8-Jährige extrem unselbständig, unzuverlässig, vergesslich und hält Regeln fast nie ein... ist das noch normal?

Hallo!

So blöd das klingt, aber ich versuche durch eure hoffentlich kommenden Rückmeldungen ein "objektiveres" Bild auf mein Kind zu haben. Quasi einen Vergleich zu bekommen.

Mein Mann und ich rund 40, beide berufstätig - teils Homeoffice, Unterstützung wenn nötig durch die Großeltern gleich nebenan, Haus in sehr sehr ländlichem Österreich, 3 Töchter im Alter von 11 (Gymnasium), 8 (3. Klasse VS) und 6 (1. Klasse VS). Wir Eltern sind uns in Erziehungsfragen nicht immer aber im Großen und Ganzen einig, handhaben vieles ähnlich und sind recht konsequent.

Unsere Älteste ist fürsorglich, ehrgeizig, nimmt sich Kritik zu sehr zu Herzen, ist sehr selbständig, sozial, verlässlich und spielt sich auch ab und zu wie eine Mama auf gegenüber ihren Schwestern wobei sie da noch aufbrausender ist als das Original ;). Sie ist schnell und gut integriert in Gruppen. Wenn bei ihr das Fass überläuft (Müdigkeit oder whatever) ist sie nah am Wasser gebaut und aufbrausend. Vorpubertär eben.

Unsere Jüngste ist im Großen und Ganzen eine Frohnatur, obwohl sie jetzt eine altersentsprechende anstrengende Phase vor der Schule hatte. Sie ist extrem offen, steht gerne im Mittelpunkt, ist dabei laut und übertreibt es manchmal mit ihren Kasperl-Attitüden, macht das meistens aber trotzdem mit einem Gewissen Charme und wickelt die Leute um den kleinen Finger. Sie lässt sich leider zu Blödsinn allzu leicht anstiften und will es dann nicht gewesen sein. Alleine hält sie sich eigentlich sehr brav an Regeln und muss nicht die ganze Zeit "bewacht" werden. Wenn bei ihr das Fass überläuft warum auch immer, dann schreit sie rum und es fließen auch mal Zornestränen, sie braucht dann eher Hilfe zur Konfliktlösung, das ist bei ihr aber auch immer ganz schnell wieder vorbei.

Nun zum Grund warum ich schreibe. Unser Sandwichkind hat mir schon als Kleinkind Sorgen gemacht.
Es hat sich dann einiges "ausgewachsen", entwickelt und die Probleme haben sich sozusagen verschoben. Deshalb haben wir es wie uns von einer Psychologin als sie ca 5 Jahre alt war geraten wurde "locker genommen". Nach dem Motto... so ist sie eben.

Wir haben uns vor der Schule gefürchtet, tatsächlich ist sie aber bisher eine sehr gute Schülerin. Zwar hat ihre Lehrerin gesagt sie sei leicht ablenkbar und sie kriegt vieles nicht mit (was wir dann von der Nachbarstochter erfahren), aber den grundlegenden Lehrstoff dürfte sie mitbekommen. Natürlich bin ich auch dahinter, aber sie braucht nicht extra Förderung oder so. Was mich ehrlich gesagt wundert. Wir wissen oft nicht ob sie nicht will und sie sich zuhause dumm stellt, oder wirklich nicht KANN.
Sie verliert ständig Sachen, behauptet sie habe sie nicht gehabt. Ich hatte im Urlaub 4 Taucherbrillen mit. Insgeheim eh schon eine für sie in Reserve und letztendlich hat sie beide verschmissen. Sie lässt Türen offen stehen die geschlossen gehören (wegen unseren Haustieren nicht unwichtig).
Klassisch: Man sagt zu ihr "räum die Schultasche auf den Schultaschenparkplatz". Sie geht nimmt die Schultasche und man findet sie später auf halbem Weg. 2 Dinge gleichzeitig anschaffen so wie "Stell bitte die Schuhe in den Kasten und häng deine Jacke auf" ist völlig für die Katz. Da kann ich sicher sein dass die Jacke es nur auf halbe Höhe auf den Schuhkasten geschafft hat und NICHT hängt und vermutlich die Schuhe unberührt rumstehen. Für solche einfachen Aufgaben muss ich nicht selten dreimal oder viermal reden. Also nein, sie ist nicht so unselbständig weil man ihr alles abnimmt. Ich lass sie auch dreimal antanzen bis sie es erledigt hat.
Sie schicken um irgendetwas zu holen was nicht alltäglich für sie ist... eine Katastrophe. Bis ich ihr erklärt hab was sie wo suchen soll hab ich den Hund trainiert es zu apportieren - sorry aber ist wirklich so. Sie fragt erfahrungsgemäß sieben Mal nach, geht, kommt zurück und fragt nochmal von vorne. Das können Sachen sein wie "In der Waschküche im grünen Korb, da sind Handtücher drin, heb die mal an. Das was du suchst liegt darunter". Ist es normal dass ein Mädchen mit 8,5 Jahren nicht in der Lage ist sich das bis 2 Räume weiter zu merken? Das ist doch nicht sooo kompliziert?

