Früher einschulen/emotionale Reife

Guten Morgen,

unser Sohn wird bald 5, soll somit eigentlich Schuljahr 25/26 eingeschult werden. Nun war er sprachlich immer sehr weit. Er kann teilweise schon lesen, rechnen und schreiben. Er macht das alles selbst, wir haben das nie forciert. Der Kindergarten meint (und auch Bekannte/Freunde) wir sollten ihn doch früher einschulen lassen. Davon abgesehen, dass ich das Verfahren nicht kenne und nicht weiß wie einfach sowas geht, glaube ich nicht, dass er die emotionale Reife besitzt. Er ist sozial unauffällig, kommt gut mit allen klar und hat viele Freunde. Aber seine Frustrationstoleranz ist noch nicht sonderlich gut und es ist schwer ihn dazu zu bringen unliebsame Dinge zu tun (malen, ausschneiden).
Ich denke daher, dass ihm die Reife fehlen würde und er lieber regulär in die Schule gehen sollte. Natürlich will ich nicht, dass er sich langweilt, aber er soll auch nicht überfordert werden.

Wie seht ihr das denn?

Liebe Grüße

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Ich glaube die Bedeutung von Lesen, Rechnen und Schreiben wird im Hinblick auf die Schule überbewertet. Ich bin keine Lehrkraft, die können das vielleicht besser beantworten. Aber die Schule bringt ja viele Herausforderungen mit sich. Viel sitzen, viel Vorgabe der Tätigkeit, Anforderungen an das Konzentrationsvermögen, soziale und emotionale Herausforderungen etc. Ich verstehe die Angst nicht wirklich, dass sich ein Kind im Kindergarten langweilt, weil es kognitiv sehr weit ist. Im Kindergarten gibt es doch viel Freispiel und das kann jedes Kind auf seinem Level machen. Wenn ein Kind nicht gut spielen kann, sich nicht beschäftigen kann, dann ist das natürlich ein Problem. Aber ob man das mit Schule lösen kann? Ich würde meinem Kind dann eher helfen wollen ins Spiel zu finden und nicht das Spielen aufzugeben und stattdessen zu lernen.

Zudem kommt der Effekt, dass die Rolle, die man in einer Schulklasse hat und auch das Bild, dass die Lehrkräfte von einem Kind haben, sehr prägend ist. Will man, dass das einige Kind dann dasjenige ist, das häufig einen Emotionsausbruch hat oder das ständig Quatsch macht oder die sozialen Normen oft nicht versteht? Ältere Kinder haben es sozial in der Klassengemeinschaft oft leichter.

Mein Sohn wird im Januar 5. Er rechnet ein bisschen, schreibt ein bisschen und ich bin sicher er könnte von den kognitiven Kapazitäten her auch bereits nächstes Schuljahr dem Unterricht folgen. Er hat auch kein Problem mit Selbständigkeit, Trennungssituation etc. und ist sozial sehr engagiert. Aber ich glaube dass möglichst viel Freispiel das beste für seine Entwicklung ist und würde ihm das weitere Jahr nicht nehmen wollen. Und ich glaube es würde ihn stressen, wenn er sozial teilweise nicht mithalten könnte.

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"Ich verstehe die Angst nicht wirklich, dass sich ein Kind im Kindergarten langweilt, weil es kognitiv sehr weit ist."

Naja, ich finde man muss da schon auch individuell auf's Kind schauen.

Bei uns im Kindergarten war ein Junge, der zurückgestellt wurde und schon über 7 war, als er noch im Kindergarten war.

Er hat sich zu Tode gelangweilt.
Wie man das gemerkt hat?
Bei Gemeinschaftsspielen wollte er nicht mehr mitmachen, er hat andere Kinder geärgert, er war einen Kopf größer, als alle anderen, man hat ihm die Unterforderung förmlich angesehen.

Ein paar Jahre davor hat er teilweise viel mit meiner Tochter gespielt und war ganz normal involviert.

Als so ganz unbegründet finde ich die Angst vor Langeweile und Unterforderung nicht....

Man könnte ja sonst auch umgekehrt argumentieren, warum denn manche Eltern Angst vor Überforderung durch die Schule haben.....

Man muss je nach Kind entscheiden, was das Beste für es ist.

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"Man könnte ja sonst auch umgekehrt argumentieren, warum denn manche Eltern Angst vor Überforderung durch die Schule haben....."

Wie kommst du zu diesem Umkehrschluss? Mein Argument war ja, dass Freispiel etwas individuelles ist. In der Schule geht's ja weniger um Freispiel.

