Was ist nur los mit mir?

Ich bin total verzweifelt: mein Mann und ich waren schrecklich verliebt. Nur deshalb haben wir uns für ein Kind entschieden. Wir waren beide total glücklich als ich schwanger war, und er konnte die Geburt des Kindes kaum abwarten. Aber seit der Geburt ist alles anders.

Das Kind war ein Schreikind. Ein echtes 24-Stunden-Baby. Wir waren eigentlich ständig im Dreh, schliefen in Schichten. Erst im Alter von 14 Monaten wurde der Kleine ruhiger, kamen auch wir wieder mehr zur Ruhe. Ich dachte, dann wird alles besser.

Ist aber nicht so. Wir hatten seit der Geburt genau 1x Sex. Im ersten Jahr, weil es echt nicht ging. Inzwischen würde es schon hin und wieder passen (zeitlich) aber - ich will nicht. Ich hab sowas von keine Lust. Ich will auch nicht sagen, dass mein Mann mich irgendwie anekelt oder so, aber wenn ich an Sex denke... ochneeee. Mein Mann ist ziemlich behaart, und überall in der Wohnung fliegen Haare von ihm rum (obwohl ich täglich sauge) - und es widert mich richtig an, das wegzumachen. Ich weiss auch nicht warum. Ich mag mich auch nicht küssen lassen, schon gar nicht mit Zunge.

Ich fürchte dass auf kurz oder lang die Beziehung kaputt gehen wird. Ich kann mich aber auch irgendwie nicht überwinden. Ich hab keine Idee wo das so plötzlich her kommt. Was soll ich tun? Habt ihr einen Tip?

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Eine Geburt kann für eine Frau AUCH ein Trauma sein.
ALLES ist danach anders, dahinein kann sich nicht jede Frau ganz locker einfinden.
Wie geht es dir selbst mit dir selbst?
Magst du dich selbst leiden? Vom Äusserlichen, vom Wesen?

Ich glaube, wenn du mit dir selbst im Lot bist, kannst du dich auch anderen Menschen besser zuwenden.
Es wird oftmals der Fehler begangen von Frauen, die Mütter werden, dann nur noch eine Mutter zu sein. Alles andere wird ausgeblendet. Das ist in der Anfangszeit nicht schlecht, später kann es aber eben zu einer Belastungsprobe unter anderem zu der Beziehung zum Mann werden.
Also würde ich an deiner Stelle ein paar Dinge "abarbeiten":

1. hormonell untersuchen lassen, vielleicht muss da etwas zurechtgerückt werden und so bekommst du deine Libido langsam zurück - das kommt vor
2. dir Zeit nehmen, um mal zu sortieren wie du dich selbst siehst
3. abklären, ob und was dir fehlt. Vielleicht hast du zu viel Druck, vielleicht fehlt dir Anerkennung (NICHT als Mutter, sondern als Frau), vielleicht ist dir dein Selbstwert abhanden gekommen.

Wie sieht das denn dein Partner? Was sagt er dazu? Nimmt er dein Verhalten hin? Leidet er?

Später mehr, ich denk noch ein wenig drüber nach,

L G

White, die nach den Geburten lange nicht zu sich gefunden hat.

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Hallo,

auch dir danke ich für deine Antwort (deine Beiträge lese ich ohnehin immer gerne).

Der Mann nimmt das aktuell so hin; er sagt er sieht, dass ich streckenweise sehr unglücklich bin, würde mir gerne helfen, weiss aber nicht wie. Allerdings ist er auch im Job grad nicht so zufrieden, das nagt an ihm, und dann sind wir beide schnell gereizt.

Das mit der Untersuchung bzgl. Hormone hab ich auch schon überlegt, allerdings darf ich keine Hormonpräparate einnehmen (hatte mal eine Embolie). Ich hab Angst davor dass man mir sagt "Hormonspiegel durcheinander, aber machen können wir da nichts", und deshalb schiebe ich es vor mir her. Vielleicht mal einen Termin beim FA machen, aber dann muss ich das Kind mitnehmen, und das mag ich nicht...

Nein, mit mir selbst bin ich nicht glücklich. Ich bin zu dick und kriege das nicht in den Griff, weil ich seitdem ich stille irgendwie zuckersüchtig bin - ich könnte mich den ganzen Tag von Schokolade ernähren, und das ist der Figur nicht zuträglich :( Seit der Geburt des Kindes bin ich so zurückhaltend, traue mich kaum was zu sagen und fühle mich schnell den Tränen nahe weshalb ich mich eher zurückziehe. Und die wenigsten Leute scheinen mich leiden zu können, das macht mich traurig, aber ich weiss nicht woran es liegt.
Das Kind hingegen wird von allen geliebt, und jeder sagt, ich würde das mit dem Kind ganz toll machen. Ich fühle mich trotzdem als schlechte Mutter (hat halt monatelang geschrieen, so toll kann ich das also nicht machen).

