Wann kommt das Begreifen?...

Nun ist es genau vier Wochen her, dass ich vom Tod meiner Mutter erfahren habe. Ich habe geweint, getobt, fast gekotzt vor Trauer und Schmerz... Warum jetzt, mitten in meiner zweiten Schwangerschaft, vom Kindsvater verlassen, ganz allein? Ich begreife es einfach nicht.

Vorgestern war die Beerdigung, endlich. Ich habe ihr so entgegengefiebert, wollte endlich abschließen. Zumindest mit dem Formellen.

Sie war wunderschön, unter den gegebenen Umständen. Statt Pfarrer, der als fremde Person etwas über meine Mutter hätte erzählen müssen, haben wir den intimen Weg gewählt: Mein Vater, mein Onkel, ein enger Freund... alle haben das Leben meiner Mutter erzählt, jeder auf seine Sichtweise. So fügten sich Puzzleteile aneinander und ergaben das vollständige Bild meiner geliebten Mutter. Alle waren gerührt und man konnte wirklich Abschied nehmen.

Aber trotzdem ist es immer noch so, dass ich es einfach nicht begreife. Manchmal kommt alles hoch, dann schießen mir von jetzt auf gleich Tränen in die Augen und ich befürchte, ich breche zusammen. Aber meistens verdränge ich den Tod meiner Mutter. Ich habe das Gefühl, sie ist auf einer großen Reise und kommt irgendwann wieder. Sie kommt dann wieder, um mich, ihren Enkel, ihre ungeborene Enkelin zu sehen, mich fest in den Arm zu nehmen und für mich da zu sein.

Aber es wird nicht wieder passieren.
In manchen Momenten sehe ich klar und verstehe es auch. Aber im nächsten erscheint es mir so unvorstellbar. Wie soll ich ohne meine Mami leben? Wie soll ich zwei Kinder allein groß ziehen ohne ihre Hilfe, ihre Ratschläge, ihr Dasein?

Ich vermisse so sehr ihre Stimme, ihr Lachen, ihr Räuspern, ihre Lebendigkeit, die alle Räume sofort ausgefüllt hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich dies nie wieder erleben soll. Ich frage mich immer, wie soll ich damit leben...?

Wann kommt endlich das Begreifen? Kommt es jemals oder habe ich für den Rest meines Lebens das Gefühl, in einer riesigen Seifenblase zu leben? Wache ich jemals auf? Ich fühle mich gefangen wie in einer Matrix... Die Realität schwimmt an mir vorbei...
Es war einfach zuviel in letzter Zeit, was ich begreifen muss...

Anne mit Jonathan (4 Jahre, 5 Monate) fest an der Hand und #schwanger 33. Woche

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Mir geht es sehr sehr ähnlich...deshalb kann ich dir leider keine antwort darauf geben. Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Glück, dass für dich bald bessere Tage einkehren und du andere liebe Leute um dich hast, die dich unterstützen.

#liebdrueck

Hinzu kommt bei mir, dass es ja nun auch schon länge so war, dass wir nicht mehr so viel zusammen unternehmen konnten wegen ihrer Krankheit, daran hab ich mich also schon ne Zeit vorher gewöhnen müssen. Selbst gemeinsam frühstücken passte oft vorne und hinten nicht, weil sie einen total gestörten Tag-Nacht-Rhytmus hatte etc....jedenfalls hätte ich es mir so sehr etwas anders gewünscht und irgendwie mache ich mir Vorwürfe, auch wenn ich weiß, dass es einfach nicht anders ging. Ohne Führerschein und fast zwei Jahre ohne Auto mit einem, später zwei Klein(st)kids ist "mal eben nen Kaffee trinken fahren" schwierig...

Es ist bisher kein Tag vergangen an dem ich nicht geweint habe....kurz zusammengebrochen bin...ich frage mich heute ganz besonders, wann es wohl erträglicher werden wird...

Sie fehlt mir so sehr, ich habe die Bilder in meinem Kopf....aus Zeiten in denen das alles angefangen hat mit dem Krebs...aus Zeiten wo es ihr wieder besser oder sogar richtig gut ging....und die Bilder als sie tot in ihrem Hospizbett lag...wie kalt sie war...

Wann hört es auf? Wann fängt "Abschließen" an? Dass ihr Leben jetzt aufgelöst wird (Wohnung) tut mir so sehr weh...es macht die Sache für mich irgendwie unendlicher...sie kann nirgendwo wirklich einkehren nach ihrer Reise, also wird sie nicht wiederkommen....

Ich liebe dich so sehr Mama...

#kerze

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Hallo

ich glaube das ist nicht einzuschätzen.Der Schmerz wird noch eine ganze Weile dein Begleiter sein.
Trotzdem wage ich zu behaupten, das diese Verzweiflung irgendwann schwächer wird, auch die körperlichen Symptome mit der Zeit abnehmen.
Du trägst neues Leben in dir.
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Ich glaube man will einfach nicht begreifen, das der Verstorbene wirklich weg ist.
Deine Situation ist besonders tragisch, du hättest deine Mutter sehr gebraucht.:-(
In der Schwangerschaft wird das Begreifen sich bestimmt verzögern, der Körper und die Psyche versuchen ja das Kind zu schützen.