Aber ansonsten verstehe ich deine Argumente. Wobei es da dann nicht darum geht, dass sich das Kind im Kindergarten langweilt, sondern dass es sich im Umgang mit Kindergartenkindern langweilt. Meine Vermutung wäre, dass da die emotionale und soziale Kompetenz ausschlaggebender ist, also wenn die anderen da nicht mehr mithalten können. Bei diesen Fragestellungen geht es ja aber immer darum, dass Kinder vorzeitig eingeschult werden sollen, d.h. im Kindergarten wären ja eh noch die Gleichaltrigen.

Aber mit dem Argument, dass ein besonders reifes und sozioemotional weites Kind die anderen Kindergartenkinder zu kindisch findet, könnte ich vielleicht ein bisschen mitgehen. Darum scheint es aber selten zu gehen. Und ein Jahr ist da trotzdem nicht so ein großer Unterschied. Im Kindergarten spielen ja auch 4-Jähriger mit 6-Jährigen.

Bei dem Jungen in deinem Beispiel ist vielleicht auch die Frage, was die Rückstellung selbst mit ihm gemacht hat und ob es vielleicht nicht eher unbearbeitete Themen sind, die ihn sozial auffällig werden lassen. Vielleicht muss er auch gerade für seinen Selbstwert sich und anderen beweisen, dass er doch kein kleines Kind mehr ist und dass das im Kindergarten alles unter seinem Niveau ist. Vielleicht ist es für seine Psyche gerade wichtig, dass er nicht in die Gruppe passt. Vielleicht fühlt er sich auch minderwertig, weil er nicht in die Schule gekommen ist und hat aufgestaute Aggressionen, die er letztes Jahr noch nicht hatte.

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Wie alt wäre er dann bei der Einschulung genau?

Meine Tochter ist mit 5 Jahren und 11 Monaten eingeschult worden und wir hatten nie Probleme.

Aber das ist natürlich immer sehr individuell. Du kennst deinen Sohn am besten - also entscheide nach deinem Bauchgefühl.

Wir wohnen in einer Gegend, wo das Zurückstellen sehr beliebt ist und viele Kinder sind schon 7 bei der Einschulung, daher sind wir "gegen den Strom" geschwommen, aber wir wussten, dass es für uns das Richtige ist.

Sie ist jetzt in der 4. Klasse, ist sozial super involviert, da gab es nie Probleme und gehört zu den Klassenbesten.

Trotzdem: Entscheidet für euch nach eurem Gefühl - ihr kennt euer Kind am besten!

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Mal ohne Zusammenhang zur Frage der TE: Ich finde eine Rückstellung nur mit dem Grund, dass es das Kind ein Jahr älter dann einfacher habe ja auch verkehrt. Wir haben die Konstellation, dass die Nachbarstochter die älteste im Jahrgang ist, unsere Tochter die jüngste. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Nachbarstochter es einfacher hat. Aufgrund ihres Alters, kombiniert mit ihrer Körpergrösse, die sie in der Gruppe zusätzlich herausstechen und älter wirken lässt, ist sie mit Erwartungshaltungen konfrontiert, die sie kaum erfüllen kann.

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Aber wenn man sich in diesen ganzen Foren , Facebookgruppen etc umsieht, scheint das ja irgendwie genau der Trend zu sein, zumindest bei Kindern, die in der Nähe des Stichtags geboren sind. Vllt ist das Bild aber auch verzerrt 🤷‍♀️

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Guten Morgen, Ich würde eher drüber nachdenken, ihn anders zu "fördern"- warum?

Ich finde gerade der Gedanke an die einsetzende Pubertät, Wachstum usw. ist gerade bei Jungs häufig ein Problem.
Die hängen eh meist hinterher....
Bei Mädchen empfinde ich das weniger schlimm...
Ich hab 2 Kinder, die jeweils im Oktober schon 7 wurden, beide waren sehr "schlau" konnten vieles schon vorher...
Die Schule war immer problemlos....
Eine Tochter von März hat sich geringfügig schwerer getan....
Entwicklung zeigt sich nicht nur im Wissen....

LG

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Ich weiss nicht, wie das in Deutschland ist, in der Schweiz ist die Frustrationstoleranz und die Fähigkeit, auch bei unliebsamen Dingen dran zu bleiben und Fortschritte zu erzielen so wie man es uns gesagt hat eine der Grundtugenden für die Einschulung. Unsere Tochter hat mit gezielter Förderung genau in dem Bereich Fortschritte erzielt. Bei uns werden die zwei Jahre Kindergarten vor der Schule gemeinsam unterrichtet, das Lernziel bei den von dir genannten Fähigkeiten ist, dass Kinder ihren Namen schreiben können, Zahlen erkennen und im Bereich von 1-10 oder 1-20, je nachdem, wen man fragt, rechnen können. Die im jüngeren Jahrgang schauen sich z.T. viel davon ab, was die älteren schon können, es ist nicht ungewöhnlich, dass Kinder da etwas lesen oder schreiben und mit kleinen Zahlen rechnen können, ohne abzählen zu müssen.

