Ausbildung zur Erzieherin abbrechen?

Ich mache die Ausbildung zur Erzieherin. Bisher war ich meist in Krippen, auch schonmal im Kindergarten, jetzt länger in einem Kindergarten (3 bis 6). Bisher waren meine Erfahrungen und Rückmeldungen gut, manchmal störte mich ein bisschen der Umgang mit den Kindern, aber insgesamt kam ich gut klar. Mit den Kindern kam ich gut aus und auch pädagogisch hat es funktioniert. Auch in der Schule klappt es gut.
Aber im neuen Kindergarten sind 3 Jungs, die mich so regelmäßig an meine Grenzen bringen, dass ich mich frage, ob der Beruf wirklich der Richtige für mich ist. Meist schaffe ich es, bis zur Mittagszeit ruhig und gelassen zu bleiben und mich durchzusetzen und ab dem Mittagessen, wo sie besonders aufdrehen, geht es dann rapide bergab und ich merke, wie dann auch meine Fähigkeit mich durchzusetzen, total nachlässt. Alle 3 kennen wenig Regeln und Grenzen, Junge 1 ist ein richtiger kleiner "Chauvi", der versucht, alle rumzuscheuchen, der auch mal sexistisch beleidigend wird und extrem gerne provoziert. Junge 2 bekommt daheim sehr wenig Grenzen, selbst wenn seine Mutter schimpft, säuselt sie "ach, mach das doch bitte nicht" vollkommen ohne Effekt und er ist es entsprechend gewohnt, dass er nichts machen muss, was ihm ein Erwachsener sagt. Er macht oft erst ewig Quatsch und ist respektlos und wenn er eine richtig klare Ansage auch mit lauter Stimme bekommt, zerfließt er plötzlich in Tränen und kann sich kaum mehr beruhigen. Junge 3 kann kaum Deutsch und hat diverse Verhaltensstörungen (zum Beispiel isst er andauernd zum Essen ungeeignete Dinge, beißt z. B. von Holz ab oder von Barbiepuppen).

Die drei zusammen kriege ich wirklich nicht gebbacken (wenn nur einer in der Gruppe ist z. B.beo Krankheit der anderen, geht es). Zum Beispiel bewerfen sich Junge 1 und 2 mit Essen. Ich setze sie auseinander. Am neuen Tisch nimmt Junge 1 einen großen Schluck Wasser und prustet ihn auf den Tisch. Während ich gerade dabei bin, ihn dazu zu bringen, das wegzuwischen, kippt Junge 3 am Nebentisch die Gläser seiner Banknachbarn (absichtlich) um und zieht sich dann direkt am Tisch vor allen aus (weil er nass geworden ist). Als ich noch Junge 3 wieder anziehe, nutzen Junge 1 und 2 die Gelegenheit aufzuspringen und sich mit Löffeln zu hauen, Junge 2 versucht, am Regal hochzuklettern, bekommt ne klare Ansage von mir, dass das nicht geht und er sich wieder setzen soll und weint dann wieder unstillbar. Währenddessen kommen alle anderen Kinder, auch die Kleinen, zu kurz, weil ich mich um nichts anderes kümmern kann.

Ich merke einfach, wie mich während solcher Situationen irgendwann die Kraft verlässt und ich mich dann nicht mehr richtig durchsetzen kann (und hinterher bin ich komplett fertig).

Daher frage ich mich mittlerweile, ob es echt der richtige Job für mich ist? Denn als Erzieherin muss ich doch auch mit solchen Situationen und quasi "schwierigen Kindern" fertig werden.
Was sagen denn die Erzieherinnen hier? Ist das vielleicht wirklich eine schlechte Idee mit der Ausbildung?

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Vorneweg, ich bin keine Erzieherin sondern im Gesundheitswesen tätig. Hätte ich Ausbildung/Studium abgebrochen nur weil einmal ein Patient, Kollege oder eine Situation doof war, wäre ich heute wahrscheinlich arbeitslos.
Ich würde die Ausbildung nicht abbrechen. Was du an Abschluss in der Hand hast, kann dir später niemand mehr weg nehmen. Zudem scheint dein Einsatz dort zeitlich begrenzt und später kannst du dir beim aktuellen Fachkräftemangel die Einrichtung / Arbeitsplatz wahrscheinlich sowieso aussuchen.
Du musst als Auszubildende auch nicht so perfekt funktionieren, wie wenn du deinen Abschluss bereits hättest. Deshalb bist du ja in Ausbildung, weil du lernst und dazu gehört auch Erfahrung mit schwierigen Situationen zu sammeln. Was sagen denn deine Anleiter dazu?

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Ja, es geht ja nicht direkt um die schwierigen Kinder, sondern darum, dass mich dabei dann irgendwann die Kraft verlässt.

