Hallo Paps!
Du hast vorgestern zu Eric gesagt, diesmal hat es dich richtig übel erwischt.
Die drei Jungs sind aus allen Wolken gefallen, hast du doch immer nur häppchenweise Informationen gestreut über deine Krankheit. Doch in den letzten Monaten ging es dir sehr oft schlecht, und du hast dennoch jedes Mal gekämpft.
Nun ist es leider traurige Gewissheit, wie es um dich steht. Ich hasse es, wenn ich in solchen Dingen recht behalte.
Doch ich möchte nicht schlecht reden. Wenn ich eines gelernt habe, in der Zeit seit ich Mutter bin, dann dass es für Kinder nichts Wichtigeres gibt als Sicherheit. Ich habe leider erst heute begriffen, dass immer Du es warst, der mir diese Sicherheit gab. Du warst einfach immer da, wenn ich dich brauchte. Du warst immer da, in dem Haus, wo wir alle groß geworden sind. Ich brauchte dich nur anzurufen, und du hast immer ein offenes Ohr für mich gehabt.
Leider haben wir beide uns sehr lange missverstanden. Ich habe dir oft das Leben schwer gemacht, und ich habe dir oft die Pest an den Hals gewünscht, damals, kurz bevor Mom und ich ausgezogen sind, und auch noch Jahre danach. Dennoch - Du hast immer zu mir gehalten. Hast mich niemals aufgegeben. Hast mir geholfen der Mensch zu werden, der ich heute bin. Das zu erreichen, was ich heute habe. Und ich - habe nichts verstanden.
Der Arzt hat gesagt, das Fass sei nun voll. Sie werden dich nie wieder hinkriegen. Es ist nicht mehr eine Frage von ob, sondern wann es soweit ist und du deinen letzten Weg gehen wirst.
Als wir dich vorhin besucht haben, bat uns der Arzt, dich zu fragen wie nun weiter verfahren werden soll. Ob du trotzdem weiterkämpfen willst, obwohl es keine Aussicht auf Heilung gibt sondern nur kurzzeitige Linderung. Oder ob du deine Ruhe haben möchtest. Ich weiß, du hast von Anfang an jedes Wort verstanden, doch du wolltest mir nicht gleich eine Antwort geben. Als du leise sagtest, sie sollen dich verlegen in eine Klinik, wo man dir noch weiterhelfen kann, fiel mir ein Stein vom Herzen in der Größe des Matterhorns, glaube ich.
Auch wenn es dein Leiden verlängert, wenn nur für ein paar Tage, bist du scheinbar noch nicht fertig mit diesem Leben.
Und auch wenn ich um jeden Tag dankbar bin, den ich mit dir verbringen kann, - denn es werden noch genügend Tage ohne dich folgen - möchte ich dir eines sagen: Mach es Dir nicht zu schwer. Mach dir nicht so viele Sorgen um uns Kinder, wir schaffen das schon. Du warst uns immer ein gutes Vorbild. Viel zu lang habe ich dir deine Schwächen vorgeworfen, ohne zu merken, wie du uns so ganz nebenbei viele wichtige Werte vermittelt hast, einfach indem du einfach du warst. Und es immer noch bist.
Ganz egal, was passiert ist oder passieren wird, und auch wenn ich vielleicht nicht immer bei dir sein kann, so bist du doch immer in meinen Gedanken. Du bist der beste Vater den es gibt. Und das wirst du auch immer bleiben.
Aber was rede ich denn, ich klinge ja als wärst du schon tot. Doch Totgesagte leben länger, das ist wohl dein Lebensmotto. Du willst keine Trauerstimmung in deinem Zimmer, das ist okay. Du kannst kaum sprechen, und machst trotzdem noch Witze.
Es steht sehr schlecht um dich, da müssen wir uns keine Illusionen machen. Doch du bist noch nicht fertig, du gehst erst wenn du soweit bist, keinen Tag eher. Ich bin gespannt, womit du uns noch überraschen willst.
Morgen komme ich dich wieder besuchen, mit deinen beiden Enkelchen, die du so sehr liebst. Andreas kommt auch mit. Vielleicht hast du ja genügend Kraft, dass wir noch ein bisschen reden können. Würde mich sehr freuen. Leider sprichst du nicht gern über Gefühle, darum muss ich meine kitschige Trauer anderswo los werden. Doch ich weiß ja, warum das so ist. Und was ich dir sagen möchte, werde ich so verpacken, dass du verstehst wie ich es meine.
Ich werde alles tun, was in meinen Möglichkeiten steht, um dich auf deinem letzten Weg zu begleiten. Dies ist meine einzige Möglichkeit, dir deine letzte Ehre zu erweisen. Und dir zu zeigen, wie sehr ich dir dankbar bin für alles, was du für mich getan hast. Wenn du gehst, werde ich da sein. Dies ist mein Versprechen an dich.
In Liebe
Dein Mädchen Michaela
Brief an den besten Papa der Welt (lang)
*schluck*
>>Und was ich dir sagen möchte, werde ich so verpacken, dass du verstehst wie ich es meine. <<
ja- das hab ich auch gemacht- und mein pa hat es verstanden.