Beispiel zur Regelakzeptanz vor wenigen Tagen: wir waren spazieren und sie durften Roller fahren. Wir müssen - anders nicht möglich - ein Stück Landstraße nehmen. Zwar bleibt sie brav am Rand, aber die simple Regel dass nicht mehr als 2 weiße Straßenmarkierungen zwischen mir und den Kindern sein dürfen hat nur beim Hinweg funktioniert obwohl ich es am Weg nochmal besprochen hatte. Heim ist sie abgehauen, war längst außer Sicht (ich zu Fuß komm da natürlich nicht hinterher), obwohl ich nachgebrüllt habe sie solle stehen bleiben. Eine gefährliche Kurve hinunter weil man könnte ja vielleicht das Nachbarskind im Garten sehen. Und das kann nicht die 3 Minuten warten bis wir gemeinsam an die Stelle kommen. Ihre kleine Schwester blieb aufgrund meines Schreiens stehen, war hin- und hergerissen und hat sich dann doch entschieden hinterherzudüsen und war somit auch weg. Und genau so läuft es ganz oft...ich kann die MIttlere eigentlich nix machen lassen ohne es zu kontrollieren weil da immer Blödsinn rauskommt. Ihren Zimmerteppich hab ich letztens weggeschmissen weil der voller Wasserfarben war. Die Kreiden im Garten weicht sie ein, rührt um bis eine dickflüssige farbige Suppe entsteht und schmiert irgendetwas ein damit. Sie hat winzige Perlen im ganzen Zimmer ihrer Schwester verteilt weil ihr Spielzeughund Futter braucht... Sie kann nicht einfach 2 Karotten nehmen und abbeißen, sie füllt sie geschnippelt in einen Becher und gießt Wasser darauf. Letztendlich bleibt der Becher im Garten liegen weil ans mit reintragen denkt sie dann natürlich nicht und essen wollte es dann auch keiner mehr.
Wenn sie etwas haben möchte fragt sie pausenlos. Immer wieder. Obwohl man schon 20 Mal NEIN gesagt hat. Sie gibt einfach keine Ruhe. Ich werde dann irgendwann ungehalten weil es einfach tierisch nervt.

