Bedürfnisse in der Partnerschaft

Hallo zusammen,

Ich wollte euch mal fragen, wie es bei euch mit dem Berücksichtigen von Bedürfnissen des Partners funktioniert. Muss die jeder "einfordern" oder sieht der andere das auch mal selbst?

Ich bin (in dem Fall leider) von Natur aus sehr sozial. Ich sehe die Bedürfnisse von anderen und gehe auch darauf ein. Ich muss mich sonst regelrecht gegen dieses Gefühl stemmen. Wenn meine Kinder Unterstützung brauchen, dann kann ich nicht sagen: jetzt lese ich noch eine Stunde und dann geht es los. Ich kann die Zeit dann irgendwie nicht genießen, weil ich dafür erst jemanden "wegschieben" musste. Das ist natürlich mein Problem, ich weiß.

Mein Mann dagegen würde das Bedürfnis gar nicht erst wahrnehmen und entscheidet nur nach seinem eigenen Bedürfnis. Wenn er also lesen will, dann sagt er das und macht es dann auch.

Unsere Kinder sind jetzt schon 8 und 12, kennen ihren Vater entsprechend und gehen dann halt weg, wenn er beschäftigt ist.

Aber es geht auch eher um die grundsätzliche Einstellung, das mit den Kindern ist nur ein Beispiel von vielen. Mein Mann sagt Bescheid, was er jetzt macht (2 h joggen, vor Corona auch mal ins Schwimmbad usw.), aber er würde jetzt nie fragen, ob das passt. Sowas lehnt er ab, er wäre ja kein Kind.

Irgendwie kann ich den Ansatz verstehen, aber so kommt nie eine Einigung in diesem Sinn zustande. Vielmehr bin ich gezwungen, auf seine Mitteilungen mit Einspruch zu reagieren, da er ja nichts fragt. Das klappt dann auch, er ist auch nicht unwillig oder so. Aber es ist einfach sauanstrengend, ständig Bedürfnisse kommunizieren zu müssen.

Er hat zum Beispiel nie im Blick, ob er nicht auch mal dran wäre mit Kinderbetreuung, Küche aufräumen oder oder oder. Wenn er gekocht hat (sehr selten), dann räume ich ganz selbstverständlich die Küche auf. Das sagt mir mein Gerechtigkeitsempfinden. Wenn ich gekocht habe, steht er auf und geht. Wenn ich ihm sage, dass er bitte aufräumen soll, dann macht er das auch.

Oder früh aufstehen: Seit 12 Jahren stehe ich 2 Stunden vor ihm auf, mache den Kindern Frühstück und bespaße sie mehr oder weniger. Wäre ich der Langschläfer, hätte ich diese Zeiten im Hinterkopf und würde nachmittags 2 Stunden extra übernehmen. Er macht es auch, aber das müsste ich jeden einzelnen Tag neu anmelden.

Für ihn ist es so: wenn ich nichts sage, dann ist der Tag super gelaufen und zwischen uns alles ausgeglichen und gut. Ich bin also gezwungen, täglich für gleiche Rechte zu kämpfen. Wenn ich das nicht tue, koche ich allein, kaufe allein, kümmere mich allein um die Kinder usw. Er würde das nicht merken und sich wohl fühlen.

Damit komme ich echt nicht mehr zurecht, meine Kraft ist zu Ende. Es klingt nach Luxusproblem, weil er ja auf Info hin mitmacht.

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Was du schreibst, trifft 1:1 auf unsere Beziehung zu.

Ich fand es jahrelang richtig gehend gemein, wie mein Partner ist, zumal er völliges Unverständnis für mich zeigte. Oft durfte ich mir nach einer Litanei darüber, dass ich zu wenig Raum für mich habe, weil er Freiräume im Alltag ganz selbstverständlich für sich nutzt statt sich mit mir abzustimmen, anhören, dass es ja meine Schuld sei, wenn ich nicht einfach mache, was ich will. Oft hat er mir auch vorgeworfen, eine ewige Bilanz im Kopf zu führen, die ausgeglichen sein müsste. So würden Beziehungen nicht funktionieren, das sei kleingeistig...
Ich habe dann gekontert, es sei bequem aus der Position dessen, der immer im Plus ist, dem anderen das Aufrechnen vorzuwerfen...

Ich will nicht lügen, wir können uns bis heute vortrefflich pjer6dieses Thema streiten. Es ist DER Streitpunkt in unserer Beziehung, noch immer.

