Meine Tochter ist ihrer Freundin hörig.

Hallo,
meine Tochter (13 Jahre) wird von ihrer Freundin immer untergebuttert. Ich beobachte das schon seit 2 Jahren, aber in letzter Zeit hat das wirklich Ausmaße angenommen, so dass meine Tochter sich selber immer kleiner macht und die Freundin immer mehr Oberwasser gewinnt. Das geht sogar so weit, dass meine Tochter gar keinen Ehrgeiz mehr hat und ständig sagt: "Das kann ich nicht". Darauf hin nimmt ihr die Freundin alles ab und sagt: "Gib doch mal her "Pubsi" (was für ein entwürdigender Spitzname), das kannst du eh nicht". Besonders bei ihrem Geburtstag ist das wieder ganz deutlich geworden, als meine Tochter ein fest verpacktes Geschenk nicht so einfach öffnen konnte, hat ihre Freundin das Geschenk für sie weiter ausgepackt. Ich dachte: "Ich fall vom Glauben ab....". Nun verhält es sich auch so, dass die Freundin meiner Tochter nicht nur 1 1/2 Jahre älter ist, sie ist auch locker 1 ganzen Kopf größer und kleidet sich dementsprechend. Meine Tochter versucht ihr alles nachzueifern. Gleiche Frisur, ähnliche Schuhe, Jacke, Hose etc.. Sie gleichen sich wie Zwillinge, einmal groß und einmal klein.
Auch die schulischen Leistungen sind rapide schlechter geworden, seitdem der Umgang mit dem Mädchen intensiver geworden ist. Alles was die Freundin sagt wird gemacht, obwohl meine Tochter insgeheim eigentlich weiß, dass das Eine oder Andere nicht richtig ist. Mir ist in einem (aushorch-)Gespräch aufgefallen, dass die Freundin zu meiner Tochter immer sagt, dass die Schule "scheiße" ist, aber selber büffelt und übt sie, nur um eine Zensur besser zu schreiben als meine Tochter.
Mein Kind ist diesem Mädchen völlig hörig, und wenn ich mal was sage, fühlt sich meine Tochter angegriffen und nimmt ihre Freundin ständig in Schutz. Sämtliche Redeversuche werden abgeschmettert. Nicht nur meinem Mann und mir ist das veränderte Verhalten unseres Kindes aufgefallen, auch anderen, sogar Schulkammeradinnen. Selbst der Klassenlehrer hat die beiden schon auseinander gesetzt, weil sie ständig den Unterricht störten. (Meine Tochter war früher eine sehr, sehr gute Schülerin - hat sogar 1 Klasser übersprungen und nun ist sie stolz darauf die Beste von den 3 schlechtesten Schülern zu sein).
Hat irgend jemand Erfahrungen damit, was man in solch einem Fall am besten tun kann? Ich mache mir wirklich Sorgen um mein Kind und befürchte, dass ihre Seele und ihr Selbstbewusstsein deutlich Schaden nimmt. Ich möchte den Umgang mit der Freundin eigentlich nicht verbieten, da ich dann befürchte, das Vertrauen - meines eh schon total verschlossenen Kindes - ganz zu verlieren. Treffen tun sich dem Mädels sowieso, dann nur eben heimlich und das finde ich dann noch schlimmer.
Ich bin für jeden Tipp dankbar.
Vielen Dank.
iiris2008

1

Also verbieten geht sicher nicht und ich würde auch auf keinen Fall die "Freundin" vor deiner Tochter auch nur ansprechen.
Am besten ist sicher deine Tochter hat nicht soviel Zeit ihre "Freundin" zu treffen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit, dass sie z.B. einen Tanzkurs etc. besucht oder das Du mit ihr regelmäßig etwas machst.
Wegen der Schule solltest Du auch mal mit den Lehrern schauen, ob hier nicht bei AG´s und Teilung die beiden getrennt werden könnnen.
Gleichzeitg würde ich deiner Tochter verdeutlichen das Schule nunmal vorgehet.
Ansonsten must du auf Einsicht hoffen.

