzt- oder eben viel häufiger: ein sehr kluger oder sehr einfacher Mensch bekommt solides Mittelmass geliefert. Der Klassiker in Familien, in denen dann das Kind der Erwartungshaltung der Eltern nicht gerecht wird. In beide Richtungen. Der geniale Professor hat eher selten ein ebenso geniales Kind, allerdings wird das Mittelmass ab Geburt gerne stärker gefördert und damit die Leistungsfähigkeit des Kindes ausgereizt oder gar latent überfordert.
Da gab es mal ein äusserst interessantes Interview mit dem Leiter eines entsprechenden Instituts, der unter eher sehr klug lief und dessen Kinder glücklich auf Level handwerkliche Ausbildung waren.
Pardon für den Exkurs, aber das war für mich damals ein Augenöffner zum Thema was man realistisch von Kindern erwarten kann und darf. Nämlich das volle Spektrum in alle Richtungen.
Bei mir ist es umgekehrt, meine Eltern sind Ingenieure , ich hab Mittlere Reife und eine Ausbildung.
Meine Geschwister ebenfalls, niemand von uns hat studiert.
Wir haben immer viel zu erzählen gehabt, meine Eltern hatten immer einen bunten Freundeskreis, wo alles vertreten war, von der Verkäuferin, über den Anwalt, Floristin, Frührentner, Hausfrauen alles quer Beet.
Ich habe auch Freunde mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen und beruflichen Qualifikationen.Für die Freundschaft spielt das keine Rolle wer welchen Abschluss hat.
Meine Eltern lieben Hunde , das ist einThema was uns verbindet, meine Oma hatte nicht mal einen Schulabschluss und mein Vater und sie konnten stundenlang quatschen.
Mein Onkel und mein Vater sind regelmäßig in Kontakt, telefonieren, fahren gemeinsam in den Urlaub und mein Onkel ist ungelerter Hilfsarbeiter.
Die Eltern meiner Mutter waren Apotheker und Ärztin, aber auch überhaupt nicht elitär oder festgefahren in ihren Ansichten.
Ich glaube also nicht ,dass es an den Ausbildungswegen liegt sondern daran ob man gemeinsame Interessen hat, ehrliches Interesse am Leben anderer und vor allem viel Toleranz und Akzeptanz dass andere Menschen völlig andere Werte, Einstellungen und Ziele haben dürfen, die man selbst überhaupt nicht teilen geschweige denn gut finden muss.
Meine Eltern haben in fast allen Lebensbereichen andere Vorstellungen als ich, trotzdem akzeptieren sie meine Lebensweise , auch wenn sie es nicht nachvollziehen können und für sich selbst ablehnen.
Ich erzähle trotzdem von mir und was ich so mache und sie hören zu ohne zu werten.
Bestimmte Themen bespreche ich natürlich nicht mit ihnen, da es unpassend wäre und sie überfordern würde.
Mit meinen Kindern versuche ich es gleichermaßen hinzubekommen.