Schwester mit Abhängigkeitserkrankung

Hallo,
ich weiß, hier ist nicht das richtige Forum dafür aber ich wollte gern anonym bleiben. Meine Schwester (26) ist seit 6 Jahren Drogen- und Alkoholabhängig. Aktuell macht sie ihren 4. Entzug und ich bin unsicher ob dies der letzte sein wird. Ich selber bin in der 30. SSW und mache mir zunehmend Sorgen wie ich mein Kind schützen kann. Prinzipiell will ich ihr den Kontakt nicht verweigern, sie darf das Kind sehen aber nur mit dem Beisein von mir oder meinem Partner. Gibt es hier jemand der in einer ähnlichen Situation war oder aktuell drin steckt? Wird es leichter für mich eine klare Grenze zu ziehen wenn das Baby da ist? Ich bin immer noch so voller Hoffnung das sie es schafft clean zu bleiben, gleichzeitig ist so viel vertrauen kaputt gegangen.
Danke für euren Input.

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Hallo,
Meine Mama war in einer ähnlichen Situation. Ihr Bruder war alkoholkrank. Schon in ziemlich jungen Jahren. Ich war natürlich nie alleine mit ihm und eine sehr enge Bindung hatte ich nicht zu ihm.
Meine Mama wollte den Kontakt auch immer wieder abbrechen, aber da sie nur noch dem Bruder hatte, (Vater, Mutter, Tanten, Onkel, alle schon gestorben von Mutti sehr früh) ist es ihr schwergefallen und hat ihm immer wieder geholfen.
Sie hat ihm immer wieder gesagt, dass sie nicht mehr helfen wird und ihr es egal ist.
Letztendlich war sie immer da für ihn. Auch als er sein Bein weggesoffen hat, auch als er wochenlang auf dem Intensiv war und überall Schläuche hingen, auch als er sich mit TBC angesteckt hat, auch als er schließlich mit Tabletten Überdosis ins KH kam. Von da schaffte er es nicht mehr raus. 54 wurde er.
Er hat das Leben von meiner Mama ziemlich schwer gemacht.
Im Nachhinein würde ich sagen, Kontakt abbrechen wäre für sie besser gewesen. Sie konnte ihn nicht retten. 😢

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Danke für deinen Einblick als betroffenes Kind sozusagen.
Ich möchte meinen Kind eben nicht vorleben das wir uns für Angehörige die sich nicht helfen lassen wollen, aufopfern. Aber praktisch es umzusetzen wird für mich glaube sehr schwer.

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Aber es besteht ja ein Unterschied zwischen helfen, aufopfern und Kontakt komplett abbrechen. Ihr könnt euch auf einen Kaffee trinken aber du musst nicht ihre Probleme lösen, ihr Geld leihen, ihr Entzugskliniken suchen etc.

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Was genau möchtest du beschützen?
Also an welche Situationen denkst du ? Oft stellen Suchtkranke ja eher eine psychische Belastung für die Angehörigen dar, meinst du das?
Natürlich würde ich ihr mein Kind dann nicht alleine anvertrauen und auch nicht zur großen Bezugsperson machen, wenn die beiden sich 1 mal im Monat sehen dürfte keine allzu große Bindung entstehen.

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Danke für deine Antworten. Ja das ist eine gute Frage, darüber muss ich nochmal nachdenken. Ich hab irgendwie bisher die Sorge das ich sie nicht abweisen kann wenn sie auf einmal vor meiner Tür steht. Sie ist halt meine kleine Schwester :(

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Sicherlich ist sie deine Schwester und das wird sie auch immer bleiben. Sie muss dir auch nicht gleichgültig sein aber du musst dich, dein Leben und auch besonders das deines Babys schützen! Das geht vor.

Ela

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Nein, ich bin nicht in so einer Situation.

Aber warum fällt es dir (aktuell) schwer Grenzen zu ziehen? Wenn du das verstehst, fällt es dir vielleicht leichter. Mit Baby musst du dir klar machen, dass du dein Baby schützen musst, weil es selbst das nicht kann.

Ansonsten klingt euer Plan doch gut: niemals alleine und du „scannst“ sie vorher, sollte sie betrunken oder unter drogen stehen, wird sofort abgebrochen.

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Guten Morgen,

Dein Verhalten, deiner Schwester nur den Kontakt zu deinem zukünftigen Kind zu erlauben, wenn du oder dein Partner zugegen sind, halte ich für prima. Damit schützt du dein Kind und grenzt deine süchtige Schwester nicht vollständig aus.
Du quälst dich innerlich, weil du merkst wie schwierig es dir fällt, deiner Schwester Grenzen zu setzen und sie doch als geliebte Angehörige nicht völlig im Stich zu lassen. Dieses Dilemma wird dich immer begleiten, solange deine Schwester im Suchtkreislauf feststeckt.