Wenn bei ihr das Fass überläuft fängt sie an zu Weinen, klingt dabei exakt wie ein Baby und benimmt sich wie ein Kleinkind. Sie sitzt dann zB am Boden und tut so als könne sie alleine nicht mehr aufstehen. Sie tut so als sei sie gerade nicht in der Lage die Jacke anzuziehen. Das bringt meinen Mann regelmäßig total auf die Palme und ich kann das je nach Tagesverfassung auch nicht gut ertragen. Wenn man ihr in dieser Situation einfach hilft und ihren Willen lässt, ist es manchmal damit relativ schnell vorbei. Wenn diese "Masche" nicht dazu führt dass man ihr unnötigerweise hilft, schlägt ihr Verhalten in Wut um.
Dieses hilflos-spielen ist leider in vielen Bereichen ihre Art an Aufmerksamkeit zu kommen. Prinzipiell wenn sie schon läängst schlafen sollte kommt sie (täglich, manchmal mehr als einmal!) nochmal runter weil plötzlich da was juckt oder dort was wehtut oder hier ein Pflaster, eine Salbe oder Augentropfen nötig sind. Und ich weiß, dass das sehr häufig totaler Blödsinn ist, weil ich nicht selten die passende Behandlung für ein echtes Problem nicht zur Hand hätte und eine Pseudo-Salbe jedes Problem löst. Ich spiele mit und "behandle" sie einfach. Das ist der schnellste Weg sie zum Schlafen zu bewegen und das ist dann meine Priorität. Irgendwann wird diese Phase von einem neuen Spleen abgelöst werden. Beispiel - sie hat sich vor 1,5 Wochen am Fuß weh getan. So weh, dass ihr das natürlich auch erst beim Schlafen gehen an dem Tag eingefallen ist ;). Tags darauf kam sie von der Schule und hat erzählt dass sie wieder turnen hatte und der Fuß ein bisschen weh getan habe worauf ich gesagt hab, dass ich das leider nicht kommen gesehen habe sonst hätte ich ihr eine Entschuldigung für Turnen geschrieben. Inzwischen ist aber eben Zeit vergangen und sie war in der Woche am Spielplatz, Trampolinspringen, im Thermenurlaub inkl rumrennen und allem, Radfahren, Roller fahren... echt ALLES und ohne je über den Fuß zu klagen. Sie wollte, als es schon dringendst Zeit war das Haus zu verlassen um den Bus zu erwischen, heute partout eine Entschuldigung für Turnen weil das hab ich ja vorige Woche angeboten. Vielleicht hätte ich auch nachgeben und ihr schnell was schreiben sollen, aber aufgrund unserer Erlebnisse mit ihren Wehwehchen muss ich ehrlich sagen, war es einfach unglaubwürdig für mich. Somit hab ich gesagt, dass alle anderen Aktivitäten diese Woche auch gingen und auch wenn sie den Knöchel ab und zu noch spürt wird sie sicher trotzdem mitturnen können (sie gehen bei Schönwetter eh auf den Spielplatz - da kann sie ja selbst entscheiden was sie macht und was sie lässt!). Und schon saß sie da, konnte nicht mehr aufstehen, hat geweint wie ein Baby, hat dann aus Wut auf die Haustüre getreten und auf die Scheibe geschlagen (dass ich kurz Angst hatte ob die eh nicht bricht). Ich finde so ein Verhalten in ihrem Alter nicht mehr normal. In der Situation kann man machen was man will. Nachgeben beendet den Spuk sofort, aber das tu ich so gut wie nie.

Strafen wie aufs Zimmer schicken funktionieren schon alleine deshalb nicht, weil sie niemals ins Zimmer gehen würde. Ich müsste sie gewaltsam (sie würde sich mit allem was sie hat wehren) reinbugsieren und dann die Türe absperren und dann auch noch aushalten dass sie die Tür tritt und die Schnalle misshandelt. Ja, wir haben das tatsächlich einmal ausprobiert. Da wusste ich mir beim besten Willen nicht mehr anders zu helfen. Egal worum es geht - sie sieht die Schuld nie bei sich. Am liebsten schiebt sie es auf ihre kleine Schwester, weil es deren Idee war oder so. Erst letztens ist mir aufgefallen dass sie ihren Lichtschalter rot angemalt hat. Sie ist über 8 Jahre alt... sie weiß dass man Möbel und Wände nicht anmalen darf. Das ist doch nicht normal oder?

Ich frage mich also immer noch ob es einfach ein Charakterding ist, oder wir ihr oft unrecht tun, weil körperlich etwas nicht stimmt. Wenn ich manchmal in der Arbeit erzähle was sie so anstellt, höre ich oft "ist halt eine Rebellin", "ist doch ganz normal, früher hat man Traummännlein dazu gesagt" oder so. Aber ist das wirklich so?