Meine Anleiterin sagt dazu, dass mein Ziel sein muss zu lernen, mich von solchen Situationen zu distanzieren.

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So wie du beschreibst machst du deinen Job total gerne und bist mit deinem Herzen bei der Sache. Viel mehrbbraucht eine Erzieherin nicht:)

Die Situationen kommen mir sehr bekannt vor die du schilderst. Ich bin selbst Erzieherin und es ist in meinen Augen normal an seine Grenzen zu kommen und das wirst du sicherlich noch oft.

Was ich allerdings ebenfalls raus lese du bist in der Ausbildung und du wirst in diesen Situationen ziemlich alleine gelassen?. Kann sein das ich mich da täusche. In meinen Augen ist so eine Konstellation an Kinder nur zu bewältigen, wenn alle Erzieher sich darum kümmern und mitarbeiten. Also sich abwechseln. Um genau dieses Überfrderungsgefühl nicht zu bekommen. Und auch einfach mal wieder durchatmen zu können. Es gibt ja auch Gründe warum man nicht alleine in einer Gruppe arbeiten soll/darf.

Dazu muss noch dazu sagen du bist noch in der Ausbildung! Lass dir Zeit! Und rede ganz viel mit den anderen Erzieherinnen wie gehen sie damit um? Was stört sie? Und vorallem wie ist der Umgang mit den Eltern? Und als Auszubilde darfst du dir auch Unterstützung holen!! Und das sollte auch gegeben werden. Es ist für mich oft ein schwieriger Job um allen gerecht zu werden! Und man lernt den Umgang mit den Jahren immer besser, lässt viele Sachen nicht mehr an sich ran oder kann gelassener an die Situation ran gehen.

Wenn dir die Ausbildung Spaß macht und es immer noch dein Traum Beruf ist würde ich dir empfehlen weiter zu machen.
Nach der Ausbildung kannst du dir verschiedene Konzepte anschauen, unterschiedlicher Altersklassen usw. Der Beruf ist vielseitig!
In welchem Ausbildungsjahr bist du?

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Hallo, Danke für deine Antwort. Am Ende von Jahr 1 bin ich, aber es ist ein Quereinstieg, da ich bereits eine Ausbildung habe (pädagogisch geprägt) und dauert von daher nur 3 Jahre.

Wir sind beim Essen schon zu zweit, aber eine muss meist Küchendienst machen und eben eine im Gruppenraum sein.

Auch die Ruhezeit verläuft meistens total chaotisch (eben wegen besagten 3, ohne sie ist es kein Problem). Ich bin einfach am Ende des Tages komplett fertig und habe dann ja auch noch Haushalt und Kinder daheim. Ich frage mich jetzt oft, ob es richtig war, meinen bisherigen Job aufzugeben für die Ausbildung (die ich eigentlich unbedingt wollte), weil ich vielleicht doch ungeeignet bin.

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Den Umgang mit den Eltern finde ich persönlich nicht so gut, weil Probleme kaum gespiegelt werden und sehr auf Schönwetter alles ausgerichtet ist. Da ist immer alles gut und super gelaufen, höchstens ein kleines bisschen hier und da. Dabei fände ich es echt wichtig, dass gerade diesen Eltern der Jungs das mal gesagt wird, wie es wirklich läuft. 2 kommen nächstes Jahr in die Schule und es ist so wenig Fähigkeit vorhanden zur Konzentration, zum Regeln einhalten und zum mal ruhig sein. Ich vermute, die Eltern werden aus allen Wolken fallen, weil im Kindergarten ja immer alles gut war. Dabei wäre jetzt die Zeit um gegenzusteuern (Ergo, Konzentrationsgruppe).

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Alleine kommt wohl kaum einer mit DREI solchen Kindern klar. Sprich immer direkt Deine Kollegen an, dass du Hilfe brauchst und zieh dich raus, sobald es für dich zu viel wird. Dafür arbeitet man immer mindestens zu zweit bzw da du in der Ausbildung bist, solltet ihr mindestens zu dritt sein!

Ich habe selbst nach der Ausbildung schon Situationen gehabt, wo ich mir Hilfe durch die Kolleginnen geholt habe und mich rausziehen musste, weil ich nicht mehr konnte. Das passiert, ist menschlich und es gehört zur Kompetenz einer Erzieherin, wenn man das erkennt.

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Ja, genau, wir sind zu Dritt. Aber nicht während der Essenszeit. Da sind wir nur 2, weil eine Mittag macht (aber nicht ich). De facto in der Gruppe ist meist aber nur eine, weil die andere Küchendienst macht (wir haben keine Haushaltskraft).
Meine Chefin meint, Mittag sollte die ruhigste Zeit des Tages sein und von daher wäre die Besetzung schon okay so. Tatsächlich ist es aber die schwierigste Zeit des Tages. Erst danach bin ich total durch, bis zum Mittagessen geht es mir gut.

