Hallo zusammen,
vielleicht kurz zu meiner Situation. Ich bin 36, mein Mann 40. Wir sind beide seit 17 Jahren zusammen, sind verheiratet und haben zwei Kinder. Eigentlich führen wir eine sehr harmonische Beziehung, kümmern uns gemeinsam um Haushalt und Kinder usw.
Aber es gibt ein Streitthema, das immer wieder aufkommt. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir beide politisch interessiert sind und schon immer waren. Ich würde mich selbst und habe bisher meinen Mann eher als links orientiert eingestuft. Jetzt kommt das Aber... Mein Mann hat vor geraumer Zeit begonnen, mal etwas über den Tellerrand hinauszusehen, was ich grundsätzlich gut finde. Er hat sich mit außenpolitischen Themen auseinandergesetzt, hat Bücher gelesen, die auch kritisch waren usw. Darüber haben wir oft geredet und diskutiert.
Immer wieder aber ist mir aufgefallen, dass er dabei auch (aus meiner Sicht) fragwürdige Internetseiten liest und Newsblogs abonniert, die nicht immer so politisch korrekt sind, häufig rechtspopulistische Blogger oder Influenzer, die sich sehr einseitig zu Themen wie Ausländerpolitik, Pressefreiheit (Stichwort "Lügenpresse") und Europapolitik äußern und dabei auch teilweise Themen verfälschen. Natürlich sind dabei keine verfassungsfeindlichen oder rassistischen Äußerungen zu finden, die Blogger wollen ja nicht, dass ihre Inhalte gelöscht werden.
Selbstverständlich habe ich meinen Mann darauf angesprochen, habe mich mit ihm auseinandergesetzt. Wir haben einzelne Themen gemeinsam angeschaut, über diese diskutiert. Mein Mann beruft sich dabei oft auf die Meinungsfreiheit oder gibt Thesen dieser Blogger wieder, z. B. dass man ja eine Alternative zu den öffentlich-rechtlichen Nachrichten bräuchte. Ja klar stimmt das, aber muss es so rechtspopulistischer Quatsch sein?
Ich bin momentan ratlos, wie es weitergehen soll. Er äußert sich öffentlich nie so wie die Blogger, die er als Informationsquelle nimmt. Da wäre ich schon lange auf die Barrikaden gegangen. Aber er liest diese Seiten, Blogs... nach wie vor.
Es ist vielleicht gemein, aber ich frage mich dann manchmal, ob er einfach so doof ist und nicht checkt, dass das totaler Schmarren ist, was da im Internet zu lesen ist!? (Habe ich ihm aber noch nie so gesagt)
Ich bin es aber andererseits auch leid, schon wieder über das Thema zu sprechen, das mich doch sehr an ihm stört. Oft denke ich mir auch, dass es doch sein Recht ist, sich politisch zu informieren. Aber solche Seiten stören mich dann wiederum doch...
Ich hoffe, ihr könnt nachvollziehen, wie ich das meine. Ihr habt vielleicht gemerkt, dass ich mich schwer damit tue und meine Gedanken nicht immer so so sortieren kann, was das Thema anbelangt.
Wie würdet ihr reagieren? Würdet ihr das wieder und wieder ausdiskutieren? Oder warten, bis die Phase vielleicht vorübergeht? Oder würde euch das überhaupt nicht stören?
Ich bin gespannt auf eure Meinungen!
Streit über politische Themen
Hi
Interessant wäre hier zu erfahren, seit wann ('geraume Zeit' sagst du) er diese Medien konsumiert und ob eine (Wesens-) Veränderung bei ihm stattgefunden hat. Zudem, wie genau er dir kontert, wenn du dich gegen diese Medien positionierst. Versucht er im Gegenzug, dich zu "missionieren"? Denn verschiedene Meinungen zu konsultieren zwecks differenzierter Meinungsbildung ist ja an sich eine smarte Vorgehensweise. Mir ist nur nicht ganz klar, wie er den Inhalten begegnet.
LG
Danke für deine Antwort!
Er konsumiert diese Medien vielleicht seit einem Jahr, würde ich sagen. Eine Wesensänderung konnte ich eigentlich nicht feststellen, nein.
Wenn wir über diese Themen diskutieren, gibt er die Thesen der Blogger, Journalisten usw. wieder. Eigene Gedanken zu den Themen fügt er kaum hinzu, weil er sich da aus meiner Sicht zu einseitig informiert. Die Kernthese ist immer, dass die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender nicht als Quelle für zuverlässige Informationen zur aktuellen politischen Lage dienen können, weil sie subjektiv sind. Ich bin der Meinung, jedes Medium, jeder Journalist, jeder Blogbeitrag ist subjektiv. 100%ige Objektivität kann es nicht geben.
