Je älter meine Kinder werden desto schwieriger wird ihr Umgang mit Behinderung

Ich war gleichzeitig mit einer guten Freundin schwanger. Nennen wir sie mal Mona. Durch einen medizinischen Kunstfehler erlitt Monas Sohn Sauerstoffmangel bei der Geburt. Nennen wir ihn mal Mio.

Inzwischen ist Mio genau wie mein K1 elf Jahre alt. Intellektuell und emotional ist er aber auf dem Stand eines circa fünfjährigen Kindes. Trotzdem hat er viel Spaß am Leben. Er spielt gerne mit seinem Hund oder sieht seine Lieblingsserien.

Ich treffe mich mit Mona in ungefähr alle ein bis zwei Monate und die Kinder spielen zusammen.

Schon relativ früh viel meinen Kindern auf, dass Mio anders ist. Ich habe ihnen erklärt, dass es einen medizinischen Kunstfehler gab und dass Mio aber trotzdem viel Lebensfreude ausstrahlt. Das haben sie erst mal so hingenommen.

Vor circa zwei Jahren waren K1 und K3 sehr verärgert, dass Mio sich beim Versteckspielen stets bei ihnen versteckt und durch Geplapper auf ihr Versteck aufmerksam macht. Als ich ihnen aber erklärte, dass er das nicht anders kann, nahmen sie es erstmal hin.

Inzwischen aber wird der Umgang immer komplizierter, weil meine Kinder Mios Behinderung immer stärker wahrnehmen.

Letztes Wochenende spielten die Kinder wieder Verstecken. Natürlich machte Mio wieder auf der Versteck aufmerksam.
Danach übten sie Tanzen. K2 tanzt im Verein und korrigierte Mios Schritte. Mio verstand und akzeptierte das nicht, tobte und weinte. Dies veranlasste K2 zu der Bemerkung er sei kindisch. Wir Erwachsenen griffen dann ein.

Auf dem Rückweg unterhielten K1 und K2 (acht Jahre) sich darüber, dass sie so froh sind, nicht wie Mio zu sein. Sie machten sich darüber lustig, dass er nicht mal die Regeln von Verstecken versteht und dass seine Lieblingsserien, wie Paw Patrol, für jüngere Kinder gedacht sind. Sie lachten darüber, dass er nicht Tanzen kann.

Ich versuchte ihnen zu erklären, dass Mio halt andere Sachen kann und vielleicht nicht mal tanzen können will. K1 und K2 blieben aber bei ihrem Standpunkt. Weil ich Auto fahren musste, habe ich das Gesprächsthema erstmal nicht weiter verfolgt. Zu einem späteren Zeitpunkt und noch vor dem nächsten Treffen mit Mio aber möchte ich es ansprechen.

Bearbeitet von PlumPudding23
1

Liebe Plumpudding,

Sauerstoffmangel bei der Geburt ist absolute Sch***, das wünsche ich niemandem. Natürlich ist Mio genauso wertvoll und genau so toll wie jeder andere Mensch, aber Mona hat sich das Leben mit ihrem Sohn sicher auch anders vorgestellt. Ja, Mio ist behindert, ja, er wird eine Menge Dinge wahrscheinlich niemals können. Das tut weh - und ich finde es toll, wie Du Eure Freundschaft aufrechterhältst, keine Berührungsängste hast und die beiden mit Deinen beiden Jungen zusammen triffst.

Aber - ich habe das Gefühl, dass Du Deinen Jungs gegenüber eine Normalität vorspielen möchtest, wo es eigentlich keine gibt. Versteh' mich nicht falsch, es ist ungeheuer schwierig, diese Dinge zu formulieren, ohne missverständlich zu sein. Ich glaube nur, dass Deine Jungs keine Empathie entwickeln, weil Mona und Du ihnen dauernd suggeriert, dass alles fein und normal ist. Deine Reaktion "dass Mio halt andere Sachen kann" bringt mich darauf. Nein, er kann wahrscheinlich keine "anderen" Sachen besser als Deine Kinder. Und das wird sich auch nie ändern. Trotzdem ist er sicher ein tolles Kind, denn der Wert eines Menschen macht sich nicht an "Sachen können" fest. Aber ein bisschen mehr Klartext gegenüber Deinen Jungs, was mit Mio wirklich los ist und warum er kognitiv vielleicht nie über das Vorschulalter hinauskommen wird, könnte vielleicht helfen. Dann können sie auch ihr eigenes Verhalten besser spiegeln.

