Tochter (14) möchte die Schule wechseln - fühlt sich minderwertig.

Hallo zusammen, meine Tochter ist in - eigentlich - in ihrer Wunschschule: Privatschule/Gymnasium. Und hat dort auch einige Freundinnen und Freunde. Ihre Noten sind gut. Und ich dachte immer sie fühlt sich wohl. Ihr Manko war jedoch immer ihre Schüchternheit. So dass sie nun nach der Grundschule einen Notenschnitt nach unten fiel (von 1 auf 2-3, je nach Fach). Nicht weiter dramatisch, dachte ich. Ist eben auch ein Gymnasium. Sie ist allerdings der Meinung, dass es daran liegt, dass sie nicht aus einer Akademikerfamilie stammt und nicht bei allen Themen mitreden kann, bzw. wir nicht zu den "Reichen" gehören und sie möchte lieber in eine Schule mit einfachen Schülern. Es ist zwar eine Privatschule, aber keine klassische teure, sondern eine kath. Privatschule und daher nur minimale Gebühren von 80 Euro. Ihr hatte es dort gefallen am Tag der Vorstellung. Einige Freundinnen waren/sind dort und wir hatten uns (auch) hierfür entschieden, weil die Klassengröße kleiner ist als in einer staatlichen Schule und es auch weniger Stundenausfälle gibt. Auch in Coronazeiten war der Unterricht besser. Ich denke, ihr "Komplex" liegt vielmehr an der Pubertät und denke nicht, dass es ihr hilft, die Schule zu wechseln. Vor allen Dingen sollte man nicht bei jeder Kleinigkeit in "den Sack hauen". Andererseits kann ich aber auch ihre Bedenken verstehen. Was würdet ihr machen?

1

Hallo!
Die Bedenken deiner Tochter kann ich ehrlich gesagt rational nicht verstehen, habe die Argumentation allerdings schon öfter gehört. Objektiv betrachtet ist es einfach Quatsch.

Hat sie denn konkreten Anlass, daran zu zweifeln, auf der Schule richtig aufgehoben zu sein? Bei welchen Gesprächen kann sie nicht mitreden? Wird sie gehänselt? Oder ist es einfach nur ein diffuses Gefühl. In letztem Fall sollte eher am Selbstbewusstsein gearbeitet werden. Wenn es wegen des fehlenden akademischen Abschlusses der Eltern mal blöde Sprüche gegeben haben sollte, kann man vielleicht mal überlegen, wie sie in solchen Fällen geschickt kontern könnte.

Ihre Unsicherheit wird aber bestimmt auch viel mit der Pubertät zu tun haben. Ich habe mich damals auch wegen diverser Dinge minderwertig gefühlt und mich für Lächerlichkeiten geschämt. Z.B. war ich einen Kopf größer als die anderen. Ich habe mich immer ganz krumm hingestellt, damit es nicht so auffällt. Oder meine Mutter war Lehrerin an meiner Schule und wagte es, eine violette Samtjacke zu tragen. Ich hätte vor Scham im Erdboden versinken können.

Liebe Grüße, Dian

2

Also ich kann die Bedenken der Tochter nicht wirklich nachvollziehen. Im Studium wird es sicher nicht besser, auch da ist man als einfaches Arbeiterkind eher die Minderheit. Dafür hat man sich als Arbeiterkind aber eben auch alles selbst erarbeit und nicht ist nicht über Beziehungen und Anwalt an seine Abschlüsse gekommen (um es mal ganz plakativ zu sagen). Insofern finde ich ist eine einfache Herkunft für das Selbstwertgefühl sogar förderlich.

Wenn du ihr nachgibst, steht sie doch im Studium wieder vor der selben Situation. Ja, als Arbeiterkind geht man dann halt in den Semesterferien in der Fabrik arbeiten um seine Bude bezahlen zu können während die Akademikerkinder einen Segelausflug mit der eigenen Yacht im Mittelmeer machen (um mal ein Beispiel aus meinem Leben zu bringen), aber sich selbst alles zu erarbeiten während anderen alles in den Schoß fällt kann durchaus auch sinnstiftend sein und beflügeln.

