Fühlt ihr euch manchmal auch wie Dinosaurier?

Aus gegebenem Anlass 😬 mal eine Frage in die Runde:

Der Knirps aus dem Nachbarhaus meiner Kindheit, der gefühlt eben noch auf der Schaukel saß und Lieder geträllert hat, kam mir letztlich beim Besuch meiner Mutter mit Freundin im Arm entgegen 😳.

Meine Nichte, die neulich genervt ihr Ladekabel entknotet hat, konnte mit meiner Geschichte der ewig verdrehten Kabel an Festnetztelefonen 😬 nichts anfangen ...
Klar, nicht wirklich überraschend, aber trotzdem: In diesen Momenten fühle ich mich plötzlich URALT.

Kennt ihr solche Momente auch?

Viele Grüße
Thea vom URBIA-Team

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Na ja, die Zeit wird subjektiv wahrgenommen.

Kürzlich ging mir auf, dass ich dachte, die Coronazeit wäre 3 Jahre lang gewesen. Ich dachte, ich hätte mich im August 2020 erstimpfen lassen, was zu dem Zeitpunkt noch gar nicht ging.

Auf der einen Seite vergeht die Zeit subjektiv, je älter man wird, desto kürzer kommt sie einem vor. Man ist in seinem Alltagstrott gefangen und es gibt mit der Zeit immer weniger markante Wegmarkierungen wie etwas Jahrgangswechsel, Schulabschlüsse etc.

Dazu kommt aber eben auch, dass die technologischen Fortschritte rasant sind oder uns das zumindest eingeredet wird (alle 2 Jahre ein neues Smartphone ist bei einigen Standard, ein vier Jahre altes Smartphone ist "veraltet").
Wie lange hast du mit den Festnetztelefonen mit Schnur gelebt? Wie lange im Vergleich mit dem Smartphone?

Man merkt eventuell eher, dass man älter wird, weil man auch mehr über seine Vergangenheit redet, als das früher bei den Älteren der Fall war. Meine Eltern, meine Großeltern haben NIE von ihrer Kindheit geredet, da kamen mal ganz knappe Bemerkungen, aber es wurde fast nie vom Alltag geredet. Das dürfte heute ganz anders sein.
Es kann sein, dass deine Kinder mit bspw. sozialen Netzwerken aufwachsen, die schon, wenn sie 20 sind, kein Kind mehr kennt. Oder eventuell noch deutlich früher! Genauso Lernapps etc. Da ist die Entwicklung und das Veralten noch viel schneller.

Ein anderer Punkt, der mich sehr stört, ist aber, dass offenbar Altersdiskriminierung (verbal) die einzig gesellschaftlich nicht nur tolerierte, sondern oft sogar begrüßte Form der Diskriminierung ist.

Wie oft liest man (bisher habe ich es live noch nicht so oft gehört, glücklicherweise) "du bist (Generation oder Altersjahrzehnt), oder?" im Sinne von "deine Meinung ist sowieso veraltet und damit irrelevant". Dazu noch der abwertende Begriff des "alten weißen Mannes". Gemeint sind damit einflussreiche Politiker, Wirtschaftsmagnaten, Reiche - aber was denkt der gebrechliche 80jährige im Pflegeheim bei diesem Begriff? "Ich störe nur noch, ich bin irrelevant, die Menschen werden froh sein, wenn ich weg bin!" Was denkt der altersarme Renter, der ältere Tafelbesucher bei dem Begriff? Das interessiert keinen!

Der Spruch "Okay, Boomer!" sagt doch schon alles: Du bist alt, deine Meinung ist jetzt irrelevant!
Kritisiert wird das selten!
Es bedeutet aber, dass diejenigen, die das sagen, im Alter genauso als irrelevant wahrgenommen werden! Das ist doch traurig!

Das Makabere ist ja - wir alle werden alt, es sei denn, wir sterben tragischerweise früh, aber darüber. macht sich keiner bei dieser Art der Diskriminierung Gedanken. Siehe Thread "Boomer sind Schuld am Klimawandel". Dass man da eine ganze Generation verurteilt, in der es auch viele Arme gab, in der sehr viel Nachholbedarf nach dem Krieg bestand bei den Älteren (Boomer geht bei 1946 los und bis 1964, je nach Quelle), in der deshalb vielleicht der Konsum, als er möglich war, höher war als zu anderen Zeiten, wird nicht bedacht. Genauso nicht Einfluss der Werbung, Lebensgefühl (Auto kaufen, Reise machen, später Zigarette rauchen, weil man dann "frei und unabhängig" ist).