Liebe Grüße!

18

Mio kann andere Sachen. Zwar ist er behindert, aber er kann manche Dinge richtig gut.
Zum Beispiel kann er gut mit Hunden umgehen. Er hat keine Scheu vor Fremden und spricht fremde Erwachsene einfach an.

Vor allem aber ist er glücklich. Seine Mutter ist unglücklich über seine Behinderung. Sie war sehr traurig, als im Bekanntenkreis viele Kinder aufs Gymnasium wechselten und eine Freundin dann noch von der Naturwissenschafts-AG sprach, an der ihre Tochter teilnimmt.

Mio aber weiß nicht was ein Gymnasium oder eine Naturwissenschafts-AG ist. Er versteht nicht, dass er behindert ist.
Er hat noch immer Spaß daran die Enten zu füttern oder Paw Patrol zu sehen. Das, was ihm wichtig ist, kann er.

Deswegen war ich auch so geschockt, als sie behaupteten froh zu sein, dass sie nicht sind wie Mio. Mio ist nicht unglücklich darüber, dass er ist, wie er ist.

26

Ich finds ehrlich gesagt schade das in der heutigen Zeit Beeinträchtigungen noch immer nicht zur Normalität gehören. Inclusion leben ist doch genau Hilfestellung zu geben ohne groß darüber nachzudenken das es die Person nicht selber kann.

2

Ich würde da zwei Sachen unterscheiden: die Abgrenzung einerseits und das fehlende Mitgefühl andererseits.

Dien K1 ist 11 Jahre und kommt langsam in die Pubertät. Das ist das Alter, wenn man unbedingt so sein will wie alle anderen. Studien und Erfahrungen mit Inklusion ab ca. Klasse 6 sagen genau das: bis zum Ende der Grundschule gelingt das Inklusionsmodell in Schulen gut, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dann wird es schwierig, eben weil in diese Entwicklungsphase Konformität mit der Peergroup so im Fokus liegt - scheint stark biologisch bestimmt zu sein und auch durch Diskussionen zu Hause schwer zu beeinflussen. Zumal ja auch eine Abgrenzung zur Herkunftsfamilie, deren Zuschreibungen und Wertigkeiten in Frage gestellt werden.
So weit - so "normal".

Dass sich deine beiden über Mio lustig machen, ist natürlich noch mal etwas ganz anderes. Ich frage mich aber, ob sie ihn selbst auch (verbal) verletzen oder machen sie sich nur in deinem Beisein über ihn lustig? Wenn es letzteres ist, trifft es ja gar nicht den Jungen selbst sondern eher dich und das soll es wohl auch. Sie kennen deine Einstellung und versuchen dir zu vermitteln, dass sie keine Lust mehr auf diese Treffen haben (siehe oben).
In dem Fall würde ich sie zu diesen Treffen auch nicht weiter verpflichten, denn die Schere zwischen den Kindern geht ja immer weiter auseinander und irgendwann ist sie zu groß.

Wir haben ein schwerstmehrfachbehindertes Mädchen in der Nachbarschaft. Sie und ihre Mutter waren öfter bei uns und auch auf unseren Gartenfesten. Das ging ganz gut, so lange die Kinder kleiner waren. Ab ca. Ende der Grundschule wurde es aber schwieriger, denn das Mädchen sprengte natürlich kompliziertere Spiele. Eine Zeitlang haben unsere Kinder auch Rücksicht genommen, aber nach 1 Stunde wollten sie dann auch wieder "ersthaft" spielen und das ging mit dem Kind nicht. Verständlicherweise wollte das Nachbarsmädchen mitmachen, konnte es aber nicht, ähnlich wie bei viel kleineren Geschwistern. Da müssen die älteren Geschwister zwar auch einige Zeit Rücksicht nehmen, aber nach einer Stunde oder so dürften sie ja auch wieder zu den eigenen Interessen zurück kehren und würden nicht zwangsverpflichtet, den ganzen Nachmittag mit den Kleinen zu spielen.

