Sohn (4,5J) lässt Bruder (2,5J) kaum in Ruhe

Hallo,

Wir haben ein Problem mit meinem älteren Sohn. Er lässt seinen Jüngeren Bruder leider kaum in Ruhe. Wenn er etwas in die Hand nimmt, geht er sofort hin und will ihm zeigen, wie es funktioniert. Oder will es ihm wegnehmen. Oder wenn der Kleine irgendetwas macht, und der große will das aber nicht machen, dann sagt er "Hey komm, machen wir etwas anderes. Komm, schau mal, mach mit mir das." Und lässt dann nicht mehr locker. Oder wenn der Kleine etwas macht, was nicht richtig ist, dann geht er zu ihm und sagt, nein, das darfst du nicht, und er schimpft mit ihm. Er akzeptiert auch überhaupt nicht seine Grenzen. Also der Kleine sagt auch, nein, stopp und er schreit sogar manchmal. Aber der Große lässt ihn halt wirklich einfach nicht in Ruhe.

Und ich weiß nicht, wie ich das einfach verhindern soll. Wir versuchen das schon seit Monaten. Ich sage auch ganz oft, du bist nicht seine Mama. Seine Mama ist hier, ich mache das schon mit ihm. Du musst auch nicht auf ihn aufpassen. Und wir haben extra den Kleinen in eine andere Kita rein, damit die nicht zusammen sind und er zumindest vormittags frei spielen kann. Ich weiß nicht, wie ich das machen soll, weil es ist wirklich unglaublich anstrengend.

Wenn sie zusammen sind, sind sie permanent am Streiten und Schreien. Sehe ich nur 10 Sekunden weg, höre ich schon den Kleinen zu schreien. Und es ist wirklich anstrengend. Vor allem habe ich noch ein kleines Baby, der erst zwei Monate alt ist. Ich kann mich wirklich kaum kümmern um ihn, weil ich eigentlich permanent am Streitschlichten bin. Und es geht eigentlich fast immer vom Großen aus.

Es ist auch nicht so, dass er eigentlich neidisch werden müsste, weil wir unternehmen wirklich viel mit dem Großen, auch alleine. Und immer wenn wir Spielzeuge kaufen, dann meistens eigentlich immer nur zwei davon, damit ja, kein Streit eskaliert. Aber es hilft einfach nichts. Habt ihr vielleicht Tipps?

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Können sie sich zuhause aus dem Weg gehen? Ich würde sie einfach ganz klar räumlich trennen, wenn der Kleine das merklich erleichternd findet. Ansonsten wäre ich eher der Meinung, dass die das schon regeln. Es hört sich jetzt für mich nicht so an, als wäre die Not des Kleinen so fürchterlich groß. Ich könnte mir vorstellen, dass man im Zweifelsfall mehr schadet als hilft, wenn man als Elternteil da immer zwischengrätscht und kluge Ratschläge und/oder Tadel verteilt.

Und vor allem sind die beiden ja wahrscheinlich eh bissl durch den Wind, weil ein neues Baby da ist und so.

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Die Dynamik, dass das ältere Kind immer am jüngeren dran ist und das jüngere Kind dadurch eingeengt wird, haben wir auch immer mal wieder. Ansonsten ist es aber bei uns nicht so schlimm, die Kinder mögen sich im Grunde sehr gerne, deswegen passt meine Antwort vielleicht nur teilweise, aber vielleicht kannst du ja trotzdem etwas damit anfangen.

Ich habe von Anfang an bzw. seit das jüngere Kind dazu in der Lage war die eigenen Grenzen zu vertreten, versucht mich aus den Geschwisterkonflikten eher rauszuhalten. Beide Kinder wissen, dass sie mich jederzeit rufen können und dass ich dann normalerweise nicht schimpfe, sondern versuche zu trösten und zu helfen. Wenn ich nicht gerufen werde, schreite ich nur ein, wenn es mir irgendwie gefährlich erscheint.

Wenn das jüngere Kind also ruft, weil es in Ruhe etwas spielen will und das ältere Kind dauernd stört, Sachen wegnimmt, Grenzen nicht respektiert, lasse ich mir die Situation von beiden Seiten schildern, erkläre dem älteren Kind, dass man niemanden zum mitspielen zwingen kann, frage das ältere Kind, welcher Raum gerade nicht gebraucht wird und helfe dem jüngeren, das Spiel dorthin zu verlegen. Und dem älteren Kind verbiete ich dann zu stören. Es kann sich entweder alleine beschäftigen, oder sich mir anschließen. Wenn das alleine beschäftigen nicht klappt, muss es bei mir im Raum bleiben.