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Für mich liest sich das in Teilen wie ein Hinweis auf ADS (das Vergessen auf halbem Wege, Verlieren von Sachen etc.), aber auch wie eine Beschreibung einer verdammt traurigen und unsicheren Tochter, die sich öfter mal fragt, ob sie auch wichtig ist und wie sie die Aufmerksamkeit und Zuwendung ihrer Eltern bekommen kann. Vielleicht fragt sie sich das unbewusst und könnte es gar nicht so formulieren!

Mir scheint es so zu sein, dass sie verzweifelt immer wieder signalisiert, dass sie auch noch jung ist, auch noch Zuwendung und Aufmerksamkeit braucht aber ihr immer wieder signalisiert wird "du nervst, okay, ich kümmere mich, aber nur, weil es nicht anders geht!"
Warum kann man ihr nicht einfach die Jacke anziehen?
Warum kann man ihr nicht abends etwas mehr Zuwendung geben? Einfach die Salben drauf schmieren?

Man liegt als Kind abends im Bett und dann wird einem ganz viel bewusst. Geräusche in der Umgebung, die eigene Atmung und ja, auch Jucken, Brennen, Schmerzen, vielleicht viel extremer als am Tag. Vielleicht juckt es auch nur, weil man sich darauf konzentriert, weil einem bewusst wird, dass man hier ganz alleine im Bett liegt. Vielleicht hört es auf zu jucken oder weh zu tun, wenn man bei Mama im WZ ist, aber es ist trotzdem schön, wenn Mama sich noch mal kümmert. Salbeeinreiben ist ein bisschen so wie Streicheln. Vielleicht braucht sie das gerade.

Mit 8 ist sie zwar kein Baby mehr, aber noch ein Kind, das noch Zuwendung braucht, auch Kuscheln, das sich noch fallen lassen und von Mama oder Papa umsorgen lassen möchte.
Gleichzeitig sind da auch Fragen: Liebt Mama die kleine Schwester mehr, weil die so betüddelt wird? Oder die große, weil die so viel mehr kann und weiß? Wo stehe ich? Muss ich mich darum kümmern, auch betüddelt und gelobt zu werden oder bekomme ich beides unaufgefordert? Darf ich Aufmerksamkeit verlangen oder muss ich die mir heimlich holen?

Übrigens: Das Schultasche auf halbem Weg Vergessen ist auch für Menschen ohne ADS normal, wenn sie abgelenkt werden. Wenn sie vielleicht auf dem Weg etwas sehen, das ihnen wichtig ist - Küche (Hunger), Bad (Pippi), Telefon (ich wollte ja nachher noch meine Freundin anrufen). Nennt sich Interferenz.
Wenn so etwas öfter vorkommt, könntet ihr sie eine Weile bei diesen Aufgaben kurz begleiten. Gemeinsam kommentarlos (also ohne Vorwürfe) die Schultasche parken und dabei schon mal fragen, wie der Tag war.

Meine Mutter hat mir früher öfter beim Ins Bett Bringen etwas "gebaut". Da wurde an der Bettdecke gezogen und gedrückt und dann erklärt, dass ich jetzt in einem Schiff liege oder auf einer Wolke oder so. Noch im Alter deiner Tochter und auch noch bis 10 oder so. Das führte dazu, das ich mich nicht mehr bewegen wollte (und natürlich nicht mehr aufstehen wollte), um das "Kunstwerk" nicht zu zerstören.
Ich würde mal testen, ob das mit dem Jucken, Schmerzen etc. auch passiert, wenn ihr eine abendliche Kuschelrunde einführt und vielleicht ein Nachtlicht, einen Sternenhimmel oder so anlasst zum Schlafen.