Klar finde ich es gut, dass er sich vielseitig interessiert und die Augen offenhält.
LG
Solange er nur querliest und das nicht als seine neue Überzeugung erklärt, wäre es mir egal. Ich informiere mich auch sehr vielfältig von links bis zur Mitte und auch nach rechts. Habe aber nichts abonniert und habe bisher auch meine politische Einstellung seit vielen Jahren nicht geändert.
Ich finde Information sehr wichtig - und ich kann z.B. nicht gegen die AfD sein, ohne argumentieren zu können, warum. Dazu lese ich z.B. bei fb das eine oder andere, aber folgen möchte ich da sicher keinem.
Genauso wenig wie fast militanten Linksorientierten, die leider auch zunehmend Dinge publizieren, die ich keinesfalls vertreten könnte.
Frag ihn doch mal, ob er gerade wirklich dabei ist, seine bisherige Überzeugung zu ändern oder ob er sich auch nur informiert.
LG Moni
Danke für deine Antwort!
Natürlich gibt es militante Meinungen auf allen politischen Ebenen und in allen politischen Richtungen, das ist mir schon klar.
Ein interessanter Denkanstoß übrigens - ich werde ihn mal danach fragen, ob die Informationen, die er liest, dann auch zu einer Änderung seiner politischen Meinung führen.
Liebe Grüße
Einige in meinem Verein, Bekanntenkreis und auch in der Familie halten es so wie ich - Information ja, auch mal ein Gespräch über das eine oder andere Thema, wo man diesen oder jenen Politiker glaubwürdig findet, das kann wirklich von jeder "Farbe" sein - aber deswegen bleiben wir eigentlich bei unserer "Urmeinung" (weiß nicht, wie ich das sonst nennen soll).
Ich mag zum Beispiel auch den österreichischen Bundeskanzler, wie er mit manchen Themen umgeht, so jung wie er ist. Er ging seinen Weg trotz vieler Widrigkeiten unbeirrt und ging auch mit der Coronakrise sehr souverän um, bis heute. Bei einem Termin in Deutschland kam er ungeheuer sympathisch und glaubwürdig rüber, würde ich mir von manchem deutschen Politiker wünschen. Deswegen würde ich aber noch lange nicht alles unterstützen, wofür Kurz steht, wenn ich Österreicherin wäre.
Der Blick über den Tellerrand, egal, welcher Farbe der hat - ist wirklich immer gut.
LG Moni
Ich lese sowas auch genauso wie ich linke Veröffentlichungen lese. Wie stellst du dir denn vor, dass man sich eine eigene Meinung bildet, wenn man irgendwelche Imfoquellen bewusst auslässt? Ob man das nun dann glaubt oder nicht, bleibt einem dann ja immer noch selbst überlassen, aber ich schlucke KEINE Meinung, ohne eine Gegenmeinung gehört zu haben und mir dann meine EIGENE Meinung zu bilden. Finde es etwas strange, dass du deinem Mann vorschreiben willst, was er zu lesen hat, vor allem wo er keine der Parolen dort selbst äußert. Aber das fällt mir eh immer wieder auch im eigenen Umfeld auf, dass die Toleranz der ach so Toleranten immer genau da aufhört, wo ihre eigene Meinung nicht mehr mitgetragen wird. Auch Rechte haben ein Recht auf ihre Meinung(säußerung) und auch für sie gilt, dass niemand wegen seiner politischen Orientierung diskriminiert werden darf, solange sie nicht gegen Gesetze verstoßen.
Hallo!
Danke für deine Antwort.
Nein, natürlich habe ich nicht die Vorstellung, dass man sich rundum eine Meinung bilden kann, indem man bewusst eine politische Richtung auslässt. Das ist auch gar nicht das, was mich ärgert oder worüber ich mir Sorgen mache.
Ich denke aber, dass man schon beurteilen sollte, ob ein Journalist oder Blogger eine glaubwürdige Quelle ist. Wer über politische Themen öffentlich berichtet, sollte meiner Meinung nach eine entsprechende Ausbildung haben, die ihn dazu qualifiziert. Ein einzelner YouTuber, Blogger ... der aus dem Nichts heraus Thesen zur Asylpolitik aufstellt oder sich über den Holocaust äußert, den werde ich viel kritischer beäugen und dessen Thesen vielleicht nochmal hinterfragen oder gegenprüfen. Diese Arbeit muss ich mir machen, das ist jedenfalls meine Meinung.