Die Suchtkarriere deiner Schwester klingt für mich nach einer beginnenden "Drehtürpatientin", von denen ich als selbst Betroffener einige kenne.
In mir kam die Frage auf, ob deiner Schwester nicht der geschützte Kontakt zu anderen süchtigen jungen Frauen in Selbsthilfegruppen Halt geben könnte.

In den letzten Jahren haben sich zunehmend reine Frauengruppen in den Selbsthilfeorganisationen gebildet. Soweit ich das überblicke, gibt es in vielen Großstädten bei den Anonymen Alkoholikern reine Frauengruppen. Außerdem finden täglich online mehrere Zoommeetings von Frauengruppen bei AA statt (Einwahldaten über die Meetingsuche auf der Hompage von AA). Nach meinem Wissen über mein Netzwerk ist der Austausch und der Zusammenhalt in diesen Frauengruppen sehr hoch bis hin zum "Familienersatz". Auch andere Selbsthilfeorganisationen haben nach meiner Information an manchen Orten Frauengruppen.
Weitere Fragen hierzu kannst du gerne direkt an mich stellen.

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Danke für deine Infos zu den Gruppen. Ich dachte immer das der Kontakt zu Gleichgesinnten eher kontraproduktiv ist. Aber interessant zu hören dass es funktioniert. Ich werd ich das mal vorschlagen!

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Ich bin selbst betroffen von einer suchtkranken Schwester; sie hat meine Kinder bis heute nicht kennengelernt und wird sie auch nicht
Mir ist es wichtig, dass meine Kinder feste Bezugspersonen haben und als Tante mit Drogenproblemen kann sie das nicht bieten. Schlussendlich hat das natürlich zur Folge, dass ich eben auch keinen Kontakt zu ihr habe.
Vor den Kindern habe ich es jahrelang versucht und mich regelrecht aufgeopfert, genützt hat es nur, dass ich mit meiner Psyche zu kämpfen hatte.
Als ich dann schwanger wurde und keine Chance gesehen habe,dass sie clean wird und bleibt, habe ich den Kontakt abgebrochen und ihr auch gesagt weshalb-> jetzt galt es mein Kind zu schützen.

Deine Schwester hat jetzt bis zur Geburt noch knapp 3 Monate Zeit clean/trocken zu bleiben,sollte sie es nicht schaffen,würde ich persönlich von Anfang an keinen Kontakt zum Kind zulassen, aber das ist nur meine harte Einstellung.

Bearbeitet von PawPatrol-Mama
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Danke für deine Antwort, großen Respekt das du da so klar bist. Ich denke das ich das langfristig auch für mich in Betracht ziehen muss. Bisher ist es für mich noch kein Thema weil ich noch zu sehr in der Co-Abhängig drin stecke (bin selber in Therapie). Fragen denn deine Kinder nach deiner Schwester? Was erzählst du dann?

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Für meine Kinder ist das eine fiktive Person irgendwie.
Sie wissen zb durch Bilder das ich eine Schwester habe, aber das war es auch. Sie ist hier im Alltag kein Thema. Jemand den sie nicht kennen, können sie nicht vermissen.🤷‍♀️

Im übrigen trauer ich selbst der Beziehung zu meiner Schwester noch oft nach, aber es wird seltener. Während ich das hier schreibe tut es wohl noch weh, aber ich habe akzeptiert, dass die Person,die ich vermisse durch die Sucht gar nicht mehr da ist.

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Ich glaube warum das aktuell bei mir auch so „brennt“ ist das meine Mutter sich langsam besser abgrenzt und ihr nicht mehr im vollen Umfang zur Verfügung steht und ich Angst habe das sie auf einmal vor meiner Tür steht und ich sie nicht weg schicken kann. Ich wünsche mir so sehr das ich die große Schwester in mir dann ausschalten kann. Sie ist ja auch nicht die erste in meiner Familie, mein Vater war schon Alkoholiker und lebt wegen seinem Konsum seit mehreren Jahren in einem Pflegeheim. Das zu akzeptieren hat mich Jahre an Therapie gekostet, das jetzt nochmal durchmachen zu müssen ist einfach hart.

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Ich denke, das du dir eigentlich eine Stellvertreterfrage (nennt man das so?) stellst.

