Ihr Lieben,
Ich kann nicht mehr und bin so furchtbar ratlos.
Mein Sohn, seit April sechs Jahre alt, Vorschulkind, ist so anders als andere Kinder und so unfassbar anstrengend.
Vorab - er ist in psychologischer Behandlung und hat Ergotherapie.
Ich bin alleinerziehend, er hat regelmäßig Kontakt zu seinem Vater.
Seit er drei Jahre ist, weißt der Kleine starke Verhaltensauffälligkeiten auf.
Aktuell wird es immer schlimmer mit ihm. Wir warten auf einen Facharzttermin bzgl. Abklärung ADHS. Erziehungsberatung nehme ich bereits in Anspruch.
Er ist so unfassbar laut, aggressiv, schreit Kinder und Erwachsene an, ist besserwisserisch und furchtbar schnell beleidigt.
Ein Gespräch führen mit einer anderen Person ist unmöglich, er fällt ins Wort, zerrt an einem herum, textet die andere Person zu.
Der Tag mit ihm besteht nur aus Geschrei seiner Seite und von meiner Seite aus darin, seine Emotionen zu regulieren. Wo andere kurz maulen, schreit mein Kind stundenlang herum oder tritt gegen Dinge bzw macht Sachen kaputt.
Gleichzeitig ist er so unruhig, kann nicht sitzen, macht nichts zu Ende und weint, wenn etwas nicht klappt.
Seine motorische Unruhe geht soweit, dass er sich mitten im Supermarkt auf den Boden legt und im Kreis dreht.
Frustrationstoleranz hat er gleich Null, er flippt aus, wenn er bei einem Spiel verliert.
Bekommt er etwas nicht, schreit er, macht Sachen kaputt oder macht trotzdem, was er will. Das geht aber nicht ein paar Minuten sondern Stunden.
Er hat Trennungsangst, fragt ständig, ob ich weg gehe. Er weint, wenn ich nicht sofort verfügbar bin (weil ich zum Beispiel am Klo sitze).
Gleichzeitig ist er sehr redebegabt, klug und sensibel. Tierlieb, hat ein gutes Gespür für die Emotionen anderer.
Ich liebe meinen Sohn wirklich - aber sein Verhalten macht mich fertig.
Eigentlich bin ich geduldig, erkläre ihm möglichst kindgerecht und habe Verständnis. Langsam komme ich an die Grenzen dessen, was ich zu leisten vermag.
Sein Vater ist mir keine Hilfe, er behauptet, bei ihm gäbe es keine Auffälligkeiten, das läge alles nur an mir und daran, dass ich Erziehungsunfähigkeit habe...
Mein gesamtes Umfeld reagiert auch zunehmend genervt und Richtung "Greif mal durch".
Ich fühle mich isoliert und will nirgends mehr mit ihm hin, weil es immer eskaliert.....
Hat wer einen Rat für mich?
Es grüßt euch eine erschöpfte Lilly
ADHS, Auffälligkeiten, oder "unerzogen"
Mehrere Fragen:
Ist es bei seinem Vater und in dessen Umfeld wirklich so, wie der Vater sagt?
Wenn ja, dann müsste es schon teilweise mit dem Erziehungsstil zusammenhängen. Was sagt der Erziehungsbeistand. Der ist vom Fach!
Wenn es ist, wie du beschreibst, kommst du unweigerlich an deine Grenzen und das Umfeld wird strapaziert.
Wenn es ist, wie du beschreibst, dann leidet er sehr. Kein Kind will häufig und, wie du sagst, teilweise stundenlang, schreien und Stress empfinden.
Wie wäre es mit einem stationären Aufenthalt bei dem auch die Eltern und das Umfeld einbezogen werden. In Bayern wären das Kinderpsychiatieen mit Klinkschulen in sogenannten Bezirkskrankenhäusern.
Die Idee, um eine stationäre Aufnahme zu bitten bzw. das anzuregen, ist gut. Wir leben in Bayern, es gibt drei KJPs bzw Bezirkskliniken in der Nähe.
Wie es beim Vater tatsächlich ist, weiß ich leider nicht. Der Kleine erzählt nichts von den Aufenthalt dort und sein Vater informiert mich nie.
Wir haben eine schreckliche Elternebene und kommunizieren nur über Gericht und Anwalt. Das ist natürlich für den Kleinen die totale Katastrophe.
Einer Einweisung würde sein Vater nicht zustimmen, auch hier müsste ich (und würde es auch tun) den Weg übers Gericht gehen...
Die Psychologin und die Erziehungsberatung bestärken mich in dem, was ich bereits tue... ich soll weiter der "Ruhepol" sein, ihm Struktur und Halt geben, klar sein in der Kommunikation usw
Ich weiß, dass mein Sohn leidet und ich wünschte, es wäre anders.