Aber ich habe angefangen umzudenken und mir sein Verhalten als Vorbild zu nehmen. So verkehrt ist es nämlich gar nicht, seine Bedürfnisse Ernst zu nehmen und zu allererst für sich zu sorgen. Mein Mann ist nie emotional im Defizit, ergo ist er viel stabiler und sehr verlässlich in seinen Reaktionen, während ich mich oft bis zu dem Punkt selbst aufopfern, dass es kippt und ich wie wild um mich beiße.

Ich habe in den vielen Jahren unserer Ehe gelernt, genauer hinzuschauen und in mich hineinzufühlen, wann ich Raum für mich brauche, und gelernt, den auch einzufordern. Mein Mann ist bei allem gesunden Egoismus der Letzte, der mir nicht hilft, wenn ich Zeit für mich und Entlastung brauche.
Ich muss das halt anmelden und das ist für mich immer noch so als ob ich eine Fremdsprache spreche: ich fühle mich in der Artikulation meiner Bedürfnisse nicht zu Hause, habe Angst, Fehler zu machen.

Ich habe sehr viel über das Thema nachgedacht. Ich denke, es ist ein Genderthema: Männer nehmen sich ganz selbstverständlich mehr Raum.

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...sorry, zu früh abgeschickt...

Also, Männer nehmen sich selbstverständlich mehr Raum, in Gesprächen, rein körperlich, im Leben...
Wir können nun als Frauen, die auf Rücksichtnahme gedrillt sind, versuchen, die Männer "klein zu erziehen" oder aber wir können selbst versuchen, "groß zu werden".

Wenn ich an die Bücher von Winterhoff und Co denke, der davor warnt, dass Kinder zu Tyrannen werden (was mich immer total blöd antriggert), dann denke ich, ist das eine Folge falsch verstandene bedürfnisorientierter Erziehung, in der die Bedürfnisse der Kinder absolut gesetzt und die eigenen hinten an gestellt werden. Das ist nicht gut für die Kinder. Genauso wenig ist es gut, die Bedürfnisse der Kinder zu missachten. Sie sind gleichwertig. Und alle Bedürfnisse in einer Familie müssen gesehen und beachtet werden. Dazu muss aber jeder diese artikulieren.

Würden Menschen, die wie ich gestrickt sind, mit einer anderen Person vor einem letzten Stück Sushi sitzen, würde dies abgeräumt werden, obwohl beide noch Hunger haben.

Mein Mann würde das Stück einfach essen, weil ich aus falsch verstandener Rücksichtnahme behaupten würde, satt zu sein.

Leben möchte ich in einer Beziehung, wo beide ehrlich sagen, dass sie noch Hunger haben und man sich das Stück dann teilt. Dazu muss ich aber den Mund aufmachen.

Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden.

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Hallo,

vielen lieben Dank für deine Nachricht. Du hast so gut ausgedrückt, was das Problem ist. Und auch, wo die Lösung ist.

Ich wehre mich nur unbewusst dagegen, weil da nur ich gefordert bin. So nach dem Motto: er ist super (so sieht er sich auch, das provoziert) und ich bin irgendwie falsch und muss an mir arbeiten.

Aber ich weiß auch, dass es keinen anderen Weg gibt. Er leidet ja nicht darunter (außer manchmal unter meiner schlechten Laune), aber für mich ist es täglich schwierig.

Es fühlt sich für mich wie eine Trotzreaktion an, wenn ich sage, dass ich jetzt mal für 2 Stunden weg bin. Ich muss mich regelrecht zwingen, sowas zu machen. Mir tun auch die Kinder leid, weil er ja dann keine Rücksicht nimmt, sondern nur seins macht in der Betreuungszeit. Aber das muss ich aushalten.

Die Diskussion mit der Bilanz haben wir auch oft. So fühlt es sich für mich aber auch wirklich an. Schon durch die ersten Jahre mit den Kindern ist er gefühlt fett im Minus. Da hatte ich ihn geschont, weil ich dachte, er muss ja ja arbeiten. Erst viel später habe ich mal nachgerechnet, dass ich täglich viele Stunden mehr im Einsatz war. Aber das ist für ihn Schnee von gestern.

Leider bin ich schon sauer und genervt, wenn ich mir mal was einfordere. Das schlägt dann auf die Stimmung. Ich muss damit viel eher anfangen.