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Bitte sprich mit der Leitung, dass es so nicht geht und du brauchst/darfst nicht alleine arbeiten in der Ausbildung!
Wenn sie dabei bleibt, dass es doch die ruhigste Zeit ist, lade sie zum Mittagessen in die Gruppe ein 😉

Ansonsten geh du doch einfach auch mal in die Küche, so kannst du durchatmen.

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Ich bin auch Erzieherin, mittlerweile Leitung und schon recht lange in dem Beruf.
Und ich finde es unmöglich, wie du mit der Situation alleine gelassen wirst. Das kann und darf nicht sein und du solltest offen sagen, dass du entweder Unterstützung brauchst (Kollegin verlegt ihre Pause) oder künftig lieber den Küchendienst machst. Der klingt erholsamer als Aufsicht über diese 3 Jungs und die anderen Kinder zu führen.

Lade die Leitung ein, einmal beim Essen dabeizusein und dir zu zeigen, wie sie die Situation händeln würde. Auch SIE wird da an ihre Grenzen kommen. Egal wie lange wir im Job sind, wie viel Erfahrung wir haben und unabhängig von unserem Fachwissen: wir haben trotzdem nur 2 Augen, 2 Hände und nur begrenzte Nerven. Es geht nicht ohne Unterstützung.

Habt ihr euch wirklich mal zum Ziel gesetzt, die Hintergründe der Kinder zu erforschen? Warum tun sie das WIRKLICH? Aufmerksamkeit? Langeweile? Wenn ihr die Ursache kennt, kennt ihr gegensteuern. Brauchen sie irgendeine Form von Challange? Wollen sie mir mitbestimmen? Brauchen sie Bewegung vor dem Essen? 5 Minuten Auszappeln und laut brüllen und stampfen ist oft hilfreich, bevor es zum Essen geht. Brauchen sie eine Aufgabe? Schauen, ob Nudeln nachgefüllt werden müssen, ob Wasser fehlt? Mit dem richtigen Blick aufs Kind kannst du das Verhalten zumindest ein kleines bißchen steuern.

Trotz allem: es muss jemand zur Unterstützung kommen. Meine Erfahrung: Mittagessen ist Qualitätszeit. WENN an jedem Tisch eine erwachsene Person sitzt. Sonst gibt es Chaos.

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Also, mit 2 der Jungs komme ich ganz gut klar, wenn ich an ihrem Tisch sitzen. Der dritte hat, denke ich, etwas, was genau, weiß ich nicht, aber das Verhalten ist sehr ungewöhnlich und auffällig. Dazu kommen 2 aus einem sehr schwierigen Elternhaus und rebellieren, denke ich, dagegen, dass sie sich an Regeln und Grenzen halten sollen. Der eine will wohl auch die anderen Kinder beeindrucken, das zeigt sich den Tag über.

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Das mit der Mithilfe hatte ich schon vorgeschlagen, auch für andere Kinder, es wurde aber abgelehnt, weil das derzeit Chaos gäbe. Vielleicht später, wäre es möglich, würde gesagt.

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Jetzt hast du ja diese Ausbildung schon angefangen und ich würde dir raten : Schließe sie auf jeden Fall ab. So gut, wie möglich.
Es sagt dann niemand, dass du das die nächsten vierzig Jahre machen musst. Du hast auch hinterher noch alle Optionen.
Du kannst noch eine zweite Ausbildung anhängen.
Vielleicht findest du auch als Erzieherin einen Arbeitsplatz, in dem der Stresspegel ein anderer ist.
Verständlich, dass dich die Situation mit den Jungs so stresst. Jeden würde das stressen. Das heißt nicht, dass du nicht geeignet bist.
Aber eine abgeschlossene Ausbildung ist viel wert. Und gerade als Erzieherin kannst du jederzeit darauf zurückgreifen, denn es wird immer Bedarf dafür sein.

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Welchen Rat geben dir Kolleginnen bei diesen drei Fällen?

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Es nicht so an mich ranzulassen. Ansonsten könne man nicht viel mehr tun, als was ich getan habe. Vielleicht noch früher eingreifen meinte eine Kollegin, also schon, wenn es unruhig zu werden droht. Aber da es bei den 3en immer so zugeht, ist das auch schwierig, meinte sie.