Hingegen kann ich mir meistens sicher sein, dass alles ordentlich recherchiert ist, wenn ich beispielsweise die Tagesthemen anschaue oder eine große Tageszeitung lese. Das diese Medien auch eine politische Meinung vertreten, ist mir dabei auch klar. Und dass die Tagesthemen, um beim Beispiel zu bleiben, nicht immer umfassend informieren (können, wollen...), weiß ich auch.
Wie gesagt, mir geht es um die Herkunft einer Information und damit zusammenhängend deren Glaubwürdigkeit.
Ich möchte meinem Mann sicherlich nichts vorschreiben, das habe ich vielleicht missverständlich geäußert. Ich bin nur besorgt bzw. es stört mich einfach.
Das Argument mit der Toleranz bringt mein Mann übrigens auch öfter, das ist mir nicht fremd. Ich bin der Meinung, irgendwo müssen Grenzen gezogen werden. Spätestens dann, wenn es um verfassungsfeindliche oder rassistische Äußerungen geht. Die fallen nicht mehr unter's Toleranzgebot.
Liebe Grüße
Es kommt drauf an. Wenn jemand nur seine persönliche Meinung zu etwas äußert oder Gedanken die er sich dazu gemacht hat, kann das interessanter und inspirierender sein als wenn die "Mainstream-Medien" (vor allem die staatlich finanzierten, denn auch da gilt "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing") dies tun. Wie gesagt, ich mache hier einen Unterschied zwischen Meinungen und Nachrichten. Nachrichten glaube ich auch nur aus "seriöser" Quelle, für Meinungsäußerungen bin ich aber vielseitig offen. Aber das nur, wenn sie nicht reißerisch oder hetzerisch sind oder voller unbelegbarer Behauptungen.
Mal als Beispiel: Ein corona-kritischer Bericht kann gespickt sein mit unbelegten Behauptungen (die lügen doch alle, es gibt kein Virus, das ist alles um von 5G abzulenken etc. pp.) oder einfach so dargelegt, dass bekannte (und nachgewiesene) Fakten kritisch diskutiert werden. Letzteres regt zum Nachdenken an und ich finde generell "Gehirnakrobatik" und "Was wäre wenn"-Denken in der Theorie immer reizvoll, das hält beweglich im Kopf. Wenn mir aber jemand seine vorgefertigte Meinung aufzwingen will und gar nicht will, dass ich selbst nachdenke, dann ist DAS für mich unseriös, sowas schaue ich mir nicht an.
Und bei aller Kritik "nicht vertrauenswürdigen Quellen" gegenüber, bedenke immer, dass die meisten Aufdeckungen von Skandalen genau solchen Quellen zu verdanken waren, kleinen Menschen, die nicht nachgekäut sondern nachgedacht und nachgeforscht haben und aufgedeckt haben, was von oben schön vertuscht wurde. Whistleblower sind selten vom Staat bezahlt.
Ich finde das aber auch sehr einseitig gedacht, genau wie meine Vorschreiber. Ich bin eigentlich auch eher 'links' und in manchen Bereichen fast kommunistisch...und dann stimmen mich auch rechte Aussagen nachdenklich. Solange er nicht offen und offensiv plötzlich eine ganz andere Weltanschauung vertritt, finde ich das Lesen der Blogs überhaupt nicht verwerflich. Ganz ehrlich, es steht nicht immer und ausschließlich nur Blödsinn drinnen. Da geht es auch oft darum, zu zeigen, dass eben keine Partei so sauber ist, wie sie tut. Auch nicht die Lieblingspartei. Und sich damit auseinanderzusetzen und manches sogar dadurch differenzierter zu betrachten, finde ich wesentlich besser als Parteisoldat zu sein, insbesondere im Hinblick auf meinen Partner.
Hallo!
Danke für deine Antwort!
Deine Meinung beruhigt mich etwas. Ich freue mich ja grundsätzlich darüber, dass ich einen Partner habe, mit dem ich mich über politische Themen unterhalten kann und der differenziert denkt.
Liebe Grüße
Selbstverständlich würde ich da diskutieren, ist doch sowieso spannend. Aber vor allem würde mich natürlich seine Meinung interessieren.
Ich lese zum Teil auch auf rechten Seiten, ich möchte ja wissen, wie die denken und zum Teil ist es auch einfach so, dass man einfach hingucken muss und nicht fassen kann, wie blöd manche sind. (Die linksradikalen interessieren mich nicht wirklich, die sind zu unbedeutend und haben in der Gesellschaft zu wenig Rückhalt um viel Schaden anzurichten.)