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Genau aus deinen genannten Gründen würde ich mein Kind nicht früher einschulen lassen bzw habe es nicht früher einschulen lassen. Lesen, Schreiben, Rechnen lernen alle Kinder ziemlich schnell in der ersten Klasse, zumal es immer einige Kinder gibt, die dies schon können (dein Kind ist damit nicht allein). Emotionale Reife und Frustrationstoleranz finde ich viel wichtiger. Außerdem klappt die Entwicklungsschere in der Pubertät stark auseinander (in der Grundschule ist das noch relativ homogen) und das Kind wird schnell zum Außenseiter. Das würde ich für mein Kind nicht wollen. Ich bin pro Förderung, aber eben anders, z.B. durch Instrumentalunterricht etc.

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Ich kenne viele, viele Kinder, die sich im ersten Schuljahr inhaltlich gelangweilt haben... wenn man die alle vorzeitig einschulen wollte...

Meinen Kindern hat es den Schulstart sehr erleichtert, dass sie fast alles schon konnten.
Man muss das natürlich gut begleiten. Dem Kind z.b. erklären, dass es auch auf Schönschrift, Ordentlichkeit etc ankommt (so etwas sagen Lehrer den Kindern meist nicht mehr...). Man kann am Arbeitstempo üben, davon profitiert das Kind sofort und direkt, wenn es dann mehr Zeit zum spielen hat (und Lehrkräfte torpedieren das manchmal, wenn sie als Hausaufgabe geben "15 Minuten im Affenheft rechnen"...).

Ich bin auch eher die Fraktion, "alternative Förderung".
Meine Tochter hat z.b. mit 4 Jahren angefangen, Lesen zu lernen. Weil Grundschullehrer sagten, das sei zu früh, habe ich ihr stattdessen Klavier spielen beigebracht und das dazugehörige Notenlesen (bin selber Musikerin). Damit hörte ihr Interesse am Lesen schlagartig für fast ein Jahr auf und sie hat sich nur aufs Klavier gestürzt.
(Übrigens würde ich das heutzutage nicht mehr so machen. Soll das Kind doch lesen - wer lesen kann, langweilt sich viel weniger.)

Am entscheidendsten finde ich aber deinen Satz mit der Frustrationstoleranz. DU findest es zu früh und du kennst dein Kind am besten.
Sei froh, dass du ein Kind hast, bei dem du entscheiden kannst.
Wie viel schlimmer ist es, wenn das Kind in die Schule muss und die Eltern merken, dass es das inhaltlich oder emotional noch nicht packt.
Dann doch lieber so wie bei euch.

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Also ich habe mich nie gelangweilt. Ich und ein paar andere konnten z.B. die Hausgaufgaben machen, wenn wir mit dem Rest fertig waren, oder die Lehrerin hat Kopien aus einem anderen Aufgabenheft für uns gemacht, als dem, das wir sonst eingesetzt haben, damit wir dort z.B. noch die Rechnungen durchmachen. Auf Schönschrift kommt es übrigens nicht an. Mir hat man fünf Jahre das Gegenteil erzählt und ins Zeugnis geschrieben, mit dem Wechsel der Schulstufe hat's niemanden mehr interessiert, heute schreibe ich alles auf der Tastatur. Ich habe mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass die lateinische Schreibschrift in der Deutschschweiz wieder aus dem Lehrplan gestrichen worden ist.

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Ich habe gerade ein Beispiel im Kopf von einem Septemberkind, das mit gerade 6 eingeschult wurde. Regulär wäre das Kind in BaWü ein Jahr später gekommen. Die Eltern wollten es aber so. Habe die Mutter vor Kurzem getroffen und sie haben solche Probleme mit den Hausaufgaben, dass sie mittlerweile denkt das Jahr Kiga wäre doch nicht verkehrt gewesen. Ich glaube, wenn es keine gravierenden Ausschläge gibt, würde ich einfach immer regulär einschulen

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Naja, diese eine Anekdote ist jetzt kein Argument finde ich.

Meine beste Kindergartenfreundin und ich (8 Tage Altersunterschied) sind auch Septemberkinder. Sie wurde ein Jahr vor mir eingeschult, war also eher jung während ich eher zu den älteren gehörte.

