Es ist vorbei, ehe es wirklich angefangen hat

Guten Morgen ihr Lieben,

ich war ja bisher nicht wirklich aktiv in diesem Forum, habe nur ein- zweimal über die Diagnose der Azoospermie meines Mannes gesprochen und dass die Kiwu uns auf den Kopf stellen wollte.

Leider hat sich herausgestellt, dass wir nicht nur kein Glück, sondern auch noch Pech dazu haben. Die genetische Untersuchung ergab, dass mein Mann das vollständige Klinefelter-Syndrom hat und damit zeugungsunfähig ist. Und als wäre das nicht schon genug, tragen wir die Anlagen für schwere Krankheiten, Missbildungen und Behinderungen. Selbst der Genetiker riet uns davon ab, diesen Genpool weiterzugeben, obwohl wir beide ja "äußerlich" kerngesund sind. Was tief in einem steckt, weiß man ja nie.

Nun ja, das war es dann also. Es wird für uns keine weitere Behandlungen geben, wir steigen hier aus dem KiWu-Bus aus - nach nur einer kurzen Station. Auf der einen Seite bin ich natürlich unendlich traurig und muss die Tragweite dieser Information erst noch erfassen. Auf der anderen Seite aber ist da die Erleichterung, dass wir nicht lange leiden und im Ungewissen sein mussten. Es gibt so viele hier, die über Jahre kämpfen und doch immer wieder eine Niederlage einstecken müssen - keine Ahnung, ob ich diese Kraft hätte. So ist der Krieg entschieden, noch ehe die Waffen gezogen wurden.

Ob wir uns über Alternativen Gedanken machen, wissen wir noch nicht. Im Moment trauern wir noch der Möglichkeit nach, ein von uns stammendes Kind verwehrt bekommen zu haben. Da kommt es mir nicht richtig vor, sofort zu Plan B zu greifen und mit aller Gewalt irgendein Kind zu bekommen. Und irgendwie ist da diese Vorstellung, dass sich das Schicksal vielleicht etwas dabei gedacht hat, als es uns beide - mit all unseren genetischen Fehlern - zusammenführte und zur Kinderlosigkeit verdonnerte. Wir lieben und schätzen uns nun mehr denn je, wir zwei Pechvögel (der Genetiker wollte uns beinahe ausstopfen und in die Sammlung stellen - angeblich hätte er unsere fast schon absurde Kombination in seiner bisherigen Laufbahn so noch nie erlebt).

Die Zeit wird es zeigen. Ich verabschiede mich jedenfalls fürs erste von euch und hoffe, dass für euch alle der richtige, passende Lebensweg bereitliegt. Gebt nicht auf, aber gebt auch nicht euch selbst auf.

Herzliche Grüße,
Artemis

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Guten Morgen,

es tut mir sehr, sehr leid das zu lesen. Die Diagnose ist wirklich hart.

Du scheinst eine sehr starke Frau zu sein, das liest sich in deinem Text.
Jetzt müsst ihr erstnal "trauern" das ist wichtig. Vielleicht habt ihr aber irgendwann die Kraft doch einen Plan B zu schmieden.

Ich wünsche euch viel Kraft auf eurem Weg🍀💪
LG

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Oh man, das tut mir sehr leid! 😢
Ich gebe meiner Vorrednerin Recht, du klingst sehr stark und unglaublich reflektiert, das sind beides große Gaben!
Es soll natürlich trotzdem deine Trauer, Schmerz und Kummer nicht klein reden. Ich weiß gar nicht, was man noch sagen kann zu solch einem Schicksal, im Prinzip hast du alles schon so toll selbst gesagt! Daher fühl dich einfach mal ganz, ganz feste gedrückt! 🌼

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liebe artemis,

es tut mir schrecklich leid, dass ihr nun lernen müsst damit zu leben!
finde deinen text wunderschön und es wirkt so, als würden dein mann und du alles gemeinsam meistern!

ich wünsche euch alles gute für eure zukunft!!!! 🍀♥️

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Es tut mir leid das zu hören.
Aber haben die Ärzte mit ihren Analysen/ Diagnosen wirklich immer recht? Wer weiß denn wo Kinder schon entstanden sind , und niemand wusste dass vielleicht ähnliche Kombinationen Vorlagen. Vielleicht kann man sich noch einmal eine 2. Meinung einholen? Oder ihr lasst es einfach noch ohne Verhütung drauf ankommen? Ich will hier niemandem reinreden, finde es nur immer so schade wenn sich vom Kiwu verabschiedet wird 🍀

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Vielen Dank für eure tröstenden Worte. Ich mag stark klingen, manchmal fühle ich mich auch so, aber es gibt genug Momente, wo ich mit der Euphorie letzten Sommer konfrontiert werde, als wir beschlossen hatten, das "Projekt Baby" zu starten.
Das Papa-Buch für meinen Mann.
Das Holzentchen als Symbol für das Warten und Hibbeln.
Die Freundinnen, die, eine nach der anderen, über Sommer und Herbst plötzlich alle schwanger wurden, wir uns noch abklatschten und darüber freuten, dass unsere Krümel bald zusammen spielen können.

