Schielen/Weitsichtigkeit - zurück vom Spezialisten (sehr lang!!!)

Hallo zusammen,
im Juli hatte ich schon einmal wegen dem Schielen unserer Tochter gepostet,
http://www.urbia.de/forum/index.html?area=thread&tid=482970&pid=3161877&bid=45
da ich überlegt hatte, sie deswegen operieren zu lassen. Ich hatte versprochen, an dieser Stelle wieder zu berichten.
Nun waren wir gestern beim Spezialisten in Berlin, Dr. Wulff, der sowohl Augenarzt als auch Optometrist ist und der sowohl unsere mittlere als auch unsere jüngste Tochter untersucht hat.
Es ist nun so, daß Barbara, unsere Mittlere, seit Babyalter an ein Mikroschielen hat, d.h. einen sehr leichten Schielwinkel, den man als Laie noch nicht mal erkennen kann. (Er hat das auf einer Reihe von Bildern gesehen, die ich mitgebracht hatte.) Das, was uns an ihr im Alter von eindreiviertel Jahren aufgefallen ist, daß das rechte Auge so sehr nach innen geht, ist laut Dr. Wulff gar kein echtes Schielen sondern der kindliche Kompensationsmechanismus für eine starke Weitsichtigkeit. Dieses Pseudoschielen legt sich spätestens in ihrem 20. Lebensjahr von selbst wieder! Er vermutet, daß Barbara im Babyalter eine Weitsichtigkeit zwischen 8 und 9 Dioptrien hatte! Die betroffenen Kinder bzw. deren Gehirne versuchen automatisch, diese starke Weitsichtigkeit auszugleichen, wodurch ein Auge nach innen geht; ein Auge wird das Führungsauge für scharfes Sehen, das andere wird für Peripheriesehen zuständig und wird mit der Zeit schwachsichtig. Genau das ist bei unserer Ältesten (ohne daß es bei ihr allerdings aufgefallen wäre) und bei Barbara, unserer Mittleren, passiert. Sie hätten beide im Babyalter eine Brille bekommen müssen wegen Weitsichtigkeit. Diese WS wurde aber trotz regelmäßiger Routinevorsorge nicht erkannt. Nun sind beide schwachsichtig, haben im besten Fall und je nach Tagesverfassung zwischen 50 und 80% Sehstärke auf ihrem jeweils schwächeren Auge und daran wird sich nichts mehr ändern.
Da Barbara seit Geburt schielt und dies vor ihrem zweiten Lebensjahr (Zeitspanne, in der räumliches Sehen gelernt wird) auch weder erkannt, geschweige denn behoben wurde, kann sie kein räumliches Sehen mehr erlernen. Deshalb macht auch eine OP keinen Sinn, weil ihr Gehirn keine Möglichkeit hatte, räumliches Sehen voll zu lernen. Das Abkleben sei nur im ersten halben Jahr der Behandlung sinnvoll gewesen und nicht über die vielen Jahre, wie unser Augenarzt vor Ort es uns verordnet hatte. Was damit im ersten halben Jahr erreicht wurde, war in Ordnung; nur jedes weitere Abkleben hat leider nur den "Erfolg" gehabt, bei Barbara diese Körperwahrnehmungsstörungen zu produzieren, für die sie jetzt die Ergotherapie dringend braucht. D.h. sie braucht weiterhin für ihre Weitsichtigkeit die gehabte Brille und außerdem die Ergotherapie, um die durchs Abkleben erworbenen Wahrnehmungsstörungen wieder in den Griff bekommen zu können. Außerdem habe ich sie heute fürs Kinderballett angemeldet, was sie sich eh sehr gewünscht hat.
Unsere Jüngste ist auch weitsichtig und es besteht die Gefahr, daß dadurch auch bei ihr besagter Effekt eintritt. Ansonsten hat sie kein "echtes Schielen". Damit dem entgegengewirkt wird, bekommt sie nun eine Brille, die ihre Weitsichtigkeit so weit ausgleicht, daß ihre Augen sich nicht nach innen verdrehen müssen. So kann hoffentlich wenigstens sie eine normale Sehfähigkeit entwickeln. Mit ihr müssen wir im nächsten Jahr im Sommer wieder nach Berlin reisen. Barbara benötigt einfach nur eine regelmäßige Kontrolle ihrer Weitsichtigkeit durch den Augenarzt hier (wenigstens die Brille war in Ordnung!!!).
So viele Informationen, wir sind traurig, daß wir für Barbara nicht mehr tun können. Aber nun klammere ich mich an das, was sie kann bzw. auch (wieder) lernen kann: Sie kann wunderbar malen und ausschneiden und auch klasse Radfahren; damit hat sie die Voraussetzungen, um problemlos schreiben und lesen lernen zu können (lt. Dr. Wulff). Das Programm im Kindergarten "hören, lauschen, lernen", mit dem Legasthenie frühzeitig erkannt werden soll, hat sie mit Bravour gemeistert. Wenn sie nun noch ihre Wahrnehmung weiter "schulen" kann, dann hat sie gute Voraussetzungen. Ich bin so enttäuscht und traurig, daß sie so viel durchmachen muß (und wir mit) und wir so soft wegen Dingen aneinandergeraten, für die sie selbst am wenigsten kann und das deshalb, weil wir es all die Jahre so gut mit ihr meinten und wir uns deshalb auch an die Empfehlungen unseres Augenarztes hier vor Ort gehalten haben. Aber was hätten wir auch sonst tun können!!!
Nun hoffe ich, daß diese Informationen anderen betroffenen Familien weiterhelfen können und bedanke mich nochmal sehr bei allen, die mir damals Mut gemacht und gezeigt haben, wie gut man/frau das Leben dennoch in den Griff bekommen kann.
Liebe Grüße
Claudia