3

Hallo TE, hallo in die Runde,

danke für die Frage, die Gedanken die du dir machst und danke für die beiden tollen Antworten dazu von @Handicap und @ahorn123.

Mein Kind ist entwicklungsverzögert und hat kognitive Einschränkungen, außen angehendes Pubertier innen 8-9 Jahre also 3 Jahre zurück. Die Freunde wechselten über die Jahre und wurden zunehmend jünger - so in etwa dem Stand der Entwicklung meiner Tochter entsprechend. Vor 4 Jahren spielte sie an ihrer Tafel mit der einen 3 Jahre jüngeren Freundin noch Schule in der Rolle der Lehrerin, die Freundin geht seit Sommer aufs Gymnasium. Sie spielen noch Schule, mein Kind aber halt nicht mehr an der Tafel...) Jetzt fällt es zunehmend auch meiner Tochter auf, dass ich sie mit Freundinnen verabrede, die im Schnitt etwas jünger sind (aber in etwa derselben Klassenstufe, die sie besucht). Das frustriert sie natürlich. Umgekehrt war und ist es für mich als Elternteil nicht leicht erst selbst zuzusehen, wie sie gegenüber ihrer Peer-Group zurückfällt, nach Wiederholen der Klasse erneut von allen überholt wird, und es schließlich selbst bemerkt. Das schmerzt im Elternherz. Die Testresultate von IQ-Test, Einstufung für Förderbedarfe, alles sehr unschön.

TE,
gut, dass du Empathie vermitteln willst. Das wird nicht immer einfach gelingen, gerade bei Pre-Teens und Teens. Versuche es mit verständlichen und ehrlichen Vergleichen. Beschreibe Milo eben so, dass er außen groß ist aber halt im Kopf noch xx Jahre alt. Deine Kinder sollen sich zurückerinnern, wie sie damals in dem Alter so waren z.B. als sie im letzten Kindergartenjahr "die großen Schulis mit Schultüte und Ranzen" so megacool fanden und was sie damals konnten (Fussball halbwegs treten aber nicht steuern wohin) und was eben nicht (Lesen, Rechnen). Milo, er findet euch halt so toll wie ihr damals die Schulis.
Verständnis hilft. Es dauert auch, sich daran zu gewöhnen. Selbst als Elternteil wird mir oft erst im Nachgang klar, dass ich mein Kind wie ein altersentsprechend entwickeltes Kind behandelt habe und von ihr quasi Unmögliches erwartet habe. Daran wird sich Milo gewöhnen.

ABER: Nimm auch auf was @ahorn123 schrieb: "Eine Zeitlang haben unsere Kinder auch Rücksicht genommen, aber nach 1 Stunde wollten sie dann auch wieder "ernsthaft" spielen ...". Meine Mutter wollte immer, dass ich mit dem Neffen ihrer Freundin Zeit verbringe, wenn die zu Besuch waren das zog sich schnell ewig. Er stand total darauf an meine C64 spiele zu dürfen. Gib deinen Kindern eine Zeit mit - 1h ist zu handeln. Vielleicht auch ein paar Ideen, was man zusammen mit Milo spielen Kann (geht Uno?. Was anderes Einfaches, das alte Puzzle mit wenigen größeren Teilen oder im Garten was Ringe werfen, Wikingerschach) Dürfen sie als "die Großen" mit Milo zum Spielplatz gehen (kommt natürlich auf alles drauf an und ihr könnt hinterherkommen). Und dann bitte: Erlöse Deine Jungs auch wieder und halte dich an die Zeit. 1h ist OK, Lieber ein mal mehr als länger.
Alternative: Macht etwas gemeinsam also Eltern mit Kindern: Mit 11 war Kekse backen schon out. Aber vielleicht sind Milos Mutter, Milo und K2 für Kekse backen zu haben und wenn K1 dabei sein möchte bekommt eine Aufgabe für "Große" z.B. am Herd die heißen Backblecke zu handhaben (oder die leicht abgekühlten aber noch warmen Kekse vom Blech zu holen. Überlege mit deinen Kids, wie sie mit Milos Schwächen umgehen können. Wenn sie mit ihm Tanzen, darf er mitmachen, nachmachen. Die Choreografie wird er nicht verstehen, aber wenn sie ihm eine ganz einfache Kombi (4-8 Schritte so 2 Takte lang ) zeigen, die er wiederholen kann, ist das doch schon was. Wenn das funktioniert halt noch ein mal Arme dazu. Milo ist glücklich und deine Kids sind gute Lehrer.

