Kinderwunschbehandlung nicht von der Steuer abzuziehen

Gerade kam mein Steuerbescheid. Darin steht: kinderwunschbehandlung sei nicht abzugsfähig als krankheitskosten. Nun muss ich sogar Steuern nachzahlen, anstatt dass ich Geld zurück bekomme. Laut elster hatte ich eine super hohe Rückzahlung. Und dann haben sie alle Belege angefordert, hat ewig gedauert, alles aufzuklären, zu sortieren, einzuscannen- für nix. Das viele Geld auszugeben war eh schon schwer, es waren 7000 Euro in einem Jahr. Und bin Selbstzahler weil ü40. Hatte wenigstens auf die Steuer gehofft.
Wer von euch hat die kinderwunschbehandlung bei der Steuer erfolgreich angegeben?
Soll ich die Erklärung jetzt besser zurückziehen (bin nicht verpflichtet)? Oder lohnt sich ein Einspruch?

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Hey,
Da du wenig Infos gibst, habe ich dein Nick mal gesucht.
Mitte 40, mehrere GvnP, 3 IVF (2022), Behandlung im Inland.
Lebensnah dürfte es um die Steuererklärung 2022 gehen...
Da du Mitte 40 bist, könnte das Problem dein Alter sein. Da würde ich Einspruch einlegen.

Hier mal eine Quelle die sich mit dem Thema beschäftigt:
https://www.lohnsteuer-kompakt.de/steuerwissen/kuenstliche-befruchtung-wann-sind-die-kosten-steuerlich-abziehbar/

Zu der Frage, ob die Kosten einer künstlichen Befruchtung auch bei einer Frau ab dem 40. Lebensjahr absetzbar sind, gibt es unterschiedliche Auffassungen der Finanzgerichte: Neben dem FG Münster (siehe oben) hat auch das Niedersächsische FG die Kosten anerkannt. Nach Auffassung der Richter des Niedersächsischen FG entfällt die Bewertung der Empfängnisunfähigkeit als Krankheit nicht aufgrund des Alters. Jedenfalls könne eine Fertilitätsstörung einer Frau im Alter von 44 Jahren weder aus medizinischen Gründen noch unter Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auffassung als unbeachtlich eingestuft werden (Niedersächsisches FG vom 20.10.2009, 15 K 495/08).

Auch das FG München hat die Kosten in einem ähnlichen Fall anerkannt (FG München vom 20.5.2009, 10 K 2156/08). Voraussetzung ist natürlich, dass kein Erstattungsanspruch gegenüber der Krankenversicherung besteht.

Das FG Berlin-Brandenburg hingegen hat bei einer 41-jährigen Frau Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung in Höhe von 12.500 EUR nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Begründet wird die Ablehnung damit, dass bei einem Alter ab 40 Jahren die Fertilität einer Frau nach allgemeinen medizinischen Erkenntnissen im Durchschnitt bereits erheblich gegenüber derjenigen jüngerer Frauen herabgesetzt sei, ohne dass man insoweit von einer „Krankheit“ sprechen könnte. Lediglich organische Ursachen für die Kinderlosigkeit hätten einen Abzug der Kosten rechtfertigen können (FG Berlin-Brandenburg vom 18.10.2018, 9 K 11390/16).

Im Oktober 2019 hat das FG München abermals entschieden, dass das Alter der Frau keinen Umstand darstellt, der einer Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen entgegenstehen würde. Erforderlich für den Abzug als außergewöhnliche Belastung sei zwar, dass die künstliche Befruchtung mit dem Ziel erfolgt, die auf einer „Krankheit” beruhende Kinderlosigkeit zu beheben. Als „Krankheit“ wird aber die Empfängnisunfähigkeit der Frau oder die Zeugungsunfähigkeit des Mannes verstanden. Der Auffassung des FG Berlin-Brandenburg, dass eine „Krankheit“ in diesem Sinne eine organische Ursache haben muss, folgen die Münchner Finanzrichter ausdrücklich nicht (FG München, Urteil vom 8.10.2019, 6 K 1471/17).

Alles Gute!

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Danke dir für die ausführliche Antwort. Da fragt man sich, welche Hoffnung ich mir machen kann, ohne gleich vor Gericht zu ziehen...

