Wie geht’s euch nach einer Abtreibung?

Hallo

Ich habe mich im Oktober 2022 für eine Abtreibung entschieden. Seitdem kämpfe ich. Tag für Tag. Es gibt Tage, an denen ich aufgeben möchte, da mir die Kraft fehlt. Als hätte ich keine Seele mehr, mein Lachen ist erfroren. Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an mein verlorenes Kind denke. Es war mein 4. Kind. Gibt es hier eventuell auch Frauen, die eine Abtreibung hinter sich haben und denen es genauso geht wie mir? Was fühlt ihr? Was hat euch geholfen? Vielleicht hat jemand einen Tipp für mich. Wie lange ist es her bei euch? Ich gehe bereits zum Therapeuten. Beim Gynäkologen war ich seit dem Abbruch auch nichtmehr. Mein Leben hat sich zu 180Grad geändert. Meine Ehe der reinste Scherbenhaufen. Es tut mir gut hier zu lesen das ich nicht alleine bin, trotzdem wäre ich denkbar Erfahrungsberichte von Frauen zu lesen die gut damit leben können. Ich wünsche mir ich könnte irgendwann wieder Licht am Ende des Tunneln sehen.

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Mir ging es danach auch extrem schlecht.
Ich konnte nicht mehr arbeiten, ich hatte Suizidgedanken. Zum Glück konnte ich mich meinem Partner öffnen, der hat sich um einen zeitnahen Therapieplatz für mich gekümmert.

Schon nachdem ich aus der Kurznarkose wach wurde, habe ich nichts als Schmerz in meinem Körper empfunden. Mein Unterleib, mein Herz, seitdem hatte ich das Gefühl nicht mehr ohne (psychischen) Schmerz atmen zu können.
Wir sind auch zusammen zur Therapie gegangen und konnten unsere Beziehung retten.
Ich war 3 Jahre regelmäßig zur Therapie, dann haben wir uns für eine geplante Schwangerschaft entschieden und erst ab der Geburt des Kindes habe ich mich einigermaßen "geheilt" gefühlt.

Wir denken immer noch an den wichtigen Tagen an das Kind. Wir haben das Kind sogar beurkunden lassen, mir war das sehr wichtig für die Verarbeitung.

Das war eine wahnsinnig schwere, schlimme Zeit, aber sie hat uns auch sehr zusammen geschweißt. Tatsächlich glaube ich sogar, ohne diesen Verlauf, wären wir nicht zusammen geblieben.

Ich verteufle keine Abbrüche, ich bin absolut pro choice und absolut für die freie Selbstbestimmung jeder Frau. Es ist richtig und wichtig, das es diese Möglichkeit der medizinischen Versorgung gibt.

Aber ich empfinde es manchmal als sehr glorifiziert. Das es Frauen danach auch schlecht gehen kann, wird leider als "fast ausgeschlossen" nicht ernst genommen oder darauf hingewiesen.

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Ich habe vor einigen Jahren abgetrieben, es war eine Verhütungspanne. Da war ich erst 20, es hat nix gepasst: falscher Partner,
keine Wohnung, kein Einkommen, Angst vor meinen Eltern ... und ich hatte keinerlei mütterliche Gefühle für das Kind - vom ersten Tag der Schwangerschaft an wollte ich nur eins: es wieder loswerden. Deshalb habe ich die Abtreibung als große Erleichterung empfunden und nicht einmal bereut. Heute bin ich Mutter von drei Wunschkindern und 100% überzeugt, dass mein Leben schlecht verlaufen wäre, wenn ich das ungeplante Kind bekommen hätte und das Kind es auch niemals so gut gehabt hätte wie meine drei Kinder jetzt. Ich denke immer wieder mal an das erste Kind - mit reinem Gewissen.

Bei dir scheint es genau anders herum gelaufen zu sein. Du hast drei Kinder und das letzte abgetrieben? Das stelle ich mir auch schwer vor. Darf ich fragen, wie du zu der Entscheidung für die Abtreibung gekommen bist, wenn du sie jetzt so bereust? Allgemein kann ich dir nur raten, dir deine Gründe vor Augen zu halten, die für den Abbruch gesprochen haben. Selbst wenn es eine reine Vernunftentscheidung war - die Gründe gelten doch wahrscheinlich immer noch, oder hat sich grundlegend etwas geändert?