Danke für deine Antwort
Du schreibst das er Ergo hat.
Wie ist es denn da?
Was für Hausaufgaben bekommt er von der Ergo auf?
Welche Tipps gibt die Ergo dir?
Je nach Diagnose bekommst du auch auch Hilfestellungen für euren Alltag.... bspw. was dein Sohn im Supermarkt machen kann, damit er nicht einfach nur mitläuft, sondern wie er selber aktiv hilft die Sachen zu finden die ihr braucht und so seine Energie umzuwandeln...mit Hilfe von seinem eigenen Einkaufszettel etc.
Wie du zu hause mit ihm spielen kannst und er sich trotzdem dabei bewegen kann--- bspw. Memory in Bauchlage auf der Schaukel etc.etc.
Verhaltensauffälligkeiten ist ein weiter Begriff und selbst wenn du irgendwann die Diagnose ADHS für ihn bekommst.... das heißt nur, dass du weißt welchen Namen seine Auffälligkeit hat; damit wird er aber nicht automatisch unauffällig oder anders.
Er bekommt Therapie und ist zusätzlich in Behandlung--- also sind da zwei Fachleute die dir ganz viele Tipps geben können für euren Alltag--- fordere sie ein!
Ich kenne genug schwarze Schafe die einfach nur behandeln und das war es... Elternarbeit gehört dazu...
denn sonst bringt keine Behandlung was.
Der Ergotherapeut arbeitet viel an der Konzentration und auch an seinem feinmotorischen Defizit. Auch dort ist es herausfordernd, dass er dabei bleibt. Der Therapeut ist konsequent und kreativ in seiner Aufgabenstellung. Eigentlich geht mein Sohn gerne hin.
Er bezieht mich mit ein und gibt schon Tips, auf was ich achten soll bzw. bespricht, was ich wie üben sollte. Die beste Idee war das Trampolin, damit bekomme ich den Sohnemann recht zuverlässig "in die Spur", er springt extrem ausdauernd und wird ruhiger danach. Hausaufgaben gibt es nicht.
Die Psychologin ist sehr bemüht, regelmäßige Elterngespräche (auch mit dem Vater) gehören dazu, wir stehen im engen Austausch.
Ich hab halt langsam einfach das Gefühl, dass dennoch die Richtung nicht passt....
Dass er mit einer Diagnose nicht "gesund" wird, ist mir klar. Es würde vielleicht einfach nur helfen, sein Verhalten einzuordnen. Bis jetzt weiß ich nur, dass mein Kind anders ist und es ihm emotional nicht gut geht.....
Danke für deine Antwort!
Sensorische Integration. Google mal. Das ist sehr kindgerecht und nachvollziehbar. Lg
In der Grundschulklasse meines Sohnes war ein Kind mit diagnostiziertem ADHS. Und ja, wenn der loslegte wurde es unerträglich. Und spätestens ab der 3.Stunde legte er los und dann flogen Stühle durch der Klassenraum, wurde mit Fäusten auf Kinder und Lehrer eingeprügelt. Was ihn rettete, war eine Klassenlehrerin die sich vor die erboste Elternschaft stellte und sagte 'Ich gebe kein Kind auf. Nicht X und nicht ihres!' und seine unglaublich engagierte Mutter, die durchhielt. In ruhigen Phasen war X ein tolles Kind, hochintelligent und emphatisch und von seinen Ausrastern selber maßlos enttäuscht.
Gegen Ende der 1. Klasse war klar, dass man um Medikamente nicht herumkommen würde, allerdings wurde X so eingestellt, dass die Wirkung gegen Mittag nachliess, damit er sich (wie die Mutter es formulierte) 'selber spüren kann' und trotzdem am Schulunterricht teilnehmen konnte. In der dritten Klasse war X schon ziemlich gut darin, zu merken, wann er etwas nicht mehr ertragen konnte und sich selber aus der Situation zu nehmen. In der vierten Klasse kriegte er es dann hin, viele Situationen so zu regeln, dass er mit ihnen umgehen konnte.
Sehr hilfreich waren da wohl auch Kuren für ADHS-Kinder, die er (mit seiner Mutter) einmal im Jahr besuchte und natürlich die psychologische Betreuung und Verhaltenstherapie.
Also: Gib die Hoffnung nicht auf.
Grüsse
BiDi
"Hat wer einen Rat für mich? "
Was sagt der Kinderarzt?
Ansonsten: von ADHS bis Erziehungsmangel kann das alles sein.
Da dein Umfeld dir allerdings scheinbar zu verstehen gibt "Greif mal durch", würde ich auch in dieser Richtung nicht ausschließen, dass du deinem Sohn keine Grenzen setzt und nicht konsequent bist.
Aber grundsätzlich: Ärztlichen Rat abwarten.