4

Hallo,
vielen Dank für deine Tipps.
Eigentlich habe ich ja schon fast alles versucht, was man versuchen kann und der Kontakt ist unter der Woche nur telefonisch, aber sehr intensiv. Lediglich am WE treffen sich die beiden Mädels, um ihrem gemeinsamen Hobby nachzugehen - Pferde und Reiten.... . Das gemeinsame Übernachten am WE habe ich soweit es geht, ja schon untersagt, aber man kann es halt nicht immer verbieten. Ich habe sogar schon überlegt, den Kontakt zu ihrer Freundin mehr zu unterstützen und zu fördern, in der Hoffnung, dass sich die beiden dann auf die Nerven gehen und meiner Tochter dann evtl. auffällt wie abhängig sie sich macht. Ich muss mir das aber noch einmal durch den Kopf gehen lassen, ob das wirklich eine so gute Idee ist. Ansonsten hoffe ich, dass die Zeit für mich arbeitet und meine Tochter irgendwann erkennt, was gut für sie ist.
Vielen Dank aber nochmal
LG
Iris

2

Hallo,

vielleicht vorweg; mein Bengel ist erst 10 und so eine Situation, wie Sie sie beschrieben haben, habe ich noch nicht erlebt - ich kann daher nicht aus Erfahrung sprechen.

Grundsätzlich denke ich auch, dass es der falsche Weg ist, Ihrer Tochter den Umgang mit ihrer Freundin zu verbieten; aus den gleichen - auch von Ihnen genannten - Motivgründen. Man kann jedoch versuchen, diesen Kontakt andersartig einzuschränken. Haben Sie schon mal mit dem Gedanken gespielt, Ihre Tochter für irgendetwas zu begeistern, was Ihren Zeitplan Nachmittags etwas einschränkt? Hockey, Volleyball, Tanzen, Reiten, Fechten, Schwimmen etc. Dort hätte sie zum einen die Möglichkeit, wieder etwas Selbstvertrauen zurückzugewinnen und auch der Umgang mit anderen gleichaltrigen Mädchen (oder Jungs) wird Ihr sicherlich ganz gut tun. Vielleicht schließen sich sogar neue (erfreulichere) Freundschaften. Die Freundin meines Sohnes konnte meinem Kleinen sogar dazu bewegen, ständig sein Zimmer ordentlich zu halten. Das hätte ich vor einem halben Jahr noch für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten :-p

Das selbst Teenager noch stark zu Älteren heraufblicken und alles nachahmen, ist ziemlich normal. Schlecht ist natürlich, wenn ein Machtverhältnis entsteht, dass einer von beiden scharmlos (oder unbewusst) ausnutzt. Ich befürchte, hier kommt man nur mit viel viel reden weiter. Der Trick sollte hier sein, Ihrer Tochter nichts mehr vorzuwerfen, sondern ihr helfen, die Situation (das Verhalten ihrer Freundin) zu reflektieren. Je nach Charakter Ihrer Tochter (das können Sie natürlich besser einschätzen, als ich) würde ich sie einfach selbst mit "Pubsi" anreden [wenn Sie meinen, dass sie dann aufhorchen und protestieren wird] respektive sie fragen, wie es zu diesem Spitznamen kam [wenn Sie meinen, dass Ihre Tochter sich das Pubsi auch von Ihnen bieten lassen würde], ob sie ihn schön findet, ob sie es eigentlich nicht so schön findet. Und, wenn sie ihn nicht so schön findet, warum sie ihrer Freundin das nicht einfach sagt. Sie ist schließlich ihre Freundin, und Freunde nehmen natürlich Rücksicht auf die Gefühle des anderen. Werfen Sie das Benehmen ihrer Freundin Ihrer Tochter also nicht mehr vor, sondern lassen sie solche Situationen einfach reflektieren, dann wird die da schon selbst drauf kommen.

Ehrgeiz sollte eine 13-Jährige eigentlich ziemlich schnell wieder zurückgewinnen können. Sehr gut eignet sich da natürlich ein - wie oben geschrieben - festes Hobby/Sportart etc. Ansonsten können hier abenteuerlustige Eltern natürlich ungemein hilfreich sein. Sofern sich Ihre Tochter noch darauf einlässt, unternehmen Sie einfach möglichst vieles unterschiedliches (was Ihre Tochter noch nie gemacht hat) mit Ihrer Tochter zusammen. Von Minigolf über Schlittschuh bis hin zu Kart-Fahren, einen Kletterparkour im Wald oder auch Bungeespringen ist eigentlich alles drin, solange Ihrer Tochter daran Spass hat. Bieten Sie Ihr hier einfach Abenteuer, die Ihr eine 14 1/2-Jährige nicht bieten kann. Es gibt sogar Fahrübungsgelände, wo selbst 13-Jährige schon mit alten Schrottautos (Natürlich gedrosselt in Geschwindigkeit und in Gegenwart eines Erziehungsberechtigten) auf eine sichere Strecke fahren dürfen. Der Winter nähert sich allmählich und ein Skigebiet bietet tausende Gelegenheiten für eine 13-Jährige, Ehrgeiz und Selbstvertrauen zurückzugewinnen. Die Möglichkeiten sind hier nahezu grenzenlos, wenn Sie die Interessen Ihrer Tochter kennen oder spüren können.