Es wird ebenso nicht bedacht, dass der Konsum der Boomer bis in die 70er Jahre vermutlich zahm und zurückhaltend war verglichen mit vielen Standards heute (regelmäßig neue Geräte, Flugreisen, manchmal zweimal jährlich, oft Wechsel von Autos, ca. alle 10 Jahre etc.).

Es ist aber offenbar okay, eine ganze Generation einfach so zu verdammen. Die haben alles falsch gemacht, jetzt sind sie alt und irrelevant, wir wollen von ihnen außer Entschuldigen nichts mehr hören.

Genauso diese verbreitete Haltung bei bestimmten Erziehungsinfluencern und Eltern, dass die eigenen Eltern in der Erziehung versagt haben und jetzt ggf. den eigenen Kindern schaden. Von denen kann man nichts mehr lernen, die haben keine Weisheit weiterzugeben, die haben nur veraltete, schädliche Ansichten.

Übersehen wird mMn dabei, dass man diese Haltung eben auch an die Kinder weitergibt - also, wenn die Kinder eigene Kinder haben, sind die jetzigen Eltern alt und irrelevant und ggf. für deren Enkel dann schädlich. Die Kinder haben es ja selbst in ihrer Kindheit so gelernt!

Irgendwie scheint Alters-Bashing immer normaler zu werden, ohne, dass man überlegt, dass man sich damit selbst ins Aus schießt, sobald man eine bestimmte (verschiebbare) Altersgrenze erreicht.

Dabei kann Älterwerden doch auch von Vorteil sein. Man hat Lebenserfahrung. Bestenfalls wird man gelassener. Man weiß besser, welche Prioritäten man setzt, wofür es sich nicht zu kämpfen lohnt. Die heutigen Senioren sind größtenteils fit, können ihre Rente wirklich genießen, so sie denn hoch genug ist.

Jeder wird alt.
Altwerden ist keine Schande.
Unsere Welt ist auf Trends, auf Kurzlebigkeit angelegt.
Immer schneller veralten Geräte, Trends, aber auch Ansichten, Normen. Und ja, das bedeutet, dass man immer weniger gemeinsame Gesprächsthemen mit den Kindern hat.
Früher war es peinlich und unangebracht, wenn Menschen über 30, über 40 auf jugendlich taten, die Trends der Jugend mitmachten, krampfhaft jungendlich taten.
Heute ist es teilweise eine Norm, wird erwartet, teilweise machen Erwachsene social Media Trends mit.
Germany's next Topmodel - die Jugendlichen machen sich vor der Kamera zum Affen, werden vorgeführt mit teilweise dramatischen Folgen für das Privatleben nach der Show. Und dann öffnet die Show das Casting für Ältere und es finden sich sogar Bewerber, die sich dem Zirkus ganz bewusst aussetzen. Weil sich jeder immer noch mit der Jugend identifiziert. Dabei sollten Erwachsene wissen, dass die Show extremer Stress ist, die Reputation ruinieren kann und keiner danach das große Geld verdient hat oder wirklich bekannt wurde. Trotzdem macht man mit, weil man sich dann im Kreise der Jugendlichen wähnen kann. "Relevant" ist. In der Öffentlichkeit steht.

Es ist okay, wenn die Kinder oder Jugendlichen nicht mehr alles kennen, was man selbst als Kind kannte.
Es ist okay, wenn man sichtbare Alterungszeichen hat. Das kann sogar gut aussehen.
Schlecht dagegen sieht fast immer die Schönheitsbehandlung aus. Mariska Hargitay, Meg Ryan sahen mal gut aus - bis sie sich unters Messer legten. Das muss doch wirklich nicht sein!
Man muss nicht krampfhaft jung bleiben.
Man muss nicht erwarten, dass die Kinder oder Jugendlichen alles von der eigenen Kindheit nachvollziehen können - das war noch nie so!

Bearbeitet von Toschkalee
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Ich würde deiner Wahrnehmung zu Boomern mal entgegensetzen, dass es auf der einen Seite normal ist, dass sich die junge Generation auch verbal sehr deutlich abgrenzt (das kann man auch in früheren Jahrzehnten beobachten), zum anderen ist es ja auch so, dass die Generation 55+ gerne von den Medien befeuert "Millenials" *inzwischen Gen Z* für viele Dinge "die Schuld gibt", wie würden nicht genug arbeiten und zu viel Avocado Toast essen, usw.


Und alles was du zum "alten weißen Mann" schreibst ist auch schon whataboutism. Natürlich gibt es ältere weiße Männer, die nicht voller Privilegien durchs Leben gehen, dass ändert aber nichts daran, dass diese Bevölkerungsgruppen übermäßig bevorsteht ist und man muss das auch beim Namen nennen, wenn man das strukturelle Problem lösen will.
Der weiße Mann in altersarmut ist rein statistisch nämlich schon deutlich seltener als die arme weiße Frau in Altersarmut, und das hat strukturelle Gründe.