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hallo claudia,
mannomann, ich dachte sowas passiert heute weniger .....
bei mir und meiner schwester wars nämlich ahnlich. allerdings vor 30 jahren..
meine schwester ist die ältere und wurde arg verkorkst was die augen angeht. zu schwache brille, schielen - ich glaub das führungsschielen - nicht rechtzeitg erkannt. die konnte kaum die treppe laufen - weil sie nix gesehn hat mit ner falschen brille.
ja nu.
ich wurde dann direkt nach mehreren empfehlungen früher von nem guten doc behandelt. auch so in der art wie du schriebst. auch mit op aufgrund weitsichtigkeit. klappte bis ins pubertätsalter prima, dann trat ein aussenschielen mit mimnimaler fehlsichtigkeit des schwachen auges auf. wer mich nciht kennt dreht sich immer um, weil er denkt, ich schau an ihm vorbei ;-) räumlich sehn kann ich nicht wirklich - zumindest nicht so wie mein mann. aber ich glaub es war schon immer so - und ich leb ganz gut damit.

schlimm, dass barbara behandelt wurde und es absolut daneben ging. ich finds so trauig, dass die ärzte dann nicht gleich an spezialisten verweisen. auch wenn berlin ne wahnsinns reise ist. JA UND? wenns nur irgendwie geht tut man das einfach gern für die kinder, keine frage.
auch schlimm dass es bei der grossen ncith erkannt wurde. mann mannmann....
liegt das bei euch in der familie? mein vater hatte dieselben probleme als junge, eben meine schwester und ich auch. nun bin ich deswegen mit meiner tochter - knapp ein dreiviertel jahr damals - zum augenarzt. weil bei ihr weiterhin schielen zu bemerken war. nicht immer, aber eben manchmal. alles i.O. sagt der doc .... sie habe nur eine breite nasenwurzel und schiele deswegen manchmal bzw. das sehe so aus.
mmmh. okay. weiterhin gibt es einige situationen wo ida noch heute schielt (19 monate alt). allerdings nicht in einem abstand wo ich finde, dass sie das was sie anschaut schielen müsste- es ist zwar näher an den augen, aber eben nicht soo nah. auf fotos seh ich s auch öfter mal. aber im normalfal scheinen ihre augen gerade zu stehen. würde denn der normale augenarzt herausfinden ob das auch stimmt? nach deiner erfahrung ja wohl nicht.... demnächst steht dann ja eh ne weitere routine untersuchung der augen an. aber wenn ich mir das was du schreibst so durchllese wird mir arg bang.... wie lang lernen die kleinen das räumliche sehen? nur in den ersten beiden lebensjahren? was meinst du - sollte ich schn eher jetzt mal zum augenarzt gehen oder erst um den 2. geburtstag? und viel wichtiger - kann ich dem das dann auch glauben? hast du ne idee worauf ich achten kann?
lieben gruss und ich drück die daumen, dass sich bei barbara alle schnell wieder einrenkt.....
tonni

