Sohn 11 Aggression

Hallo Ihr Lieben,

ich bin gerade sehr verzweifelt. Mich ereilte gestern die Nachricht, dass mein 11-Jähriger Sohn ein Mädchen ins Gesicht gehauen hat. Mir hat das den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe meinen Sohn immer gewaltfrei und respektvoll erzogen. Wir reden sehr viel und sehr offen miteinander. Wir haben zuhause auch ein sehr ruhiges und wenig aggressives Umfeld. Ich selbst bin überhaupt kein aggressiver Mensch und kann mich nur schwer hinein versetzen. Mein Sohn hat immer schon Schwierigkeiten in der Schule. Nicht von der Leistung. Er schreibt gute Noten, aber selbst wenn, gibt es hier von zuhause überhaupt keinen Druck. Mir ist wichtig, dass er menschlich gut aufwächst. Er gerät immer wieder in Konflikte mit Lehrern oder Schülern. Er hat leider in Kindergarten und Grundschule ungute Erfahrungen gemacht, aber er hat sich weiter entwickelt. Wir haben schon viel mit ihm durch an verschiedenen Therapien, mit Verdacht auf ADHS, der hat sich aber nicht bestätigt. Auch sonst ist er privat ein liebes Kind, lieb zu kleineren Kindern, Tieren, seit Jahren in seiner Stammmanschafft beim Fußball. Aber immer wieder die Konflikte in der Schule. Und jetzt die Nachricht, dass er ein Mädchen ins Gesicht gehauen hat. Ich liebe meinen Sohn sehr und denke, dass er ein tolles Kind ist. Aber diese Nachricht ist so schlimm für mich. Ich habe große Angst in welche Richtung er sich entwickeln könnte. Ich möchte, dass er respektvoll mit Frauen, bzw. mit allen Menschen umgeht. Ich bin sehr sehr traurig über die Situation. Liebe Grüße

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Puh, du betonst so sehr deine Einstellung, das ich mich frage, wo denn mal Wut oder Aggressionen einen Platz im Leben des Kindes haben könnten. Denn für mich ist beides durchaus fester Bestandteil eines Menschen, Kinder müssen eben erst lernen mit ihnen umzugehen udn wenn sie dazu nicht die Möglichkeit bekommen, dann kann es durchaus außerhalb der Familie zu Problemen führen. Weil sie eben nie gelernt haben, mit diese eigentlich normale und wichtige Reibung zu händeln. Zumal du ja auch direkt schreibst, das er öfter in Konflikte verwickelt war/ist.

Leider schreibst du überhaupt nichts weiter zu der kompletten Geschichte zwischen den beiden. Was war da im Vorfeld los?

Deine eigenen Emotionen diesbezüglich vernebeln dir gerade den Blick auf das Wesentliche, sie bringen dich auch nicht weiter und deinen Sohn erst recht nicht.

Richtig, Gewalt ist keine Lösung.....aber hier geht es doch vermutlich um mehr.

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sowas hat doch oft einen Grund?
Hat er früher für sein Verhalten Konsequenzen erhalten? Welche sinnvollen Konsequenzen gabs denn gestern als Du das erfahren hast?
Gab es Gespräche und wird an seinem Verhalten gearbeitet, wenn das schon immer mehr so war?

Zum einen würde ich aber jetzt erst einmal runter fahren. --- hast Du Dir die Situation schildern lasen und dich in ihn hinein versetzt? Auch wenn es ein Mädchen war, kenn ich aus den letzten Jahren genug Situationen, wo diese Biester mit kneifen, bösen Worten und kratzen oder zwischen die Beine treten genug "Antworten" auch ein Stück weit provoziert haben -- oder es nur ein Reflex war (meine Tochter wollte mal einen "move" aus Fotnite zeigen und hat den Abstand falsch eingeschätzt und die Freundin volle Lotte erwischt. Auch da wären die Voraussetzungen ja andere)? (dann ist das zwar immer noch schlimm, aber ich wäre dann lange nicht so persönlich geschockt, wie Du das jetzt schreibst). Das wäre eine andere Gesprächsgrundlage, wie wenn Dein Sohn ohne Anlaß so Sachen anfängt, mobbt etc...