Es hat uns, trotz aller unguten Diagnosen, die die letzten Monate so herauströpfelten, böse auf die Kassette gepackt, und wir bluten und weinen still, während unsere "Mitstreiter" munter an uns vorbei Richtung Ziel traben.

Aber wie ihr so schön sagt, dass muss heilen. Wir finden unseren Weg :-)

@ geheimerwunsch:
Ich weiß nicht, ob uns eine zweite Meinung etwas anderes beschert. Das zusätzliche X-Chromosom meines Mannes ist in der Analyse sogar optisch sichtbar, da glaube ich nicht an einen Fehler. Zudem geben uns all die Symptome und Hormonwerte, unter denen mein Mann teilweise schon seit Jahren leidet und die wir wie in der Klinefelter-Broschüre eins nach dem anderen aufzählen könnten, zusätzlich recht.
Was meine Gene angeht, könnte natürlich ein Fehler vorliegen, aber da wir Spendersamen z.B. beide ablehnen, haben wir so oder so keine Chance. Wie weit wir ethisch betrachtet gehen wollen (etwa hinsichtlich Embryonenspende), das muss sich noch zeigen.

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Ich verstehe, Oh Gott es tut mir so weh, das zu lesen.
Wir sind nun auch seit knapp zwei Jahren dran. Mein Mann hat OAT schweren Grades und scheinbar wirkt sich das auch in der künstlichen Befruchtung weiter aus. Wir leben auch in der Ungewissheit, ob wir jemals ein gemeinsames Kind haben werden.

Eure Diagnose ist natürlich wirklich schrecklich und man kann es kaum begreifen, geschweige denn verstehen. In der Therapie lernen wir, dass die Welt unfair ist & man daher nicht fragen soll, wieso... Aber dennoch, es tut mir unendlich Leid und ich hoffe, ihr bleibt stark und haltet das zusammen durch. Alles Gute #herzlich#liebdrueck :-(

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Dann habt ihr ja auch schon einige Höhen und Tiefen genommen, nach den 2 Jahren und mit der Diagnose.

Habt ihr euch die Therapie denn aus eigenem Entschluss gesucht oder wurde sie von der Klinik empfohlen / angeboten?

Als eine Art Selbsttherapie hatte ich, als die Azoospermie bei meinem Mann festgestellt wurde, damit angefangen, mich quasi selbst zu desensibilisieren. Ich habe dem Gedanken, für immer kinderlos zu bleiben, in meinem Kopf die Tür geöffnet und ihn einfach mal hereingelassen. Nicht pessimistisch, sondern eher so, wie wenn man sich einem gruseligen Tier nähert - am Anfang will man einfach nur davonlaufen, irgendwann hält man es eine Weile in seiner Nähe aus, dann streckt man mal die Hand aus und berührt es vorsichtig.
Zum Schluss war seine Anwesenheit so normal, dass es mich nicht mehr übermannte, als es hieß: "Das Tier lebt nun dauerhaft bei dir, viel Spaß!" Es hockt nun eben im Hinterzimmer in meinem Kopf, will nichts Böses, zieht aber auch nie mehr aus.


Ich wünsche auch dir alles Gute und ganz viel Kraft #liebdrueck

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Ich ziehe meinen Hut vor dir das du oder ihr so eine kluge Entscheidung treffen konntet. Das schaffen bestimmt nicht viele!!! Hoffentlich findet ihr euer Glück woanders oder mit jemanden - ihr habt es verdient.
Lg

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Liebe Artemis,

was für eine Hammer-Diagnose! Das tut mir sehr leid! Dein Text hat mich sehr betroffen gemacht! An der einen oder anderen Stelle musste ich aber auch schmunzeln. "Der Genetiker hätte uns am liebsten ausgestopft!" XD
Es wird vermutlich eine ganze Weile dauern das Ganze sacken zu lassen. Und es tut weh, wenn um einen herum alle die Ziellinie überqueren, nur man selbst nicht. Dein Humor ist aber eine tolle Ressource, der dir bestimmt schon in einigen scheren Lebenslagen geholfen hat. Und ja, manchmal ist schnelle Gewissheit und Umorientierung besser als jahrelanger vergeblicher Kampf.

Schade, dass du dann vermutlich nicht mehr bei uns rumhängen wirst. Starke Mädels wie dich können wir hier immer brauchen!

Liebste Grüße,
Auri

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Eure Geschichte ist unglaublich traurig und mir tut es sehr sehr leid, das ihr das erleben musstet. Wirklich so die Entscheidung treffen zu müssen und keine realistische Chance zu haben ist wirklich schrecklich. Fühl dich ganz fest gedrückt!

Du bist eine unglaublich starke frau, das haben auch die anderen schon geschrieben. Ihr werdet bestimmt einen guten Weg für euch finden. Schön, das ihr als Paar so schön zusammen haltet! Alles gute für euren weiteren weg!

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Danke für die vielen lieben Worte. Ich muss wirklich schlucken, so viel Anteilnahme habe ich nicht erwartet. Fühlt euch allesamt gedrückt!

Ich werde euch gerne erhalten bleiben und mir ein Plätzchen im Zuschauerraum suchen, damit ich anfeuern, trösten und mich mitfreuen kann :-)

Ganz liebe Grüße, Artemis