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Hallo Tonni,
zunächst: eine süßeTochter hast Du und Dein Mann heißt ja wie mener #freu
Ihr habt da aber auch einen Leidensweg hinter Euch, oweh!!
Ja, bei uns liegen die Augengeschichten offensichtlich in der Familie, wobei sowohl mein Mann als auch ich nie Probleme mit den Augen hatten. Lediglich ich bin seit der Pubertät leicht kurzsichtig, was aber mit den Problemen meiner Kinder gar nichts zu tun hat. Aber mein Schwiegervater hat kein räumliches Sehen und beide Schwiegereltern sind weitsichtig. So hat diese Vererbung erstmal eine Generation übersprungen (bei meinem Mann) und setzt sich nun bei unseren drei Kindern wieder durch.
Das räumliche Sehen wird tatsächlich nur bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr gelernt und was Du von Deiner Tochter mit dem zeitweiligen Schielen schreibst, klingt für mich nach Weitsichtigkeitsschielen. So jedenfalls war das bei Barbara und ist das bei Cornelia: bei Müdigkeit oder wenn die Dinge in für das Auge ungünstiger Entfernung sind (wegen der Weitsichtigkeit), dann kippt das schwächere Auge weg. Bei Cornelia hieß es auch sowohl bei der Kinderärztin als auch beim Augenarzt, sie habe nur einen breiten Nasenrücken. Eine Optometristin sah das zum Glück anders und klärte uns auf. Leider haben wir diese erst vor kurzem getroffen, denn sonst wäre unseren Großen vieles erspart geblieben. Diese hatte uns auch nach Berlin geschickt und meinte, wenn dieser Arzt in ein paar Jahren aufhört, wisse sie nicht mehr, zu wem sie guten Gewissens die Menschen schicken soll.
Wichtig ist, da schnellstmöglich zu handeln, da eine Schwachsichtigkeit ja nie wieder weggeht, wie Du ja leider selbst miterleben mußtest. Also: ja nicht bis zum zweiten Geburtstag warten!!
Worauf Du bei Ärzten achten mußt... hmh, da bin ich also nun ein gebranntes Kind: ich fahre nur noch zu diesem Arzt nach Berlin und könnte Dir gerne den Kontakt vermitteln. Er ist zwar Privatarzt und auch die Reise dorthin ist anstrengend, aber wie Du schon selber sagst: unsere Kinder sind es uns wert!! Dafür ist für ihr ganzes Leben viel gewonnen. Dieser Arzt ist jedenfalls nicht nur Augenheilkundler sondern auch Optometrist und hat viele Jahre geforscht und viele "wissenschaftlichen" Untersuchungen kritisch hinterfragt. Daher ist seine Vorgehensweise eben anders und eben auch nicht abwartend nach dem Motto: Dann schauen wir mal am zweiten Geburtstag.... dann ist einfach vieles schon zu spät!
Was Du von Deinem Außenschielen schreibst, hat mir übrigens Dr. Wulff auch so erklärt: Zunächst besteht bei vorhandener Weitsichtigkeit ein nach-innen-schielen als kindlicher Kompensationsmechanismus, der sich im Erwachsenenalter von selbst komplett gibt (daher Pseudoschielen). Wird da nun dran operiert, richten sich die Augen später eben nicht zur Mitte sondern nach außen. (Deshalb ist die genaue Unterscheidung von "echtem" und Pseudoschielen so enorm wichtig)... Schlimm, da das ja bei Dir passiert ist.
Barbara ist bereits seit einem Jahr in ergotherapeutischer Behandlung und vieles hat sich schon zum Positiven verändert. Aber es bleibt noch vieles, was sich bis zu ihrer Einschulung im nächsten Jahr tun muß, damit sie konzentriert und ausdauernd dem Unterricht folgen kann. So haben wir nun mit den Folgen des Abklebens mehr Probleme als ihre Augen an sich ein Problem sind oder waren.
Dir alles Liebe und Du kannst Dich gerne wieder melden, wenn Du noch Fragen hast.
Viele Grüße
Claudia