Und wenn sich das Kind beruhigt hat, reden wir darüber, worum es ihm eigentlich ging. Meist geht es darum, dass das ältere Kind gerne mit dem jüngeren spielt, aber phasenweise beim Spiel nicht genug Kompromisse eingeht, so dass das jüngere keine Lust mehr hat. Das versuche ich dann zu erklären. Und wir reden auch über die (seltenen) Situationen, in denen das Ältere mal nicht gestört werden will und wie sich das anfühlt, wenn man nicht in Ruhe gelassen wird.

Ich kenne auch die andere Situation, wenn ein Kind versucht das andere zu erziehen. Ich hatte auch schon ein paarmal den Impuls zu sagen "hör auf damit, das ist Aufgabe der Eltern". Letztendlich habe ich dann aber hinterfragt, warum mich das Verhalten des Kindes stört. Es macht ja nur mich nach. Das war zum Beispiel einmal, als ich viele "wenn, dann" Sätze benutzt habe. Das kommt dann unter Geschwistern komisch rüber. Ich habe dann an meinem eigenen Erziehungsverhalten gearbeitet und habe z.B. weniger wenn, dann-Sätze aber stattdessen mehr "ich"-Botschaften genutzt. Wenn die Kinder das nachmachen, ist das super. Warum sollte ein Verhalten von Eltern okay sein und von Geschwistern nicht? Wenn klare Grenzen überschritten werden, darf das doch jeder anmerken. Und wenn die Grenze dafür nicht wichtig genug ist, sollte man sie vielleicht überdenken.

Bei euch kommt natürlich hinzu, dass du sicher mit dem Baby auch zu tun hast und nicht immer sofort zur Stelle sein kannst. Das stelle ich mir auch schwierig vor.

Was für ein Bedürfnis steckt denn hinter dem Verhalten deines Kindes? Geht es wirklich um Eifersucht? Bei meinem Kind geht's darum, dass es sich vom jüngeren Kind abgelehnt fühlt, wenn dieses Ruhe braucht. Je besser die Kinder verstehen, was im jeweils anderen vorgeht, desto besser klappt das miteinander.
Vielleicht geht's bei euch auch um Kontrolle? Hat das ältere Kind das Gefühl zu oft fremdbestimmt zu werden und gibt dieses Gefühl an den Bruder weiter? Der Umgang von Geschwistern untereinander spiegelt wenn man genau hinschaut oft das Verhalten der Eltern wider. Vielleicht könnt ihr Eltern neue Verhaltensweisen ausprobieren, Grenzen der Kinder oder des Partners noch klarer respektieren beispielsweise, in der Hoffnung, dass die Vorbildfunktion greift?

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>>Warum sollte ein Verhalten von Eltern okay sein und von Geschwistern nicht?<<

Das ist für mich immer so eine "Trickfrage" oder Suggestivfrage". Sie suggeriert, dass man das Verhalten bei Kindern nicht bemängeln dürfe, weil die Eltern es ja auch zeigen.

Im Alltag dürfen aber sehr viele Menschen sehr viel, das andere Menschen nicht dürfen! Der Lehrer darf mehr als der Schüler. Der Polizist darf mehr als der "Durchschnittsbürger", der kein Polizist ist. Der Arzt darf mehr als der Patient.

Es würde keiner sagen "wenn der Arzt ein Medikament verordnen darf oder eine OP entscheiden darf, dann darf ich das als Patient doch auch! Warum sollte der Arzt etwas entscheiden dürfen, das ich nicht entscheiden darf?"
Ja, weil er Arzt ist. Weil er mehr Erfahrung und Wissen in dem Bereich hat und absehen kann, was du für ein Medikament brauchst und ob das für dich sicher ist.

Genauso kannst du als Elternteil viel mehr absehen als dein 4jähriges Kind. Dein Kind versteht gar nicht, was seine Aussagen und Handlungen beim dem kleinen Geschwisterkind bewirken könnte und kann dich maximal imitieren, während du hoffnentlich einigermaßen begründete und fundierte Entscheidungen trifft, die dein Kind mangels Lebenserfahrung, Gehirnreife und Wissen in der Form noch gar nicht treffen kann.
Deshalb darfst du dein kleines Kind korrigieren und erziehen, dein größeres Kind darf dies aber nicht. Es ist kein Elternteil.
Selbst, wenn man ihm das nicht verständlich machen kann, würde ich das immer wieder korrigieren und beobachten. Im Vorfeld eingreifen. Dem Kleinen auch vor dem Großen sagen "dein Bruder darf das gar nicht für dich entscheiden!" Sonst lernt der Kleine, dass ihm jedes andere Kind alles vorschreiben oder wegnehmen darf! Das möchtest du doch auch nicht.
So etwas kann aber dein Großer nicht absehen.