Du schaffst es bestimmt irgendwann, auch weil du Kinder hast.
Eines Tages überwiegen Dankbarkeit und Liebe, auch wenn das jetzt noch nicht vorstellbar für dich ist.

Alles Gute für dich und viel Kraft

wünsche ich dir.

L.G.

Asbo

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hallo , ich kann dir da leider auch keien antwort drauf geben ,weil ich keien habe und mich das selber frage .denn ich erlebe gerade das selbe sogar in doppelter hinsicht denn ich habe meien beiden eltern innerhalb von 10 wochen verloren .meien mutti ist am 13.10.2011 zu den sternen gegangen und mein vati musten wir am 23.12. zu den sternen ziehen lassen .ich weiss wie du dich fühlst ich fühle mich auch so und kann das alles nicht begreifen und habe das gefühl ich habe einen schlechten traum aus dem ich nicht aufwache .der schmerz ist jeden tag unerträglich .lass dich unbekannterweise drücken ich wünsche dir für die nächste zeit ganz viel kraft .gruß dani

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<< Wie soll ich ohne meine Mami leben? Wie soll ich zwei Kinder allein groß ziehen ohne ihre Hilfe, ihre Ratschläge, ihr Dasein? >>

Liebe Anne,

Du bist 32 Jahre alt, selbst längst eine erwachsene Frau und wirst es schaffen müssen!

Du hast Erfahrung durch Dein erstes Kind. Damals hat Dir Deine Mama noch geholfen. Da Dein Jonathan gerade erst vier Jahre alt ist, wirst Du auch all die guten Ratschläge Deiner Mama noch nicht vollständig vergessen haben und sie in wenigen Wochen bei Deiner Kleinen weiter anwenden können.

Deine Mutter würde Dich jetzt an den Ohren packen und Dich auffordern, Dich zusammenzureißen, wenn sie könnte. Und damit hätte sie völlig Recht. Du bist auch alleine lebensfähig, Du musst nur bereit sein, Dich darauf einzulassen. Die Frage nach dem Warum bringt Dich nicht weiter, sondern bremst Dich nur aus. Deine Frage muss jetzt wie ein Mantra lauten "Womit fange ich an" - so gelangst Du aus dem Tal der Tränen wieder zurück an die Sonne.

Dass Schmerz, Trauer und Fassungslosigkeit nach gerade einmal vier Wochen noch riesig sind, ist doch völlig normal. Aber Du bist nicht allein! Da ist Dein Kind, das zweite ist schon fast da und Deinen Papa hast Du auch noch. Da die Beerdigung jetzt erst stattgefunden hat, konntest Du mit der Trauerarbeit ja noch gar nicht wirklich beginnen. Bis man tatsächlich damit konfrontiert wird, einen Sarg oder eine Urne in ein erdiges Loch gleiten zu sehen, hängt man nach dem Tode eines nahen Angehörigen geradezu unwirklich in der Luft. Man kann vorher nicht anfangen, abzuschließen.

Sehr erschwerend kommen die ungnädige Jahreszeit mit dem Fest aller Familienfeste, Neujahr, Kälte und diesen elenden, langen, dunklen Nächten dazu. Eine Zeit, in der man feiern und wahrhaftig niemanden verlieren möchte, aber in der dennoch die meisten Menschen sterben.

Verdrängen darfst Du den Tod nicht, Du musst Dich ihm im Gegenteil stellen. Er ist immer und unabwendbar der letzte Teil des Lebens, so wie wir es kennen. Lach dem Tod ins Gesicht, denn er kann Euch nicht trennen. Mit der Reise Deiner Mutter hast Du Recht. Sie hat sich auf die schönste Reise gemacht, auch wenn das die Hinterbliebenen nicht so sehen können. Ihre Liebe hat sie hier gelassen, bei Dir und Deinen Kindern.

Kopf hoch. Es dauert, aber es wird wieder gut. In etwa sieben Wochen schenkst Du neues Leben - vielleicht keht Deine Mutter schon dann auf gewisse Weise wieder zu Dir zurück: in den Augen Deines Babys.

Herzlich, liebelain (die Dich hiermit stellvertretend für Deine Mutter sanft an den Ohren zieht)

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Diese Verzweiflung wird mit der Zeit wirklich schwächer.Zumindest bei mir.
Meine Mutter ist vor 3,5 Jahren gestorben und es war schlimm, schlimm, schlimm. Es ist wirklich furchtbar, seine Mutter zu verlieren.

Mit der Zeit wurde es besser. Heute kann ich über sie erzählen, ohne in Tränen auszubrechen und kann mir auch Fotos anschauen.

Es wird besser, glaubs mir.

Ich wünsche dir viel Kraft in der kommenden Zeit.

LG