Außerdem würde ich mir als Mutter mal eine Zeitspanne geben - vielleicht bis Februar oder so, weil Weihnachten ja wieder etwas Außergewöhnliches ist - in der ich mir vornehme, NICHT MISSTRAUISCH gegen meine Tochter zu sein und ihr zu glauben und sie zu unterstützen. Wirklich mal eine längere Zeitspanne, um zu sehen, ob das euer Verhältnis verändert.

Für mich liest sich das so, als ob sie vielleicht die ganze Zeit diese Frage stellt "wie wichtig bin ich denn für meine Eltern?" und immer gemischte Signale bekommt. Mal wird sie mit Salbe eingerieben, erhält also Zuwendung, mal wird sie mit der Jacke am Boden sitzen gelassen, ihr wird also gesagt "dafür bist du mir nicht wichtig genug, ich habe ja jetzt die Kleine, der ich helfe". Wenn sie das so sieht, könnte das schon frustrierend sein. Da wäre auch die Frage, ob es besser wird, wenn sie nach und nach Anerkennung bekommt dafür, dass sie nicht nur die Jacke alleine anziehen kann, sondern schon als Erste fertig ist oder so.

Mein Bruder hatte eine Behinderung (geistig) und wurde bis ca. 20 angezogen. Das haben alle aus der Familie ohne nachzudenken mitgetragen, Jacke anziehen, Reißverschluss schließen, Schuhe anziehen, schließen. Keiner hat das von seiner Seite aus als Ausnutzen empfunden, obwohl er wohl vieles hätte früher lernen können. Es war einfach normal: Man zog sich an und dann musste noch jemand ihm in die Jacke helfen, Reißverschlüsse schließen, ihm die Schuhe anziehen und schließen, evtl. noch die Mütze aufsetzen und los gings. Mit der Zeit war das Routine und hat keinen geärgert.

Eine andere Assoziation, die ich beim Lesen deines Textes hatte, war meine Großmutter. Die wohnte ca. 15 Jahre alleine mit wenig Besuch, baute immer mehr Ängste auf und war dann ein halbes Jahr bei meinen Eltern, gut 500 km entfernt von ihrem Wohnort. Jeden Wochentag, wenn ich aus der Schule kam (ich war 15), stürmte sie mir im Flur entgegen und ich "musste" dann 2 bis 3 Stunden auf ihrem Bett sitzen und ihr zuhören. Das habe ich aus Höflichkeit gerne getan, zunehmend nervte es natürlich. War ich dann in meinem Zimmer, kam sie mir nach 5 min nach, sie wolle sehen, wie es meinen Wellensittichen ging. Gab ich dann vor, zu lernen, ging sie wieder und verfolgte meine Mutter bei der Hausarbeit. Die hat das übrigens nicht gestört. Meine Oma war so lange alleine gewesen, dass sie ganz viel in puncto Aufmerksamkeit und Gespräche aufzuholen hatte. Ihr Lieblingssatz war "die Oma is lästig, ne?" und man hätte ihr oft gern zugestimmt, wusste aber, dass sie das natürlich verletzen würde, weil sie gerade DAS ja nicht hören wollte.

Könnte es sein, dass bei deiner Tochter auch - ohne, dass ihr das beabsichtigt habt! - der Aufmerksamkeits- und Vertrauenstank ziemlich leer ist und jetzt erst mal längere Zeit gefüllt werden muss?
Dass es für alle einfacher wäre, ihr erst mal zu geben, was sie möchte/ braucht, ohne dabei genervt zu sein, dass einfach als Notwendigkeit für eine Weile (ein Jahr oder so) anzusehen und zu schauen, ob es nach und nach besser wird, wenn sie merkt, dass sie für euch wichtig ist und auch genauso viele Kuscheleinheiten wie die kleine Schwester bekommt?

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Wundervoller und einfühlsamer Kommentar!