Auch diesen Gedanken kenne ich, dass es sich viel leichter argumentiert, wenn man schon im Plus ist.

Ich werd es einfach mal versuchen. Hoffentlich hört es irgendwann auf, sich wie eine Trotzreaktion anzufühlen.

LG

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Noch nicht fertig:

Ist das ein typisches Problem? Ich will eigentlich auch keine Lösung, die gibt es leider nicht.

Mein Mann und ich kommunizieren sehr offen, es liegt alles auf dem Tisch. Er ist, wie er ist. Ich kann mich nur anpassen oder trennen.

So schade.

LG

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Du musst umdenken. Du kämpfst fortan nicht mehr für deine Rechte, sondern kommunizierst deine Bedürfnisse. Bsp. Ich hab gekocht, du/ihr räumt auf.
Für das schlechte Gewissen, das du hast bist du ganz allein verantwortlich. Das liegt in der Erziehung begründet. Wenn du das bestellen willst brauchst du professionelle Unterstützung.
Aber nochmal, deine mangelnde Fähigkeit Dinge einzufordern sind das Problem hier. Nicht dein Mann. Sein Lebensstil scheint mir gesund.

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Naja, auch hier gibt es zwei Seiten. Dein Mann ist wie er ist, und du bist wie du bist. Du sagst, dein Mann könne dir mehr entgegenkommen, dein Mann sagt vermutlich, warum machst du alles so kompliziert und machst nicht einfach Ansagen?

Ich kenne das von meinem Mann, dass er denkt, seine Art und Weise zu sein, sei die bessere und dann kommt auch nich ein Wertschätzungs-Thema dazu. Ich springe und mache und dafür wird mir dann auch noch mitgeteilt, dass das reichlich bescheuert ist...

Es hilft nur: reden, reden, reden. Ihr müsst beide aufeinander zugehen und euch in eurer Unterschiedlichkeit akzeptieren lernen. Ihr könnt beide aneinander wachsen: dein Mann kann lernen, sich zurückzunehmen, du kannst lernen, deine Bedürfnisse zu verteidigen.

Viel Erfolg!

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Hallo, nein, bei uns ist das anders. Wir bringen uns beide viel ein. Aber wenn wir jeweils was brauchen, kommunizieren wir das auch klar. Wir fragen auch. Nicht um Erlaubnis, aber wenn mein Mann mit Freunden weggehen will, sagt er: "Ich wollte morgen zu xy. Ist das ok?".
Das erwarte ich auch, weil man sich in einer Partnerschaft schon absprechen sollte.
Vielleicht könntet ihr einfach einen Plsn machen, der immer gilt mit ein paar festen Regeln:
- wer nicht kocht, räumt die Küche auf
- Dienstags und Donnerstag geht er joggen
- Mittwoch hast du zwei Stunden für dich und er bespaßt die Kinder
- Samstag: einer putzt das EG, der andere im OG

Nur so als Beispiele. Dann müsstest du nicht jeden Tag irgendwas "anmelden".

Liebe Grüße

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Ja, es ist als würdest du von meinem Mann schreiben. Einziger Unterschied, wenn ich meinen Mann darauf anspreche und bitte etwas zu tun, macht er es trotzdem nicht und diskutiert rum.
Kleines Beispiel, mein Mann arbeitet momentan ganz normal, ich bin ins homeoffice geschickt worden. Seit drei Wochen mache ich nachts homeoffice weil mir mein Mann die Kinder nicht abnimmt wenn er Feierabend hat. Heute ist er zuhause und ich hab echt viel nachzuholen. Ich hab ihn freundlich darum gebeten dass er die Kinder nimmt damit ich arbeiten kann. Nö. Er ist in sein Zimmer verschwunden und schaut serien, ich kann natürlich wieder nicht arbeiten und hab keine Ahnung wie ich es schaffen soll. Aber Hauptsache der gute Herr hat seine Ruhe.
Ich bin jetzt wirklich so weit dass ich die Trennung aussprechen werde sobald der corona scheiß vorbei ist.
Also, es geht schlimmer. Dein Mann macht wenigstens was wenn du ihn ansprichst. Ob du damit weiter klar kommst, weißt nur du.

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Hast du einen Laptop?
Fahr irgendwo hin wo du WLAN hast.

Der tickt nicht sauber!

