Ich kann nicht aufhören zu trauern / zu vermissen

Ich weiß einfach an manchen Tagen nicht mehr weiter.
Ich bin 36 und habe 3 Kinder. 2 davon habe ich mit meinem ersten Mann, meiner großen Liebe, bekommen. Mein jüngstes habe ich mit meinem aktuellen Freund bekommen, es ist knapp 1 Jahr alt.
Ziemlich genau vor vier Jahren ist mein Mann unerwartet verstorben.
Ich war damals schwanger mit unserem zweiten Kind, es war die absolute Hölle.
Ich habe mich irgendwie zurück ins Leben gekämpft, einen neuen tollen Mann an meiner Seite den ich liebe und wir haben ein schönes Familienleben.
Ich bin in Therapie seit Jahren.
Ich funktioniere im Alltag augenscheinlich fantastisch und wirke glücklich und doch vermisse ich meinen ersten Mann immernoch genauso wie am ersten Tag. Ständig erinnert mich etwas an ihn.
Ich weine noch so unglaublich oft, meistens heimlich weil ich niemandem mehr zur Last fallen möchte. Nach all den Jahren versteht mich auch einfach keiner mehr.
Ich denke immer, dass es doch mal besser werden muss?
Ich bin ein so optimistischer und nach vorn blickender Mensch und doch kann ich ihn einfach nicht loslassen.
Ich will ihn einfach nur wieder zurückhaben. Kein Tag vergeht an dem ich nicht von morgens bis abends an ihn denken muss.
Er fehlt mir so... alles an ihm.
Wann hört dieser Schmerz denn nur auf?

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Ich denke trauern kann sehr lange gehen, gerade wenn man mitten im Leben steht, als Mutter funktionieren muss.

Eine Trauergruppe gerade auch für Verwittwete wäre vielleicht etwas. Die wissen alle wovon Du sprichst und da fällst Du sicher niemandem zur Last.

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Ich würde mir auch eine Gruppe suchen, wo man dich tatsächlich aus eigener Erfahrung heraus versteht. Es ist normal, dass Menschen, die sowas nicht erlebt haben, irgendwann da an ihre Grenzen kommen. Das ist auch für dich nicht gut, wenn du diese Gefühle ständig verstecken musst, weil du immer mit Unverständnis rechnen musst.

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Finde ich ehrlich gesagt schwierig, wenn du von morgens bis abends an ihn denkst, dann wird es glaube auch schwierig ihn loszulassen und den Personen, die aktuell um dich sind die volle Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen und einfach mit den Menschen die heute um dich sind auch glücklich zu sein.

Es ist ja jetzt auch keine Selbstverständlichkeit, dass du wieder einen tollen Mann an deiner Seite und drei gesunde Kinder.m hast. Du hast dafür gekämpft und sicher auch viel ausgehalten und jetzt ist es auch Zeit, das in vollen Zügen zu genießen. Das würde auch dein verstorbener Mann wollen.

Ich glaube ich würde mir Quality Time mit meinem verstorbenen Mann nehmen und das auch ganz offen mit meinem Partner kommunizieren, damit er mir die Zeit einräumen kann und darüber auch nicht irritiert ist. Dafür hat er sicherlich Verständnis. Vielleicht jede Woche oder alle zwei Wochen sich ein paar Stunden zurückziehen, ganz bewusst an ihn denken und ihm einfach einen Brief schreiben und alle Gefühle / Traurigkeit rauslassen und ihm alles erzählen was ich gerade fühle und denke und mich beschäftigt. Und wenn dann die Zeit rum ist, muss ich mich und auch mein verstorbener Mann leider wieder bis zur nächsten Quality Time gedulden und bis dahin sind die lebenden Menschen um mich herum präsent und bilden den Fokus meiner Gedanken und wenn ich mich erwische wieder in Erinnerungen zu schwelgen muss ich mich halt leider auch aktiv darum bemühen um an erwas anderes zu denken weil die nächste Quality Time kommt ja auch bald wieder und dann darf ich alles rauslassen :)

Kann natürlich alles falsch sein aber ich glaube so würde ich es probieren.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft ❤️.

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Für mich hört es sich so an, als ob du alles richtig gemacht hast und diese Trauer einfach als einen Teil von dir akzeptieren solltest. Was dein Umfeld darüber denkt, sollte dir egal sein. Die Last, die man selbst nicht trägt, spürt man nicht und viele können einfach nicht nachvollziehen, wie traumatisch es ist, wenn jemand von einen auf den anderen Tag nicht mehr da ist.