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Eine bekannte von mir hat mal gesagt "man merkt, dass man langsam erwachsen wird, wenn man an der Fleischtheke keine Scheibe Wurst mehr geschenkt bekommt"😅. Ansonsten merke ich nur, dass ich älter werde (ich bin 25) wenn ich mich versuche mit Kindergarten/Grundschulkindern unterhalte und ich merke, dass ich keine der Sendungen kenne. Mein Highlight aus dem Kindergarten war, dass die Kids die Betreuer (ich zu Besuch bei meiner Freundin die dort arbeitet) nach alter sortieren sollten und ich wurde als zweitälteste geschätzt weil ich schon ein kind habe. Also war es eine 60 jährige, ich und dann viele 30-38 jährige 😂. Vielleicht lag es aber auch daran, dass ich meinte "ich bin sogar noch aus dem letzten Jahrtausend (1998). Ich fand es aber lustig.

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Hallo,

ich erkenne mich darin tatsächlich wieder. Mir ist es vorher nie so wirklich aufgefallen, aber mittlerweile gehöre ich mit 38 bei uns in der Arbeit schon zu Ältesten und genau an dem Punkt fällt es mir auch auf. Viele unserer neuen Kollegen/Kolleginnen sind meist erst Anfang oder Mitte 20 und plötzlich komm ich mir alt vor. Vor allem wenn es z.B. um den privaten Tagesablauf geht, was man am Wochenende macht, welche Musik man hört, welche Filme man guckt usw. Es fällt halt zunehmend auf, dass wir uns in komplett unterschiedlichen Lebensabschnitten bewegen. Da bin einerseits ich, die schon lange im Beruf steht, selbst eine Familie hat, ein KInd, mit Schule konfrontiert ist, einen eigenen Haushalt schmeißen muss, Termine wahrnehmen muss, am Wochenende Zeit mit der Familie verbringt usw. und dann gibt es die "Jungen", die teilweise noch zu Hause wohnen, wo die Eltern noch vieles wuppen oder in einer WG, wo es am Wochenende meist um Party und Feiern geht, die nach der Arbeit einfach "frei" haben ohne viele Verpflichtungen etc. Manchmal fühle ich mich dabei richtig alt und manchmal wiederrum bin ich echt froh, dass ich nicht mehr so jung sein muss #huepf

Was mich tatsächlich fertig macht, ist deren Sprache, der ich teilweise einfach nicht mehr folgen kann #rofl

Ich finde so hat jedes Alter seine Vorzüge und Hauptsache ist doch, man fühlt sich gut, so wie es ist. "Alt" sein oder "Älterwerden" muss ja nicht immer unbedingt nur was Negatives sein.

Liebe Grüße

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Ich habe ein Jugebdcamp begleitet. Eins der Kinder wollte über den Hausanschluss die Eltern anrufen. Ich hab es schon mal vorgeschickt. Es kam unverrichteter Dinge zurück, weil es das Telefon nicht bedienen konnte.
Wählscheibe.
Die Szene ist jetzt 20 Jahre her, fällt mir beim lesen des Threads auf.
Doppelt-Alt.

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Mir fiel es auf, als mich vor knapp 10 Jahren ein Kind fragte, was das da auf dem Bild sei. Es war ein Diskman. Und ich wollte prompt sagen: „Das ist wie ein Walkman bloß mit CD.“ Es fiel mir zum Glück noch rechtzeitig auf und stattdessen sagte ich, dass man damit Musik hören könne wie mit einem MP3 Player, nur eben mit CDs. Aber da merkte ich, dass ich einer anderen Generation angehöre 😅

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Mir ist gestern unser Nachbarsjunge entgegen gekommen, frische 17 Jahre alt und ich war vollkommen irritiert, dass er einen halben Kopf größer als ich ist. Der war doch quasi gestern noch 8 Jahre alt ...

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Bei mir ist es oft so, wenn ich rückblickend mal durchrechne wie lange das her ist.

Die Ausbildung 20 Jahre, Unsere Hochzeit schon 14 Jahre, selbst unser Großer ist schon 9, die Kleine, die gefühlt gestern auf die Welt gekommen ist, wird eingeschult im September :D

Und ja, bei anderen Kindern, die man nicht oft sieht und plötzlich nicht mehr mit Mama in den Kindergarten kommen um das große Geschwisterchen abzuholen, sondern selbst dort im Kindergarten sind.
Der Sohn unserer Nachbarn wird auch schon 3.

Oder die Tatsache, dass meine Mutter jetzt 60 wurde oder mein kleiner Bruder, der jetzt auch schon 37 ist.