Ich würde nicht nachgebne. Sie denkt vl. es wird alles einfacher wenn sie die Schule wechselt. Denke aber nicht das das zutrifft.

PS: Das mit Studium war jetzt nur ein Beispiel weil es zum Thema gepasst hat, es heißt nicht dass man unbedingt studieren sollte oder gar muss um irgendwas zu erreichen.

3

Die Situation im Studium stellst du jetzt aber auch äußerst klischeehaft dar. Da würde ich als "Arbeiterkind" ja fast Angst vor einem Studium bekommen. Für mich als "Akademikerkind" war es auch selbstverständlich, ab 16 Jahren zu jobben. Und mich hat während des gesamten Studiums niemand danach gefragt, was meine Eltern machen. Und natürlich wusste ich auch nicht, welche Kommilitonen zur Minderheit der "Arbeiterkinder" gehören. Nach meiner Erfahrung interessiert das an der Uni kaum jemanden.

4

Ja klar war das jetzt alles sehr klischeehaft dargestellt, aber es ist halt jetzt ein Beispiel das sich genau so zugetragen hat. Man hat natürlich nicht danach gefragt aus welchem Elternhaus man kommt - war aber auch nicht nötig denn die Unterschiede waren einfach sehr offensichtlich. Vielleicht ist Arbeiterkind auch der falsche Begriff, eher armes Kind vs. reiches Kind xD

Es ging mir auch darum, dass diese Situation immer wieder vorkommen KANN, egal in welcher Schule oder wo sie nun ist. Daher ist halt ein Wechsel keine Lösung.

Bearbeitet von MertE
weitere Kommentare laden
6

Welches Klientel geht denn auf die Schule? Bevorzugt einfache, normale Akademiker oder die Kategorie "wirklich reich"? Unser Skiverein hatte mal eine Trainingsgemeinschaft mit einem anderen Verein, der vor allem Eltern aus der Kategorie "wirklich reich" hatte. War ich froh, als diese Trainingsgemeinschaft wieder beendet war. In der Schule würde ich mir das nicht antun wollen.

Wenn das Sozialgefälle enorm groß ist, dann würde ich tatsächlich über einen Wechsel nachdenken. Nein, man soll nicht bei jeder Gelegenheit "in den Sack hauen", man soll aber auch auf sich selber achten und sich ein Umfeld suchen, in dem man sich wohl fühlt. Einen Job würde man auch wechseln, wenn man mit den Kollegen so gar nicht zurechtkommt.

11

Hey!

Kommen die Kinder denn gut miteinander klar oder sind wirkliche Unterschiede erkennbar?

Ich würde auch eher versuchen, sie zu stärken- denn erstmal liegt ihr Problem für mich in ihrem Selbstbewusstsein.
In meiner Stadt gab es auch 2 verschiedene Gymnasien. Auf das eine private wollte ich nicht- meine Freundin ging dahin. Zitat: "In meiner Klasse haben alle Eltern eine Putzfrau." Ich war also auf der anderen Schule und auch dort umgeben von den Sprösslingen von Professoren, Doktoren, Ärzten, Juristen...
Eine Flucht von dieser privaten Schule bringt sie vielleicht vom Regen in die Traufe.
Fühlt sich deine Tochter denn von den Lehrern fair behandelt? Bei uns wurden offensichtlich die "priviligierten" Kinder von vielen Lehrern vorgezogen.
Das ist in meinen Augen die Hauptsache.
Sie soll lernen, dass sie sich dort durchsetzen kann. Ihre Noten sind nun schlechter- ok. Aber es wird sicher auch Schüler geben, die trotz vermeintlich besserem Elternhaus schlechter abschneiden, oder?

