Wut und Streit - Verhalten der fast 5 Jährigen lässt uns verzweifeln

Hallo, ich schreibe hier, weil mein Mann und ich nicht mehr weiter wissen. Unsere Tochter (wird im Dezember 5 Jahre alt), treibt uns immer mehr in den Wahnsinn.
Bis vor einem Jahr ca., war sie das liebste und ausgeglichenste Kind was ich kenne.
In der Kita ist sie das immer noch. Ich bekomme täglich gesagt, was für ein liebes Mädchen sie doch ist.
Dann fing es an mit Trotzen und Meckern. Dieses Verhalten ist ja völlig normal und zu dem Zeitpunkt war ich noch völlig okay damit. Mittlerweile ist es ganz schlimm geworden. Von Morgens bis Abends schreit und bockt sie rum. Sobald etwas nicht nach ihrer Nase läuft, schreit sie uns an, droht uns (ich mache dein Auto kaputt, schlage deinen Kopf ab!?🙁 usw.)
Mehrmals täglich versuche ich ihr ruhig zu erklären, dass es so nicht geht. Versuche auch die Wutausbrüche jedes Mal zu begleiten. So langsam lässt aber auch bei mir die Geduld nach.
Mittlerweile geht sie von sich aus bei einem solchen Wutausbruch in ihr Zimmer und möchte sich dort beruhigen. Dann schlägt sie an die Tür und schreit und sagt wie sehr sie uns doch hasst.
Ein paar Minuten später kommt sie raus und tut so als wäre nichts gewesen. Sie wollte das nicht und ihr Herz hätte ihr das gesagt!? Sie wird es nie wieder tun.
Meistens dauert es dann keine 5 Minuten und sie schreit wegen etwas anderem rum.
Wir reden uns den Mund fusselig, erklären ihr alles und versuchen in solchen Momenten nicht auch noch laut zu werden. Mittlerweile klappt das aber nicht mehr immer.
Vor drei Monaten kam ihr kleiner Bruder zur Welt. Diesen liebt sie sehr, aber auch da kann sie ein Nein nicht akzeptieren. Ein paar Mal hat sie ihn schon hochgehoben und dabei 1x (zum Glück nur in Sitzhöhe) wieder fallen gelassen. So oft erklären wir ihr, dass das nicht geht, aber sie tut es immer wieder.
Seit ich Schwanger war und jetzt, seit ihr Bruder auf der Welt ist, verbringe ich noch mehr exklusive Zeit mit ihr. Daran kann es eigentlich nicht liegen…

Wir wissen wirklich nicht mehr weiter. Sie ist eigentlich ein sehr schlaues und kluges Mädchen, aber im Moment haben wir das Gefühl, dass sie sich zurück entwickelt und Dinge einfach nicht verstehen will.
Konsequenzen interessieren sie auch absolut nicht.

Hat noch jemand einen Tipp für mich?

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Hast du denn gar keine Hypothese, woher ihre Wut kommen mag?

Mir fällt da als erstes - wenn keine anderen Umstände vorliegen immer "unausgelastet" ein. Kinder sind wahre "Lernmaschinen", die Schritt für Schritt immer selbständiger werden (müssen). Für viele Lernschritte gibt es Zeitfenster, die biologisch, aber auch individuell zwar immer einen Range haben, nichtsdestotrotz aber, wenn sie "dran" sind, abgearbeitet werden wollen.

Werden Kinder von außen gebremst oder bremsen sich selbst (WG. Ängsten) z.b., dann werden sie häufig unzufrieden und bis unleidlich.
Sobald der nächste Schritt angegangen und vor allem gemeistert wurde, hast du das umgänglichste, zufriedenste Kind der Welt - bis zum nächsten Schritt.😄

Ganz praktisch würde ich versuchen, ihr mehr Zutrauen, (Selbst) Verantwortung und Herausforderungen zu schaffen.
Gerade beim ersten Kind fand ich das auch immer am schwersten, aber seine eigenen Ängste zurück zu fahren und dem Kind Aufgaben zu geben, die noch vor einer Generation ganz üblich waren, wird sie stolz, mutig und stark machen.
Allein zu Nachbarskindern gehen? Einkaufen zum Bäcker? Milchreis selbständig kochen? Gemüse schnippeln? Das Badezimmer wischen (nicht das langweilige Spielzeug aufräumen)?

Fünfjährige sind schon wahnsinnig geschickt und auch vernünftig, wenn man sie entsprechend behandelt.

Keine Ahnung, ob das ein guter Rat war, aber falls es hilft, freut's mich.