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Hallo Claudia,

ich arbeite in einer Augenartzpraxis als Orthoptistin (betreue die Schielpatienten und führe auch die von Dr. Wulff als nach dem ersten Behandlungsjahr unnötig erachteten Abklebebehandlungen durch) und kann zu deinem Beitrag nur folgendes zufügen bzw. sagen:

1. Nur weil jemand weitsichtig ist, MUSS er noch lange nicht schielen -passiert aber in der Tat bei stärkerer weitsichtigkeit häufiger, als wenn diese nicht besteht.

2. Selbst wenn man starke Weitsichtigkeiten früh genug erkennt und mit Brille korrigiert, hei´ßt das noch lange nicht, dass das SChielen dann weg ist! Es gibt verschiedene Formen, von denen nur eine diejenige ist, bei der nach Brillenkorrektur das Schielen komplett weg ist!

3. Man kann aus einem Mikroschielen im Erwachsenenalter nicht darauf schließen, ob und wie hoch eine Weitsichtigkeit im Kindesalter vorhanden war, da es, wie schon in Punkt zwei gesagt, viele verschiedene Schielformen gibt. Und nur von einem Foto, auf denen ein Kind ein Mikroschielen hat, kann kein Mensch auf die vorhandene Brillenstärke schließen!

4. Ein SChielen, welches aufgrund einer unauskorrigierten Weitsichtigkeit besteht, legt sich oft eben NICHT von allein wieder - wird im Schulalter oder auch später eine Brille (Erstverordnung) aufgeschrieben, ist die Sehfähigkeit meist schon so herabgesetzt (mindestens die des SChielauges und evtl. -je nach benötigter Brillenstärke- auch die des anderen Auges) und das SChielen verschwindet dann auch mit Brille nicht mehr ...

5. Die Abklebetherapie wird bei uns erfolgreich bis zum 10. Lebensjahr über mehrere Jahre durchgeführt, wenn
- nach Brillenverordnung immer noch ein Restschielwinkel besteht
- organische Sehhindernisse (wie zentrale Linsentrübung o.ä. - natürlich nur, soweit das organische Sehhindernis es zuläßt) bestehen
- auch nach Verordnung der Brille ein Auge schlechter sieht (wirkt tatsächlich auch noch mehr als ein Jahr nach Beginn der Behandlung)

6. Grundsätzlich gilt, je früher der Brillenwert ermittelt und verordnet werden kann, desto wahrscheinlicher ist eine im Erwachsenenalter erreichte normale Sehfähigkeit beider Augen!

LG

Andrea + Jonathan (knapp 7 Monate alt)

PS: Wenn du noch Fragen hast oder dir an meinem Text irgendwas unklar ist, dann schreib mir bitte einfach nochmal und denk dir nicht nur deinen Teil, denn es ist mir wichtig, dass du verstanden hast, was ich geschrieben habe und es dir vielleicht weiterhilft;-)