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Ich würde mich der Vorschreiberin anschließen, würde aber tatsächlich schon ernsthafter nochmal über eine ADS Diagnostik nachdenken, ggf auch nochmal mit den Lehrern sprechen, wie es in der Schule tatsächlich ist, wenn es um Fragen von Konzentration geht, da diese Diagnostik auch lange dauern kann. Ich bin im Regelfall wirklich skeptisch, was die Notwendigkeit von Diagnostik angeht, das Vergessen oder nicht erfüllen können von recht einfachen 'Aufträgen' würde für mich aber schon darauf hin deuten und natürlich würde sie das auch sehr wütend und verzweifelt machen, wenn sie die Aufträge einfach nicht erfüllen kann. Und erst Recht, wenn ihr sehr deutlich macht, dass sie das aber eigentlich können müsste. Da wäre ich auch verzweifelt.

So ganz generell würde ich sagen, dass ihr Verhalten an einigen Stellen nicht ganz altersgerecht klingt, unsere Tochter ist ähnlich alt, ihre Freund*innen entsprechend auch. Das wäre jetzt meine Vergleichsfolie. Neben der Frage von ADS klingt es für mich aber auch sehr massiv als wäre das eben ihr Weg Aufmerksamkeit zu bekommen. Du hast schon tolle Tipps bekommen. Ich kann mich bei all denen nur anschließen. Bei uns ist übrigens auch das Sandwichkind das, dass am meisten Aufmerksamkeit braucht und einfordert. Sie fordert Unterstützung bei Dingen, die die Große in dem Alter schon völlig selbstverständlich selbst gemacht hat, braucht viel mehr Nähe, häufigeren Kontakt etc. und ich bin sicher, dass das noch eine ganze Weile so bleiben wird. Es ist ihr Charakter, aber wohl auch ihre Position in der Geschwisterreihenfolge.

Alles Gute

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Danke für die ausführliche Antwort. Hat mich zum Nachdenken gebracht weil es ja eben auch meinen Zwiespalt beschreibt. Manchmal denk ich wie du schreibst ...sie braucht mehr Liebe... jedes kind hat da unterschiedliche Bedürfnisse wie es sich geliebt fühlt. Ein anderes Mal denk ich dann wieder wir können für sie nicht immer Extrawürste kochen. Bin da oft hin und hergerissen werde mir eure Worte aber zu Herzen nehmen. Nicht misstrauisch sein das probiere ich ;) und kuschelzeit gabs früher immer beim Zubettgehen. Jetzt darf sie länger aufbleiben und geht selbst ins Bett (nach einem bussi, nasenstupsi, festen Drücker, hab dich lieb Ritual...dennoch ohne zudecken usw unsererseits). Tatsächlich hat das notorische nochmal aufstehen erst seither angefangen. Ist mir erst jetzt aufgefallen.

Übrigens haben wir vor ca 3 Jahren eine psychologische diagnostik machen lassen. Verminderte regelakzeptanz, normale kognitive Entwicklung. Nix wahnsinnig erhellendes. Hab heute aber einen Termin bei einer anderen gemacht, ist ja auch Zeit vergangen. Mir geht's nicht drum unbedingt eine Diagnose zu wollen. Aber wenn ihr Gehirn ev die Dinge anders verarbeitet als andere muss man manches Verhalten nochmal in einem anderen Licht betrachten und ist auch nicht so schnell sauer denk ich.

Bearbeitet von 3MaedelsHaus
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Hm, wirklich anstellen tut sie ja nix....sie ist halt etwas verpeilt. Und da solltet ihr zusammen mit dem Kia (und entsprechenden Fachärzten) rausfinden, ob da mehr hinter steckt.

Klingt so, als wenn sie einfach noch mehr Begleitung braucht oder ihr wirklich die Konzetration fehlt. Noch ist sie in einem Alter, wo sie das auch gut in der Schule kompensieren könnte....das hört bald auf.

Hat sie eine Konzentrations- oder Wahrnehmungsstörung, dann gehört das eben dazu, das man viele Dinge viel öfter sagen muß, länger dran bleibt....aber da würde man ja mit euch zusammen Strategien passend zum Kind erarbeiten.

Das sie die Schuld nie bei sich sucht, das kann dann auch einfach eine Schutzfunktion sein.