Ich schätze auch, dass es ihr gut tun würde, am Selbstbewußtsein zu arbeiten. Möchte sie sich ihr Leben lang unter "ihresgleichen" bewegen und nicht in andere Kreise gelangen? Will sie nicht studieren, wenn sie passable Noten hat? Das wäre schade, wenn sie sich selbst so einschränkt.

Liebe Grüße
Schoko

Bearbeitet von schokofrosch
15

Kennt den deine Tochter jemand von einer anderen Schule oder hat sie dort Freundschaften ? Manchmal ist so eine Pubsi-Idee schwer nachzuvollziehen. Ich würde es schon beobachten und ihr anbieten mal an einer anderen Schule zu hospitieren, da wird der Gedanke wahrscheinlich ganz schnell verschwinden.

18

Meine Enkelin(16) ist auch auf einer privaten Mädchenschule, Klientel gemischt, von stinkreich bis "normal" alles vertreten. Kürzlich holte ich sie bei einer auswärtig wohnenden Klassenkameradin ab - bei der Villa schlackerten sogar mir die Ohren 🤣 und sie erzählte am Heimweg auch, dass die beiden älteren Geschwister eigene Appartements darin hätten. Ich fragte sie, ob sie ein bissl neidisch geworden sei. Sie: "Nö, mir reicht mein Zimmer, muss man ja alles aufräumen und mir ist sowieso wurscht, wie **** wohnt..." Pragmatismus und Selbstbewusstsein pur, obwohl sie in der Schule durchaus auch als schüchtern gilt, sie ist da wohl recht zurückhaltend
Ich würde Deiner Tochter an Deiner Stelle helfen, an ihrem Selbstbewusstsein zu arbeiten. Sie hat doch Freundinnen dort, meine Enkelin hat auch nur zwei oder drei, mehr braucht sie auch nicht. Dort kennt sie alle Abläufe, die Lehrer.
In der neuen Schule kann wieder was anderes sein, dann kann sie ja nicht wieder wechseln. Dasselbe gilt für Studium und/oder Ausbildung. Sie muss schön langsam lernen, dass man manchmal einfach akzeptieren muss, dass man seinen eigenen Weg gehen kann, auch wenn einem das eine oder andere nicht immer zu 100% zusagt.
So gesehen MEINT sie ja nur, dass es woanders besser wäre. Du schreibst ja nichts von Mobbing oder echten Problemen. Nicht alle Akademikerkinder sind automatisch arrogant, soll ja auch darunter ganz normale geben 😉
Nein, ich würde sie (noch) nicht wechseln lassen, nur wenn wirklich gravierende Probleme aufträten.
LG Moni

23

Liebe TE,

nachdem ich hier von vielen UserInnen eines besseren belehrt worden bin, muss ich meinen Rat von oben nochmal revidieren.

Deine Tochter hat völlig Recht. Jeder sieht ihr auf den ersten Blick an, dass sie niederer sozioökonomischer Herkunft ist. Daran wird sich auch niemals etwas ändern. Sie wird nie wirklich mitreden können, da sie sich für ihre Herkunft schämen wird. Statistisch gesehen hat sie sowieso nur eine geringe Chance, einen akademischen Abschluss zu erreichen.

Sorry, das musste mal sein. Mach ihr klar, dass es einfach Blödsinn ist. Sie ist genau richtig. Sie wird ihren Weg gehen, auch wenn er manchmal vielleicht etwas steiniger ist. Und Leute, die sie wegen ihrer sozialen Herkunft oder des Bildungsabschlusses ihrer Eltern degradieren, sollen ihr den Buckel herunterrutschen.

24

Was sind denn die Themen der Reichen, bei denen sie nicht mitreden kann?

25

Schon mit der Schulsozialarbeiterin gesprochen?
Und mit der Schuberatungsstelle ?