Sprich dann eher darüber, wie viel Spaß Milo hatte, wie dankbar er war. Das spüren deine Kinder ja auch, haben diesen Teil ihrer Spielneuronen (die Hirnzellen Empathie und Mitgefühl) aber halt noch nicht so wahrgenommen.


TE, du bist eine aufmerksame Mutter, danke. Deine Kids sind keine Monster, wenn sie sich noch nicht einfühlen könne. Sie sind (Pre-)Teens, korrigiere, sie sind in dem Umfang Monster wie Kinder / Pre-Teens / Teens es eben sind.

Noch was: Als Elternteil wäre ich gar nicht böse sondern dankbar, wenn du das direkt ansprichst. Sag, dass du deinen Kindern den Umgang erleichtern willst, es mit ihnen angesprochen hast, und ihr bewusst eine kürzere Besuchszeit geplant habt - oder ihr bewusst mit Phasen arbeitet, erst Kaffeetafel für euch dann aber Gang zum Spielplatz. Ich sage nicht, dass es nicht im Elternherz sticht, aber wenn so ein Plan aufgeht und mein Kind auf dem Heimweg glücklich von der Zeit mit deinen Kindern spricht, wiegt es den Schmerz im Elternherz auf.

4

je älter die Kinder werden, umso deutlicher werden die Unterschiede, nicht nur zwischen den Geschlechtern sondern eben auch in ihren Einschränkungen.
und ja, eben noch Vertrautes wird plötzlich zur Zerreißprobe.
wir betreuen ein zu 80% eingeschränktes Kind mit den normalen Bruder,
beide brauchen ihren Freiraum beim Spielen, beim lernen-soweit es möglich ist, sogar auch beim Essen.
wenn die agilen Kinder, nicht dem passiven nicht mehr so können, dann muss für sich umgedacht werden, schau mal nach Gleichgesinnten in deiner Nähe, es hebt ungemein das Selbstwertgefühl "artgerecht" bei aller Toleranz die man einfordern kann und soll, einbinden zu können.
die "normalen" handeln meist ohne groß nachzudenken, können und brauchen sie auch noch nicht, Werte zu vermitteln, heißt ja nicht diese immer wieder daran messen lassen zu müssen. du merkst selber wie schwer es dir im eigenen Herz dabei wird. sie dürfen alle normal sein, in ihrer Art nur nicht allein damit zu bleiben.
buddl1,

5

Danke Buddi1

die Geschwister-Konstellation kenne ich auch.
Machnmal finden sich Spiele mit einen großen Glücksfaktor UND Strategie / Angriffskarten. Beim Kartensppiel "Last Mans Draw" gibt es regelmäßig Fiese Vater-Sohn-Kämpfe und die kleine Schwester sammelt unbehelligt Punkte und wird mal als lachende Dritte Siegerin mal gewinnt einer von uns Jungs.

Ich freue mich immer, wenn der Große mitspielt. Nicht immer aber manchmal genießt er eben die gemeinsame Zeit als Familie doch noch.


"Werte zu vermitteln, heißt ja nicht diese immer wieder daran messen lassen zu müssen."
Das sollte die ELTERN-Redaktion sich für einen Kalender mit Erzeihungs-Weisheiten notieren.

weiteren Kommentar laden
6

Kinder werden nicht sozial geboren.
Sie müssen es erst lernen.
Am Besten durch dein Vorbild.
Es ist nicht automatisch so, dass Kinder sich um Schwächere kümmern oder sich in beeinträchtigte Menschen einfühlen können.
Man kennt das ja auch von den Schulen.
Wer nicht mithalten kann, wird oft zum Außenseiter.

