Belastbarkeit

Mich würde mal interessieren, ob euch das Phänomen bekannt ist. Ich habe das Gefühl, dass meine Belastbarkeit seit einiger Zeit nicht mehr so hoch ist wie früher - Freundinnen im gleichen Alter schildern ein ähnliches Phänomen. Ich reagiere viel sensitiver auf Stressfaktoren und muss mir deutlich mehr Ausgleich "verschaffen".

Das Positive daran ist, dass ich tatsächlich achtsamer mit mir umgehe und auch deutlicher kommunizieren kann "mir reicht es", auch eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag legen kann zu Dingen, die angeblich ja soooo dringend zu erledigen sind (habe festgestellt, das sind sie oft nicht).

Das Negative daran ist, dass die geminderte Belastbarkeit manchmal zusätzlichen Stress produziert, weil ich die Auszeiten nun einmal dringend benötige, bei sehr hoher Terminbelastung etc. aber nicht noch Zusatzleistung abrufen kann. Das jetzt nur als Jobbeispiel.

Aber auch in Freundschaften, Beziehungen halte ich nicht mehr so viel aus - zum Guten und zum Schlechten.

Gelassener bin ich jedenfalls nicht geworden, eher das Gegenteil. In mir selbst ruhender ja, aber vielleicht strebe ich auch keine Gelassenheit an oder das, was ich darunter verstehe. Vielleicht verstehe ich Gelassenheit ja auch falsch.

Wie sieht es bei euch mit der Belastbarkeit aus?
#tasse

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Liebe TE,

meine Belastbarkeit ist auch nicht mehr so groß wie vor 10 Jahren. Ich bin jetzt Mitte 50.
Ich muss dazu sagen, dass ich mit meinem Mann unseren 16 jährigen Autisten betreuen, beaufsichtigen und pflegen. Ja und ich hatte vor ein paar Jahren enormen Stress gehabt mit vielen Terminen, die ich mit meinem Sohn z.B Therapien und Arztbesuche. Zusätzlich kümmerte ich mich noch um meine Mutter im Pflegeheim, die ich 1x die Woche besuchte.
Dazu noch zusätzliche Energiefresser wie ein Geschwisterteil, dass der Meinung war ich kümmere mich zuwenig um die Mutter und sollte es gefälligst ändern. Gab damals auch viel Zoff deswegen, weil ich es nicht ändern wollte und auch nicht konnte.Mal genau betrachtet ,hatte ich für mich wenig Zeitpuffer. Ja und mein Mann arbeitete damals auch noch in Schichten. Und ich mit meinen Überstunden als Teilzeitkraft.

Ich änderte aber eine ganze Menge. Therapien unseres Kindes wurden genauer unter die Lupe genommen, ob die überhaupt noch etwas bringen und wurden auf ein Minimum reduziert. Angebote wie Kurzzeitpflege, Verhinderungspflege wurden wieder verstärkt in Anspruch genommen. Und von Energiefressern trennte ich mich auch, die habe ich erstmal aus meinem Leben verbannt. Ich tat mehr für mich wie mit meinem Mann wieder verreisen nur mal als Beispiel. Wir kümmern uns um einen Heimplatz für unseren Jüngsten. Der soll dann mit 20 oder 22 Jahren ausziehen, so ist der Plan und Vorraussetzung, dass wir bis dahin einen Platz haben.

Ich gehe mit unserem Jüngsten erstmal auf Muki-Kur. Ich habe zwar vieles umgeändert, aber ich brauch mal einen Anstoß und neue Idee für mich. Ich habe zwar etwas mehr Zeit wie früher (Mann arbeitet nicht mehr, also mehr Unterstützung), aber mir fehlt hier zu Hause die Ruhe. Kind ist ja nicht gerade das Leiseste und eben Halt ein Duracell-Kind, was dauerbeschäftigt werden muss. Für meinen Sohn wünsche ich mir auf der Kur besseres
soziales Kompetenztraining. Wir wollen die Autismustherapie wieder nach ein paar Jahren anfangen. Hört sich zwar nach einen Termin wieder an, aber der würde dann nach gewisser Zeit nur alle zwei Wochen laufen. Und das ist ok.

LG Hinzwife

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Hi,
auch bei mir sinkt die Belastbarkeit. Und ich dachte es liegt an dem Umfeld. Aber Kinderlose verheiratete und Singel Frauen in meinem Alter, geht es genauso.