Mein erster Mann ist an Krebs gestorben. Ich habe 8 Jahre gebraucht, bis ich mich wieder auf jemanden einlassen konnte. Ich bin heute sehr glücklich das 2. Mal verheiratet, aber ich habe anfangs wirklich damit gehadert. Man hat sich schon einmal für jemanden entschieden und "ja" gesagt, man wollte ihn nicht gehen lassen und mit ihm alt werden. Ich wollte keinen anderen Mann. Aber wie heißt es so schön: "Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, mach Pläne für dein Leben".

Ich weiß nicht, wie es bei dir ist, aber ich muss immer aufpassen, dass ich meinen 1. Mann nicht zu sehr verkläre. Ich sehe seine hohe Sozialkompetenz vor mir und dass er immer wusste, wie es mir geht. Dabei vergesse ich, dass er nie allein etwas auf die Reihe bekommen hat, dass seine Familie mich gehasst hat und dass er uns durch seine Bockigkeit oft das Leben schwer gemacht hat.
Wenn ich mir das vor Augen halte, wird mir bewusst, was für ein schönes und einfaches Leben ich heute mit meinem 2. Mann habe und dann geht es mir besser.

Super finde ich, dass du in Therapie bist und das mit der Gruppe für Verwitwete finde ich auch eine gute Idee.

Bearbeitet von Ponyfan
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Hallo trauerndesHerz,

Was vermisst du in deinem ersten Mann, was dir dein aktuelles Leben nicht mehr geben kann?

Ich habe in diesem Jahr einen engen Freund verloren, dessen Tod sich aufgrund schwerer Krankheit bereits abgezeichnet hatte.
Das erste Mal in meinem Leben konnte ich um einen verstorbenen Menschen trauern und bin mit meiner rudimentären Erfahrung beim Trauern wohl ziemlich naiv und unerfahren.

Bei mir war es so, nach einer intensiven Trauer um den Verlust meines Freundes mit Schmerzen und Tränen meist vor dem Einschlafen hat sich in mir etwas verändert
Ich fühle seitdem eine Präsenz meines Freundes in mir, seine Stimme mit seinem unverwechselbaren Dialekt, was er in bestimmten aktuellen Situationen wohl gedacht und gesagt hätte.
Es ist ganz so, als hätte ich ihn in mich aufgenommen, er bleibt in mir gegenwärtig fast als eine Art spiritueller Beistand und Berater, was er in meinem realen Leben auch war.

Du vermisst deinen Mann noch sehr. Könnte deine Trauer so hartnäckig sein, weil du eben seine Präsenz in dir noch so unmittelbar spüren kannst? Seine Stimme, seinen Geruch, seinen Körper, seine Nähe und Intimität?
Könntest du das, was dir als Trauer und Verlust Schmerzen bereitet, nicht aus einer anderen Perspektive heraus als seelischen "Gewinn" wahrnehmen und empfinden? Du hast jetzt einen seelischen Begleiter in dir, den andere Menschen nicht haben, den du immer fragen kannst. Ich denke, auch dein neuer Partner wird das gerne akzeptieren können.

Bearbeitet von Christoph61
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Ich weiß nicht wann das aufhört.
Ich möchte dir mein Mitgefühl aussprechen.

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und ich hoffe, dass die Trauer eines Tages erträglicher für dich wird.

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Du warst/bist einfach noch sehr sehr jung, um das alles so zu verarbeiten wie ein älterer Mensch.
Ich habe meinen Mann vor 9 Jahren verloren, aber gut, er war mehr als doppelt so alt wie Du und seine Krankheit hat mich "vorbereitet", auch seine Pflege zuvor war nicht einfach.
Ich kann Dir nicht mal zu einer Trauergruppe raten. Dort traf ich einesteils auf Menschen, die schon über ein Dutzend Jahre um ihre Verstorbenen trauerten und am neuen Leben garnicht teilhaben WOLLTEN und auch zwei Männer, die bereits auf "Brautschau" nach der nächsten Frau waren. Einmal war ich dort - nie wieder.
Keine Ahnung, ob Dir vielleicht ein Seelsorger mit einem Gespräch helfen könnte? Da geht es nicht immer nur im Glauben, sondern manchmal kann echt auch Lebenshilfe dabei sein.
Du hast wieder einen Mann, den Du liebst, ein Kind mit ihm, das ist doch ein unglaubliches Geschenk des Schicksals. Ich war volle acht Jahre sehr sehr allein und traurig, bis ich mich wieder verlieben durfte, das sehe ich als absoluten Jackpot an, wie es eine liebe Freundin formulierte.
Ich verstehe Dich sehr gut, aber BITTE verbohre Dich nicht in die Trauer. Schau morgens Dein Kind und Deinen Freund an und sag Dir einfach innerlich "danke liebes Schicksal" - irgendwann hast Du das verinnerlicht.
Ich stand kürzlich am Grab meines Mannes und sagte sogar laut zu ihm, dass er es wohl ziemlich lange verhindert hat, dass ich einen neuen Mann kennenlernen durfte, allerdings augenzwinkernd.
Aber nun ist eben ein neuer Teil meines Lebens angebrochen.
Ich bin sicher, Dein verstorbener Mann würde Dir Dein neues Glück von ganzem Herzen gönnen - nimm es einfach an, soviel Glück hat echt nicht jede Frau.
Alles Liebe für Dich.
LG Moni

