Mehrsprachige Erziehung: wenn 1 Elternteil die andere Sprache nicht spricht

Hallo.
Situation: Kinder werden zweisprachig erzogen, nach OPOL-Methode. Sagen wir einmal, Mutter spricht deutsch, Vater chinesisch. Familie lebt in Deutschland, Eltern sprechen deutsch miteinander. Der Vater aber eben konsequent chinesisch mit den Kindern.
Wie geht ihr als Mutter damit um, dass ihr die chinesische Konversation nicht versteht? Nicht mitreden könnt? Ein paar Worte versteht ihr, ein paar Sätze die eben mit Kindern immer wieder kommen auch. Klar. Aber, wenn sich richtig unterhalten wird, dann versteht ihr nichts. Der Vater versteht und spricht ja deutsch, kann sich also jederzeit bei einem Gespräch einklinken bzw seine Meinung kundtun.
Wird alles immer übersetzt? Hemmt ja auch das Gespräch.
Dass die Mutter besser chinesisch lernt, ist fast ausgeschlossen.

Hier führt es momentan zu Konflikten. Mutter fühlt sich teils ausgeschlossen. Dazu kommen natürlich kulturelle Erziehungs-Stile, die dann nicht direkt wahrgenommen werden können oder sogar eingegriffen werden kann.

Meinungen oder Erfahrungen dazu? Danke.

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Genau dafür gibt es dann eine Familiensprache. Also wenn das Kind mit dem Vater alleine ist, wird Chinesisch gesprochen. Ist es alleine mit der Mutter wird Deutsch gesprochen. Sind Vater, Mutter und Kind zusammen wird Deutsch gesprochen.
Natürlich kann es dann vorkommen, dass Vater und Kind zusammen spielen und die Mutter in Hörweite ist, aber eigentlich nicht Teil der Unterhaltung und dann nichts versteht, dann ist das aber trotzdem Papazeit.

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Danke für deinen Beitrag und den Hinweis, dass die Familiensprache deutsch ist. Eigentlich schon, ja. Aber der Vater spricht momentan eben konsequent chinesisch mit den Kindern. Also auch zB beim Abendessen die Frage "Willst du noch eine Portion Nudeln?" an das Kind gerichtet auf chinesisch, an die Mutter gerichtet auf deutsch.
Wäre natürlich ein Lösung, bei solchen Situationen deutsch zu sprechen, aber das reduziert das chinesische auf sehr wenige Momente. Hm.

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Wenn Kinder sprechen lernen, geht es doch anfangs um konkrete Dinge, die sich immer wiederholen. Dinge, die man sehen kann und nicht so abstrakte wie Gefühle. Wenn die Mutter häufig dabei ist, wird sie das doch automatisch mitlernen? Und dann später auch die abstrakten Dinge, wenn die Gesprächsinhalte komplexer werden?

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Hallo!

Als mein erster Gedanke zu deinem Beitrag: „Wenn es funktioniert, wird es ein toller Mehrwert für die Kinder später sein.“

Dass die Mutter bei einer Konversation zwischen Vater und den Kids später mal ausgeschlossen werden kann, ist nicht schön aber wenn die Möglichkeit besteht, dass das Kind nach einigen Jahren zwei Sprachen halbwegs fließend spricht, würde ich „das Projekt“ deshalb nicht verwerfen.

#MeineMeinung.

Ich kenne keine Familie, die eine zweisprachige Erziehung durchgezogen hat. Finde die Idee total interessant wenn es funktioniert.

Liebe Grüße
Tedd

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Danke für deine Meinung. Für die Kinder funktioniert es gut. Was nicht bedacht wurde: für die Mutter fühlt es sich nicht gut an.

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Naja, der Vater hat auch die Leistung erbracht, Deutsch zu lernen, so dass er Konversationen zwischen Mutter und Kindern versteht. Aus meiner Sicht wäre es an der Mutter, umgekehrt dann halt auch chinesisch zu lernen oder zumindest ein gutes passives Verständnis aufzubauen. Dem Vater irgendwelche Beschränkungen aufzuerlegen oder ein schlechtes Gewissen zu machen, weil er mit den Kindern in seiner Muttersprache spricht, ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Wenn die Mutter den zugegebenermassen vermutlich relativ beschwerlichen Weg nicht gehen will, ist es aus meiner Sicht ihre Entscheidung. Mit den Begleiterscheinungen muss sie dann leben.