2

Ich denke, die Wut kommt genau aus der Ecke wie die Drohung, dir den Kopf abzuschlagen. Natürlich wird sie mit 5 noch nicht wissen, was das genau bedeuten würde (auch für sie). Aber aus dem Radio hat sie das bestimmt nicht.

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Aus welcher Ecke? Stehe aufm Schlauch.

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Ich weiß jetzt nicht, ob das ein valider Tipp ist, aber mir hat in verschiedenen Phasen meines Lebens, vor allem Teenagerzeit und später Umgang mit älteren Verwandten, radikales Ernstnehmen geholfen. Also teilweise Sachen wörtlich nehmen. Höflich bleiben und auch Sachen ernst nehmen, wenn es nicht erwartet wird.
Bspw. hatten wir den älteren Verwandten, geistig ohne Einschränkungen, der sich komplett verweigerte und alles ablehnte. Und dann hatte sich jeder daran gewöhnt, über seinen Kopf hinwegzugehen oder zu betteln.
Fragte man ihn etwas, sagte er grundsätzlich nein.
Ich habe dann irgendwann angenfangen, ihn dabei extrem ernst zu nehmen. Er war gewöhnt, dass man mehrfach fragte, ob er etwas essen wollte, ob dies oder das oder ob er einen eigenen Vorschlag hätte. Und dann man ihm dann einfach etwas brachte. Ich habe dann beim ersten Mal "okay" gesagt und nichts gemacht.
Oder er hielt einem wortlos seinen Papierkorb hin und ging davon aus, man würde den leeren. Das Problem war, dass er sowieso wenig sprach. Also schaute ich ihn dann an und fragte, was wäre, bis er sich daran gewöhnte, zu sagen "kannst du meinen Papierkorb mal ausleeren?"

So würde ich das mit der Tochter auch machen.

"Ich mache dein Auto kaputt!" - "Oh! Dann muss ich wohl aufpassen, dass du nicht in die Nähe des Autos kommst. Das war teuer, das kann ich nicht neu lackieren lassen!" "Ich schlage dir den Kopf ab!" - "Dann wäre ich tot und könnte nie wieder etwas mit dir unternehmen. Möchtest du, dass ich weg bin? Möchtest du, dass ich schwer verletzt werde?"
Gar nicht mal vorwurfsvoll, aber so ernst, dass sie mit der Zeit merkt, was sie da sagt, auch, wenn das längere Zeit dauern sollte. Dass so etwas für sie nicht normal wird.

Sie wollte das nicht und ihr Herz hätte ihr das gesagt: Also war sie frustriert. Dann könnte man doch jedes Mal in dieser Situation und später auch vorher eine Alternative anbieten. Du bist wütend? Hier ist das große Wutkissen zum Reinboxen. Du kannst mir bescheid sagen und wir gehen in den Keller und schreien unsere Wut raus. Jedes Mal betonen, dass sonst andere Menschen traurig sind und leiden, weil sie durch die Wut der Tochter verletzt werden (oder von anderen, die sich so verhalten würden).
Und ich persönlich würde eine Liste führen und jeden Abend notieren, was passiert ist, was der Anlass war, was man ggf. im Vorfeld hätte ändern können, damit es nicht so weit kommt. Irgendwann werden sich daraus Ideen ergeben, die man ausprobieren kann.

Vielleicht könnt ihr ja auch mal fragen, ob sie aus ihrer eigenen Babyzeit etwas vermisst. Vielleicht kommen da wieder Erinnerungen hoch. Vielleicht möchte sie das alte Kuscheltier oder auch Fläschchen trinken (möchten manche Kleinkinder dann wieder eine Zeit lang, um "Baby zu spielen").

Ich würde aber diese Liste genau führen und wöchentlich analysieren: Was sagte sie später über die Anlässe? Gibt es objektive Anlässe (Verbote, keine Zeit, Frust)? Könnte man die abmildern? Was hätte im Vorfeld passieren müssen, damit der Frust nicht so groß ist? Könnte man am Tagesablauf etwas ändern, das ihren Frust minimiert?

Könnte man versuchen, immer wieder zu sagen "weil du jetzt so lange getobt hast, hatten wir keine Zeit für x." Und dann, an Tagen, an denen sie weniger tobt, bewusst Zeit für diese Aktivität nehmen und dann auch betonen, dass man mehr Zeit miteinander hatte, weil sie weniger Zeit mit Wut verbracht hat?