Es geht hier doch eigentlich um dich, sicherlich mit etwas Co-Abhängigkeit....du selber bist komplett unsicher im Umgang mit ihr. Schaffst es nicht dich emotional abzugrenzen und distanzieren. "Was ist, wenn sie vor der Tür steht?", die Frage macht das ganz deutlich und diese solltest du dir in erster Linie für dich selber beantworten können und müssen und natürlich längst schmerzfrei umsetzen. Wie gehst du denn bisher damit um?

Ich denke nicht, das du dein Kind besonders schützen musst, wenn du es schaffst für dich Grenzen zu setzen....diese gelten dann ja auch automatisch für dein Kind.
Korrekt, das Kind alleine sehen ist keine Option. Das ist einfach ein Fakt, über den man nicht weiter reden oder nachdenken muß.

Und ich denke, das du zu viel Hoffnung in den Entzug steckst, du also evtl. eine falsche Vorstellung davon hast. Ein Entzug dient in erster Linie nur dazu, die Giftstoffe unter Aufsicht aus dem Körper zu bekommen. Viel wichtiger ist doch, was danach kommt. Nichts? Dann kann/wird sie noch 500 Entzüge ohne nachhaltige Veränderung machen. Der Entzug ist nur der erste kleine Schritt von vielen, die danach folgen müssten.

Du hast noch einen Nachtrag erstellt, das du eine Therapie aufgrund der Suchtproblemaik deines Vaters gemacht hast. Das ist super, aber die Frage ist, worum es dort ging. Ich vermute jetzt ganz stark, das es nur um die Aufarbeitung deiner Kindheit ging, kann das sein? Wenn du jetzt noch keine Strategien erlernt und verinnerlicht hast, dann sollte das für dich Priorität haben.

Wenn du für dich Strategien anwenden kannst, ohne schlechtes Gewissen...das ist ja gar nicht nötig, dann schützt du automatisch dein Kind mit. Ich wiederhole mich, der Fokus liegt hier klar auf dir selber, nicht auf deinem Kind.

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Als Tochter eines alkoholkranken Vaters, kenne ich das Problem. Mein Vater trinkt leider schon lange, schlimm würde es aber erst nach der Trennung meiner Eltern. Er bleibt allerdings, wenn er trinkt meist bei sich, ist nie aggressiv. Ganz selten kommt es Mal vor, dass er uns Kinder betrunken anruft.
Wir haben den Kontakt zu unseren Kindern nie verwehrt. Allerdings hat sich mein Vater da soweit unter Kontrolle, dass wenn er weiß, dass wir kommen er für diese Zeit nix trinkt . Falls er das nicht schafft, ruft er an und gibt Bescheid, dass wir an dem Tag nicht kommen sollen. Meine Kinder sind jetzt 6 und 9 und haben ihren Opa noch nie alkoholisiert erlebt. Mittlerweile vertraue ich ihm da auch soweit, dass er auch Mal einen Nachmittag auf die Kinder aufpasst, wenn ich nicht Mal arbeiten muss und keine Betreuung habe. Mein Vater würde niemals etwas tun, was seine Beziehung zu unseren Kindern gefährdet.

Da kommt es natürlich darauf an, wie deine Schwester ist, wenn sie unter Substanzen steht und wie weit sie sich da im Griff hat, wenn die auf euer Kind trifft. Wird sie aggressiv oder gefährlich, da geht natürlich immer die Sicherheit des Kindes vor, auch wenn sie deine kleine Schwester ist. Da würde ich sie auch anweisen, wenn sie dann so Mal vor der Tür steht...

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Ich würde einfach abwarten. Du hast noch ein paar Wochen Zeit, bis dein Kind überhaupt auf der Welt ist und dann ist es soo klein erstmal, dass es eh nicht alleine bei jemand anderem bleibt.

Du wirst also die ersten Monate im Normalfall gar nicht in die Verlegenheit kommen, das deine Schwester das Kind alleine sieht und betreut.

Und in der Zeit wirst du denke ich schon merken, ob sie clean bleibt oder nicht.

Und ja, sollte sie es nicht sein, dann gehen Besuche eben nur mit Begleitung, das ist dann nicht anders machbar.

Aber manchmal sind Kinder auch die Chance für die Suchtkranken, einen Grund zu finden, nicht mehr zu den Drogen zu greifen.
Der Opa meines Mannes war Alkoholiker, er hat mit der Geburt seiner Enkel aufgehört zu trinken, da er für sie da sein wollte und sich um sie kümmern wollte. Er muss ein wirklich großartiger Opa gewesen sein :).

Es gibt übrigens auch Beratungsstellen für Angehörige von Suchtkranken, auch dort kannst du dir Hilfe suchen und dich beraten lassen.