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Ich bin kann beide Seiten gut verstehen. Mein Vorschlag wäre, dass der Papa als Kompromiss abwechselt. Wenn die Mutter dabei ist, dann einen Tag deutsch und am anderen Tag chinesisch mit den Kindern spricht. Dass der Vater nur noch chinesisch mit den Kindern spricht, wenn die Mutter garnicht anwesend ist, fände ich zu wenig um die Sprache festigen zu können.

Ich spreche da aus Erfahrung: Ich habe erst mit 3 Jahren im Kindergarten angefangen deutsch zu lernen und zuhause haben wir ausschließlich meine Muttersprache gesprochen, aber dennoch habe ich im Laufe der Jahre mangels Routine schon so viel verlernt dass ich es inzwischen meiner eigenen Tochter leider nicht mehr fehlerfrei beibringen kann. Viel Vokabular ist einfach in Vergessenheit geraten. Ich verstehe zwar fast alles, aber als ich im Heimatland meiner Eltern war, hab ich mich teilweise auf englisch besser verständigen können. Finde ich unglaublich schade, aber im Nachhinein weiß man es immer besser.

Wie alt sind eure Kinder? Bei den meisten in meinem Umfeld (einschließlich mir selbst) wurde irgendwann sowieso nur noch deutsch bevorzugt. Mit Glück war es nur ne kurze Phase, sodass nichts verloren ging. Schätzt und nutzt daher die Zeit, in der sie noch offen gegenüber der chinesischen Sprache sind, denn wenn sie später von selbst nicht mehr wollen erwirkt man unter Druck nur das Gegenteil von Interesse dafür.

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Für mich war die Entscheidung zur zweisprachigen Erziehung der Ansporn endlich Polnisch zu lernen.
Ich wollte nicht nur ein bisschen was verstehen, sondern wollte mitreden können. Ich spreche trotzdem weiterhin deutsch mit unserer Tochter und kann auch nicht perfekt polnisch aber für den alltäglichen Gebrauch reicht es mittlerweile.

An deiner Stelle wäre es mir auch unangenehm, die Zweisprachigkeit würde ich deshalb aber nicht beenden, weil eure Kinder davon ja profitieren können.

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Ich bin da der Meinung, dass die Mutter sich ein bisschen anstrengen könnte um mehr Mandarin zu lernen. Geht ja auch im Alltag mit.
Klar, das ist eine schwere Sprache, aber Deutsch auch und der Vater hat es auch geschafft. Vielleicht wird sie es nie perfekt beherrschen, aber ein bisschen.
Meine Mutter hat auch katalanisch gelernt, einfach um mit ihrem Schwiegeropa zu reden. Wie geht das denn mit der väterlichen Verwandtschaft?

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Mit der Verwandtschaft wird Deutsch oder Englisch gesprochen.

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Hallo,

Meine Kinder sind tatsächlich in einer ähnlichen Konstellation groß geworden. Vater Sprache 1, die auch Umgebungssprache ist, Mutter Sprache 2. Ich spreche beide Sprachen auf muttersprachlichem Niveau. Als die Kinder auf die Welt kamen, sprach mein Mann überhaupt kein Deutsch. Aber es war nie ein Thema, dass er sich ausgeschlossen fühlte oder nicht integriert.
Wenn es wichtig war, wurde entweder übersetzt oder gleich in der Umgebungssprache gesprochen. Das ist auch heute noch so. Gespräche am Tisch sind eine fröhliche Mischung aus Deutsch (mit mir), Französisch (mit dem Papa/Ehemann) und je nach Thema dann halt alle auf Französisch.

Tatsächlich dachten wir am Anfang, mein Mann würde schon mit den Kindern deutsch lernen, aber ein Erwachsener lernt Sprache ganz anders als ein Baby/Kleinkind, das hat also nicht geklappt. Da wir in Frankreich leben, hat sich für ihn die Notwendigkeit, richtig deutsch zu lernen auch nicht ergeben. Heute versteht er viel, spricht ein paar Brocken und wir schalten um auf seine Sprache, wenn es wichtig ist.

LG
fontaine

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Hä?
Ist doch der Sinn der Sache,ich habe griechisch mit den Kindern gesprochen und mein Mann Deutsch….wie er damit umgegangen ist,er hat sich gefreut das seine Kinder ohne Aufwand eine weitere Sprache lernen.
Also bei Urbia liest man ja wirklich viel bezüglich komische emotionale Zustände,aber in dem Fall absolut nicht nachvollziehbar für mich.