Ich denk mal weiter darüber nach was du so geschrieben hast. Wenn ich mir meinen Beitrag so durchlese klinge ich irgendwie nach "Wrack", das erschreckt mich gerade #schock

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Nicht wie ein Wrack. Eher wie eine Frau, die eine wochenbettdepression nicht verarbeitet hat.
Wenn du nicht gleich zu einem Therapeuten oder zum Arzt möchtest, lies dich im Netz mal in die Thematik ein.

Du kannst mich auch gern via pn. Anschreiben, wenn du weiteren Austausch haben möchtest.

Freunde finden, wenn es einem psychisch nicht gut geht, ist schwer. Du musst schauen, wie es dir zunächst etwas besser gehen kann, damit du gelöster auf Menschen zugehen kannst.

Aber eines ist für mich klar: wenn du mit dir selbst wieder zurecht kommst, kommst du mit deiner Umwelt (und somit auch mit seinem Mann) besser zurecht.

Alles liebe,

White

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Ein Schreikind bedeutet enormen Stress und ist nicht nur für die Beziehung, sondern für den Alltag und die Nerven allgemein eine Zerreißprobe. Großer Stress kann auch ein Trauma auslösen.

Ihr seid aber noch zusammen, es hat Euch nicht getrennt.

Etwas in dir hat sich allerdings gehörig verändert. Die Abneigung, die du deinem Mann gegenüber empfindest – eine Weile nach der Geburt keinen Sex haben zu wollen ist normal, aber nach 14 Monaten…?? Und es scheint, als würdest du ihn, den du vor Eurem Kind so anziehend fandst, jetzt innerlich ablehnen. Ein Zungenkuss ist etwas sehr intimes, sehr persönliches. Du schreibst, du ekelst dich vor deinem Mann nicht, aber in gewisser Weise hast du Grenzen gezogen, vermeidest es, ihm "zu nah" zu kommen, erträgst es nicht mehr, ihn "in dir" zu haben. Es scheint, du hast ihn innerlich als Mann, als Sexualpartner "ausgeschaltet". Und deinen Drang, ständig Haare wegzusaugen, alles sauber zu halten, deinen Ekel, grenzt ja fast an Putzzwang...

Ich bin hier ratlos….mein Tip: du solltest es in Erwägung ziehen, dir hier professionell helfen zu lassen, Gesprächstherapie o.ä., alleine wirst du nicht aufarbeiten können, was passiert ist.

Ich wünsche Euch alles Liebe.

#klee

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Hallo,

mir geht es auch so wie Dir: seit der Geburt unseres Kindes (bald 2 Jahre) hatten wir gerade 3x #sex. Für das erste Mal dauerte es fast 1 Jahr. Ich hatte Angst davor, war von der Geburt ziemlich mitgenommen. Es dauerte ziemlich lange bis mein Körper auch wieder MEIN Körper war.
Bei meinem Mann hat sich verstärkt, dass es nicht funktioniert. Er hat eineige Sorgen und Probleme, die er nicht abschliessen kann.
Es ekelt mich nicht vor ihm, gar nicht. Aber ich will es einfach nicht.

Ich werde meine Hormone jetzt mal untersuchen lassen. Seit der geburt hat sich mein befinden im Zyklus stark verändert: ab der zweiten zyklus hälfte bin ich absolut depressiv und/oder aggressiv. Ich halte mich dann kaum selber aus.

Liebe Grüße

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Ich hab in etwa das Gleich erlebt und ich denke, das liegt an zuviel Nähe und zu wenig Selbstbestimmung. Du hast dein Gefühl für dich selber verloren, weil du durch das Kind so lange komplett fremdbestimmt warst. Aber ich kann dir sagen, dass das irgendwann wiederkommt, wenn du dein Baby loslassen kannst und wieder vertrauen kannst, dass es auch ohne dich überleben wird.

Ich hatte mein Kind mit 13 Monaten in eine Krippe gegeben, weil ich vorhatte, wieder halbtags arbeiten zu gehen. Das hat nicht ganz so geklappt, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber in der Rückschau würde ich auch sagen, dass mir die Zeit, die ich dann vormittags für mich (und natürlich den Haushalt etc.pp.) hatte, mein Gefühl für mich wiedergegeben hat. Ich hatte den totalen Leerlauf und musst mir selbst überlegen, welche Struktur ich mir gebe und welche Prioritäten ich setze. Es hat lange, lange gedauert, bis ich mich getraut habe, mich einfach am Vormittag mal hinzulegen, weil ich eigentlich total übernächtigt war.

Und dann gaaaanz wichtig: Rausgehen! Weggehen, am Abend am Nachmittag, mit Freunden, auch gerne mal ohne deinen Mann. Andere Dinge sehen, erleben, Gespräche führen, die sich mal nicht um Kinder drehen. Musik hören und tanzen, und wenn es auch nur im eigenen Wohnzimmer ist.