Meine Mutter hat uns damals mit vier Jahren zur Geburt unseres Bruders Babypuppen geschenkt (mir und meinem Bruder). Damit konnten wir alles "nachvollziehen" und hatten auch jemanden "zum Kümmern". Vielleicht wäre das auch eine Idee. Alternativ ein schönes Stofftier. Etwas, um das sie sich kümmern kann, das ihr Trost gibt, wenn du dich um den Bruder kümmerst?

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Ich habe das Geschwisterbuch gelesen vom geschwünschesten Wunschkind … Kennst du das? Die Kinder fühlen sich „entthront“ mit der Geburt eines Geschwisterkindes!
Vielleicht ist es trotzdem ein Schrei nach Aufmerksamkeit! Was machst du in der Zeit mit ihr allein? Hast du schon mal versucht einfach mit ihr zu reden was sie so stört?

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Hallo,
Hier sind schon ein paar gute Antworten dabei mit Selbstständigkeit fördern und Puppe etc.
Eine Anmerkung hätte ich noch. Meine Tochter hatte das auch, in ähnlichem Alter. Eine ihrer Freundinnen ist ein paar Monate älter, da hatte mir damals die Mutter erzählt, ihre Tochter scheint wieder einen Rückschritt gemacht zu haben. Sie dachte, sie hätten das jetzt mal hinter sich und dann kam es wieder. Bei meiner Tochter ein paar Monate später eben auch. Daher vermute ich eine Entwicklungsstufe. Und bei beiden kamen keine kleinen Geschwisterchen dazu. Also das muss nicht der Grund sein.
Alles Gute!

Bearbeitet von Muriel
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Hallo,

Der Beitrag könnte exakt von mir sein. Meine Tochter wird im November 5 und bringt mich grad wirklich sehr an meine Grenzen. Sie hat einen Bruder, der ist allerdings schon drei, auch bei den beiden fliegen grad wirklich viel die Fetzen. Meine Tochter hat Wutanfälle, wie sie sie mit 2 nicht hatte. Sie rastet regelrecht aus, wenn etwas nicht so läuft wie sie das will (es reicht dass ihr Bruder sie ansieht, wenn es ihr gerade nicht passt - oder, gestern wollte sie ihre Hose von den Hosenbeinen her anziehen, geht natürlich nicht, was sie natürlich weiß, aber absolute Katastrophe!). Sie ist auch überhaupt nicht zugänglich für ruhige Gespräche. Allerdings hat sie noch nie gesagt, sie hasse uns oder macht etwas kaputt oder verletzt uns - "blöde Mama!" Ist noch das höchste der Gefühle. Sie schreit auch immer "Du tust mir weh!" wenn ich sie vom Bruder zB wegnehm, weil sie drauf und dran ist ihn zu kneifen/hauen etc... natürlich tu ich ihr nicht weh... sie überdramatisiert gerade alles, ist unglaublich dünnhäutig und kommt nicht zur Ruhe.

Ich weiß grad auch nicht so Recht weiter, ehrlich gesagt, ich habe da keine Tipps. Ich wollte es mal damit versuchen, ihr extra viel Aufmerksamkeit, Nähe und Zuwendung zu schenken, nachdem die letzten zwei Wochen wirklich eskaliert sind (ich bin zT auch wirklich laut geworden, einfach gegangen, habe vllt. auch die ein oder andere gemeine Sache gesagt - aber ich konnte nicht mehr :/). Egal was es ist, ihr macht das auch keinen Spaß und ich möchte nicht den guten Kontakt zu meinem Kind verlieren - gerade dann, wenn sie ihm wohl am meisten braucht.

Heute hat sie gelernt, alleine Fahrrad zu fahren, sie war mächtig stolz, ihre Augen haben gefunkelt, sie hat gestrahlt und dieses freudige Ereignis hat ihr sicher sehr, sehr gut getan. Jedenfalls war er sehr scjön, sie so glücklich zu erleben, und sie stand mal ganz im Mittelpunkt, wegen etwas positivem.

Ich drücke euch die Daumen, dass ihr die Nerven behaltet und gut durch diese Phase kommt, denn genau das ist es ja: eine Phase! (Mein Mantra, es geht vorbei!)

Wir können und auch gern privat austauschen :)

LG

Bearbeitet von Inaktiv
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Hallo Emma,

meine Tochter wird auch im November 5 und wir machen gerade das Gleiche durch. Sie sagt auch Sätze wie "Blöde Mama", ist schnell gereizt, ihre Schwester ist 2,5 Jahre alt. Und gefühlt streiten sie ständig wegen Kleinigkeiten. Fände es schön, wenn wir uns privat austauschen! Geteiltes Leid ist halbes Leid;) Melde dich gerne!

Liebe Grüße
:)