Sie ist in der Grundschule super zurechtgekommen, ich habe mich zu Tode gelangweilt (ich konnte vorher noch überhaupt nicht Lesen oder Rechnen) und später ziemlich unter meiner körperlich weiteren Entwicklung als bei meinen Mitschülern gelitten.

Am Ende habe ich eine Klasse übersprungen und wir hatten ziemlich ähnliche Abschlussnoten…

Ich war meiner Erzieherin im Kindergarten übrigens emotional nicht weit genug. Totaler Blödsinn, aber sie kannte mich eben nicht so gut wie sie glaubte und meine Eltern waren beim ersten Kind zu verunsichert um wirklich zu protestieren.

Ich denke letztlich können immer noch die Eltern am besten entscheiden, was für ihr Kind das richtige ist.

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Der Kinderarzt untersucht ja bei jeder Untersuchung die Reife und stößt ggf. entsprechende Früh-Einschulungsprozesse an.
Wenn das nicht geschehen ist, würde ich regulär einschulen lassen.

Meine Tochter war mit 2 J, 10 M bei der U7a.
Die Ärztin hat dann mit meiner Tochter ein paar Übungen gemacht, sich mit ihr unterhalten, gezählt, Namen geschrieben etc.
Sie sagte mir am Ende der Untersuchung, dass sie die U8 Untersuchung gleich mitgemacht hat und meine Tochter diese mit Bravour bestanden hat.

Die Ärztin hat daraufhin ein Empfehlungsschreiben zur Vorschuleignung mit 4 Jahren und Einschulung mit 5 Jahren geschrieben und dieses direkt zur Schulbehörde geschickt.

Am Ende entscheiden natürlich wir Eltern, aber ich finde, dass man den Ärzten bei der U-Untersuchung auch vertrauen darf.

Bei uns darf man nur mit 5 J. eingeschult werden, wenn man mit 4 J. die Vorschule besucht.

Ich würde an eurer Stelle einfach mit dem Kinderarzt sprechen und den Befund abwarten 😊

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Das ist ja lustig, das war bei meiner Tochter auch so. Die Ärztin wollte sie direkt einschulen... Da ich aber weiß, wie sie im Kindergarten ist und sich eben nicht so gut zurück nehmen kann, war Einschulung kurz nach dem 5. Geburtstag für mich absolut ausgeschlossen. Die Konzentrationsspanne, das Durchführen unliebsamer Aufgaben, wenn man sich lieber unterhalten möchte oder spielen, sind im Alltag in der Schule eine ganz andere Nummer als die 1:1 Situation beim Arzt.
Ich würde die Einschätzung des Kindergartenpersonals einholen. Die wissen, wie dich das Kind verhält in einer Gruppe und ob es reif genug wirkt. Scheint ja bei der TE der Fall zu sein. Dann würde ich das Kind fragen, ob es früher in die Schule will oder ein Jahr noch im Kindergarten. Zwingen würde ich es nämlich nicht.

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Dann muss man aber auch einen vernünftigen Arzt haben, der sich richtig Zeit nimmt für die Untersuchungen. Hier machen das die MAs und nicht der Arzt selber. Der kommt nur zur körperlichen Untersuchung kurz rein und guckt sich am Ende die Ergebnisse an. Und was manche da so schreiben mit ganz zu Anfang irgendwelche Sprachtabellen ausfüllen was die Kinder können müssen (in irgendeiner U wo es um Sprache geht auch) , mussten wir zb nie.

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Ich würde mir das sehr gut überlegen und mein Kind genau beobachten.
Problematisch sehe ich die Frustrationstoleranz und das Bemühen bei Dingen, die einem schwerer Fallen. Das wird zum Stress in den ersten Schuljahren führen.
So ab Ende der dritten, Anfang vierten Klasse machen die Kinder im sozialen einen Sprung und die Interessen werden ganz andere. Da fängt es an mit was ist cool/uncool. Bestimmte tiktok/youtube stars etc., habe schon ein paar Kinder gesehen, die früher eingeschult worden sind, bzw. eine Klasse übersprungen haben, die dort einfach langsam aus der sozialen Clique herausfallen, weil es sie noch nicht interessiert hat.
Vorher gab es da keine Probleme und die Kinder sind sozial gut in den Klassenverband integriert gewesen (Mädchen haben hier oft weniger Probleme).
Das ist immer eine individuelle Entscheidung, ich würde sie aber von der Reife abhängig machen.
Lesen und Schreiben können in jeder ersten Klasse ein paar Kinder schon zu Beginn. Da wird differenziert.