Es liegt jetzt an euch Eltern, rauszufinden, ob ihr noch zu hohe Ansprüche habt oder die Verpeiltheit wirklich Gründe hat.

BTW...Kreidepampe macht auf einfach Spaß. Die Kreide ist dann zwar weg, aber es war witzig.

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Was passiert, wenn du sie fragst was sie machen soll?

Ich mache das öfter mal beim Kurzen, wenn es mich was fragt und ich ihn die Antwort gebe, aber ich das Gefühl habe er hört gar nicht richtig zu.

Manchmal kann er antworten und macht es dann auch-- manchmal weiss er es nicht

Klassiker" zieh bitte die grüne Jacke an" und hat dann eine blaue an --- nach Nachfrage " du hast doch gesagt, ich soll eine Jacke anziehen"

Er hat einfach nur halb zugehört.


Und ja hier fällt es glaube ich auch mehr auf, weil die Große das eben nie hatte---
da hat das einfach geklappt.

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Mache ich auch oft. Ich habe Sie zb nachdem ich sie zuhause nach dem Spaziergang mit Roller gefragt ob sie noch wisse wie weit sie hätte wegfahren dürfen. Es kam prompt die richtige Antwort, es war ihr nur einfach egal. Andere Male kann sie nicht antworten eben wie du schreibst wenn man schon beim Reden merkt dass sie nicht richtig zuhört

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Für mich liest sich das wie ein Sandwichkind, das seit es auf der Welt ist "besorgt" betrachtet wird und die ihm zugewiesene Rolle der "Schwierigen" unbewusst brav erfüllt.
Wie ein Sandwichkind, das wie ein kleines hilfloses Kind agiert, weil es zwischen der Älteren, die mütterlich und so toll in Gruppen ist, und der Jüngeren, die mit ihrem Charme alle um den Finger wickelt, untergeht und negative Aufmerksamkeit immer noch besser ist als keine.

Von deiner Mittleren schreibst du, dass sie in der Schule mitkommt. Und dass sie das Problemkind ist.
Siehst du irgendetwas Positives an ihr?

LG, ein ehemals ebenso schwarzes Schaf in der Herkunftsfamilie wie deine Tochter.

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Ich hab die ersten 3 Absätze über die Vorgeschichte vor absenden doch noch gelöscht weil es eh so schon so lang war, aber an dem was du schreibst ist sicher was wahres dran und nun zum komplettieren des Eindrucks noch die Vorgeschichte ...

Als sie rund 1 Jahr war fand ich es merkwürdig dass sie auf ansprechen, "schimpfen" überhaupt nicht reagierte. Im Sinne von nicht mal herschauen, grinsen und es trotzdem tun wie ich das sonst kannte... Sie verhielt sich so als hätte sie mich nicht gehört. Ich musste immer erst hingehen und sie körperlich dran hindern etwas zu tun. Selbst dann hat sie dagegen angekämpft. Ich finde es ja normal wenn 1,5jährige die laden ausräumen wollen. Und dass 3x nein und lade wieder schließen nicht ausreichen damit rechnet man. Aber auch nach 30 wiederholungen (geduldig!) und Alternativen die geboten wurden war sie schon in dem Alter nicht zu bändigen. Kindersicherungen und kindergitter waren mein lebensretter!

Im Laufe ihres Heranwachsens war ich 3x beim Logopäden vorstellig zur diagnostik, 2x beim HNO Arzt und dann noch in der Hörambulanz weil ich sicher gehen wollte. Alles ok. Sie hat nur extreeeeem undeutlich gesprochen was sich GSD im ersten Schuljahr drastisch verbessert hat.

Der kiga meinte sie haben das Gefühl meine Tochter "spüre sich schlecht".