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Ui, du findest es wirklich einen "komischen emotionalen Zustand", wenn sich die Mutter ausgeschlossen fühlt beim Abendbrottisch, wenn dort längere Zeit nur chinesisch gesprochen wird?
Grundsätzlich ist die Mutter ja auch dafür, dass die Kinder beide Sprachen lernen, sieht die Vorteile etc. Aber richtige Familienunterhaltungen sind eben gar nicht möglich, wenn der Vater konsequent chinesisch spricht. Beispiel: Geht es darum, wie man mit einem Lehrer umgeht, der einen anderen Mitschüler aus Sicht des Kindes ungerecht behandelt, wird die typisch "chinesische" (Autoritäten sind in jedem Fall zu respektieren und haben Recht) und die "deutsche" Antwort (kritische Nachfrage grundsätzlich immer erlaubt) darauf i.d.R. anders ausfallen. Die Eltern wollen ja beide Sichtweisen dem Kind mitgeben. Keine ist allein richtig oder falsch. Aber ein solches Gespräch über unterschiedliche Herangehensweisen spontan zu führen, wäre eben nur auf deutsch möglich.

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Naja du hast gut reden. Du warst in der Position alle Gespräche zu verstehen. Da kann man das leicht sagen.

Ich verstehe die TE und würde diese Konstellation auch nicht wollen.

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In meinem Umfeld gab es die Konstellation: Vater englisch, Mutter russisch, Kita und Freunde deutsch...
Dort hat in der Familie untereinander keiner deutsch gesprochen und der Vater konnte kein russisch.


"Dazu kommen natürlich kulturelle Erziehungs-Stile, die dann nicht direkt wahrgenommen werden können oder sogar eingegriffen werden kann."

Da gehört natürlich Vertrauen dazu. Ihr solltet euch klar sein wie erzogen wird. Aber auch in einer Familie wo eine Sprache gesprochen wird, sollte nicht vor dem Kind eingegriffen werden.
Hier müssen dann die Eltern sich besprechen wie sie vorgehen wollen oder im Nachgang erfragen, was denn gerade gelaufen ist.

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Ja, ich denke, es geht natürlich viel auch um kulturelle Unterschiede. Grundsätzlich sind sich die Eltern einig. Auch darüber, dass den Kindern beide Kulturen gezeigt und vorgelebt werden sollen, keine Kultur "überlegen"/wichtiger ist. Ich habe oben ein Beispiel gebracht. Da wäre eine spontane Kommunikation und Mitteilung der Meinung der Mutter eben wichtig, geht aber nicht, weil sie nicht genau verstanden hat, worum es beim Gespräch Kind-Vater geht. Beispiel: ein Mitschüler wird aus Sicht des Kindes ungerecht behandelt. Typisch chinesische Antwort: Autorität ist zu respektieren. Typisch deutsche Antwort: kritische Nachfrage immer erlaubt.

Bearbeitet von Sprache
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Was hindert die Mutter denn nun daran, chinesisch so weit zu lernen, dass sie versteht, was gesprochen wird? Antworten kann sie ja danach immer noch auf deutsch. Dafür braucht man vermutlich etwa Niveau A2, das sollte man in einem Sprachkurs nach etwa ein oder zwei Jahren erlernt haben, zumal man ja genügend Übung zuhause kriegt. Ich habe das gleiche Problem mit Expats, die in meinem Betrieb arbeiten und nach sechs Jahren Aufenthalt in der Schweiz immer noch jeden Pieps übersetzt brauchen. In der Zeit haben gewisse Leute fliessend Deutsch irgendwo im Bereich C1 gelernt, während andere jammern, dass es irgendein Behördenformular, wo man nur Name und Adresse angeben und zwei Felder ankreuzen muss, nicht auf englisch gebe. Diesen Unwillen, die offensichtliche Lösung für ihr Problem anzugehen, finde ich ehrlich gesagt etwas lächerlich.

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Naja so viel Spielraum ist da leider nicht. Möchtet ihr, dass beide Sprachen gelernt werden, muss er auch vor dir seine Sprache sprechen - sonst ist es vermutlich einfach zu wenig. Wenn du die Sprache nicht lernen möchtest, wirst du also nichts verstehen. Dass er im Gegenzug alles versteht, was du mit dem Kind redest, wirst du ebenfalls nicht ändern können. Ich würde die Chance ehrlich gesagt einfach nutzen, um seine Sprache gleich mit zu lernen (ich kann die meines Mannes auch nicht super, aber versteh schon worum es geht, kann mich irgendwie mitteilen und das ohne konkretes lernen). Dein Mann wird kindlich mit eurem Kind reden bzw. vereinfacht. Das ist deine Gelegenheit. Frag nach, was er da grad gesagt hat. Frag was welches Wort bedeutet. Auch Kinderserien auf einer anderen Sprache sind optimal, um nebenher zu lernen. Eine großartige andere Möglichkeit sehe ich leider auch nicht …