Es würde mich sehr stören, wenn mein Mann irgendwelchen radikalen Spinnern glauben würde oder irgendwelchen Verschwörungstheorien anhängen würde.
Aber nur lesen fände ich erst mal nicht bedenklich. Nur im Gespräch bleiben würde ich wollen.
Und woher willst du wissen, dass es Unsinn ist was auf diesen Seiten erzählt wird? Für mich klingt das eher so, als ob es dir nicht passt, dass er seine politische Sicht ändert und deshalbt ist er jetzt "zu doof", "die Seiten sind Schmarren" etc pp..
Ich weiß nicht, wo der Mann der TE liest, aber oft ist das ziemlich einfach rauszukriegen.
Liebe TE,
Mir ist auch noch nicht ganz klar, was genau er dann mit den Informationen, die er da bekommt, so macht.
Grundsätzlich finde ich es absolut gut und richtig sehr breit zu lesen, wenn man politisch informiert sein möchte, einfach, weil es keine Politik, die sich rein auf Fakten stützt und nicht Studie xy in ihrem Sinne interpretiert. Wer breit liest, bekommt einerseits einen Einblick in unterschiedliche Diskurse und auch in die Interpretation, die dort vorgenommen werden.
So wie du schreibst, würde ich nun aber eher vermuten, dass er sich diese Positionen teilweise auch selbst aneignet und aus seiner Perspektive heraus mit deren Argumenten mitgeht?!
Ich bin sicherlich auch etwas linksgerichteter als mein Mann, jedoch - und das finde ich nicht unwichtig - ist mir klar, dass meine Position nicht immer die ist, die rational betrachtet oder im wirklich kühlen Faktencheck ohne Wertung jeder Frage standhält. Sie ist geprägt von einer gewissen Vorstellung von Gesellschaft und dem, wie diese im Idealfall sein sollte. Nun.. Mein Mann ist da weniger geprägt, er liest sehr sehr breit, informiert sich auf unterschiedlichen Kanälen, nimmt auch die Einflüsse, die z.B. Influencer auf der einen oder anderen Seite haben, kritisch war. Ja. Manchmal sind es (leider) auch die Rechtspopulisten, die einen genaueren Blick auf ein bestimmtes Thema geworfen haben. Das nimmt mein Mann dann auch genau so zur Kenntnis. Ich hingegen tue mich aus meiner politischen Position schwerer das anzuerkennen.
Grundsätzlich finde ich kommt es sehr auf das Thema an, auf die tatsächlich Gedanken, die dein Mann aufnimmt und sich zu eigen macht. Ich finde aber, sich breit zu informieren erstmal absolut gut und richtig. So entsteht die eigene Wahrheit eben nicht nur aus der Ecke, der man sich mehr zugehörig fühlt, sondern aus dem Diskurs in seiner Gesamtschau.
Und ich sollte nochmal über meine Texte lesen. Sorry dafür. Wahrnehmen heißt das Wort natürlich. Und tatsächlichen.
Ich finde du machst ein unnötiges Fass auf und die politische Einstellung deines Mannes geht dich überhaupt nichts an. Lass ihn doch lesen. Wie du sagst, es schadet nicht über den Tellerrand hinaus zu blicken. Welche Informationen er daraus zieht und was er damit anfängt ist doch sein Kaffee. Solange er sich nicht irgendwelchen radikalen Gruppen abschließt ist doch alles in Butter?!
Hallo,
Ich finde schon, dass mich die politische Einstellung meines Partners etwas angeht. Immerhin wird unser aller Leben durch Politik bestimmt. Mein Mann und ich sind zB seit 8 Jahren zusammen, 5 verheiratet und haben zwei Kinder. Dass wir politisch ähnlich denken, ist für mich Grundveraussetzung für eine funktionierende Partnerschaft. Wenn mein Mann zB anfangen würde verschwörungstheoretische Seiten zu lesen und zB die Kinder nicht mehr impfen möchte, hätten wir ein Problem. Oder wenn er anfangen würde Sätze zu sagen wie „Ich bin kein Rassist, ABER ...“
Natürlich kann man sich auch bei politischen Themen mal uneinig sein und darüber diskutieren. Aber ich zB könne mit einer Änderung der grundsätzlichen Ausrichtung nicht zurechtkommen.
LG
Ich nenne das sich das Leben unnötig schwer machen, aber ok.