Die Unterschiede zwischen euren Kindern werden jetzt immer gravierender. Kleinere Kinder sind sich noch in vielem ähnlich. Alle sprechen noch nicht so gut, können vieles noch nicht.
Aber jetzt sind deine Kinder natürlich um Längen voraus.

Neben allen Erklärungen, warum es einfach Unterschiede gibt ( das Gehirn ist wie eine Festplatte. Wenn sie zerstört wird, kann vieles Wichtige nicht abgerufen werden ) , würde ich meine Kinder durchaus auch zu fairem Verhalten auffordern. ´´ Ich möchte nicht, dass ihr Mio auslacht ´´. ´´Bitte rennt nicht so schnell, sonst kommt er nicht mit.´´,……..
Vielleicht ist es auch gut, wenn du bei deinen Kindern nicht nur ihre Talente lobst, zB. wie toll sie tanzen oder sonst was können. Denn diese Sachen wird Mio nie können, das wissen sie. Sondern lob doch auch ihr soziales Verhalten. ´´ Das fand ich toll, wie geduldig du heute mit Mio warst.´´
Natürlich kann es mit manchen beeinträchtigten Menschen echt anstrengend sein. Aber für deine Kinder wäre es auch ein enormer Gewinn, wenn sie sich auf Mio einlassen würden. Man kann auch als Teenager durchaus viel Toleranz, Geduld, Phantasie und Barmherzigkeit lernen.

9

Genau so seh ich das auch.
Meine Kinder waren in einer inklusiven KiTa, wo eben nicht nur 1-2 I-Kinder waren sondern 20-30% der Kinder Förderungsbedarf hatten. So war meine Tochter mit einem Mädchen in der Gruppe, was am Anfang noch durch die Sonde ernährt wurde und nur wenige Schritte laufen konnte. Sprechen war gar bis zum Ende er Kindergartenzeit gar nicht möglich. Natürlich war dieses Mädchen nie ein richtiger Spielkamerad für die anderen Kinder, aber sie war dabei, wurde akzeptiert, gehörte zur Normalität. Im letzten Kindergartenjahr hatten die Vorschulkinder alle ein "Patenkind" (meist ein Neuling), dem sie helfen sollten. Meine Tochter hat sich um dieses Mädchen gekümmert. Das hat ihr unheimlich viel gebracht. Als die Kleine 5 oder 6 war, war bei einem Vereinsausflug ein gehbehindertes Mädchen dabei (ein paar Jahre älter als meine Tochter), und während alle anderen Kinder dieses Mädchen ignoriert haben, hat meine Tochter im Bus mit ihr gespielt, ist mit ihr gelaufen und hat ihr an den Treppen geholfen...
Mein Sohn hatte zwar weniger förderbedürftige Kinder in der Gruppe, aber dadurch, dass die Gruppe täglich auf dem Gelände einer Behinderteneinrichtung unterwegs waren, hat auch er früh Berührungspunkte mit Menschen, die sich anders als die Norm verhalten haben - ob das ein junger Mann war, der permanent 10 Schleich-Pferde in der Hand hatte oder eine Frau, die immer wieder laut schrie - für die Kids war das normal!

Und diese Normalität im Umgang mit beeinträchtigten Menschen ist meinen Kindern durchaus erhalten geblieben. So kümmert sich meine Tochter durchaus auch mal um die 12jährige behinderte Tochter einer Freundin - da war es nie ein Problem, dass sie mit dieser nicht springen, nicht rennen, nicht klettern - ja nicht einmal sprechen kann.

LG

7

offene Worte. - Dinge beim Namen nennen.

Meine Kids sind mit wöchentlichem Kontakt zum Kind unserer Besten Freunde aufgewachsen, - sie war aber 3 Jahre älter.
Somit war es einfach "normal", dass sie eben vieles nicht kann, nicht deutlich sprechen kann und andere Sachen nicht so gut kann.
Wir haben es aber immer genau beschrieben oder genau benannt und wenn mal so dumme sprüche kamen, diese auch deutlich kommentiert. -- ich glaube, es war einfacher für meine 2 weil der Kontakt wöchentlich ist. Wenn ihr euch nur alle 1-2 Monate seht, dann kann Dein Kind gar nicht genau die Verhaltensweise kennenlernen oder verinnerlichen und da muss man eben mehr reden: auch eben deutlich, im Sinne von: Mio ist eben in manchen Teilbereichen vom Hirn, die dies und das steuern krank und das ist unheilbar. -- er macht alles so gut er kann und ich will, dass du nicht über ihn herziehst oder das ins lächerliche ziehst. -- eventuell helfen auch ein paar Vorab-Worte, wenn ihr das nächste mal euch seht und etwas Hilfe beim Finden des "passenden SPiels", - dann ist Verstecken halt nunmal nicht das richtige -- da kann man etwas die Kids auf angepasstere Ideen bringen.