Auch Frauen, die eine ungewollte Schwangerschaft austragen, müssen mit den Folgen ein Leben lang klar kommen und können dadurch unter psychischen Problemen leiden. Du erlebst nun leider die andere Seite. Aber vielleicht wäre das Kind nach der Geburt in irgendeiner Weise eine zu große Belastung für deine Familie gewesen. Dies hast du durch den Abbruch verhindert.

Ich wünsche dir alles Liebe und dass es dir gelingt, dein Trauma mit dem Therapeuten aufzuarbeiten - damit es dir in naher Zukunft besser geht! LG

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Danke für deine Geschichte und fürs teilen. 🫶🏼 Schön das du damit Frieden gefunden hast und jetzt eine tolle Familie hast.
Gerne kannst du meinen damaligen Beitrag nochmal durchlesen sonst wäre es ein wenig zu lang nochmal alles aufzuschreiben…

https://www.urbia.de/forum/30-ungeplant-schwanger/5715421-4-tage-nach-meinem-ss-abbruch?pp=41516440#p-41517895

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Hallo.

Ich kann es so sehr nachfühlen.
Ich habe 2015 abgetrieben.
Mann verlor durch Krankheit Arbeit, Geld vom Staat ab da, kleine Wohnung.
Alles nicht ideal.
Stillpille, korrekt eingenommen, versagte.
Für meinen Mann war klar, abtreiben.
Ich war emotional nicht dazu bereit.
Klammerte schon an der kleinen Seele und doch tat ich es.

Ich hasste mich. Verletze mich, weil ich dachte, ich hätte es verdient. Zog eine Mauer hoch und ließ niemanden in meine Gedanken. Weinte. Weinte so viel wie in meinem restlichen Leben zusammen.
Funktionierte für die Kinder wie ein Roboter, aber nach einiger Zeit zog ich auch denen gegenüber eine Mauer und konnte sie nicht mal mehr ansehen.
Ich wollte einfach nicht mehr hier sein.

Dann wurde ich wieder schwanger.
Kurz vorm ET hielt ich den positiven Test in der Hand. Eine Freundin sagte, die Seele kam wieder und vergibt mir.
Das war das einzige, was mir Frieden gab.

Jetzt bin ich wieder in der Situation.
Mein Mann verlangt es wieder.
Obwohl er mein dunkles Ich gesehen hat.
Anfangs war ich auch noch dafür.
Wollte ich doch dieses Jahr wieder arbeiten.
Wieder mehr Zeit für mich.
Für Abends mal weggehen.
Wieder Hobbys nachgehen.
Haben ein Haus was abbezahlt werden muss.
Wofür wir die letzten Jahre Geld und Arbeit reingesteckt haben.

Aber da ist diese kleine Seele.

Das von damals sitzt tief.
Die unheimlichen, brutalen, wahren Gedanken und Gefühle.
Dieses Selbstverletzen.
Diese Selbstmordgedanken.
Dieser Hass.
Diese Zweifel.
Diese Trauer.
Der Verlust.

Ich saß automatisch wieder in diesem leeren tiefen Brunnen.
Wie sollte ich ein zweites Mal da raus kommen?

Freitag wäre ich fast zum Termin gegangen.
Mein Mann drängt mich.
Droht mir.
Das es einfach falsch wäre es zu behalten.
Selbst heute kam er wieder an, ob ich Montag nicht einen neuen Termin ausmachen könnte. Ich sollte einsichtig sein.
Immer wieder beschleicht mich die Angst, dass er es schafft. Das ich nachgebe.
In dem Wissen, mich zu verlieren. Für immer.

Ich kenne Frauen, die hatten Abtreibungen und stehen dazu. Leben.
Erwische mich dabei, wie ich neidisch bin, nicht auch so fühlen zu können.
Es zu akzeptieren. Sich zu akzeptieren.