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Ruf einfach mal die Bearbeiterin an (steht oben auf dem Bescheid) und lass dir genau den Grund der Kürzung erläutern.
Schreib ihn dann mal hierher, dann können wir das genauer beantworten.
Musst dich aber beeilen, Einspruchsfrist 1 Monat ab Bekanntgabe.
(ich abeite im Steuerbereich)

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Ich habe in der ESt-Erklärung 2021 11.000 € für KiWu-Behandlungen inkl Fahrtkosten, Medis und Parkgebühren angegeben und habe problemlos über 2400 € von der Steuer wiederbekommen.
Was genau steht denn unten am Bescheid als Begründung?

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Als Begründung nur dass kinderwunschkosten nicht berücksichtigt werden können. Kann den genauen Wortlaut nochmal nachsehen.

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Ich habe ebenfalls die Kosten bei der Steuer angegeben und habe eine Erstattung bekommen

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Bei so einer hohen Summe, um die es geht, würde ich mal in Erwägung ziehen, eine Steuerberatung hinzuzuziehen, die für dich ggf. einen Widerspruch stellt.
Ich bin freiberuflich, daher gehe ich solche Dinge viel mit meiner Steuerberaterin durch.
Außerordentliche Belastung nennt sich das und da gibt es auch nicht viel rum zu interpretieren.
Einzige Voraussetzung ist, dass du die Kosten selber getragen hast und das Embryonenschutzgesetz eingehalten wurde. Somit werden auch die Kosten aus dem Ausland zB erstattet. Anders sieht es natürlich für den Teil aus, den deine Krankenkasse getragen hat, wenn.

Welchen Grund nennen die denn, warum sie es nicht erstatten?

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Danke für den Tipp. Vielleicht frage ich mal. Nur wenn ich dafür viel Geld ausgeben, ist der Effekt natürlich kleiner. Alternativ ziehe ich ganz zurück und spare zumindest die nachzahlung.

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Worin ist die Ablehnung offiziell begründet?

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Ich habe ebenso eine Erstattung erhalten, auch als Selbstzahlerin. Ich verstehe das Problem nicht. Wenn man sauber alles einreicht und als außerordentliche Belastung/Krankheitskosten geltend macht, wird es natürlich erstattet. Du kannst ja hier mal suchen. Es gab schon mehrere Beiträge dazu.

Bearbeitet von rma
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Sauber alles zusammengetragen, eingescannt und eingereicht.

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Ich habe mal gelesen, dass in Berlin oder Brandenburg das Finanzamt den Abzug vom Alter abhängig machen. Musst mal googeln. Weiß nicht mehr genau wo ich das gelesen habe.
Steht bei dir was in der Begründung?

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Bin zwar nicht aus Berlin, aber das wäre natürlich eine Erklärung mit dem Alter. Wäre aber schon fies. Ich recherchiere mal.

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Ich war auch über 40. Es müssen aber Krankheitskosten geltend gemacht werden, d.h. Du musst belegen, dass es medizinisch notwendig war.

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War die Behandlung die ihr durchgeführt habt mit dem deutschen Recht vereinbar oder habt ihr z.B. Eizellspende im Ausland in Anspruch genommen? Ich meine nämlich dann wäre die Behandlung nicht absetzbar.
Kannst du uns Details geben?

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Kein Ausland, keine eizellspende, nur 3x ivf in Deutschland in einer kinderwunschklink plus Medikamente und Diagnostik.

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Dann würde ich Einspruch einlegen, das geht gar nicht! Stand eine Begründung bei?

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Lege auf jeden Fall Einspruch ein. Du kannst auch erst einmal keine Begründung einreichen. Nur um die Frist zu wahren schnell Einspruch einlegen. Dann such dir Informationen zusammen um die Begründung nachzureichen oder suche dir einen Steuerberater.

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Hast du angegeben, dass es eine EZS war? Dann ist die Ablehnung korrekt. Es wird logischerweise nichts durch die Steuer begünstigt, was nach deutscher Gesetzgebung illegal ist.

Wenn du es nicht angegeben hast und das Finanzamt von einer normalen IVF ausgeht, kannst du Widerspruch einlegen.

Dass du damit einen Betrug bzw. Steuerstraftat hinlegst, erwähne ich ohne Wertung.

Bearbeitet von luthien86
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Es war zu dem Zeitpunkt keine eizellspende, sondern normale ivf mit eigenen eizellen in Deutschland. Eizellspende hatte ich 2023 erst, es geht um 2022. Die ezs würde ich nicht angeben, aber die ganzen Kosten davor...

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Achso. Dann auf jeden Fall Widerspruch einlegen, du bist im Recht. Viel Erfolg!