8

Ich denke es ist ein Stück weit normal, das Kinder sich mit den Unterschieden auseinandersetzen, das sollte man auch anerkennen....denn verschiedene Entwicklungstände sind nun mal nicht von der Hand zu weisen. Diese ignorieren und auf heile Welt machen bringt niemandem etwas.

Sich darüber lustig machen, lästern, das andere Kind bewußt in Situationen bringen, die es nicht packt und dann vorführen....NEIN. Da ist dann eine Grenze erreicht, die ich in keinster Weise tolerieren oder dulden würde.

Und dann muß man hier noch etwas betrachten, völlig losgelöst von Handicaps. Die Freundschaft besteht hier zwischen euch Müttern, die Kinder kommen aber in ein Alter, wo sie sich ihre Freunde selber aussuchen. Bisher war das eher eine "Zwangsgemeinschaft"....es könnte also einfach passieren, das die Kinder einfach keine Verträge miteinader haben. Es beginnt jetzt einfachd as Alter, wo die Kinder selber mitentscheiden sollten, ob sie noch an den Treffen der Mütter (!) teilnehmen wollen. In unserer Truppe ist das einfach der Gang der Dinge und so halten wir das auch.

So, jetzt hat meine Freundin auch ein Kind mit Handicaps....es sitzt ua im Rollstuhl. Wir unternehmen recht viel zusammen, also sind die Kinder damit aufgewachsen. Die Mutter sagt selber, das es eben für ihr Kind Grenzen gibt, aber deswegen die anderen Kinder sich nicht eingeschränkt fühlen sollen. Im Schwimmbad zB, sie selber möchte nicht, das unsere Kinder sich da irdendwie verpflichtet fühlen. Wir sind da aber auch ganz offen im Gespräch drüber, die ganzen Jahre schon. Die Mutter selber sorgt mit tollen Ideen und Inspirationen da für die Balance und ich glaube wirklich, das gerade deswegen die Kinder noch so zu begeistern sind. So etwas wie bei den Tanzübungen würde hier nie stattfinden, die ältesten Kinder in der Truppe sind auch 11, die jüngsten 4-5, das Kind im Rollstuhl wird bald 9. Ja, sie tanzen, aber sie tüfteln gemeinsam an Choreos, wo für jeden was dabei ist....auch für den Rolli. Jetzt kann man das vielleicht nicht so ganz vergleichen.
Meine Tochter hat auch eine Freundin, die entwicklungsverzögert ist, noch passt das. Einzig beim Sport kommt es jetzt durch und auch da hat der tRainer das ganz toll aufgefangen. Meine Tochter denkt da viel drüber nach, aber eher über die Zukunft der beiden, wie ihre Freundin die Welt sieht und wahrnimmt, wie ihre Freundin auf gleichaltrige wirkt.

Was ich grundsätzlich damit sagen möchte, wir Erwachsenen haben es selber ganz doll in der Hand, wie unsere Kinder miteinander umgehen. Einfach so tun, als ob alles in Ordnung wäre bringt nur Streß, der nicht sein müsste. Die Kinder dürfen Unterschiede feststellen und thematisieren.

10

Da wäre ich echt angepisst.
Sie sind in einem Alter, in dem man kapiert was es heißt behindert zu sein.
Wäre für mich genauso schlimm, als wenn sie jemanden wegen seiner Hautfarbe ausgrenzen und auslachen würden.

11

Ich sehe die Situation etwas anders als viele hier:
Mona und du nutzen deine Kinder als Babysitter für Mio. Und dann werden die Kinder noch angemeckert, wenn sie sich ihren Stress von der Seele reden wollen.

