Hallo!
Ich habe eine Person kennen gelernt, die Mitte zwanzig ist und noch nie Sex hatte.
Ich möchte sie gerne an das Thema heran führen. Aber sie hat Angst vor jeder Art von Berührungen, obwohl sie es auch möchte.
Natürlich ist sie in psychologischer Behandlung, aber der Therapeut rät auch, einfach zu experimentieren.
Wir haben ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis, können über alles reden.
Wie soll ich vorgehen?
Sie sagt, es ist eine Umarmung schon schrecklich.
Das Gefühl ist so schrecklich auch für mich.
Unsere Augen hängen aneinander und ich fühle die Anziehung körperlich, aber es geht nichts.
Ich habe Geduld, aber denke nur noch an Sex mittlerweile.
Kann mir jemand Tipps geben oder kennt das? Danke.
Absolute Beginner - noch nie Sex
Hallo TE,
klingt als wäre da alsbald mit einer "normalen" Beziehung auf allen Ebenen einschließlich des Körperlichen nicht zu rechnen. Hat sie dir anvertraut, was da in der Vergangenheit liegt?
Wenn für dich körperliche Nähe wichtiger Bestandteil einer Bindung ist (ist es rein biologisch nämlich) dann hab Geduld und gib ihr noch Zeit aber gewöhne dich auch an den Gedanken, dass sie vielleicht nie die Partnerin werden kann, die für Dein Leben, deine Vorstellungen von und deine Bedürfnisse an eine Beziehung passend ist.
"Ich habe Geduld, aber denke nur noch an Sex mittlerweile."
Dann bist du für sie leider momentan der völlig falsche (Ansprech)partner.
Ich lese heraus, dass es Gründe für ihre Angst gibt.
Dann tritt bitte zurück. Wenn du nur noch an Sex denken kannst, tust du euch beiden keine Gefallen, ihr am allerwenigsten.
An JaneDoe
Beim Kuscheln auch an die nächsten Schritte bis hin zum Sex zu denken ist völlig normal (un das meine ich für beide Geschlechter geleichermaßen).
Aber ich stimme auch zu: Das ist ein Rezept für Desaster. Fühlt sie sich nur ein bisschen zu sehr gedrängt, schadet das womögliche ihrem Genesungsprozess. Dann könnte es aber auch auf ihn zurückfallen, wenn sie deshalb überreagiert.
Edit: Frage an TE - hat sie denn schon Erfahrungen mit sich selbst? Weiss sie was ihr gefällt? Konnte sie allein mit sich und ihrem Köprer Sexualität als etwas Positives erfahren, ggf. auch mal mit milden Hilfsmitteln (von Kurzgeschichten bis vibrierendem Spielzueug)? Den eigenen Körper zu kennen und zu wissen, was sich gut anfühlt und gefällt wäre ja schon allgemein Vorraussetzung, um sich in nächster Stufe als Paar gegenseitig erkunden zu können. Das gilt wohl erst Recht in dem dargestellten Fall. Was sagt ihr Therapeut*in dazu? Gibt es Ratschläge von professioneler Seite?
"Beim Kuscheln auch an die nächsten Schritte bis hin zum Sex zu denken ist völlig normal (un das meine ich für beide Geschlechter geleichermaßen)."
Ja, natürlich. So habe ich meinen Kommentar auch gar nicht gemeint. Dennoch sollten die beiden 10 Schritte zurück fahren. Oder einsehen, dass es gerade nicht passt.
Wenn man so etwas aufzuarbeiten hat, passt eine Beziehung nahezu immer gerade nicht.
Wenn du dich auf eine Partnerin mit einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung einlässt, wirst du an deine Grenzen stoßen, aber auch vieles über dich selbst lernen können, was dir bislang nicht klar war oder was du in den Unterbewusstsein geschoben hast.
Überprüfe deine Bereitschaft zu akzeptieren, dass Vieles, insbesondere auch eure Körperlichkeit und Sexualität auf anderen Wegen ausprobiert und ausgelebt werden dürfen und müssen.
Kannst du nicht nur lieben, sondern auch Geduld und Fürsorge aufbringen? Kannst du dich beherrschen, wenn du nur noch an Sex denkst?
Mir kommt quasi das Bild einer Dreierbeziehung vor Augen, in der ihr Therapeut den dritten Part spielt, kannst du dir das vorstellen? Kommst du damit klar, dass der Therapeut mehr über deine Freundin, wahrscheinlich wesentlich mehr über sie weis wie du selbst je über sie wissen wirst?
Auch in meiner Selbsthilfeorganisation hat man es nicht selten nur mit dem jeweiligen Partner, sondern auch mit einem "Sponsor" des jeweiligen Partners im Hintergrund zu tun (unter Sponsor versteht man eine Art praktischen und spirituellen Begleiter und Berater).
Ich finde den Gedanken, an eurer körperlichen Nähe zu experimentieren und Wege zu eurer Nähe zu finden durchaus aufregend und ab einem gewissen Punkt auch erotisch, hoffentlich für euch beide.
Was mir spontan so an Experimenten einfällt:
Es ist Sommer. Schwimmbadbesuch, zusammen auf dem Liegetuch.
Gemeinsamer Saunabesuch. Wie wirkt Nacktheit und Nähe hier auf sie?