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Da platzt mir schon wieder die Hutschnur. Warum nimmt der dir die Kinder nicht ab? Was ist denn das für ein Mensch? Von dem würde ich mich auch trennen. Aber ich möchte einfach mal wissen, wie man zu einem solchen Verhalten kommt. Einfach "Nö" zu sagen, wenn der Partner arbeiten muss.

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Ihr solltet beide an euch arbeiten!

Auch du musst nicht bei jedem bißchen springen. Warum muss man bei „so großen Kindern“ früher aufstehen und Frühstück machen? Unsere Kinder sind mittlerweile 6, 8 und 10 Jahre - und wir Langschläfer!
Also stehen die Kinder auf, beschäftigen sich selber,...& wir frühstücken sehr spät alle gemeinsam.

Die Frage ist in Sachen Kinder eher, ob eure beiden überhaupt alleine machen können, oder ob du immer springst?! Da wäre ja ein Mittding die (für mich) bessere Variante. Die Kinder haben gelernt „Papa ist beschäftigt und Mama springt“.

Bei den anderen Sachen,...hmmmm schwierig! Ich fände es schlimmer, wenn dein Mann gar nichts macht, oder sich weigert. Er macht ja, aber auf Ansage. Das kenne ich, und finde es nicht schlimm.

Ansonsten finde ich es ungewöhnlich in einer Partnerschaft immer auf sein Recht zu pochen, nie mal dem anderen entgegen zu kommen. Das scheint aber bei euch ja schon immer der Fall gewesen zu sein, oder war er früher anders? Wenn du das immer so hingenommen hast und es nie „Konsequenzen“ gab, warum sollte er den „ernst der Lage“ erkennen.

Also ich finde so als Fazit: achte du mal mehr auf dich, nimm dich mal für wichtig. Andere können genauso warten wie du!
Und setz dich mit deinen Mann hin und sag ihm, was dich warum stört und was du dir wünschst.

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Warum kannst du deine Kinder nicht mal warten lassen? Mit 8 und 12 sollte das doch kein Problem sein.
Da bin ich voll bei deinem Mann.

Er kommt nicht auf die Idee den Tisch abzuräumen?
Würde mein Mann auch nicht, aber ich steh einfach auf und sag ihm, dass er jetzt die Küche sauber macht. Tut doch nicht weh.
Dein Mann fragt sich innerlich wahrscheinlich ob du was sagst oder nicht. Wenn nicht, hat er Glück gehabt. Also einfach sagen. Er macht es dann ja wenigstens. So einfach würde er mir nicht davon kommen.

Wenn er z. B. sagt er geht heut zu Freund x, dann würde ich ihm sagen "OK, aber denk daran die Kinder mitzunehmen, denn ich bin müde und leg mich jetzt hin. Sagt er was dagegen, dann lies ihm mal die Leviten, dass man sich als Paar abspricht und nicht einfach geht.

Setz dich einfach mehr durch.
Deine Familie weiß ganz genau, dass du nicht nein sagen kannst.
Nun bist du an dem Punkt an dem du drunter leidest.
Weiter zu warten, dass er mal von sich aus aktiv wird ist zwecklos. Da wartest du wahrscheinlich bis du schwarz wirst.
Deshalb liegt es an dir etwas zu ändern.
Was glaubst du wie deine Familie aus der Wäsche schauen wird, wenn du öfters nein sagst?
Du lässt es mit dir machen, also tun sie es.

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Ich kann dich gut verstehen, bei mir ist es sehr ähnlich. Hab hier mal den Begriff mental Load aufgeschnappt.

Beschrieben z. B. hier https://www.familie.de/familienleben/eltern/mental-load-immer-an-alles-denken/

Das passt total. Bei uns verbesserte es sich auch erst mit der klaren Definition der Zuständigkeitsbereiche. Mir wäre es auch recht, wenn Mann einfach sieht was so anfällt, aber das wird so nicht geschehen. Für unsere Kinder lohnt es sich bestimmt mehr, wenn wir Mütter ihnen vorleben NICHT für alles zuständig zu sein!

LG

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Das ist bei uns auch so. Ich sage zum Beispiel: ich gehe um 2 mit meiner Freundin spazieren, ist das okay für dich?

Er sagt: ich geh gleich joggen, bin in einer Stunde wieder da.

Ich sage dann einfach wenn mir was nicht passt. Hab mich dran gewöhnt.

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Ich würde einfach mal den Spiess umdrehen und es genauso wie dein Mann machen. Du glaubst garnicht, was er für Augen machen wird. Huch, sie meckert ja garnicht.