Oder ganz schlimm. Wenn man durch FB scrollt und dann kommt so eine Liste mit Liedern die dieses Jahr 20 Jahre alt werden und das Gehirn denkt so: Nie im Leben ist das Lied schon 20 Jahre alt und dann überlegt man und denkt nur so... ok.. doch.. passt :D

Das wichtigste ist aber: Ich fühle mich nicht alt.

Lustig finde ich im Moment, wenn so viele Dinge aus unserer Jugend wieder auftauchen und ich dann zu meinem Sohn sagen kann, der das total neu und supertoll findet. Ja, sowas hatte ich auch schon als Kind. Der Blick :D

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Ich hatte vor zwei Jahren ein "schockierendes" Erlebnis: Wir hatten an der Arbeit eine abteilungsübergreifende Konferenz und ein junger Kollege aus einer anderen Abteilung kam mir die ganze Zeit schon super bekannt vor, weil er auch ein ganz markantes Gesicht hat. Wir sind dann ins Gespräch gekommen und haben festgestellt, dass er ein Kindergartenkind aus der Kita war, in der ich mein FSJ gemacht habe. Ich kam darauf echt nicht klar. In meinem Kopf waren die Kinder von damals irgendwie höchstens im Grundschulalter, aber auf gar keinen Fall Erwachsene, die im Berufsleben stehen😅

Das ist genauso wie dieses Meme, wenn jemand sagt "vor 10 Jahren", dann denkt man irgendwie an die 90er😆

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Klar kenne ich solche Momente, niicht erst seit kurzem.
Es ist schon viele Jahre her, dass ich meinen Kindern (damals Grundschule) erklärt habe, wie in meiner Kindheit ein Telegramm funktioniert hat. Wißt ihr das noch? Nachdem ich auf dem Postamt das Formular ausgefüllt und die Silben bezahlt habe radelte nach der Übermittlung in der entfernten Stadt der Postbote los und brachte den Zettel: "schwanger - Arzt sagt alles gut" Mein damaliger Freund, heute Ehemann kam dann am übernächsten Tag mit dem Zug. Tatsächlich fragte eines der Kinder, ob es da auch noch Dinosaurier gab.

Die letzten, ich sag mal 50 Jahre hat vor allem die technische Entwicklung so rasant Tempo aufgenommen, dass es mir manchmal den Atem raubt.

Mein Aber:
Nicht alles Neue ist wunderbar, nicht alles Alte ist nutzlos.
Ich kann mit miener Lebenserfahrung Manches doch ganz gut einschätzen und ehrlich gesagt schätze ich auch einige Fähigkeiten, die ich mir bewahrt habe:
Ich lese gerne Bücher mit echten Papierseiten. Ich kann mit Lexika und anderen Nachschlagewerken umgehen und bin ohne Handy nicht hilflos. Ich bin die weltbeste Autofahrerin, auch bei Schnee und Eis, ich kann millimetergenau einparken ohne Kameras. Ich kann Karten lesen. Ich kann Himmelsrichtungen erkennen und mich ohne Navi orientieren. Ich weiß, wie man Öfen heizt und wie man draußen eine Feuerstelle anlegt. Ich kann ohne "hello fresh" gesunde, vielseitige Mahlzeiten zubereiten. Ich kenne mich halbwegs mit Heilpflanzen und Kräutern aus. Ich kann backen. Ich kann nähen. Ich kann töpfern. Ich kann teilen. Ich kann mit Menschen umgehen, ich kann fragen, wenn ich etwas nicht weiß, ich kann um Hilfe bitten und ich spüre, wie es meinem Gegenüber geht auch ohne Worte.
Ein Superheld bin ich deswegen nicht, nur ich, wie ich eben bin.
Natürlich unperfekt. Natürlich hatten meine Kinder eine "schlechte" Kindheit, nach manchen heutigen Maßstäben. Natürlich dürfen meine erwachsenen Kinder ihre eigenen Vorstellungen leben und mich hinterfragen.
Ich fühle mich im Alter auch nicht grundsätzlich gemobbt. Es liegt doch bei mir, jeden Tag ein Glücksmomentchen zu finden. Manchmal ist es sogar das Auffinden einer Funktion am Smartphon....

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Die deutsche Post hat den Telegramm-Dienst gerade erst vor ein paar Monaten offiziell eingestellt...

Kam im Radio, daraufhin habe ich meinen Kindern erklärt, was das war.

Und ich habe ernsthaft überlegt, ob ich vorher einmal im Leben ein Telegramm verschicken möchte... schade eigentlich, dass ich es nicht gemacht habe.

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... "vor ein paar Monaten"...

Das war zum 31.12.2022! :D Also doch schon vor 1,5 Jahren!

Bearbeitet von frf
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