Ich bin mit einem Bruder aufgewachsen, der Downsyndrom hatte. Ich war vier Jahre älter als er. Wir wussten von Anfang an, dass er eine Behinderung hatte und so wuchsen wir in viele Situationen hinein, die ansonsten für uns überfordernd gewesen wären, wenn wir sie bei Fremden kennengelernt hätten. Dass er lange eine Windel brauchte. Lange nicht sprach oder wenn, dann anfangs sehr wenig. Sehr verwaschen sprach. Mit Löffeln auf die Möbel trommelte. Immer direkt vor dem Fernseher saß. Lange mit den Händen aß. Usw.

Trotzdem haben meine Eltern uns bis auf ganz wenige Ausnahmen NIE als Babysitter "benutzt".
Es gab zwei Situationen, an die ich mich erinnere. Einmal sollte ich alleine mit ihm etwas in der Drogerie kaufen, etwa 2 km von zu Hause entfernt. Der Weg wäre kein Problem gewesen. Mitten auf der Straße setzte er sich hin und ich konnte ihn nicht wieder hochziehen, er wollte nicht aufstehen. In der Drogerie packte er alles in den Wagen und ich im Wettlauf gegen ihn wieder aus. Danach musste ich nie mehr mit ihm alleine einkaufen oder irgendwo hin gehen (bis er erwachsen war. Aber selbst da gab es Situationen, die mich überforderten).
Das andere Mal waren meine Eltern beim Elternabend und wir konnten sie telefonisch nicht erreichen und verbrachten den gesamten Abend innen vor der von innen offenen Haustür sitzend, weil mein Bruder in die Nacht hinaus wollte, Mama und Papa suchen, oder die Polizei rufen, weil sie nicht wiederkamen. Wir konnten ihn nicht davon abbringen und saßen gut 2 Stunden vor dieser Tür, um ihn am Rausgehen zu hindern und bekamen zusehends selbst Sorge, dass seine Sorge - ihnen wäre etwas passiert - zutreffen könnte.

Überlege doch mal, wie sich ein 9jähriger fühlt, der mit einem 7jährigen spielen soll. Das ist ein "Baby"! Als Kind möchte man möglichst immer in seiner Entwicklungsstufe spielen, zeigen, was man kann, sich nach oben orientieren.

Jetzt sagst du deinen Kindern, sie sollen mit jemandem spielen, der auf dem Stand eines Fünfjährigen ist, also 3 bis 6 Jahre "jünger" als deine Kinder. Und sie tun es! Sie sind rücksichtsvoll!
Sie bauen nur hinterher ihren Stress über diese Rücksicht ab, indem sie ihre Verwunderung über seine Entwicklungsverzögerung äußern, die sie ja auch gar nicht verstehen können.

Ich würde ihnen das nachsehen.

Mehr noch, ich würde ehrlich sein und sagen, "Mona und ich wollen einen Tag mal quatschen. Mio stört uns dabei. Könnt ihr auf ihn aufpassen?" und das auch "bezahlen". Etwas mehr Taschengeld für jedes Aufpassen oder etwas, das sie sich am Folgetag aussuchen können. Muss ja nichts Großes sein. Nur etwas, das zeigt, dass ihr ihr Engagement wertschätzt.

Sie SPIELEN da nicht mit Mio, sie passen auf!
Das ist ein Unterschied.
Spielen wäre etwas Gleichwertiges, an dem alle Spaß haben.
So hat aber nur Mio Spaß und deine Kinder müssen sich zurücknehmen!
Dadurch züchtet ihr Ressentiments gegen Behinderte, die einem immer alles kaputt machen und über die man sich noch nicht mal beschweren darf.
Inklusion ist schön und erstrebenswert, aber dabei soll man sich gegenseitig nur "ertragen", ggf. helfen, aber keiner zwingt eine, Freundschaften zu schließen!

Man kann immer mal Rücksicht üben, aber nicht, wenn einem vorgegaukelt wird, man würde das selbst genießen!

Mit meinem Bruder musste ich nie spielen. Wenn wir aufpassen mussten, war klar, dass wir etwas für meine Eltern taten und nicht für uns!