So viel Liebe, wie du gibst, so viel Liebe und Achtung aus deinen Worten spricht .... er wird Dir, auch wenn er gegangen ist, immer ganz ganz nah sein.
Ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit.
lg
sparrow
Ich musste auch schlucken.
Ganz ehrlich,ich habe noch nie so einen tollen,ehrlichen und gefühlvollen Brief gelesen.
Super echt!
Was hat dein Papa wenn ich fragen darf???
Ich wünsch Euch allen ganz viel Kraft und trotzdem noch eine ganz schöne Zeit zusammen.
Deine Namensvetterin
MICHAELA
Sehr schööööööön!
Vergiss nicht Deinem Papa diese Zeilen zu geben.........
LG und alles Gute
Michaela
Das sind wunderbare Worte!
Viel Kraft wünsche ich dir!
Frechi
So schön geschrieben...
Gib deinem Vater diesen Brief.
Viel Kraft für die nächste Zeit.
i
Hallo Paps!
Leider haben sich meine Hoffnungen in den heutigen Tag nicht erfüllt. Du bist jetzt sehr schwach, daher konntest du mir nicht antworten als ich dich begrüßte.
Es tat weh, dich so schwach zu sehen. Doch ich glaube trotzdem, dass du alles mitbekommen hast.
Weißt du Paps, ich hatte befürchtet, dass das Leben komplizierter wird, dass es manchmal weh tut, dass man stark sein muss, wenn man erwachsen wird. Es hilft kein Davonlaufen, man muss sich den Tatsachen stellen, auch wenn sie noch so schmerzvoll sein mögen. Aber irgendwie habe ich auch doch ein bisschen gehofft, dass es einfacher sein würde, das Erwachsen-Werden.
Dies ist nun wohl der letzte Schritt auf meinem Weg ins Erwachsenenleben. Den letzten Anker, den Fels in der Brandung, die einzige wahre Konstante in meinem bisherigen Leben zu verlieren. Dich zu verlieren.
Da macht man sich Gedanken, wägt alle erdenklichen Eventualitäten ab, versucht sich auf alles was kommen könnte vorzubereiten, meint man steht mit beiden Beinen mitten im Leben, besitzt noch die irrwitzige Wahnvorstellung stark zu sein, und dann kommt sowas und schafft es dennoch einem den Boden unter den Füßen wegzureißen.
Aber ich kenne deine Einstellung nur zu gut. The show must go on, es muss irgendwie weitergehen. Ich weiß dass alles geordnet sein soll, wenn du gehst. Du hinterlässt keinen Trümmerhaufen. Du würdest nicht wollen, dass wir uns verlieren in Sorge und Trauer um dich. Du würdest wollen dass wir weitermachen, als hätte sich nichts geändert. Hat es eigentlich auch nicht - und wird es nicht. Und das weißt du. Du wirst immer bei mir sein. Denn ich trage dich und die Erinnerung an dich immer in meinem Herzen, solange ich lebe.
Ich bin so unglaublich dankbar und stolz, einen so wundervollen und ehrenhaften Menschen wie dich als Vater zu haben. Leider beschleicht mich das Gefühl, es dir viel zu selten gezeigt zu haben. Doch was nutzt es über verschüttete Milch zu klagen? Das wäre jetzt wieder deine Antwort.
Langsam, ganz langsam beginne ich, dich ein klein wenig zu begreifen. Du bist ein wunderbarer und fürsorglicher Vater, auch wenn es das Leben nicht immer gut mit dir meinte.
Leider hast du mir nie etwas von dir erzählt. Alles was ich weiß, kenne ich nur von Mom´s Erzählungen. Es brach mir das Herz als ich erfuhr, was mit deiner ersten Frau passiert ist. Doch du wolltest nie mit einem von uns Kindern darüber reden. Womöglich war es besser so.
Ich wünsche mir nur eines: Dass ich dir auch nur annähernd gerecht werden kann. Dass ich meinen Kindern das weitergeben kann, was du uns vermittelt hast. Dass ich für meine Kinder das sein kann, was du für uns bist. Du weißt ja, Kinder sind das wunderbarste Geschenk das es gibt.
Ich muss jetzt mal Schluss machen für heute, habe noch einen Berg Arbeit vor mir. Aber wir sehen uns morgen. Da geht es dir sicherlich wieder etwas besser.
In Liebe
Dein Mädchen Michaela
Hey Paps!
Leider konnte ich Dich heute nicht besuchen. Aber die drei Jungs waren bei dir und haben mir erzählt, dass die Dialyse dir gut getan hat.
Du konntest sogar schon ein klein wenig reden. Aber man muss darauf achten, dass dich nichts aufregt, weil dein Kreislauf leider sehr instabil ist.
Morgen werde ich dich besuchen, und ich nehme deine kleine Engelin mit. Sie ist ja schon so groß geworden, und krabbeln kann sie auch schon. Und sich allerlei Krimskrams in den Mund stopfen.
Ich freue mich sehr darüber, dass du die Dialyse verkraftet hast, obwohl uns die Ärztin geschimpft hat als wir dich zu ihnen brachten.
Ich freu mich so auf morgen. Wir sehen uns Paps.
In Liebe
Deine Tochter