Schade ist natürlich, wenn durch die ganze Geschichte auch noch die schulischen Leistungen Ihrer Tochter leiden bzw. sich auf diese Geschichte eindeutig zurückführen lassen. Wenn gutes Zureden nichts mehr bringt, sollte man eventuell in die Offensive gehen und ihr verständlich machen, dass, wenn sie ihre Einstellung zur Schule nicht schleunigst überdenkt und auch die Leistungen sich nicht wieder bessern, sie dafür Sorge tragen werden, dass Sie das Schuljahr noch einmal wiederholen muss, auch wenn sie notentechnisch noch durchkommt. Was sie (so wie ich die Situation interpretier habe) dann auch von Ihrer Freundin auch schulisch wieder trennt. Man sollte einer 13-Jährigen hier klarmachen, dass es zu schade wäre, sich schulisch sein halbes Leben zu versauen, nur um einer 14-Jährigen zu imponieren und das sie das unter keinen Umständen dulden werden. Sie ist halt erst 13 und scheint hier einfach noch nicht die Reife zu besitzen, dies von alleine zu erkennen. Auch wenn ich eigentlich überhaupt kein Fan von Bestrafungen in der Erziehung bin, aber, haben Sie hier schon mal überlegt, erziehungstechnisch härter durchzugreifen? Man darf hier nämlich gerne die Freiräume einer 13-Jährigen wieder etwas einschränken [nicht verbieten], wenn es der Sache hilft. Hier müssen Sie Ihre Tochter aber selbst einschätzen, da so ein Schuss bei einer 13-Jährigen bereits auch völlig nach hinten losgehen kann.

Alternativ darf man es bei einer 13-Jährigen glaube ich auch noch mal mit einem Belohnungssystem (Smileytafel o.ä.) versuchen. Sie müssen bei einer 13-Jährigen hier einfach nur den passenden Anreiz finden, der nicht gerade etwas dingliches sein sollte, sondern viel eher ein neues Privileg. Sie können Ihre Tochter hier am besten einschätzen und wissen sicherlich, was sich Ihre Tochter schon seit langem wünscht. Ein Kind kann auch durch schulische Leistung beweisen, Reif genug für ein "neues" Privileg zu sein (bzw. auch iterativ zu werden). Und dann gibt es halt für jede gute Note wieder ein freundliches Smileygesicht oder die iterative erhöhung eines Privileges. Wenn Ihre Tochter z.B. noch zu einer festen Zeit ins Bett muss und das ein wunder Punkt von ihr ist, machen Sie mit Ihr einfach ab, dass sie für jede 1 in einem Test 2 Minuten länger aufbleiben darf und für jede 1 in eine Arbeit sogar 5 Minuten länger aufbleiben darf; bei einer schulischen zwei entsprechend 2,5 bzw. 1 Minute, bis eine neu angestrebte Uhrzeit zum aufbleiben erreicht ist. Das ist erziehungstechnisch völlig legitim, denn Ihre Tochter beweist Ihnen hier ja, dass Sie mit dem "weniger schlaf" schulisch noch immer problemlos mithalten kann. Dann bleibt eigentlich nur noch zu hoffen, dass Ihre Tochter danach (altersbedingt) etwas reifer geworden ist und hier kein Belohnungssystem mehr braucht, sondern von selbst die Wichtigkeit des Themas begreift. Den kann man ihr natürlich auch klarmachen, wenn man schon mal das Thema berufswahl anspricht. Möchte Sie später Tierärztin werden, führt nun mal kein Weg an einem guten Abitur vorbei. Und es wäre natürlich schade, wenn man seinen Traumberuf später nicht ausüben kann, weil man als 13-Jährige meinte, dass wichtigste auf der Welt sei, Ihre Freundin zu beeindrucken. Das können selbst jüngere Kinder einsehen. Sie lernt schließlich nicht für Sie, sondern für sich selbst.