Bearbeitet von Circle-Of-Life
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Hallo trauerndes Herz, ich kann Deine Trauer gut verstehen. Sie geht und kommt immer wieder, man kann nichts daran machen. Loslassen ist u.U. sehr schwierig, auch, weil Du immer die besten Seiten Deines verstorbenen Mannes hervorheben kannst, wenn Dir im "jetzt" etwas fehlt. Ich kann nur von meinem Vater berichten. Er wurde vor ..zig Jahren Witwer und er war war erst 44 Jahre alt und hatte 3 Kinder. Seine Trauer nahm kein Ende. Für mich als älteste war es irgendwann zu viel, diese Trauer mit ansehen zu müssen. Wir Kinder haben unter dieser Trauer sehr gelitten. Ich nahm reißaus, ich war 19 Jahre alt und konnte es nicht mehr aushalten. Mein Vater ist dann selbst 15 Jahre später gestorben an seiner Trauer und im Alkohol. Mein jüngster Bruder ist mit 52 Jahren gestorben. Ich kann nur aus Erfahrung sagen...Trauer zieht alle Familienmitglieder im Umfeld runter und nur die starken lassen sich nicht runterziehen und stehen immer wieder auf. Ich habe in meiner großen Familie viele beerdigen müssen. Ich wünsche Dir auch diese Kraft, wieder nach "oben" zu kommen. Man hat nur ein Leben und das ist nicht "nur" zum Trauern da. Bleibe am Ball, schon Deiner Kinder wegen. Alles Gute. Im übrigen trauere ich auch manchmal heute noch, um meinen Vater, meine Mutter (sie wurde 42 Jahre alt), um meinen Bruder und alle anderen lieben Menschen, die ich verloren habe. Man kann lernen, sich immer wieder rauszuziehen und ins Leben zu gehen. Es dauert, aber es klappt.

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Ich möchte dir mein Mitgefühl aussprechen. Deine Worte haben mich sehr berührt.
Ich glaube ehrlich gesagt, dass es dir besser gehen würde, wenn du deine Trauer zulässt, sie da sein darf und du ihr in deinem Leben mehr Platz machst.
Mit Schwangerschaft und Kindern geht der "Alltag" normal weiter, während die Welt irgendwie zusammengebrochen ist. Du klingst, als hättest du immer gut funktioniert. Auch eine neue Partnerschaft, noch ein Kind - das spricht alles dafür, dass "der Laden läuft", du Normalität aufrecht erhältst, wo sie vielleicht (noch) nicht ist... und auch nicht sein muss.
Natürlich darfst du traurig sein. Auf gar keinen Fall musst du nur heimlich weinen. Du bist nicht allein. Deine Sorge, dass keiner Verständnis hätte, teile ich nicht. Vielleicht wären die Menschen überrascht, wenn du dich mehr zeigst. Woher sollen sie wissen, wie es dir geht, wenn nicht von dir?
Schaffe Platz in deinem Leben für die Erinnerung, die Traurigkeit und auch deinen früheren Mann. Er ist Teil eurer Familie. Du kannst den Kindern von ihm erzählen (er ist ja auch ihr Papa), dich mit gemeinsamen Freunden über ihn austauschen (und natürlich auch weinen), dich von deinem Partner in den Arm nehmen lassen, wenn du traurig bist, zum Grab gehen und dir Zeit für den Abschied nehmen, dich einer Trauergruppe anschließen, hier im Forum über ihn schreiben.... Nimm dir Zeit. Nimm dir die Zeit, die du brauchst! Ich wünsche dir alles Gute