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Hallo Andrea,
danke dir sehr für deinen Beitrag! Es freut mich, daß du dir die Mühe gemacht hast, mir so ausführlich zu antworten. Ich finde, wir liegen inhaltlich gar nicht so weit auseinander :-)
Ich habe schon ein paar deiner Beiträge zu anderen Postings gelesen. Nein, ich denk mir nicht meinen Teil, gerne nehme ich Bezug auf deinen Text.
Zu 1.: Natürlich schielt nicht jedes Kind, das eine Weitsichtigkeit hat, bei unseren Kindern war die Weitsichtigkeit aber jedes Mal ein Problem.
Zu 2.: Auch da d´accord; ich dachte, ich wäre da deutlich genug gewesen #hicks: Barbara hat ein Weitsichtigkeitsschielen, das mit Brille weggeht und zusätzlich ein Mikroschielen (5 Grad).
Zu 3.: Dr. Wulff hat nicht vom Mikroschielen auf die Brillenstärke geschlossen sondern von der vorhanden Weitsichtigkeit, die sie aktuell noch hat. Außerdem hat sie zum Ende des zweiten Lebensjahres auf den Bildern ein ausgeprägtes Weitsichtigkeitsschielen. Da trug sie noch keine Brille. Davor hat sie auf den Bildern "nur" das Mikroschielen, das von anderen Ärzten bis dato nicht gesehen wurde. Dr. Wulff hat uns erklärt, daß die Weitsichtigkeit im Babyalter besonders hoch ist, weil sich die Augen noch entwickeln und sinkt in den ersten beiden Lebensjahren rapide ab.
Das Mikroschielen auf den Bildern zu erkennen, war lediglich hilfreich, um sagen zu können, ob eine OP zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch Sinn macht, um räumliches Sehen wiedererlangen zu können und das ist bei unserer Tochter leider nicht gegeben. Außerdem sind wir auch darüber aufgeklärt worden, daß Barbara eben beide Arten von Schielen hat. Daß es mehrere Arten von Schielen gibt, habe ich überhaupt erst durch Dr. Wulff erfahren. Unser hiesiger Augenarzt hat uns da nicht aufgeklärt. Das Mikroschielen wird ihr immer bleiben, das Weitsichtigkeitsschielen wird im Erwachsenenalter weg sein - zumindest habe ich das nun so erfahren, was mir auch komplett neu war.
Zu 4.: Auch hier stimme ich mit dir überein. Deshalb ist mir auch so wichtig, die Weitsichtigkeit so früh wie möglich auszukorrigieren. Bei Barbara ist sie erst im Alter von 2 Jahren entdeckt worden, bei unserer Ältesten erst mit 7 Jahren und das trotz regelmäßiger Augenarztbesuche, wo wir leider zu lange nicht ernst genug genommen wurden. Sie kommt auf bestenfalls 70% mit Brille, weil es eben viel zu spät erkannt wurde und so lange unbehandelt war. Bei Barbara wurde die Weitsichtigkeit mit 2 Jahren erkannt und mit Abkleben und Brille behandelt. Sie erreicht bestenfalls und in Abhängigkeit von der jeweiligen Tagesverfassung 80% Sehkraft auf dem schwächeren Auge - mit Brille. Daher bekommt auch unsere Jüngste schon mit ihren erst 10 Lebensmonaten bereits eine Brille; damit wenigstens sie die Chance hat, 100 % Sehkraft auf beiden Augen jemals zu erreichen. Barbara schielt übrigens nicht sichtbar, wenn sie die Brille trägt, lediglich ihr Mikroschielen ist dann noch vorhanden, was aber dem ungeübten Auge nicht auffällt. Ihr starkes Weitsichtigkeitsschielen ist damit aber korrigiert.
Zu 5.: Das Abkleben hat schon seinen Sinn und dies wurde uns von Dr. Wulff auch so gesagt, daß es zu Anfang der Behandlung auch in Ordnung war. Aber nach einem halben Jahr Abkleben hätte bei unserer Tochter damit Schluß sein können, wir wurden aber zu weiterem Abkleben angehalten. Die Folgen sind nun massive Körperwahrnehmungsprobleme, die ergotherapeutisch behandelt werden müssen, weil sie zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht einmal einem normalen Schulunterricht folgen könnte. Deshalb haben wir sie für heuer auch noch vom Schuleintritt zurückstellen lassen müssen. Daß es in anderen Fällen sinnvoll sein kann, länger abzukleben, mag sein. Darüber möchte ich mir kein Urteil erlauben. Für unsere Tochter war dieses extrem lange Abkleben jedenfalls ein Bärendienst. Der Restschielwinkel hat sich dadurch nicht mehr weiter gebessert und ihre Sehschwäche auch nicht, dafür kämpft sie eben nun mit besagten Wahrnehmungsdefiziten.
Zu 6.: Ja, auch da völlig Deiner Meinung!! Daher ja auch die Brille für unsere Jüngste, jetzt sofort!!
Ich bin sehr froh um deine Stellungnahme, weil ich bisher nur zwei Extreme kannte: unseren Augenarzt, dem ich bisher voll vertraut hatte und nun erkennen muß, daß er uns unzureichend informiert und nicht genau genug behandelt hat und eben Dr. Wulff, der uns ausführlich alles erklärt und unsere Kinder umfassend und kindgerecht untersucht hat. Daß es auch in "normalen" Augenarztpraxen Menschen gibt, die differenziert denken und handeln, zeigt mir dein Beitrag und macht mir Mut, anderen Augenärzten mehr Vertrauen zu schenken, als es mir nur mit diesen beiden so grundlegend verschiedenen Erfahrungen möglich gewesen wäre.
Herzliche Grüße
Claudia