Ich hatte die letzten 20 Monate einen Vollzeit Job, nach 12 Monaten Teilzeit. Wenn ich nicht 30 min. in meiner Mittagspause geschlafen haben, bin ich spätestens um 14.30 Uhr, am Schreibtisch eingeschlafen. Egal ob Ablage, Zahllauf oder gemahnt, irgendwann sind die Augen zugefallen.

Ich brauchte das ganze Wochenende zum erholen. Sonntags um 17 Uhr fühlte ich mich erholt, geputzt hatte ich gar nichts. Wäsche waschen usw. und saugen reichte mir völlig.

Es gibt aber auch seit die Kinder da sind, keine Verschnaufspause. Ich ahnte es, wollte ja nie Kinder. Aber das der Mann überhaupt keine Hilfe oder Entlasstung ist, tja................selber schuld?

Eher das es ihm egal ist, wenn ich dann wirklich mal ausflippe. Lieber 3x im Jahr angemacht, als mehr gemacht........................................

Man nimmt sich viel mehr zu Herzen, denkt über gesagtes viel mehr drüber nach, und ich bin halt gerne Fassungslos, wie dumm die Jungen sind. So war mein Jahrgang nicht, so blauäugig und naiv, die Azubis und frisch vom Studium. Sie sind so alt, soviel älter als wir damals, frecher ja, schlauer nicht und lassen sich nichtmal was sagen.

Meine Ex Chefin war 32 Jahre und will nichts mehr dazulernen. Das ist traurig. Sie bekommt ein Familienunternehmen, soll es leiten, hört aber nicht auf die, die Erfahrung haben. Egal ob jetzt Verkauf, Einkauf oder Buchhaltung, das sie es nicht kapiert, steht auf ihrer Stirn geschrieben. Wir erklären......................... und sie sagt, das sie es so nicht akzeptiert. Auch der Buchhaltung, die sich die Vorgabe nicht ausgedacht hat, sondern das auch das Finanzamt gerne ein Wörtchen mitredet.

Tja, ich such mal was neues, denn wie sie und ihr 75 Jahre alter narzisstischer (dementer alter Trottel) Vater mit ihren Mitarbeitern umgehen, akzeptierte ich und 11 andere Kollegen in den letzten 20 Monaten auch nicht. Selbst der Prokurist hat nach 31 Jahren das Handtuch geworfen.

Wir sind nicht mehr Belastbar, oder sind es die Jungen, die unsere Kraft rauben? Ich denke fast letzteres, da ja kaum noch einer mit Verstand was macht.

Gruß

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Nach 12 Jahren Teilzeit soll es heißen.

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Hey

Offtopic: Ich erlebe die Jungen als ganz kompetent, habe von anderen jedoch auch gehört, dass Lehrlinge sich teilweise unfähig stellen (grosse Firma). Faule Eier gibt es allerdings in jeder Altersklasse. Bei dir liegt es augenscheinlich daran, dass es ein Familienbetrieb ist.

Nachdem du den Job gewechselt hast, geht es dir bestimmt besser. Manche Verhältnisse können zermürbend sein, egal in welchem Alter man sich grade befindet..

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Selbstverständlich sinkt die Belastbarkeit im Alter, alles andere wäre ja ganz sicher nicht normal.;-)
Ich wurde hier schon ausgelacht, weil ich ungeplant schwangeren Mittvierzigerinnen nicht mehr unbedingt zum Kriegen des Kindes raten konnte. Babyzeit, Schulzeit und Pubertät zwischen 45 und 60, na herzlichen Glückwunsch😎
Kann sich eine Dreißigjährige garnicht vorstellen.
Nimm es einfach an, wie es ist, ändern kannst Du eh nichts. Einigermaßen fit halten und gesund ernähren, ansonsten keinerlei unnötigen Wettbewerben mehr hinterher hecheln - und - gut zu sich selber sein. Du bist auf dem richtigen Weg, längst nicht alles ist superwichtig und die armen gehetzten Handydauertelefonierer haben mein tiefes Mitleid.
Hobbys ausleben und sich lang gehegte Wünsche erfüllen trägt sehr zum Wohlbefinden bei. Unangenehme Menschen meiden, man "muss" garnichts.
So lässt es sich ganz entspannt leben; bin 66 Jahre alt und mache wirklich nur noch das, was ICH will. Einreden lass ich mir schon lange nichts mehr, von niemandem, nicht mal Coronapanik 😎, da ich ja ach so hypergefährdete Risikogruppe bin. Aufpassen ja, isolieren ganz sicher nicht 👍
LG Moni

