Hallo,
am letzten Freitag ist mein Vater ziemlich plötzlich im Alter von 57 gestorben. Er hatte seit drei Jahren Krebs, aber da es ihm eigentlich in den letzten Wochen gut ging, kam es für meine Familie und mich sehr plötzlich. In den ersten beiden Tagen habe ich sehr viel geweint, aber das geht irgendwie momentan gar nicht mehr. Ich habe, das Gefühl, dass ich gar nicht mehr spüre und meine Erinnerung an meinen Vater verloren gegangen sind.
Ich habe mir gestern Fotos von ihm angeguckt und ich habe nichts gefühlt. Ich bin eigentlich ein sehr emotionaler Mensch und habe sehr an meinem Vater gehangen. Ich verstehe nicht, warum ich jetzt so emotionslos auf seinen Tod reagiere. Wir müssen momentan auch viel wegen der Beerdigung organisieren und auch das geht völlig problemlos und fällt mir gar nicht so schwer. Ich habe immer gedacht, dass wenn ich ein Elternteil verliere, ich in den ersten Tagen und Wochen zu nichts mehr in der Lage bin. Ich bin dann aber am Montag wieder zur Uni gegangen und irgendwie ist mein ganzer Alltag schon so normal. Das einzige, was ich an mir bemerke ist, dass ich sehr gereizt bin und manchmal auch richtige Aggressionen gegen manche meiner Mitmenschen spüre. Auch gut gemeinte Ratschläge und tröstende Worte nerven mich eher als das sie mir helfen.
Ich bin richtig geschockt über meinen Zustand und habe Schuldgefühle meinem Vater gegenüber. Ich weiß nicht, vielleicht liegt es auch daran, dass ich seinen Tod noch gar nicht richtig realisiert habe und mir noch nicht ganz bewusst ist, dass ich ihn nie wieder sehen werde. Es ist das erste mal, dass ich einen geliebten Menschen verloren habe. Kennt das vielleicht jemand und ist das eine normale Reaktion auf eine solche Situation? Über eine Antwort würde ich mich freuen.
Liebe Grüße, Sophie
Vater gestorben, Trauerprozess
Hallo,
erstmal tut es mir sehr leid für Dich, ich weiß wie Du dich fühlst.
Mein Vater ist vor 10 Jahren an krebs gestorben. Eigentlich weiß man dass der Tod jeder Zeit eintreten kann und wenn es dann passiert ist man doch völlig geschockt.
Da ich in der Altenpflege arbeite und auch mit den Tod konfrontiert werde hatten wir mal eine tolle Fortbildung. Dort ging es um Tod, Sterbebegleitung und Trauerverarbeitung für uns und Angehörige. Was mit besonders gut gefiel war das Thema...Trauerphasen nach Verena Kast.
http://www.lacrima-muenchen.de/service-wissen/hintergrundwissen/trauerphasen-nach-verena-kast.html
Dort wurde mir einiges klar, als mein Vater damals starb. Und mir kam alles so bekannt vor. Über meine Gefühle und Gedanken.
Vielleicht hilft es Dir auch, das was Du durchmachst (dieses gleichgültig? fühlen) ist völlig normal und gehört auch zur Trauerbewältigung.
Auf der Seite sind auch noch andere Arten von Trauerbewältigung zu lesen und eigentlich gleichen sich alle. Auf jedenfall lesenswert.
LG Sandra.
mein Mitgefühl für dich.
Ich persönlich glaube ja das dies ein Schutzmechanismus ist.
Du hast jetzt so viel um die Ohren und funktionierst eben.
Mir ging es ähnlich, bis zum Zeitpunkt als ich in die Kapelle eintrat und das Bild meines Vaters sah...
mehr später mich holen gerade die Emotionen ein.
Karna
Liebe Sophie,
Erstmal eine ganz ganz dicken von mir.