Habt ihr keinen Sozialarbeiter an der Schule - oder könnt anders mit Fachpersonal an diese angesprochenen Konflikte rangehen? Zumindest, wenn es so häufige Konflikte gibt, würde ich mir externe Hilfe holen.

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Moin,

ich behaupte, dass jeder Mensch aggressive Anteile in sich hat. Du betonst sehr, dass bei Euch Aggression keinen Platz hat. Das klingt zwar wunderbar, aber wenn ich richtig liege und sie Teil des menschlichen Wesens ist, dann müssen Kinder lernen, die eigene Aggression zu kanalisieren und mit ihr umzugehen.

Zu meiner Überlegung passt, dass er nach Deiner Schilderung zu Hause, in Deinem Einflussbereich, immer "lieb" ist und die Ausraster in die Schule auslagert.

LG, Mollie

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Dein Sohn ist 11 und intellektuell und sprachlich wohl nicht eingeschränkt.
Also: Frage ihn, wie es dazu kam.
Wie war die Situation, wie fühlte er sich, ging es einfach mit ihm durch oder war das eine bewusste Entscheidung, um eine für ihn unerträgliche Situation zu beenden?

Besprich dann Handlungsalternativen.
Was hätte er im Vorfeld, während und nach der Situation anders machen können?

Nimm es als Lernanlass: Jetzt hat er Probleme, weil er geschlagen hat.
Das Mädchen oder andere Mitschüler werden im Vorfeld etwas getan haben, das ihn zu dieser Entscheidung führte. Hätte er anders gehandelt, hätte jetzt evtl. jemand anderer (der ihn provoziert hat oder lächerlich gemacht hat oder so) das Problem, weil der Ärger mit den Lehrern hätte.

Daraus kann er doch viel lernen.

Spiele die Situation mit ihm durch, lass ihn sagen, wann es warum zu dem Schlag kam und dann spielt Alternativen durch. Sich zurückziehen und schämen, einen Lehrer holen und ausgelacht werden, weil man damit nicht alleine zurecht kommt (aber dann sehen, dass der/ die andere Ärger bekommt, also er zuletzt lacht), sich umdrehen und einfach weggehen, etwas sagen, das die anderen zum Schweigen bringt (übt solche Sätze: Was kann man in verschiedenen Situationen sagen?).

Aber: Rede mit ihm!

Ziehe nicht den Schluss "mein Sohn ist ein Schläger" und verurteile ihn stumm, sondern höre dir erst mal vorurteilsfrei und neugierig seine Version an.
Und dann überlege laut mit ihm gemeinsam, wie es dazu kam, was man grundsätzlich ändern könnte und wie man in der Situation anders hätte handeln können.
Überlege, wenn er dir neue Informationen gibt, ob du die den Lehrern mitteilst (falls es so eine Art Mobbingsituation geben sollte).

Bearbeitet von Toschkalee
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Vielen Dank für eure Antworten! Es stimmt, dass ich selbst sehr emotional war und geschockt über die Situation. Wir reden unglaublich viel zuhause. Ich möchte meinem Sohn auch Raum für die Emotion Wut bieten. Das soll kein Tabu sein. Ich werde mir mit klarem Kopf nochmal die Situation schildern lassen. Und dann werden wir nochmal in Ruhe zusammen überlegen, wie man in der Situation anders hätte reagieren können. Leider ist die Sozialarbeiterin an der Schule ständig krank. Sonst hätte ich es gut gefunden, wenn auch nochmal jmd. aus der Schule und vom Fach mit meinem Sohn spricht. Evtl. würden wir uns auch nochmal therapeutische Hilfe holen. Mir fällt es schwer einzuschätzen, ob das verfrüht oder eine Überreaktion wäre. Aber ein Beratungsgespräch kann ja an der Stelle nicht schaden. Liebe Grüße