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Hallo readyplayerone

Die Gelassenheit und Belastbarkeit haben sich bei mir mit der Zeit thematisch verschoben. Das heisst, bei gewissen Themen bin ich definitiv reifer und daher gelassener (früher hätte ich mehrere schlaflose Nächte gehabt), bei anderen Themen ist meine Belastbarkeitsgrenze schneller erreicht als früher. Eher wohl die Geduldsgrenze, weil gewisse Themen im Leben leider immer wiederkommen, ich aber klarer ausdrücken kann, dass ich nun DARAUF keinen Bock mehr habe.

LG

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"Eher wohl die Geduldsgrenze, weil gewisse Themen im Leben leider immer wiederkommen, ich aber klarer ausdrücken kann, dass ich nun DARAUF keinen Bock mehr habe."

Kommt mir sehr bekannt vor. :-D

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Danke schon einmal für eure Antworten und eure Erzählungen. Ich finde das sehr spannend zu lesen.
Just heute habe ich wieder so einen Tag, an dem ich MÜSSTE aber meine Ressourcen extrem aufgebraucht sind.
Nun Freitag geht es erst einmal auf Reisen. Früher habe ich Diensthandy usw. mitgenommen, Mails und Faxe gecheckt, jemanden beauftragt mir meine Post zu öffnen und abzufotografieren.
Das mache ich beispielsweise nicht mehr.
Ich verordne mir meinen eigenen Shutdown. Anfangs mit viel schlechtem Gewissen dabei. Das ist immer noch da, aber es wird weniger.
Ist ja auch eine Abwägungssache. Entweder mal komplett auf null fahren oder auf 30 Prozent bleiben was ja auch wieder für Stress reichen kann. Dann hat man am Ende keinerlei Effekt.

Und ich lasse heutzutage auch viel mehr liegen wie andere beschrieben haben.

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Dann erhol dich gut auf der Reise. Yup, Diensthandy mit Mails bleibt auch bei mir mittlerweile zuhause. Die Dankbarkeit hält sich nämlich auch in Grenzen, wenn man die ach-so-gewünschte Extrameile(n) geht. LG

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Hi,
oh man..........

Natürlich lässt Du das Diensthandy zuhausen!

Es dankt Dir niemand.

Als ich am 6.5. ins Büro der GF gerufen wurde, dachte ich noch (wie kann man nur so blöd sein), das ich noch gelobt werde, weil alles so gut läuft. Teilzeit Kollegin komplett daheim seit 16.3., ohne Homeoffice - möchte die GF nicht, auch nicht das sie Abends kommt, wenn der Mann übernehmen kann. Und ich von Vollzeit runter auf 24-30 Std/Woche. Und bis auf die Ablage, war alles 110% gemacht. Aber Pustekuchen - Inkompetenz Pur - und ich schnell aufs WC mal ausheulen.

Gute Erholung !!

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Ich weiß gar nicht, ob meine Belastbarkeit gesunken ist oder ich mich einfach immer besser abgrenzen kann gegenüber Energiefressern, sei das nun der Haushalt (der morgen auch boch da ist) oder Menschen. Ich bin vom Gemüt her ein ausgleichender Mensch und viele schwierige Menschen suchen meine Gegenwart. Früher war die Hütte immer voll und ich mitten drin. Mittlerweile tue ich mir das nicht mehr so oft an. Natürlich dürfen Freunde mir immer ihre Sorgen erzählen, aber Klimaanlage in einer Beziehungskrise zu spielen... strengt mich zu sehr an.
Irgendwie MUSS ich nicht mehr so viel. Niemals nie wäre ich mch vor einem Jahr mit flachen Schuhen und ungeschminkt zur Arbeit gegangen. Heute denke ich, warum die Kollegen nur die männlichen Visagen ungeschminkt ertragen sollen.

Ich bin vielleicht weniger belastbar, aber ich will auch gar nicht mehr so scheißbelastbar sein. Da bin ich lieber lieb zu mir selbst. Und das heißt: viel schlafen, gut essen, viel lesen.

Mit 30 hab ich mir das einfach nicht zugestanden.