Ich habe meinen Papa vor 11 Monaten verloren und die ersten Tage habe ich auch nur noch geheult und ich dachte ich wuerde den Schmerz nicht aushalten. Aber dann kam die Phase wo ich einfach nicht mehr heulen konnte,ich fuehlt mich wie ausgetrocknet und konnte Menschen um mich nicht ertragen, nichtmal meinen Mann,Mutter und Geschwister. Ich dachte keiner versteht mich nur ich habe in so sehr geliebt. Aber all das hat sich dann wieder gelegt.
Mach dir keine Gedanken darueber,im Trauerprozess geht man durch viele Phasen und bei jedem ist es anders. Lebe deine Trauer wie du es fuehlst und empfindest. Es ist noch zu frisch. Gib dir Zeit und trauer wie du mochtest ohne Gewissensbisse. Der Trauerprozess hat verschiedene Phasen und die solltest du ausleben damit deine Wunde irgendwann heilen kann ohne eine tiefe und verkrustete Narbe zu hinterlassen.
Mir hat meine Therapie sehr viel geholfen meine Trauer zu bewaeltigen und sie auszuleben.
Aber bitte nimm dir Zeit.
Ich wuensche dir ganz viel Kraft und du kannst dich wann immer du moechtest bei mir melden. Falls du jemanden zum Zuhoeren brauchst ich bin da.
Ganz liebe Gruesse und Kraft,
Dimitra
Hallo,
Erst einmal tut es mir wirklich sehr leid für dich und deine Familie.
Mein Schwiegervater ist auch im Juni an krebs mit 57 Jahren verstorben. Mein Mann und ich hingen auch sehr an Ihm. Bei uns war es das selbe. Erstmal ging das leben weiter. Wir haben Ihn ja nicht jeden tag gesehn. Deshalb viel sein Tod estmal garnicht auf. Und durch die organisiererei wurde an auch abgelenkt. Man realsiert glaube ich im ersten Moment nicht einmal für wen das alles organsiert wird. Aber so schlimm das auch jetzt klingt. Die zeit wird kommen wo man es merkt das er fehlt. Jetzt tut es jeden tag schmerzlich weh in nicht mal eben anrufen zu können oder vorbei zu gehen. Der schmerz wird auch nicht weniger aber ich denke man lernt mit Ihm umzugehen.
Sorry für das durcheinander und bitte nicht auf die rechtshreibung achten, bin total geschafft.
LG Yvi
Hallo,
vielen Dank an alle. Eure Antworten haben mir sehr geholfen. Ich muss mir wahrscheinlich selber mehr Zeit geben und nicht zu hohe Erwartungen an meine eigene Trauer stellen. Vermutlich ist das wahrscheinlich wirklich nur eine Art Schutzmechanismus, den ich mir aufgebaut habe. Es fühlt sich nur momentan alles irgendwie falsch an. Vielen Dank nochmal.
Liebe Grüße, Sophie
Hallo,
zuallererst möchte ich Dir mein Beileid aussprechen.
Mein Vater starb im Februar 2009 mit 56 Jahren an Darmkrebs.
Die ersten Tage, wenn nicht Wochen war ich völlig gefühlsarm...im nachhinein war das wie ein Schockzustand, vielleicht eben auch ein Schutzmechanismus... erst nach dieser Zeit wurde mir das ganze Ausmaß bewußt, auch Erinnerungen kamen hoch....das ich eben keinen Vater mehr habe, das er nicht wiederkommt, das meine Ma mit 50 Jahren nun Witwe ist und ich alle Welt beneide, weil sie noch einen Vater haben....in dieser Zeit habe ich viel geweint, viel mehr als in den ersten Wochen....das schlimme für mich war lange Zeit das sich die Welt um mich herum natürlich weiter drehte...immer weniger im Bekanntenkreis usw. über den Verstorbenen geredet wird, obwohl man selbst noch so seht trauert....ich war regelrecht wütend auf sogut wie alle Menschen...war teilweise ungerecht, warum dürfen andere so alt werden...aber mein Paps nicht usw....heute nach eineinhalb Jahren denke ich täglich noch mehrmals an meinen Vater...das Leben geht weiter aber so vieles hat sich eben geändert....es ist nicht immer leicht damit klarzukommen....Dir wünsche ich dazu viel Kraft!