Und dann irgendwann kommt es wieder, weil die Nähe zu deinem Kind weniger wird (und das muss auch so sein, denn die Kinder wollen ja auch selbstständig werden). Und du kannst allmählich lernen, die Verantwortung wieder zurückzugeben, auch an deinen Mann, die Großeltern, Babysitter, sonstige Betreuungspersonen wie Erzieherinnen, Tagesmutter etc. Und dann kommt der Punkt, wo du gerne mal in den Arm genommen werden möchtest, wo du dich wieder als Frau begreifen kannst und GANZ WICHTIG Sexualität zulassen kannst. Sexualität und die Nähe zu Kindern schließen sich erstmal ziemlich aus und das ist auch wichtig, damit man keine sexuellen Gefühle den Kindern gegenüber entwickelt.

Aber da spielen auch andere Dinge eine Rolle, Bindungshormone usw. Man kann auch miterleben, dass die Bindungshormone beim Stillen und die intensive Nähe und bedingungslose Liebe den Ehemann erstmal komplett in den Schatten stellen. Die Aggressionen richten sich folgerichtig auch erstmal im Zweifel gegen den Mann, eher als gegen das kleine unschuldige Kind. Aber mit Abstand betrachtet muss man sich eingestehen, dass er Frust abbekommt, den er gar nicht verursacht und damit gar nicht zu verantworten hat. Ich habe meinen Mann einmal angeschrieen und gesagt:"Hätte ich bloß NIEMALS mit dir geschlafen, dann wäre ich nie schwanger geworden und dann hätte ich dieses ganze Schreikind-Problem gar nicht!" :-[ Wenn wir heute daran zurückdenken, können wir beide darüber lachen, weil es total absurd war. :-D

Ich denke, den Grund für den Ekel sucht man sich irgendwie selbst, aber die Ursache liegt ganz woanders. Bei mir waren es zum Beispiel auf einmal die ungepflegten Füße, die mich wahnsinnig gemacht haben. Und irgendwann habe ich dann gar nicht mehr auf die Füße geachtet, weil ich da gar keinen Wert mehr drauf gelegt habe. Es ist nicht so, dass der Mann sich auf eine bestimmte Art verändern muss, damit du wieder mit ihm schlafen kannst. Deine Bedürfnisse und deine Einstellung müssen sich erst verändern.

Ich weiß nicht, ob ihr euch diesbezüglich beraten lassen habt, aber eine Schreikindsituation ist sehr belastend und da gibt es Anlaufstellen, die euch auch in diesen Fragen unterstützen können. Ich denke, nach meiner Erfahrung und auch nach einigen Gesprächen mit anderen Betroffenen, ist diese Phase der Entfremdung ziemlich "normal" und nicht automatisch ein Todesurteil für eure Beziehung.

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Hallo,

ich danke dir sehr für deine Antwort.

Ich glaube, du hast recht - sehr viel mehr, als mir lieb ist. Das Loslassen ist ein grosses Problem für mich. Ich war viele viele Monate davon überzeugt, dass das Kind mich nicht leiden kann, mich ablehnt und deshalb so schreit. Ich hatte Angst davor, andere Betreuungspersonen (ausser dem Papa) zuzulassen, denn ich dachte, ich würde dann ganz den Kontakt zum Kind verlieren. Das Kind ist bis heute kein einziges Mal fremdbetreut worden. Im ersten Jahr wäre das auch gar nicht gegangen (Dauerstillen usw.), inzwischen ginge es wahrscheinlich schon. Aber jetzt, wo alles so gut läuft, wo endlich kein Gebrüll mehr ist und man endlich den Tag schön gestalten kann (Spielplatz, was Leckeres essen, gemeinsam Buch lesen) will ich nicht "teilen". Ich geniesse jede Sekunde, die wir miteinander verbringen, und wenn wir zu dritt unterwegs sind ist das auch ganz toll.

Es fällt mir schwer loszulassen, weil mir dieses besondere erste Babyjahr eigentlich vollständig fehlt. Wirklich, es war nur Geschrei. 10 Stunden am Tag und mehr - und ich habe jeden Tag aufs Neue wirklich alles gegeben. Aber nichts war genug, kaum etwas hat geholfen...

Oje klingt das alles doof. Als wäre ich die Oberglucke der Welt. Bin ich aber eigentlich gar nicht, ich hab bloss in diesem einen Punkt einen ziemlichen Hau :-( Das Kind ist auch nicht völlig auf mich fixiert, liebt den Papa sehr und geht auch auf andere Menschen ganz offen zu.

Wir sind erst umgezogen und haben hier eigentlich keine Freunde. Ich besuche mit dem Kind einmal die Woche einen Mütterkreis, der ist sehr nett, aber tiefergehende Kontakte sind da nicht entstanden. Und du hast recht: jegliche Wut richtet(e) sich nicht gegen das Kind, sondern meist gegen den Mann - manchmal hatte er es verdient, oft genug aber auch nicht.

Ich denke mal weiter darüber nach was du geschrieben hast. Momentan macht es mich sehr unglücklich #heul