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Für deinen Sohn wäre es hilfreich gewesen, wenn die 11 Jährige oder eine ihrer Freunde deinem Sohn mal ordentlichst eine zurück gelangt hätte. Das wird der einzige Weg sein, wie er es lernt. Hoffentlich sucht er sich nicht immer nur schwächere aus, wie das ja leider oft der Fall ist. Auch die 11 Jährige erlebt jetzt eine schlimme Situation. Ihre körperliche Unversehrtheit hängt nur von der Gnade anderer ab und wirkliche Konsequenzen und damit Schutz für sie erfolgen nicht. Aber naja, Hauptsache dein Sohn ist bis jetzt immer liebevoll und resepktvoll behandelt worden. Mal schauen wie viele Opfer es noch braucht, bis er dem Ganzen dann "entwachsen" ist. Unter den Jugendlichen scheint massive körperliche Gewalt bis hin zu Tötungsdelikten ja mittlerweile eine Trend Sportart zu sein.

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Argumentierst du gerade so, dass eine liebevolle und respektvolle Behandlung von Kindern dazu führt, dass sie bei anderen Grenzen überschreiten? Bzw führst einen von dir beobachteten Trend unter Jugendlichen darauf zurück?
Meinst du das ernst?

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Nein tut mir leid. Da lag ich vollkommen falsch. Eine liebevolle und respektvolle Behandlung von Kindern führt nicht dazu, dass sie bei anderen Grenzen überschreiten können. Egal was man im Leben tut, die Würde des Menschen ist unantastbar. Vielmehr trägt eine liebevolle und respektvolle Behandlung dazu bei, dass die jungen Menschen später mal selbst gefühlsreguliert und empathisch zu vollwertigen Mitgliedern unserer Gesellschaft werden. Der Weg dazu mag manchmal schwer und steinig sein, aber mit Liebe und Respekt ist alles zu schaffen. Mir geht es jetzt viel besser, danke für deine Anregung du hast mir geholfen :)

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Jetzt erstmal tief durchatmen und mit deinem Sohn reden. Natuerlich ist Gewalt nie gut, aber ich wuerde mir erstmal die ganze Geschichte anhoeren und dann ueberlegen, wie ich reagiere.

Meiner ist 12, nie negativ aufgefallen, kommt gut in der Schule klar und hat auch keine Probleme mit Lehrern, abgesehn von der ein oder anderen alterstypisch rebellischen Antwort. Diese Saison war er in seinem Sport die ganze Hinrunde hindurch gesperrt, weil er im ersten Spiel der Saison einer gegnerischen Spielerin eine Ohrfeige verpasst hat. War das OK? Nein, absolut nicht! Verstehe ich warum? Durchaus. Sie hatte ihn mehrfach kurz hintereinander gefault, ohne dass der Schiedsrichter eingegriffen haette Er ist 12 Jahre alt, hat noch nicht die Reife eines Erwachsenen und irgendwann die Selbstbeherrschung verloren.

Also gab es eine klare Ansage von der Trainerin, und wir haben ihm natuerlich auch sehr deutlichgesagt, dass er lernen muss, konstruktiv mit Frust umzugehen, dass es andere, legale Wege gibt, zu reagieren, wenn er unfair behandelt wird. Aber deshalb ist er weder ein Schwerverbrecher noch ein Psychopath. War eine dumme Aktiom von ihm, ist kacke gelaufen, und er musste es ausbaden. Fertig. Die Sperre war richtig schlimm fuer ihn, da mussten wir ihn nicht auch noch extra bestrafen. Wir haben aber motiviert, dass er trotzdem zu einigen Spielen geht und seine Mannschaft von der Tribuene aus unterstuetzt, obwohl ihm das natuerlich echt schwer gefallen ist, zuzuschauen und nicht spielen zu duerfen.

Uebrigens hat mich an der ganzen Geschichte nur geaergert, dass er haerter bestraft worden ist, weil die Gegnerin ein Maedchen war. Sie war ihm weder koerperlich unterlegen, noch hat er sie geschlagen, weil sie ein Maedchen war. In den meisten Faellen spielt in dem Alter das Geschlecht doch erst dann eine Rolle, wenn die Erwachsenen es zum Thema machen.