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Hallo Claudia,
danke für deine Antwort!

Also grundsätzlich ist es so, dass ein Augenarzt sich nicht unbedingt mit Schielen auskennen muss, denn dafür gibt es einen speziellen Beruf, nämlich die Orthoptik. Eine Orthoptistin lernt an einer Augenklinik mit strabologischer Abteilung (Strabologie = Lehre vom Schielen) in drei Jahren alles über die verschiedenen Krankheitsbilder, Schielformen, deren Diagnostik und Behandlung. Leider ist die Orthoptik nur ein Assistenzberuf, d.h. wir dürfen nur als Angestellte in Verbindung mit einem Augenarzt arbeiten.
Natürlich hat auch nicht jeder Augenarzt eine Orthoptistin (kostet ihn ja auch Geld und wird von den Krankenkassen auch nicht besonders gut bezahlt....läßt sich nur geringfügig abrechnen) - daher gibt es leider auch viele Augenärzte, die sich mit dem Schielen im Allgemeinen und den verschiedenen Schielformen im Speziellen bzw. deren Behandlung nicht viel Ahnung haben.

Was deine Tochter mit der Weitsichtigkeit und dem Mikroschielen angeht - da hätte das weitere Abkleben nach dem 1. Behandlungsjahr durchaus Sinn gemacht, da durch das geringe SChielen - zumindest wenn sie nur auf einer Seite schielt - eine sogenannte Amblyopie (=Schielschwachsichtigkeit) entsteht, die zwar manchmal schon nach kurzer Zeit mit Abklebetherapie (Abkleben des besseren Auges zum Training des Schielauges) verbessert oder gar behoben werden kann - aber:

Wenn die Sehkraft des Schielauges auch wieder auf 100% angestiegen sein mag, so lange immer noch eine strenge einseitige Führung besteht, wird die Amblyopie nach Beendung der Abklebetherapie wieder auftreten (ist zumindest sehr oft der Fall, wenn die Therapie vor dem 10.-12. Lebensjahr bei weiter bestehender einseitiger Führung abgebrochen wird!)
Wird dagegen durch die Abklebebehandlung ein wechselseitiges Schielen und somit ein ztw. wechseln des Führungsauges erreicht, so kann sich auch die Sehkraft bds. wieder gleichmäßig entwickeln!

Und außerdem dient das Abkleben NICHT der Verringerung des SChielwinkels sondern einzig und allein der Verbesserung der Sehschärfe des Schielauges bzw. dem Erreichen eines wechselseitigen SChielens....

LG

Andrea

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