Ich weiß, ich gehöre nicht zu diesen Frauen.
Emotional bin ich nicht so gefestigt.
Habe Angst, für meine anderen Kinder nicht mehr wirklich da sein zu können.
Er redet immer davon, ich schaffe es.
Therapie. Zeit.
Sollte dennoch arbeiten, zum Ablenken.
Ob ich es schaffen würde?
Zu leben?

Glaube, genau sowas wolltest du nicht lesen…
Entschuldige, dass ich dir nicht Tips geben kann.
Fühl dich einfach fest umarmt.
Verstanden.

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Danke für deine Nachricht. Ich danke dir von Herzen. Es tut mir gerade so gut deine Erfahrung zu lesen - das jemand genau das selbe fühlt wie ich. Diesen Schmerz, diese Hilflosigkeit… Auch wenn sich das absurd anhört. Ich würde dich jetzt gerade so gerne umarmen (obwohl wir uns nicht kennen) und dir einfach sagen bleibe stark. 🫶🏼

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Ich habe deine Beiträge hier bereits letztes Jahr gelesen. Es tut mir sehr leid, dass dich die Entscheidung in diese emotionale Situation, in der du dich nun bereits seit langer Zeit befindest, gebracht hat.
Ich hatte einen Abbruch Ende 2020. Nichts hat gepasst damals; unsere Beziehung war kurz davor in die Brüche zu gehen, ich fühlte mich zu alt, ich hatte so viele Pläne und konnte mir kein weiteres Kind vorstellen. Dennoch war es für mich eine sehr schwierige Entscheidung. Die Situation in der Praxis beim Abbruch hat sich stark eingebrannt, aber es fühlte sich nach der richtigeren Entscheidung an. Nach wenigen Tagen der Erleichterung überkam mich ein Grübeln und eine Traurigkeit....ich bin richtig in ein Loch gefallen. Ich habe mir sehr schnell Hilfe gesucht und lange Gespräche mit meiner besten Freundin geführt und ich habe mitbekommen wie viele Frauen einen Abbruch hatten, denn ich bin seitdem sehr sensibel für das Thema...ich habe mit vielen von ihnen gesprochen und ich fühlte mich nicht mehr so allein....das hatte mir geholfen....ich habe über ein Jahr lang reflektiert etc und ich habe schrittweise einen Kinderwunsch entwickelt. Tatsächlich bin ich nochmal schwanger geworden. Das Kind ist jetzt ein Jahr alt. Der Abbruch ist nun Teil meines Lebens und wäre er nicht gewesen, hätte ich nicht dieses weitere so sehr gewünschte Kind. Und ganz ehrlich, vieles hat sich sehr zum Positiven gewandelt nach einer langen Verarbeitungsphase, worauf ich mit viel Dankbarkeit schaue. Ich denke trotzdem noch oft darüber nach...aber nicht mehr mit Schmerz, sondern eher mit Demut was damals passiert ist und wie schnell sich das Leben ändern kann. Ich kenne mittlerweile viele Frauen, die einen Abbruch hatten und jede Geschichte ist so anders....du bist nicht allein...

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Danke für deine Geschichte. Schön das du mittlerweile besser damit umgehen kannst. Ich rede mit niemanden über den Abbruch außer mit meiner Therapeutin. Es weiß auch niemand. Nur ich und mein Mann. Ich fühle mich auch nicht bereit dazu, da ich mich in Grund und Boden schäme. Darf ich dich fragen ob du bereits Kinder hattest als du den Abbruch hattest?

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Ja, ich hatte bereits Kinder. Ich kann dein Gefühl nachempfinden, aber vermutlich gibt es sehr viel mehr Frauen in deinem Umfeld, die ebenso einen Abbruch hatten, als du ahnst. Mir ging es so. Leider ist es so ein Tabuthema, dass wir darüber lieber schweigen...doch eigentlich wäre es doch hilfreich, wenn wir uns beistehen können...in der Entscheidungsfindung und auch danach...wie auch immer die Entscheidung letztlich fällt.

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