Gib ihm ggf. Aufgaben, die den kleinen Bruder freuen. Er darf ihm Spielzeug holen, ihm beim Anziehen mit leichten Sachen helfen (Mütze aufsetzen, Handschuhe reichen, Schuhe holen), aber er darf ihn nicht eigenmächtig korrigieren, anweisen, gängeln.

Du wärest doch auch genervt, wenn dein Mann dir immer sagen würde, was gesund ist, was aus medizinischer Sicht jetzt tu tun wäre, wie man richtig einen Verband anlegt oder was man gegen Erkältung jetzt nehmen sollte - obwohl er kein Arzt wäre oder medizinische Expertise hätte.
Genauso fühlt sich doch dein kleines Kind gegängelt, wenn der große Bruder immer Kontrolleur spielt!

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Die Frage von mir war durchaus nicht rethorisch sondern ernst gemeint. Es geht ja in der Regel nicht darum, neue Entscheidungen zu treffen, sondern die Kinder weisen sich auf bestehende Regeln hin und mittlerweile passiert das gegenseitig. Also mehr so wie wenn mein Partner mich dran erinnert mir einen Fahrradhelm aufzusetzen, wenn ich das vor lauter kümmern um die Kinder mal vergessen habe. Und wenn das große Kind das kleine daran erinnert, dass es ein Lebensmittel nicht verträgt, auch okay. Wenn das kleine Kind das selber weiß und genervt ist, sagt es das. Sie machen so auch gegenseitig die Erfahrung, relevante Hinweise von Interessenskonflikten von überflüssigem Nerven zu unterscheiden, geben sich da gegenseitig viel Rückmeldung und das läuft eigentlich problemlos. Sie machen das aber auch in der Regel freundlich/sachlich, weil wir Eltern das ja auch so machen. Entscheidungen für andere treffen findet hier eh nicht ständig statt. Viele
Entscheidungen werden demokratisch getroffen (und die Kinder wissen, dass sie nicht ohne mich einen Ausflug planen können, weil sie mich ja dafür brauchen) oder jeder entscheidet für sich. Was Kinder von Eltern unterscheidet, ist der Wissensunterschied, klar. Nur ich kenne den Wetterbericht, nur ich bekomme Bescheid, wenn die Musikschule ausfällt. Aber bei diesen Dingen kennen die Kinder ja ihre eigenen Wissensgrenzen. Ich frage mich gerade, wie andere Kinder drauf sind. Meine tun nicht so, als wüssten sie Sachen, die sie nicht wissen. Und wenn sie im Rahmen ihrer Kompetenzen bleiben, ist es doch okay, wenn sie sich Tipps geben. Warum soll das Geschwisterkind nicht sagen dürfen, wenn der Rotz läuft, dass es Zeit für ein Taschentuch ist? Oder wenn die Nase dicht ist, Nasenspray vorschlagen. Medikamente werden außer Reichweite aufbewahrt, also haben natürlich wir Eltern die Kontrolle darüber. Warum sollten Kinder nicht genauso wie Erwachsene darüber reden dürfen, welche gesundheitlichen Auswirkungen welche Lebensmittel haben? Solange sie versuchen sich auf die Infos zu beschränken, über die sie Bescheid wissen, passt das doch? Also kann sein, dass ich etwas übersehe, deshalb habe ich ja die Frage formuliert.

"Genauso fühlt sich doch dein kleines Kind gegängelt, wenn der große Bruder immer Kontrolleur spielt!"
Wer redet davon, ständig den Kontrolleur zu spielen? Das ist doch gleichermaßen nervig, egal ob es von den Eltern, dem Partner oder dem Geschwistern kommt. Das ist ja genau mein Punkt. Wenn die Kinder die Kommunikationsweise der Eltern imitieren und das jeweils andere Kind sich dann gegängelt und kontrolliert vorkommt, dann ist vielleicht etwas an der Kommunikation der Eltern auch nicht so optimal.

Bearbeitet von Memory
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Trennen.


Mein älterer Bruder hatte das Laufställchen, er kam rein und raus und konnte in Ruhe darin bauen, ich kam nicht zum " zerstören" rein.

Für meinen älteren Sohn, habe ich mit diesem Vorbild ein Stück vom Wohnzimmer abgetrennt, nur für ihn, kleine Schwester ausgeschlossen.


Soetwas in der Art ist sicherlich sinnvoll.

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Am besten räumlich trennen. Die Kombi "älter und zusätzlich dominanter Charakter" zu "jünger und zurückhaltender Charakter" sorgt leider für ein ziemlich großes Machtgefälle. Ich würde da auch eingreifen. Haben sie getrennte Kinderzimmer?