5

Hallo,
erst einmal vielen Dank für die lange Mail und die vielen Tipps.
Leider habe ich schon fast alle Ratschläge einmal ausprobiert. Was ich aber auf jeden Fall noch einmal beherzigen werde ist das Loben und Mut machen.
Wahrscheinlich habe ich durch meine Hilflosigkeit und Resignation einfach in letzter Zeit zu viel gemeckert und Vorwürfe gemacht. Ich werde es nun doch einmal anders versuchen und nach Dingen Ausschau halten, die sie gut macht (sind in meinen Augen zzt. allerdings sehr wenig geworden). Gespräche sind irgendwie gar nicht mehr möglich. Als Antwort bekomme ich nur ein Schulterzucken oder verschränkte Arme vor der Brust und ein starrer Blick in die Luft. Auch auf meine Frage hin, ob ich sie denn jetzt auch "Pubsi" nennen dürfte, kam nur als Antwort: "Ist mir doch egal". Wenn sie wenigstens auf irgend etwas anspringen würde, hätte ich die Möglichkeit nachzuhaken, aber das ist einfach nicht gegeben (war früher ganz, ganz anders).
Unter der Woche sehen sich die Mädels so gut wie nie, (telefonieren aber täglich stundenlang), da sie durch Schule und Hobby total eingespannt sind. Die gemeinsame Basis der beiden ist nur das Reiten, Pferde und Gitarre spielen. Was ich anfänglich auch gut fand und in jeder Hinsicht unterstützt habe. Ich kann ihr schlecht jetzt diese, ihre liebsten, Freizeitbeschäftigungen wieder wegnehmen und Zeit für weitere Aktivitäten bleibt aufgrund der Schulsituation kaum.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass die Zeit für mich arbeitet und sie irgendwann selber erkennt wie abhängig sie sich von ihrer Freundin macht.
Vielen Dank noch einmal
LG

3

Hallo!

Nur kurz: Also ich denke, daß der Weg, den Eltern da gehen können, nicht über ein "verbieten" oder "schlecht machen" der Freundin funktionieren kann.
Deine Tochter fühlt sich ihr sehr verbunden und es wäre ähnlich, als wenn ich an deinem mann rumkritteln würde- die reaktion wäre, daß du ihn verteidigst (was ja sinnig ist).
Aber es ist scheinbar so, daß deine Tochter selbstbewußtsein einbüßt in dieser Beziehung. Die Zeit der Pubertät ist serh Identitätsstiftend und daher ist es nicht verwunderlich, daß deine Tochter, wenn sie erst ein mal diese "machtverhältnisse" akzeptiert hat, noch weiter abrutscht und ihr Selbstwertgefühl im Keller ist.

Daher würde ich raten, ihr Selbstwertgefühl zu stärken wo´s nur geht. Egal ob sie ein Hobby ausübt, die hausaufgaben macht oder was auch onst so anfällt. ich würde zudem versuchen sie auf elegante weise von der freundin fern zu halten (tolle untrnehmungen planen, bei denen die freundin leider nicht mitkann, die aber die Kompetenzen deiner Tochter wieder stärker zu tage treten lassen, gemeinsam nach sportarten, freizeitbeschäftigungen suchen, die sie stärken könnten.
sachen überlegen, wo deine tochter vielleicht stärker ist und geminsam mit den mädels was unternehmen, wo die machtverhältnisse mal umgekehrt sind...


Alles Liebe
lisasimpson

6

Hallo,
vielen Dank für deinen Ratschlag.
Deinen Tipp werde ich auf Fall beherzigen und mehr loben und Mut machen.
Wahrscheinlich habe ich durch meine Hilflosigkeit und Resignation einfach in letzter Zeit zu viel gemeckert und Vorwürfe gemacht. Ich werde es nun doch einmal anders versuchen und nach Dingen Ausschau halten, die sie gut macht (sind in meinen Augen zzt. allerdings sehr wenig geworden).

Ansonsten gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Zeit für mich arbeitet und sie irgendwann selber erkennt wie abhängig sie sich von ihrer Freundin macht.
Vielen Dank noch einmal
LG