Dein Verhalten ist vollkommen normal. Das hat nichts mit Emotionslosigkeit oder Kälte zu tun.
Trauern ist ein seeehhhhrrrr langer und ausschweifender Prozess.
Ich verlor im November 2000 meinen Vater an Krebs. Die erste Zeit nach seinem Tod konnte ich auch wenig bis gar nicht weinen. Ich war innerlich wie erstarrt, erfroren oder wie auch immer man das nennen mochte. Für mich war es auch kein Problem, seine Beerdigung und alle damit verbundenen organisatorischen Dinge abzuwickeln. Ich funktionierte wie eine programmierte Maschine.
Eine meiner damaligen Arbeitskolleginnen sprach mich Wochen nach seinem Tod einmal an, dass man bei mir sehr schön die Phasen der Trauer beobachten konnte. Denn die erste Zeit war ich ähnlich wie Du recht aggressiv.
Diese Aggressionen entwickelten sich aus Überforderung, wenn jemand was von mir wollte, ich mit meinen Gedanken ganz woanders war und auch, wenn ich über meinen Vater sprach. Ich redete nicht schlecht über ihn, aber in meinen Worten war wohl schon rauszuhören, dass ich ihn ankreidete, mich nun hier allein gelassen zu haben. Der "Schweinehund" ist einfach gegangen und hat mich hier zurück gelassen.
Viele, viele Wochen später kam dann die Phase, wo ich gern über ihn geredet habe und schöne Geschichten erzählt habe und viel mit anderen Leuten über Episoden seines Lebens gelacht habe.
Ich war damals dabei, als er starb, es war kein schönes Bild, wie er starb. Ein paar Tage später merkte ich jedoch, dass ich mich an die Bilder, die eigentlich noch hätten sehr präsent sein müssen, nicht wirklich erinnern konnte.
Der Kopf schützt sich auch vor unangenehmen Dingen und verdrängt diese.
Ich hatte auch das Gefühl, dass ich seine Stimme und alles was ihn zu gesunden Zeiten ausmachte, weg bzw. ganz weit entfernt waren. So als wäre er schon 1000 Jahre nicht mehr da.
Doch die Erinnerungen an seine Stimme und seine Schritte und vieles mehr kamen wieder.
Alles dauert seine Zeit.
Im Sommer d. J. verlor ich meine Mutter, ebenfalls an Krebs. Die Bilder ihres Ablebens ähnlich. Ich konnte auch die erste Zeit nicht weinen.
Ich war sehr gut in den mechanischen nötigen Abhandlungen von nötigen Dingen. Aber wirkliche Emotionen.... Ja manchmal, wenn mir ein anderer Punkt in meinem Alltag passierte, der das Fass zum Überlaufen brachte.
Dann bin ich hochgestürmt in unser Schlafzimmer, dort steht "ihr Leben" in 50 Umzugskartons verpackt und habe diese angeschrien und geweint und immer gefragt, warum, warum, warum??????
So richtig trauern und weinen kann man meistens erst, wenn man zur Ruhe kommt. Zur Ruhe kommt man aber erst, wenn die ganzen Formalitäten abgewickelt sind.
Die Bilder und das Geschehene sind in Deinem Unterbewußtsein noch so präsent, Dir vielleicht nicht wirklich real bekannt, doch das sitzt da und der Schock schützt den Kopf vorm Durchdrehen. Stellt einen ruhig für eine Gewisse Zeit.
Die wirkliche Trauerarbeit beginnt erst, wenn Ruhe bei Euch eingekehrt ist. Dann kann auch passieren, dass Du anfängst von Deinem Vater zu träumen, das ganze erlebte im Kopf aufzuarbeiten.
Gib Dir Zeit!!!!!! Viel Zeit!!!! Du bist ganz normal!!!!
Viel Kraft für die kommende Zeit!!!!
LG Janette