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Ich bin seit 12 Jahren Erzieherin und ich muss sagen, zur Zeit besteht ungelogen die Hälfte „meiner“ Gruppe aus auffälligen Kindern. Drei sind besonders schlimm, die Eltern sagen, das liegt ja immer jeweils an den anderen beiden, und „wenn xy in die Schule geht, hat mein Kind Ruhe“. Ursachenforschung, ko-konstruktiv mit den Eltern zusammenarbeiten - alles nicht möglich. Es liegt also nicht an dir, oder an deinem Azubi-Status.
Die Kinder interessieren keine Konsequenzen, das Verhalten geht am nächsten Tisch weiter. Zuhause kümmert sich ja auch keiner darum, da läufts genauso.
Manchmal muss einer am Puppeneckentisch allein essen, ein anderer im Nebenraum. Dann sind die drei nicht zusammen, und es geht irgendwie. Nicht so, wie ich gern arbeiten würde, aber es hilft nix. Wir haben gar nicht so viel Personal, dass jeder sich um eins der 3 auffälligsten kümmern kann.
Dazu fangen mittags regelmäßig die Kleinen an zu weinen, weils eben so laut und chaotisch ist - DAS verstehe ich am meisten. Ab Mittag geht hier nix mehr. Wenn nicht sofort Eltern auf der Matte stünden, warum wir WIEDER nicht turnen waren, würden wir an manchen Tagen am liebsten von morgens bis nachmittags draußen sein. Aber da verletzen sie sich leider richtig gegenseitig (und machen sich vielleicht dreckig) - naja, dann doch drinnen. Und spätestens beim Mittagessen läufts ja eh so wie von dir beschrieben.
Deine Anleitung hat recht, du musst dich davon distanzieren. Vor wenigen Wochen habe ich eine neue Kollegin bekommen und nach ihrer Einschätzung gefragt, was wir noch machen sollen. „Nichts. Wie sollen wir etwas mit 25 Kindern schaffen, was die Eltern zuhause mit 2 Kindern nicht schaffen.“ Das war sehr ernüchternd. Auch, dass Kolleginnen mittlerweile Stäbchen ziehen, wer bei uns aushelfen muss, zeigt, dass wohl einfach diese Gruppe besonders schlimm ist. Im Moment gibts noch genügend Gründe, die mich das aushalten lassen (u.a. die Bezahlung, Arbeitszeiten). Und was mich beruhigt: Ich kann jederzeit was Anderes machen. Und so würde ich das auch sehen: mach die Ausbildung fertig. Und mit dem Wissen, dass du DAS nicht hinnehmen musst, weil es stellen wie Sand am Meer gibt, probierst du dich durch. Es gibt wirklich tolle Stellen, in denen du alles, was an dem Beruf so bereichernd ist, umsetzen kannst. Das ist nunmal nicht die aktuelle. Aber es gibt bestimmt eine, wo du merkst, warum genau das der richtige Beruf für dich ist.

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Ich fühl zu 100%, was du schreibst!!!

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Vor allen Dingen finde ich es schlimm, wie ich dadurch werde. Ich war immer sehr auf Kooperation, habe gute Beziehungen mit den Kindern aufgebaut. Und jetzt packe ich mir und wasche ich Junge Nummer 3 zwangsweise Gesicht und Hände (obwohl er zappelt und "Nein" ruft), weil er mit total schmutzigen Händen und Mund durch die Kita rennt, alle ihm begegnenden Kinder mit den komplett schmutzigen Händen ins Gesicht packt (die teilweise weinen und schreien), damit an die Wände fasst und er auf keine Ansage dazu reagiert.

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Was macht ihr denn in so einem Fall wie dem mit den Händen? Meine Kolleginnen fanden das Vorgehen richtig. Ich selbst nicht, aber ich wusste auch nichts Besseres, um die anderen Kinder zu schützen.

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Doch, ich finde das richtig so. Du musst ihn in dem Moment natürlich fest genug halten, damit er dir nicht entflieht (und du ihn sauberkriegst), und gleichzeitig locker genug, dass du ihm nicht zu sehr irgendwo in die Hand hineindrückst und weh tust. Das geht schon. Es geht ja darum, dass die anderen geschützt sind. Man kann dabei auch beschwichtigend/ruhig erklärend mit dem Kind reden.

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Nach einem Gespräch mit meinem Seminarleiter bin ich mir jetzt auch bewusst geworden, dass meine Anleitung nicht gut ist. So wird mir z. B. in den Beziehungsaufbau immer wieder reingegrätscht, weil ich da zu viel Zeit investieren würde oder ich soll Kinder für erwünschtes Verhalten nicht loben (höchstens als Gruppe) oder ich soll die älteren Kinder nicht mithelfen lassen bei den Jüngeren (beim Anziehen, Ausziehen, die Gruppe erklären), weil das Unruhe reinbringen würde. Dabei habe ich da wirklich gute Erfahrungen mit gemacht und sie machen es gern.
All das, was ich eigentlich gemacht hätte, wäre das richtige pädagogische Vorgehen und ich habe mich irre machen lassen.
Bin gerade am Überlegen , wie ich mit dieser Erkenntnis umgehe ...