Bindungsstörung oder aufgeschlossen?

Hallo, ich bin Mama von einer kleinen Tochter 14 Monate alt. Sie ist kein ganzes Glück, ich stille sie immer noch, trage viel, sie schläft in meinem Bett und sie ist nie in fremd Betreuung gewesen bisher. Sie ist schon immer super fröhlich, weint ausgesprochen wenig von Beginn an. Jetzt zu meinem Problem. Meine Kleine ist immer super aufgeschlossen, sie drückt fremden Leuten sofort Spielzeug in die Hand, winkt und shakert mit den Leuten, zb im Supermarkt. Sie hat auch schon mal die Arme nach fremden ausgesteckt, ich denke aber nicht, dass sie wirklich auf jeden Arm gehen würde. Lediglich bei einer Bekannten von mir, die sie gar nicht kannte, ist sie nach 10 min auf den Arm gehangen. Sie fremdelt wirklich wenig. Meist nur bei Männern, und da auch nicht bei jedem. Bei ihrem Opa den sie regelmäßig sieht fremdelt sie bis heute und will sofort zurück zu mir. Außerdem fängt sie nie an zu weinen wenn ich den Raum verlasse, solang jemand interessantes da ist. Sind wir beide alleine zuhause, darf ich nicht in einen anderen Raum ohne weinen. Sie ist auch relativ viel Papa bezogen, der durch die Pandemie natürlich komplett im homeoffice und verfügbar ist. Ich frage mich, ob da eine Bindungsstörung vorliegt oder ob sie eventuell nur so sicher ist, ich bin da. Ich war leider durch den ewigen lockdown auch leicht depressiv, was sie ja mit Sicherheit gemerkt hat und ich bin besorgt, dass es daran liegt. In dieser Zeit hat sie auch vermehrt dem Blick zu Papa gesucht, meinen manchmal gemieden. (Evtl. auch nur von mir so empfunden) Ich war aber „nur traurig“ und nicht extrem schwer depressiv. Ich habe sie immer gut umsorgt. Wie schätzen sie die Situation ein?

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Hi! Ich lese hier mal mit, denn mit diesem Thema bist du nicht alleine! Die Erzählung könnte 1:1 von mir sein, ausser, dass ich nicht traurig war, sondern überfordert. Da ich mir selbst so einen massiven Druck, alles perfekt zu machen, gegeben hab! Alles Liebe für Dich und Deine Familie ❤️

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Das beruhigt schon mal, wenn man weiß man ist nicht alleine. Ich will auch immer alles perfekt machen 🙈. Ich wünsche dir auch alles Gute ❤️

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Ich habe auch noch eine Ergänzung. Meine Tochter wird immer nur von mir ins Bett gebracht. Wenn sie müde ist, kommt sie nicht wie andere Kinder dann zur Mama und kuschelt sondern geht dann zum Papa oder Oma auf den Arm und meidet mich. Ist das ein schlechtes Zeichen oder nur Schlaf umgehen wollen?

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Hallo,

eine Bindungsstörung entsteht u.A., wenn man ein kleines Kind vernachlässigt, wenn ein Kind Gewalt in der Familie erlebt oder wenn ein Kind in sämtlichen Autonomiebedürfnissen völlig eingeschränkt wird. All dies können Sie sehr gut in diesem Buch nachlesen: https://www.klett-cotta.de/buch/Erziehungsratgeber/SAFE%C2%AE_-_Sichere_Ausbildung_fuer_Eltern/5858

Ihre Tochter zeigt Bindungsverhalten und auch Fremdelverhalten. Deshalb frage ich mich, warum Sie das Thema Bindungsstörung so beschäftigt?

Wichtig ist aber immer, dass Eltern auf die eigene psychische Gesundheit achten und sich bei depressiven Verstimmungen dann auch aktiv Hilfe suchen. Das merken Kinder natürlich sehr deutlich und manche Kinder versuchen dann auch durch bestimmte Verhaltensweisen, die Bindungsperson darauf aufmerksam zu machen. Das sind dann kindliche Lösungsversuche, die meist aber eine kindliche Überforderung darstellen. Vielleicht gehen die von Ihnen beobachteten kindlichen Verhaltensweisen in diese Richtung.

Die Beurteilung der Bindungsqualität ist grundsätzlich nicht im Rahmen einer Online-Beratung möglich, hierzu ist immer eine Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktion notwendig und Einschätzung der Bindungsqualität ist auch nur durch geschulte Fachleute möglich.

Ihre Tochter scheint ein offenes Temperament mitzubringen, was ihr hilft, neugierig die Welt zu erkunden. Sie als Eltern können ihre Tochter ja ganz aktiv dabei unterstützen, dass sie sich diese Eigenschaften bewahrt, aber auch lernt, gegenüber Fremden erst einmal eine abwartende Haltung einzunehmen. Das zu lernen ist ein wichtiger Schutzfaktor im Leben von Kindern. Hier ist also die elterliche Vorbildfunktion sehr wichtig.

Herzliche Grüße,

Eliane Retz