Arbeit mit Tieren. Schafft sie Nähe z.B. mit Katzen im Tierheim. Lässt sie bei Streicheln einer Katze zu, dass eure Hände sich berühren?
Könnt ihr zusammen in einem Bett übernachten? Ohne Sex. Nur mit minimaler Berührung. Was macht das in ihr?
Könnt ihr längere, anhaltende Berührungen an einzelnen Punkten mit einer gemeinsamen Meditation, z.B. einer Atemmeditation verbinden oder einer anderen entspannenden Technik, etwa progressive Muskelrelaxation?
Vielleicht schreibt jeder von euch ein Liste solcher und ähnlicher Experimente auf.
Dann los an die gemeinsame Arbeit, denn ihr habt wirklich jede Menge Arbeit vor euch!
Wird sie kaltschweißig bei Berührungen? Hat sie andere Warnsignale oder kann sie es sagen, wenn sie es nicht mehr erträgt? Könnt ihr Stoppsignale vereinbaren?
Zu Christoph61
Wow, das klingt mach konkret, hilfreich und indeenreich.
Ich wünsche TE, dass er aus diesem Schatz schöpfen kann.
Christoph61 schrieb auch
"Kommst du damit klar, dass der Therapeut mehr über deine Freundin, wahrscheinlich wesentlich mehr über sie weis wie du selbst je über sie wissen wirst?"
Ich bin nicht TE. Ich käme klar damit, dass der Therapeut mehr über meine Parternin weiß. Mir stellen sich die Nackenhaare aber bei dem Gedanken auf, dass der Therapeut dann so viel über mich, mein Verhalten, meine Sexualität, meine Vorlieben erführe und das nur aus der Sicht einer dritten Person, so dass ich nicht einmal falsch dargestelltes korrigieren könnte.
Für die Liste:
Öffentlich: Parkbank Händchen halten, aneinander rücken, Arm um die Schulter ....
Und dasselbe im privaten Raum z.B. vor dem TV, also mit einer Ablenkung. Das nähme evtl. die Spannung und für TE die Langeweile, wenn er sich schon in Geduld üben soll.
Sorry, für die Frau geht nicht mal eine Umarmung und du schlägst vor, auch noch in der Öffentlichkeit auf einer Parkbank übergriffig zu werden. Ohne Worte!!!
Der TE will Sex und die Frau kann nicht mal eine Umarmung ertragen. Das passt überhaupt nicht zusammen! Sie braucht Zeit, einen Profi und keinen wuschigen Typen an der Seite, der das Hirn schon lange in der Hose hat, weil er ihr was beibringen will.
Es muss nichts bedeuten, wenn man fürs erste Mal „schon“ Mitte 20 ist. Ich war auch 25, als ich es tat. Hatte aber niemals solche Ängste.
Hier scheint ein psychisch schwerwiegender Fall vorzuliegen. Sie ist in Therapie. Klingt nach ganz schlimmen Erlebnissen, die sie aufarbeiten muss. Entweder du nimmst dir Zeit, aber auch dann wird es nicht einfach für dich weitergehen. Oder du ziehst dich langsam höflich zurück. Überlege dir, inwieweit sich das Ganze für dich lohnen würde.
Zitat:
"Sie sagt, es ist eine Umarmung schon schrecklich."
Die Frau hat eine Grenze, die es nicht zu überschreiten gilt! Hier kann man nur eine Freundschaft führen, aber keine Beziehung, bis sie ihre Probleme und Ängste bearbeiten und in den Griff bekommen kann. Aber da Umarmen nicht geht, seid ihr Meilen von Sex entfernt. Bitte respektiere ihre Grenze, schalte mal 10 Gänge zurück..
Wenn du dir keine Freundschaft vorstellen kannst, dann lass sie los.
Also vielen Dank für eure hilfreichen Tipps.
Zur Richtigstellung: Wir sind beide Frauen. Ich kann auch eine Freundschaft führen. Sie hat keinen sexuellen Missbrauch oder so hinter sich. Sie verabscheut eher ihren Körper weil sie gemobbt und geschlagen wurde.
Ich gebe mein bestes damit sie lernt loszulassen und zu vertrauen. Dafür gehe ich auch ein paar Schritte zurück, aus Liebe.
Hallo,
ich wollte dir noch schreiben, dass ich mich ähnlich gefühlt habe, wie deine Freundin.
Ich habe mir Nähe gewünscht, aber sie nicht ertragen.
Bei mir lag es an emotionaler Vernachlässigung und ein paar Demütigungen in der Kindheit.
Daraus habe ich eine Sozialphobie mit extrem geringen Selbstwertgefühl entwickelt. Um mir Hilfe zu holen stand und steht mir meine Sozialphobie im Weg, da ist mir deine Freundin voraus.
Mein (mittlereile) Mann musste wirklich sehr viel Gedult haben, über 7 Jahre, aber er war da, als ich es geschafft habe, über meinen Schatten zu springen und Nähe zu zulassen. Er hatte mit der Zeit ein gutes Mittelmaß gefunden, auf eine sehr subtile Art sein Interesse zu bekunden, ohne dass ich aus Panik die Flucht ergriffen habe.
Da war ich auch schon Mitte 20.
Wir sind jetzt 15 Jahre verheiratet und haben zwei tolle Kinder.
Ich drücke dir und deiner Freundin die Daumen, dass sie es schafft, das zuzulassen, was sie sich wünscht.
Liebe Grüße