Wir hatten Aktivitäten, bei denen wir alle Spaß hatten und er automatisch mit eingebunden wurde, etwa im Schwimmbad oder im Urlaub. Wenn wir aber alleine etwas machen wollten oder Freunde hatten, beschäftigten meine Eltern meinen Bruder, der war nicht dauernd dazwischen. Hin und wieder versuchte er es mal und das war dann sehr anstrengend, weil er bspw. Spiele immer durcheinander warf.

Ich finde es ehrlich gesagt unfair, dass du deinen Kindern verbietest, sich über Mio auszulassen. Machen wir das nicht alle? Wir meckern über den Chef, die Kollegen, die nervende eigene Mutter etc.? Hier gibt es so viele Schwiegermutterposts.
Lasse ihnen doch den Frustabbau HINTERHER! Sie meckern ja Mio nicht an, sie lassen nur den Stress raus, indem sie besprechen, was sie genervt hat, was sie nicht verstehen können. Und vieles KÖNNEN sie sicher nicht verstehen. Da ist jemand, der genauso alt oder älter ist als sie und sich "wie ein Baby" verhält, nichts versteht! Lasse sie das doch besprechen! Keiner ist immer rücksichtsvoll, wenn überhaupt, ist man das den Betroffenen gegenüber und dann lästert man doch auch über das, was einen nervte. Das ist mMn völlig legitim.

Überlegt mal, wie es dir und Mona ginge, wenn deine Kinder nicht da wären oder in der Zeit bei Freunden. Dann müsstet ihr nämlich mit auf Mio aufpassen und hättet weniger Zeit für euch. Diese Zeit nehmen euch deine Kinder ab. Geht ihnen etwas dafür. Es muss nicht mal etwas Materielles sein, aber sagt deutlich, dass es darum geht, dass ihr Zeit für euch habt und dass ihr es wertschätzt, wenn sie sich in der Zeit mit Mio beschäftigen und dass das eben NICHT bedeuten muss, dass SIE auch in der Zeit Qualitätszeit haben. Dafür könntet ihr abends ein besonderes Abendessen machen oder ein gemeinsames Spiel spielen oder sie auf irgendeine andere Weise entschädigen.

14

Ein 8 jähriges Kind kann sehr wohl verstehen, was eine geistige Behinderung ist und empathisch darauf reagieren, gerade, wenn man eines im Bekanntenkreis hat!

Wir reiten in einem Therapiestall mit gemischten inklusiven Gruppen, und komischerweise können da alle Kinder miteinander empathisch umgehen!

Und nein, es sollte eben nicht ok sein, sich über Defizite eines anderen auszulassen. ja es gibt hier viele solcher Posts, aber ich finde es ekelhaft! Und nur, weil viele nicht wissen, wie man mit sowas umgeht, heißt es noch lange nicht, dass es ok ist.

Dass in Familien mit einem behinderten Kind vieles falsch laufen kann weiß ich, wir hatten selber einen schwerstbehinderten Cousin und ja, da lief für die anderen Geschwister auch vieles mächtig daneben. Dass die Kinder inzwischen alle in Therapie sind hat aber nichts damit zu tun, ob mal Kinder einen Nachmittag mit einem besonderen Kind spielen können sollten. Das sollte im Rahmen einer normalen altersentsprechenden Sozialkompetenz im Rahmen des Möglichen sein.

15

Dann dürfte es aber auch keine Inklusions-Kindergärten geben. Da sollen die Kinder auch miteinander spielen und sich nicht gegenseitig beaufsichtigen.

weiteren Kommentar laden
12

Du solltest ihnen deutlich machen, dass sie einfach riesiges GLÜCK hatten, dass sie gesund zur Welt gekommen sind!
Ich hatte eine Hirnblutung und bin halbseitig gelähmt. Das hat meinen Kindern zB klar gezeigt, wie empfindlich so ein Gehirn ist und haben nie gemeckert, wenn sie einen Fahrradhelm aufsetzen mussten.
Eine Krankheit, ein Sturz o.ä. reicht und dann sind sie auch wie Mio--ganz so krass darfst du ihnen das natürlich nicht sagen, sonst haben sie Angst vor dem Leben. Aber einfach ein Bewusstsein dafür schaffen.