Also ja es waren schon sehr früh viele Auffälligkeiten da. Da hat sich eigentlich eh schon viel verbessert. Sie hat zb früher andere Menschen nicht umarmt sondern zerquetscht. Jetzt kann sie sich besser zurücknehmen. Es fehlte schon früher oft an dem Verständnis für fremde blickwinkel. Also dass man einem liegenden Kind im trampolin nicht aus Spaß volle kanne auf den rücken springt und das richtig gefährlich ist, war ihr zb mit 5,5 Jahren einfach nicht bewusst. Das führt dann dazu dass man das Gefühl hat sie immer überwachen zu müssen damit nichts passiert.

Hinzu kommt dass sie nachts bei harndrang nicht wach wird. Dieser Bereich im Hirn hat auch bei mir über das 9te Lebensjahr hinaus gebraucht. Hier bekommt sie keinen Druck und Behandlung und sie weiß auch dass das vielen Kindern so geht und mir auch oft passiert ist.

Ich versuche sie ganz bewusst für kleine Erfolge in egal welchem Bereich zu loben. Sie ist eine extreme Kuschelmaus und ich nehme sie ganz bewusst zum kuscheln in den Arm, muss aber zugeben dass ich mich durch die extreme Grobheit in der Vergangenheit im Kleinkindalter dazu regelrecht zwingen musste. Da könnt ihr mich jetzt kritisieren aber.... Es war früher einfach nicht angenehm und das geschah instinktiv...das hat sich verändert aber sicher hat sie hier etwas nachzuholen. Bis heute zappelt sie dabei herum, aber sie tut mir nicht mehr weh.

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Also ich bin ehrlich, ich hab jetzt nicht alles gelesen weil mir schon nach dem dritten Beispiel auffiel was eigentlich sonnenklar ist und dringend abgeklärt gehört: eine ADS. Alles was du beschreibst ist soooo typisch dafür. Das macht sie nicht mit Absicht. Das ist eine Stoffwechselstörung im Hirn!
Stellt sie bitte mal beim Kinderarzt vor bzw bei einem Kinderpsychiater. Ein guter bitte - der eine anständige Diagnostik macht und nicht nur Tabletten aufschreibt.
Ich verstehe dass ihr genervt seid und das wahrscheinlich nicht verstecken könnt. Aber sowas zerbricht euer Vertrauen. Strafen sind da zwecklos. Eure Tochter braucht einfach etwas mehr Zuwendung. Das dürft ihr akzeptieren. Selbst ohne ADS ist das ein extrem unsicheres Verhalten, was aufgefangen gehört, nicht bestraft. Sie will alles, nur nicht euch ärgern!

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Was "normal" oder "nicht normal" ist, lässt sich aus der Ferne für mich nicht beurteilen. Ich möchte nur ein klares Ja für die "Extrawürste" da lassen. Auch wenn es sicher nicht leicht ist, vergleiche sie nicht mit deinen anderen Kindern, sondern nimm sie so an, wie sie ist und gib ihr, was sie braucht. Das scheint dir ja in vielen Situationen gut zu gelingen. Gleichzeitig höre ich auch (verständliche) Unsicherheit und Inkonsistenz in eurem Handeln. Möglich, dass das auch deine Tochter verunsichert. Vielleicht braucht sie Grenzen und Orientierung, vielleicht braucht sie Aufmerksamkeit und Liebe, die sich bedingungslos anfühlt, vielleicht braucht sie Struktur und Rituale... Aus der Ferne weiß ich es nicht... .

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Stell sie einem Facharzt vor.

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Hi, ich erkenne in deinem Beitrag an ganz vielen Stellen meinen Sohn wieder - er hat ADHS. Lustig ist das mit dem Matschen und der Kreide, das macht er auch 😅 Typisch ist zB die Situation mit dem Roller: das Kind weiß, dass es nicht schnell vorfahren darf, hat aber keine Impulskontrolle in der Situation. ich würde dir raten, das ganze mit dem Kinderarzt zu besprechen. Je älter das Kind wird, desto mehr erwartet man von ihm und umso ungehaltener wird man in manchen Situationen. Bei uns hat die Diagnose bewirkt, dass wir viel mehr Verständnis hatten. Alles Gute euch!